Studie KFN: Jeder zweite Mann in Deutschland von Partnerschaftsgewalt betroffen – Ausmaß, Formen und Folgen der Gewalt gegen Männer im Fokus

Eine aktuelle Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, finanziert vom WEISSER RING, zeigt, dass 54 Prozent der Männer in Deutschland Gewalt in Partnerschaften erlebt haben – am häufigsten psychische (40 Prozent) und kontrollierende Übergriffe. Zwei Drittel der Betroffenen leiden bis heute unter schweren psychischen Folgen wie Ängsten, Schlafstörungen oder Ohnmachtsgefühlen. Die Ergebnisse wurden am Donnerstag in Hannover präsentiert und machen deutlich, wie groß die Dunkelziffer ist und wie wenige Männer Unterstützung suchen.
VerbandsMonitor – Themen, Trends und Ticker vom 13.04.2025

* 54 % der befragten Männer haben mindestens einmal Gewalt in Partnerschaften erlebt – am häufigsten psychische Gewalt (39,8 %) und kontrollierendes Verhalten (38,6 %), gefolgt von körperlicher (29,8 %), digitaler (6,5 %) und sexueller Gewalt (5,4 %).
* Zwei Drittel der Betroffenen berichten auch langfristig von psychischen Belastungen wie Stress, Ohnmachtsgefühlen, Schlafstörungen und Suizidgedanken.
* Nur 7,9 % suchten Hilfe bei Polizei oder Beratungsstellen; viele Befragte agierten sowohl als Täter als auch als Opfer, ohne erkennbare Zusammenhänge mit Bildungsstand oder Einkommen.

Gewalt gegen Männer in Partnerschaften: Studienergebnisse zeigen ein erschreckendes Ausmaß

Eine aktuelle Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN), finanziell unterstützt von der WEISSER RING Stiftung, offenbart das weitreichende Problem von Gewalt gegen Männer in Partnerschaften in Deutschland. Am Donnerstag wurden in Hannover die Erkenntnisse des Forschungsprojekts „Gewalt gegen Männer in Partnerschaften“ vorgestellt. Das anderthalb Jahre umfassende Projekt setzte sich zum Ziel, die Prävalenz von Partnerschaftsgewalt gegen Männer zu ermitteln und ein besseres Verständnis für die Dynamiken sowie die Folgen dieser Gewaltformen zu entwickeln. Dafür wurden eine deutschlandweite Onlinebefragung von 12.000 Männern im Alter von 18–69 Jahren sowie 16 Interviews mit Betroffenen ausgewertet.

Die Ergebnisse sind alarmierend: Mehr als jeder zweite Mann in Deutschland war bereits Opfer von Gewalt in einer Beziehung. Insgesamt gaben 54 Prozent der Befragten an, im Leben mindestens eine Form von Gewalt in einer Partnerschaft erlebt zu haben. Dabei dominierten psychische Gewalt und kontrollierendes Verhalten mit 39,8 Prozent beziehungsweise 38,6 Prozent besonders. Physische Gewalt erlebten knapp ein Drittel der Befragten (29,8 Prozent), während sexuelle Gewalt mit 5,4 Prozent und digitale Gewalt mit 6,5 Prozent seltener vorkamen.

Die Studie unterstreicht zudem, dass es keinen typischen männlichen Opfertyp gibt: keine eindeutigen Zusammenhänge mit Bildungsstand oder Einkommen konnten festgestellt werden. Spannungsvoll bleibt die Erkenntnis, dass in vielen Fällen eine klare Täter-Opfer-Rolle schwer auszumachen ist, da die größte Gruppe der Befragten sowohl Täter als auch Opfer war.

Die Folgen solcher Gewalterfahrungen sind gravierend. Zwei Drittel der Betroffenen spüren die Auswirkungen der Gewalt noch immer deutlich. Psychische Belastungen berichten 66 Prozent der Männer, die Gewalt in Partnerschaften erlebt haben. Häufig genannt werden Stress, Anspannung, Ohnmachtsgefühle und Erniedrigung. Auch Schlafstörungen, Albträume und starke Ängste sind weitverbreitet. Psychische Belastungen können so schwerwiegend werden, dass sie bis zu Suizidgedanken führen.

Die Hemmschwelle, Hilfe zu suchen, ist hoch: Nur ein geringer Teil der Betroffenen (7,9 Prozent) wandte sich an Polizei oder andere Unterstützungsstellen. Gründe hierfür sind unter anderem die Wahrnehmung, die Gewalt sei „nicht so schlimm“ sowie der Wunsch, die Angelegenheit eigenständig zu regeln und dadurch die Partnerschaft oder Familie nicht zu gefährden.

Die Abschlussveranstaltung des Forschungsprojekts, die in Zusammenarbeit mit der WEISSER RING Stiftung stattfindet, bietet eine Plattform zur Präsentation der Ergebnisse und eine Podiumsdiskussion mit relevanten Akteuren. Der Forschungsbericht „Gewalt gegen Männer in Partnerschaften – eine empirische Untersuchung zur Situation in Deutschland“ steht kostenlos zur Verfügung und liefert detaillierte Erkenntnisse sowie Handlungsempfehlungen.

Männer als Gewaltopfer: Gesellschaftlicher Umgang, Tabus und Perspektiven

Die Gewalt gegen Männer in Partnerschaften ist ein Thema, das nach wie vor häufig übersehen oder tabuisiert wird – obwohl es tiefgreifende gesellschaftliche und psychologische Hintergründe hat. Männer, die Opfer von Partnerschaftsgewalt werden, stoßen oft auf ein Umfeld, das ihre Erfahrungen nicht ernst nimmt oder ihnen gar nicht erst zuhört. Dies resultiert aus traditionellen Rollenbildern und sozialen Erwartungen, die Männer als stark und unabhängig darstellen und ihnen das Eingeständnis von Verletzlichkeit erschweren.

Diese stereotype Vorstellung trägt maßgeblich dazu bei, dass männliche Opfer aus Scham, Angst vor Stigmatisierung oder dem Gefühl, nicht ernst genommen zu werden, schweigen. Die Folgen dieses Schweigens wirken sich nicht nur auf die Betroffenen aus, sondern auch auf das Hilfesystem, das häufig nicht ausreichend auf die speziellen Bedürfnisse männlicher Opfer eingestellt ist. In politischen und gesellschaftlichen Debatten wird Gewalt gegen Frauen weitaus sichtbarer behandelt, was männlichen Opfern wiederum den Zugang zu Unterstützung erschwert.

Warum schweigen viele Männer?

Die Barrieren, die Männer daran hindern, über erlebte Gewalt zu sprechen, sind vielfältig:

  • Gesellschaftliche Erwartungen an Männlichkeit verhindern oft, dass Männer sich als Opfer outen.
  • Angst vor Abwertung und Isolation sorgt dafür, dass viele Gewalt nicht melden.
  • Mangelnde Sichtbarkeit männlicher Opfer in Medien und Politik verstärkt das Gefühl der Unsichtbarkeit.
  • Unzureichende Hilfsangebote erschweren das Vertrauen in Unterstützungssysteme.
  • Vorurteile und Skepsis gegenüber männlicher Betroffenheit führen zu Unsicherheiten bei der Opferansprache.

Diese Punkte verdeutlichen, wie stark die gesellschaftlichen Tabus das Thema umgeben und welche Herausforderungen damit verbunden sind.

Perspektiven für Prävention und Hilfsangebote

Um den gesellschaftlichen Umgang mit Partnerschaftsgewalt gegen Männer zu verändern, sind neue Ansätze in Prävention und Unterstützung nötig. Eine größere Sichtbarkeit und Anerkennung männlicher Opfer in öffentlichen Diskussionen kann den ersten Schritt darstellen. Genauso wichtig ist die Ausweitung spezialisierter Hilfsangebote, die die spezifischen Bedürfnisse von männlichen Betroffenen adressieren und ein vertrauensvolles Umfeld schaffen.

Politische Initiativen könnten zudem dazu beitragen, die Thematik systematisch in Schutzkonzepte und Beratungsnetzwerke zu integrieren. Eine gesellschaftliche Entwicklung hin zu mehr Offenheit gegenüber den Erfahrungen männlicher Opfer kann langfristig zur Enttabuisierung beitragen und die Voraussetzungen für wirksamere Prävention und Unterstützung schaffen.


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