Bremen (VBR). Die Spannung steigt in der deutschen Gesundheitslandschaft, da niedergelassene Ärztinnen und Ärzte zunehmend gegen ihre Arbeitsbedingungen, die Vergütung und die wachsende Belastung durch Kassenbürokratie protestieren. Ihre Sorge richtet sich gegen den schleichenden Niedergang der ambulanten Versorgung, ein fundamental wichtiges Element im deutschen Gesundheitssystem. Frank Rudolph, Geschäftsführer des Bundesverbandes Verrechnungsstellen Gesundheit (BVVG) und gesundheitspolitischer Experte, verdeutlicht den Ernst der Lage: “Da ist sehr viel Druck auf dem Kessel.”
Inmitten dieser Krisenstimmung steht die Geschichte von Dr. Ulrich Euchner, einem Hausarzt, der in Albstadt – einer Stadt, die wie aus dem Bilderbuch scheint – praktiziert. Trotz der idyllischen Kulisse, teilt Albstadt das bedrohliche Problem vieler deutscher Kommunen: Das drohende Praxissterben. Dr. Euchner, der seit 35 Jahren Patienten behandelt und tief in der Gemeinschaft verwurzelt ist, steht vor einem Dilemma. Ohne einen Nachfolger sieht er sich gezwungen, seine Praxis zu schließen, was für ihn “ein Stich ins Herz” bedeutet.
Die Problematik ist nicht auf Albstadt oder einzelne Arztpraxen beschränkt; sie ist nationaler Natur. Deutschlandweit resignieren Mediziner vor den finanziellen Risiken und den erhöhten Arbeitsbelastungen, die eine Niederlassung heute mit sich bringt. Das Fundament der ambulanten Versorgung, das seit Jahrzehnten Patienten unterstützt, bröckelt. Die Konsequenz: Tausende Praxen könnten in den nächsten Jahren verschwinden. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Virchowbund schlugen Alarm und organisierten unter dem Motto “Praxis in Not” und “Praxenkollaps” Protestaktionen, um auf diese Entwicklungen aufmerksam zu machen.
Für die Probleme machen die Praxisinhaber vor allem die unattraktiven Arbeitsbedingungen und die wachsenden Sparmaßnahmen verantwortlich, die seit mehr als 30 Jahren von Politik und Krankenkassen gefordert werden. Ein besonderes Ärgernis stellt die Budgetierung der ärztlichen Leistungen dar, eine Praxis, die seit den 1990er Jahren etabliert wurde und dazu führt, dass Leistungen oberhalb eines gewissen Budgets nicht vergütet werden.
Die gesundheitspolitischen Weichenstellungen des “Kompromisses von Lahnstein” von 1992 tragen einen wesentlichen Teil der Verantwortung für die derzeitige Situation. Trotz anfänglicher Ankündigungen, die Vergütungsdeckel aufzuheben, hat sich unter der aktuellen Regierung nur wenig bewegt. Während Schritte zur Entbudgetierung unternommen wurden, bleiben Fachärzte davon ausgenommen.
Angesichts dieser Herausforderungen wird der Ruf nach einem Handeln der Politik lauter. Eine Petition der KBV, unterstützt von rund 550.000 Unterschriften, fordert eine adäquate Berücksichtigung der Kostensteigerungen und Inflation bei der Finanzierung sowie die Abschaffung der Budgets.
Die Situation ist prekär. Trotz der Ironie, dass viele Praxen finanziell durch privat versicherte Selbstzahler über Wasser gehalten werden, steht das ambulante Versorgungssystem vor einem Kollaps. Die Ampel-Parteien hatten zwar Besserung gelobt, bisher bleibt jedoch unklar, wie und wann diese Versprechen eingelöst werden.
Die Ereignisse rund um das deutsche Gesundheitssystem und die Reaktionen der niedergelassenen Ärzte legen nahe, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Es steht nicht nur die Qualität der medizinischen Versorgung auf dem Spiel, sondern auch das Vertrauen in ein System, das bisher als Rückgrat der gesundheitlichen Versorgung in Deutschland galt.
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Ambulante Versorgung in Gefahr / Ampel ignoriert Hilferufe der Praxisärzte
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