Erneute Genehmigung von Glyphosat: Kritik, Verbändeantrag und juristische Schritte
Die kürzlich erneuerte Genehmigung des Pflanzengifts Glyphosat durch die europäische Zulassungsbehörde im November letzten Jahres bis 2033 löst weiterhin erhebliche Kontroversen aus. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und die Aurelia Stiftung haben sich gemeinsam mit einem Antrag an die EU-Kommission gewandt, um diese Entscheidung überprüfen zu lassen. Dabei stellen sie die Frage nach der Vereinbarkeit mit dem im EU-Recht verankerten Vorsorgeprinzip in den Mittelpunkt. Für die Verbände stellt die Genehmigung einen klaren Verstoß gegen dieses Prinzip dar – insbesondere weil Glyphosat nach ihrer Auffassung erhebliche Risiken für Umwelt und Gesundheit birgt.
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, kritisiert die Entscheidung scharf und weist darauf hin, dass „die negativen Folgen von Glyphosat für Gesundheit und Umwelt bereits bekannt seien.“ Diese Einschätzung wird von einer Umfrage aus dem letzten Jahr unterstützt, der zufolge sich die Mehrheit der EU-Bürgerinnen und -Bürger für ein europaweites Verbot von Glyphosat ausspricht. Vor diesem Hintergrund hat die DUH angekündigt, im Falle einer Ablehnung ihres Antrags vor den Unionsgerichten Klage einzureichen.
Die Problematik von Glyphosat geht über die Risiken für den Menschen hinaus: Das Herbizid ist weltweit eines der meistverkauften Pestizide und wirkt nicht nur gegen Schädlinge, sondern vernichtet auf den behandelten Flächen alle Pflanzen. Dies hat zur Folge, dass Lebensräume und Nahrungsgrundlagen von verschiedenen Tieren zerstört werden, was ganze Ökosysteme angreift und zur Verschärfung der Biodiversitätskrise beiträgt. Die Krebsagentur der Weltgesundheitsorganisation hat Glyphosat bereits 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft, was die Dringlichkeit einer Neubewertung unterstreicht.
Auch Matthias Wolfschmidt, Vorsitzender des Vorstands der Aurelia Stiftung, warnt eindrücklich: „Die Biodiversitätskrise nur überwunden werden könne, wenn die Vielfalt der Bienen und die Fruchtbarkeit des Bodens auf landwirtschaftlichen Flächen Priorität hätten.“ Er macht deutlich, dass die Entscheidung zur Genehmigung von Glyphosat diese Ziele konterkariere, das Artensterben verschärfe und langfristig sogar die Ernährungssicherheit in der EU gefährde.
Neben dem juristischen Vorgehen gegen Glyphosat hat die DUH mehrere Musterverfahren gegen Zulassungen von Pestizid-Produkten mit bedenklichen Wirkstoffen eingeleitet. Diese richten sich gegen das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Dabei klagt die DUH sowohl gegen glyphosathaltige Produkte als auch gegen Herbizide mit anderen Wirkstoffen. Dadurch unterstreicht die DUH ihr Engagement, den Einsatz gesundheits- und umweltschädlicher Pestizide umfassend rechtlich prüfen zu lassen.
Warum der Streit um Glyphosat so brisant bleibt
Der Konflikt um Glyphosat ist längst weit mehr als eine reine Umweltdebatte. Er spiegelt die tiefen gesellschaftlichen und politischen Spannungen wider, die zwischen den Interessen der Landwirtschaft, dem Schutz der Natur und den Einflussnahmen mächtiger Industrielobbys bestehen. Diese kontroverse Gemengelage sorgt dafür, dass das Thema emotional und intensiv diskutiert wird – weit über Fachkreise hinaus. Dabei ist Glyphosat zu einem Symbol für grundlegende Fragen geworden: Wie weit darf der Einsatz von Pestiziden gehen? Wie schützt man Artenvielfalt und Verbraucher:innen, ohne die Landwirtschaft unverhältnismäßig zu belasten? Und welche Rolle spielt die Vorsorge in der Europäischen Union?
Der Streit entzündet sich nicht zuletzt an der Einschätzung von Risiken und Folgen. Auf der einen Seite steht die Befürchtung, dass Glyphosat die Umwelt nachhaltig schädigt und wichtige Ökosysteme belastet. Auf der anderen Seite argumentieren Befürworter mit dem Nutzen für die Agrarwirtschaft und den Herausforderungen der Versorgungssicherheit. Diese Gegensätze spiegeln eine grundsätzliche Konfliktlinie zwischen ökologischen Zielen und wirtschaftlichen Interessen wider.
Glyphosat und Umwelt: Was steckt hinter den Sorgen?
Die Sorgen um Glyphosat drehen sich vor allem um die Auswirkungen auf Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität und die Gesundheit von Mensch und Tier. Kritiker weisen darauf hin, dass der breitflächige Einsatz des Pflanzenschutzmittels natürliche Lebensräume beeinträchtigt und zum Rückgang von wichtigen Insektenpopulationen beiträgt. Gleichzeitig rücken auch Fragen zur Belastung von Gewässern und Böden in den Fokus. Der Konflikt wird hier besonders deutlich, weil Umwelt- und Verbraucherschützer eine vorsorgliche Einschränkung fordern, während landwirtschaftliche Akteure oft auf das bewährte Mittel setzen und Alternativen als unzureichend oder teuer bewerten.
Blick nach Europa: Wo Verbote und Alternativen diskutiert werden
Auf europäischer Ebene steht das Thema ganz oben auf der Agenda. Die EU verfolgt das Vorsorgeprinzip, das bei Unsicherheiten zur Gesundheit oder Umweltbelastung ein vorsichtiges Vorgehen empfiehlt – ein Ansatz, der in der Glyphosat-Debatte für viel Streit sorgt. Während einzelne Mitgliedsstaaten bereits Verbote oder Einschränkungen prüfen, steht die Gemeinschaft vor der Herausforderung, eine einheitliche und zugleich praktikable Lösung zu finden. Gleichzeitig gewinnen Diskussionen um mögliche Alternativen an Gewicht. Diese reichen von biologischen Pflanzenschutzmitteln bis zu veränderten Anbaumethoden, die weniger auf chemische Mittel setzen.
Dabei zeigen sich folgende zentrale Interessenkonflikte und Handlungsoptionen:
- Landwirtschaftlicher Bedarf versus Umweltschutzauflagen
- Industrielle Einflussnahme im Gegensatz zu gesellschaftlichen Gesundheits- und Naturschutzforderungen
- Debatten über effektive und bezahlbare Alternativen zu Glyphosat
- EU-Vorsorgeprinzip als Leitlinie für mögliche Verbote oder Zulassungsverfahren
Der Streit um Glyphosat verdeutlicht die komplexen Spannungsfelder, in denen sich moderne Agrarpolitik, Umweltethik und Verbraucherschutz bewegen. Die Entwicklungen in Europa werden maßgeblich bestimmen, wie nachhaltig Landwirtschaft künftig gestaltet werden kann – und wie eine Balance zwischen Sicherung der Nahrungsmittelproduktion und dem Schutz von Natur und Gesundheit gelingen kann.
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