– 2021 erholte sich die chemisch-pharmazeutische Industrie mit fast 14 Mrd. € FuE-Ausgaben (6 % des Umsatzes, 44 600 Beschäftigte, 16 % des verarbeitenden Gewerbes), doch der VCI erwartet wegen schlechter Ertragslage, ungünstiger Standortbedingungen und rückläufigen STEM-Studienanfängerzahlen eine Stagnation.
– Deutschland behauptet sich als viertgrößter Chemie-Innovationsstandort (Top 6-Länder decken 84 % der globalen FuE-Ausgaben), rangiert im Mittelfeld der FuE-Intensität, verfügt jedoch über die höchste Zahl forschender Unternehmen, 7,3 % aller Chemie-/Pharma-Patente und ist mit 14 % Welthandelsanteil führender Exporteur forschungsintensiver Pharmazeutika.
– Der VCI warnt vor sinkender Nachfrage, Produktionsrückgängen, hohen Energiepreisen, Fachkräftemangel und geringen Wagniskapitalinvestitionen und fordert zur Gegensteuerung mehr Risikokapital, stabile Förderfinanzierung und erweiterte steuerliche Forschungsanreize, um Offshoring (60 % externe FuE im Ausland, 23 % Firmen planen Auslands-FuE) zu verhindern.
Herausforderungen und Stagnation bei den FuE-Ausgaben der deutschen Industrie
Die deutsche Industrie hat in den letzten Jahren turbulente Zeiten hinter sich – insbesondere die Corona-Krise führte zu einem Rückgang der Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE). Obwohl der Investitionsstandard im Jahr 2021 mit fast 14 Mrd. Euro wieder eingeholt und ein neuer Höchststand erreicht wurde, gibt es dennoch Anlass zur Sorge. Die Auswertungen des Verbandes der Chemischen Industrie e.V. (VCI), veröffentlicht im August 2023, zeigen ein differenziertes Bild: Die deutsche chemisch-pharmazeutische Industrie konnte sich im Jahr 2021 erholen und investierte rund 6 % ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Damit belegt sie im Branchenvergleich den dritten Platz und demonstriert eine hohe Innovationsorientierung.
Etwa jeder zehnte Mitarbeiter, insgesamt 44.600 Beschäftigte, arbeitet in einer Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Zudem stammen etwa 16 % der Aufwendungen des verarbeitenden Gewerbes aus der chemisch-pharmazeutischen Industrie. Dennoch bereiten sinkende Zahlen von Studienanfängern im naturwissenschaftlich-technischen Bereich Sorgen. Im globalen Vergleich behauptet sich Deutschland noch als viertgrößter Chemie-Innovationsstandort. Allerdings verschieben sich die Dynamiken auf dem internationalen Markt: Zwar steigen in Deutschland die FuE-Ausgaben, aber Industrieländer verlieren zunehmend Anteile an Schwellenländer.
Die EU musste 2022 im Rennen um den größten Industriestandort den ersten Platz an China abgeben. China hält inzwischen mehr Patente als Deutschland und verzeichnet die meisten Publikationen im Bereich Chemie und Pharma weltweit. Während Deutschland laut VCI hinsichtlich der Intensität in Forschung und Entwicklung im Mittelfeld der wichtigsten Wettbewerber rangiert, gibt es auch Erfreuliches zu berichten: Deutschland weist die höchste Anzahl an forschenden Unternehmen auf, und 7,3 % der Patente in Chemie und Pharmazie stammen aus Deutschland. Zudem ist Deutschland seit Jahren der größte Exporteur forschungsintensiver Pharmazeutika mit einem Anteil am Welthandel von über 14 %. Die Schweiz, Irland und die USA folgen, während China den sechsten Platz einnimmt.
Der zweite Quartalsbericht 2023 vom VCI warnt jedoch: Eine sinkende Nachfrage, ein Produktionsrückgang, hohe Energiepreise und die Standortnachteile führen zu großen Herausforderungen. Diese Entwicklungen deuten auf eine anhaltende Talfahrt hin, die sich wohl in absehbarer Zeit nicht beenden lässt. Trotz der guten internationalen Position – Deutschland belegt beim Innovationsindikator des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) den zehnten Rang – bewertet der BDI den aktuellen Zustand als stabil, aber zu wenig dynamisch. Es fehlen Anzeichen von Veränderung und Verbesserung.
Neben den genannten Herausforderungen kämpft die Industrie mit einem eindeutigen Fachkräftemangel, geringen Wagniskapitalinvestitionen sowie einer wenig dynamischen Entwicklung im Technologiebereich. Der VCI fordert daher eine Erhöhung des Wagniskapitals, eine ausreichende und verlässliche Finanzierung von Förderprogrammen sowie den Ausbau der steuerlichen Forschungsförderung. Dass mittlerweile fast 60 % der externen Forschungsaufträge in der chemisch-pharmazeutischen Industrie ins Ausland gehen, wertet der VCI als Warnsignal für den Standort Deutschland. Eine Mitgliederumfrage bestätigt: 23 % der Unternehmen tendierten im Jahr 2023 zu vermehrten Investitionen im Ausland.
Der VCI sieht dringenden Handlungsbedarf, um einen weiteren Strukturverlust zu vermeiden. Deutschland kann sich global noch behaupten, doch die Kombination aus sinkender Nachfrage, hohen Energiepreisen, Fachkräftemangel und Standortnachteilen gefährdet die positive Entwicklung. Um die deutsche Industrie auf Kurs zu halten, sind konsequente Maßnahmen notwendig.
Warum Forschung und Entwicklung für Deutschlands Zukunft unverzichtbar sind
Forschung und Entwicklung (FuE) bilden das Fundament für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft Deutschlands. Doch trotz ihrer zentralen Bedeutung stagnieren die Investitionen in diesem Bereich, was weitreichende Folgen für Gesellschaft, Wirtschaft und den Arbeitsmarkt haben kann. FuE ist kein isolierter Prozess, sondern wirkt sich auf viele Dimensionen aus: von technologischen Durchbrüchen über die Sicherung von hochwertigen Arbeitsplätzen bis hin zur Gestaltung gesellschaftlicher Dynamik. Damit Deutschland im globalen Wettbewerb nicht ins Hintertreffen gerät, müssen die Herausforderungen rund um Standortfaktoren, Nachwuchsgewinnung und Finanzierung dringend adressiert werden.
Globale Standortkonkurrenz und Innovationsdruck
Die weltweite Konkurrenz um die besten Forschungskapazitäten und Talente nimmt kontinuierlich zu. Länder investieren massiv in FuE, um als Innovationsstandorte attraktiv zu sein und sich wirtschaftlich zu behaupten. Für Deutschland bedeutet das, sich nicht nur technologisch zu behaupten, sondern auch optimale Rahmenbedingungen zu schaffen, die Unternehmen und Forschende anziehen und binden. Standortfaktoren wie Infrastruktur, Finanzierungsmöglichkeiten und Fachkräfteangebot sind dabei entscheidend. Eine stagnierende FuE-Förderung birgt das Risiko, dass Wettbewerber schneller neue Technologien und Geschäftsmodelle entwickeln, was den Innovations- und Technologievorsprung gefährdet.
Weichenstellungen für die nächste Generation
Die Zukunftsfähigkeit Deutschlands hängt maßgeblich davon ab, wie gut es gelingt, junge Talente für Forschung und Entwicklung zu begeistern und auszubilden. Nachwuchsprobleme in Wissenschaft und Wirtschaft bremsen die Innovationsfähigkeit und damit auch die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Investitionen in FuE sind mehr als Geldmittel: Sie sind entscheidend für die Entwicklung von Kompetenzen und Ideen, die zukünftige technologische und gesellschaftliche Herausforderungen meistern können. Durch gezielte Förderung und attraktive Perspektiven lassen sich Innovationspotenziale stärken, die wiederum Arbeitsplätze sichern und die gesellschaftliche Dynamik fördern. Die strategische Weichenstellung heute bestimmt, wie produktiv und wettbewerbsfähig Deutschland morgen sein wird.
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Forschung und Industrie / Wo steht Deutschland im internationalen Vergleich?
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