Aufholbedarf bei Fehlerkultur: Tag der Fehler am 15. August

München, 15. August 2023 – 10:00

Fehler feiern: Konstruktiver Umgang mit Fehlern als Innovationspotenzial

München – Am 15. August wird in den USA der Tag der Fehler, oder auf Englisch “National Failures Day”, gefeiert. Dies mag zunächst überraschend klingen, doch zahlreiche Untersuchungen aus der Organisationspsychologie zeigen, dass der konstruktive Umgang mit Fehlern sich positiv auf die Leistungsfähigkeit, Innovationskraft und Zufriedenheit der Mitarbeitenden in Unternehmen auswirkt. Dr. Janine Netzel, Professorin an der International School of Management (ISM) und Wirtschaftspsychologin, erklärt, wie eine reflektierte Fehlerkultur in deutschen Unternehmen gefördert werden kann.

Fehler als Chance zur Weiterentwicklung

Wirtschaftspsychologin Prof. Dr. Janine Netzel betont, dass der Umgang mit Fehlern viel Innovationspotenzial birgt: “Es eint uns alle, dass wir ungerne Fehler machen. Aber sie sind auch der Ursprung dafür, dass wir uns weiterentwickeln können.” Im Unternehmensalltag geht es vor allem um Qualitätsmanagement und die Möglichkeit, Prozesse durch Fehleranalysen zu optimieren: “Wenn wir zum Ergebnis kommen, dass Prozesse umstrukturiert, verschlankt oder anders gestaltet werden können, ist viel gewonnen.”

Karriereängste als Hindernis für transparenten Umgang mit Fehlern

Die Vorteile einer transparenten Fehlerkultur sind durch zahlreiche Studien aus der Organisationspsychologie erwiesen. Dennoch gibt es in vielen deutschen Branchen Angst vor dem Karriereknick, was einen offenen Umgang mit Fehlern behindert. Laut Netzel ergab eine Studie von Ernst & Young aus dem Jahr 2023, dass 50% der befragten Führungskräfte glauben, dass eine mangelnde Fehlerkultur die Innovation im Unternehmen reduziert. Jedoch geben 64% der Führungskräfte in derselben Studie an, ihre Fehler nicht zuzugeben oder nur teilweise zuzugeben.

Eine Branche sticht positiv hervor, während eine andere hinterherhinkt

Den Untersuchungen zufolge gehen Führungskräfte in der automotiven Branche am transparentesten mit Fehlern um. Lediglich ein Drittel gab an, Fehler nicht transparent einzustehen. Die Finanzbranche dagegen zeigte sich in Bezug auf Fehler offenbar weniger transparent. Hier geben über 82% der Führungskräfte an, Fehler nur eingeschränkt zuzugeben. Die Angst vor Gesichtsverlust sei in der Finanzbranche besonders stark ausgeprägt.

Strategien für eine transparente Fehlerkultur

Um eine transparente Fehlerkultur in Unternehmen zu fördern, existieren bereits etablierte Strategien. Laut Wirtschaftspsychologin Netzel kommt es dabei auf die Einstellungen der Mitarbeitenden sowie auf die Werte und die Unternehmenskultur an. Folgende vier Aspekte erweisen sich als hilfreich:

1. Authentische Unternehmenswerte und -leitlinien: “Es braucht Toleranz gegenüber Fehlern und Menschen sowie Experimentierfreudigkeit. Auch eine systematische Analyse ist wichtig. Dies muss den Mitarbeitenden klar signalisiert werden.”

2. Personalauswahl und Onboarding: “Nicht nur fachliche Qualifikationen, sondern auch die soziale Passung und Einbindung der Mitarbeitenden sollten bei der Personalauswahl und im Onboarding berücksichtigt werden.”

3. Rahmenbedingungen für offene Kommunikations- und Feedbackkultur: “Es ist die Aufgabe des Unternehmens, Zeit und Raum für eine positive Fehlerkultur zu schaffen. Dies fängt bei der Kommunikation und dem Feedback in den Teams und Abteilungen an und geht bis hin zur Vorstandsebene.”

4. Vorbildfunktion von Führungskräften: “Führungskräfte sollten zur kritischen Reflexion anregen und selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Sie können sich selbstkritisch fragen: Wie authentisch leben sie eine offene Fehler- und Experimentierkultur? Welche Unterstützung, zum Beispiel durch Coaching, benötigen sie im Umgang mit eigenen Fehlern und um eine positive Fehlerkultur im Team zu entwickeln? Bei konkreten Fehleranalysen ist auch die Frage nach dem ‘Warum’ von großer Bedeutung. Warum sind uns im Team bestimmte Punkte gut gelungen und andere weniger?”

Fehler mit Humor und Gelassenheit begegnen

Insgesamt empfiehlt Janine Netzel, Fehlern mit Humor und Gelassenheit zu begegnen: “Einfach mal einen Schritt herausgehen, tief durchatmen und das Geschehene mit etwas Distanz betrachten. Wir sind alle nur Menschen, und Fehler gehören zum Menschsein dazu. Sie behindern uns nicht, sondern liefern den Anstoß für Entwicklung, sowohl beruflich als auch privat.”

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