Bremen (VBR). Experten fordern verstärkte private und betriebliche Vorsorge für die Pflege
Beim Pflegegipfel 2024 in Berlin haben Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft die Einführung von kapitalgedeckten Zusatzversicherungen als ergänzende Säule zur gesetzlichen Pflegeversicherung gefordert. Ziel ist es, die Soziale Pflegeversicherung finanziell zu entlasten und die hohen Kosten für Pflegebedürftige nachhaltig abzusichern. Laut einer Umfrage des Civey-Instituts im Auftrag des PKV-Verbands glauben 80,7 Prozent der Deutschen nicht, dass die gesetzliche Pflegeversicherung im Bedarfsfall ausreichend finanzielle Sicherheit bietet.
Prof. Dr. Jürgen Wasem, Vorsitzender des Experten-Rats “Pflegefinanzen”, sprach sich dafür aus, eine obligatorische, kapitalgedeckte Zusatzversicherung einzuführen. Diese soll einen automatischen Inflationsausgleich bieten, Kinder beitragsfrei stellen und Rentner zum halben Beitrag versichern. Laut Wasem liegt es nun an der Politik, den Vorschlag umzusetzen und die Eigenanteile an den Pflegekosten sozial abzufedern und generationengerecht zu finanzieren.
Neben privaten Vorsorgeprodukten gibt es auch immer mehr betriebliche Angebote zur Pflegevorsorge. Laut der Civey-Umfrage sehen 75 Prozent der Arbeitnehmer eine vom Arbeitgeber angebotene betriebliche Pflegeversicherung positiv. Besonders bei jüngeren Menschen (88 Prozent bei den 18- bis 29-Jährigen) kommen diese Zusatzleistungen gut an. 55 Prozent halten eine betriebliche Pflegeversicherung sogar für attraktiver als ein Diensthandy oder ein Ticket für den Nahverkehr. 35 Prozent finden eine betriebliche Pflegeversicherung sogar besser als eine Gehaltserhöhung.
Petra Lindemann, Geschäftsführerin des Bundesarbeitgeberverbands Chemie (BAVC), betonte, dass betriebliche Pflege-Vorsorgelösungen eine tarifpolitische Antwort auf den demographischen Wandel sind. In der Chemiebranche sind mittlerweile über 440.000 Beschäftigte über ein betriebliches Modell im Pflegefall mit monatlich bis zu 1.000 Euro abgesichert.
Auch Roland Angst, Präsident der ULA – Deutscher Führungskräfteverband, betonte die Bedeutung privater Vorsorge in der Pflege. Er sprach sich für vielfältige Vorsorgewege aus und betonte, dass betriebliche Pflegezusatzversicherungen als wegweisende Lösungen dienen können. Diese sollten allen Arbeitnehmern gleichermaßen zugutekommen.
Florian Reuther, Direktor des PKV-Verbands, plädierte für mehr Eigenverantwortlichkeit in der Pflegevorsorge und forderte die Politik auf, gute Rahmenbedingungen für bewährte Versicherungslösungen zu schaffen. Prof. Volker Ulrich, Vorsitzender der Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen (GRPG), betonte die Notwendigkeit einer kapitalgedeckten, generationengerechten Finanzierung des Pflegerisikos.
Die Forderungen der Experten wurden beim Pflegegipfel kontrovers diskutiert. Politiker der Ampelkoalition sowie der CDU/CSU waren zu Gast und nahmen an einer “Politischen Runde” teil. Eine Aufzeichnung des Pflegegipfels kann online abgerufen werden.
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