* 378 Menschen in deutschen Gewässern 2023 ertrunken – höchster Wert seit 2017
* 90 % der Ertrinkungsunfälle passierten unbewacht an Binnengewässern; Flusstote stiegen deutlich
* Über die Hälfte der Grundschulkinder verlässt Schule ohne sicheres Schwimmvermögen
Ertrinkungsfälle in Deutschland 2023: Deutlicher Anstieg und neue Risikotrends
Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) meldet für das Jahr 2023 einen besorgniserregenden Anstieg der Ertrinkungsfälle: Mit 378 Verstorbenen übersteigt die Zahl die des Vorjahres, in dem 355 Menschen in deutschen Gewässern ihr Leben verloren. Besonders auffällig ist die Entwicklung der letzten drei Monate, die laut DLRG-Präsidentin Ute Vogt in Hannover eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Unglücksfällen aufwies – die höchste seit 2017.
Etwas unerwartet geschah der Großteil der Unfälle außerhalb der klassischen Badesaison. Während im August 2023 die Zahlen der Badetoten im Vergleich zum Vorjahr zurückgingen, sorgte der lange, warme September mit 18 tödlichen Unglücken mehr als 2022 für einen drastischen Anstieg. Vogt erklärt dazu: „Die anziehende Wärme im Spätsommer war ein Grund für viele, noch einmal die Gewässer aufzusuchen, was gleichzeitig die Zahl der Badeunfälle in die Höhe trieb.“
Ein weiterer kritischer Befund ist die Tatsache, dass etwa 90 Prozent der Ertrinkungsunfälle in Binnengewässern geschahen, die häufig ohne Überwachung durch Rettungsschwimmer sind. Besonders alarmierend ist der deutliche Anstieg der Ertrinkungstode in Flüssen – von 105 im Jahr 2022 auf 135 im vergangenen Jahr – sowie in Kanälen. In diesem Zusammenhang appelliert die DLRG mit Nachdruck an die Bevölkerung, vor allem unbewachte Gewässer zu meiden und Freizeitaktivitäten an gesicherten Badestellen zu verbringen.
Betroffen waren dabei auch Personen, die mit Wassersportgeräten unterwegs waren, darunter sieben Nutzer von Stand-Up-Paddle-Boards. Darauf weist Vogt hin und mahnt zur Vorsicht: „Speziell Wassersportler sollten Schwimmwesten tragen, da selbst geschulte Schwimmer bei einem plötzlichen Sturz ins kalte Wasser in Lebensgefahr geraten können.“
Darüber hinaus zeichnet sich eine beunruhigende Entwicklung bei den Altersgruppen ab: Unter den Ertrinkungsopfern stieg die Zahl junger Erwachsener zwischen 31 und 40 Jahren von 26 im Jahr 2022 auf 44 im Folgejahr. Dies verdeutlicht, dass nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern auch Erwachsene ihre Fähigkeiten im Wasser häufig überschätzen.
Ein zentrales Thema bleibt die Schwimmausbildung. Die DLRG-Präsidentin weist auf die Ergebnisse einer Umfrage hin, die zeigt: „Mehr als jedes zweite Kind kann nach Verlassen der Grundschule nicht sicher schwimmen.“ Dieses Ergebnis unterstreicht die Dringlichkeit, Schwimmen als essentiellen Bestandteil der grundlegenden Bildung zu etablieren. Bundesweit setzt die DLRG mit den Schwimmabzeichentagen vom 9. bis 16. Juni ein deutliches Zeichen auf die Bedeutung des Schwimmens als lebenswichtige Fähigkeit.
Regional betrachtet gab es die meisten Vorfälle in Bayern, während in anderen Bundesländern signifikante Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr zu beobachten sind. Dies unterstreicht den Bedarf an flächendeckender Präventionsarbeit und Sensibilisierung für die Gefahren des Wassers.
Mit über 600.000 Mitgliedern und mehr als 42.000 Rettungsschwimmern gilt die DLRG als größte privat organisierte Wasserrettungsorganisation Deutschlands. Sie leistet einen weitreichenden Beitrag zur Sicherheit am, im und auf dem Wasser, engagiert sich ehrenamtlich in der Wasseraufsicht, Gefahrenabwehr, Schwimmausbildung und im Katastrophenschutz. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sowie über 1,3 Millionen Förderer unterstützen die Organisation, deren Arbeit jährlich zahlreiche Leben rettet und eindringlich zur Achtsamkeit im Umgang mit Wasser mahnt.
Warum ein warmer Herbst die Ertrinkungszahlen steigen ließ – Risiken, Hintergründe und Prävention
Der deutliche Anstieg der Ertrinkungstoten in einem ungewöhnlich warmen Herbst ist kein Zufall, sondern eng mit wetterbedingten Verhaltensänderungen und bestehenden Schwachstellen verbunden. Ein warmer Spätsommer und Herbst führt häufig dazu, dass mehr Menschen als üblich Wasserflächen aufsuchen – sei es zum Schwimmen, Bootfahren oder einfach zum Verweilen in der Nähe von Seen und Flüssen. Diese verlängerte Badesaison bringt jedoch ein erhöhtes Risiko mit sich, vor allem wenn Schwimmfähigkeit oder Vorsichtsmaßnahmen nicht ausreichend ausgeprägt sind.
Besonders gefährdet sind verschiedene gesellschaftliche Gruppen, deren individuelle Risiken sich aus mehreren Faktoren zusammensetzen: mangelnde Schwimmkenntnisse, Überforderung in unerwarteten Situationen oder fehlende Sensibilität für Gefahren im Wasser. Gleichzeitig zeigt sich, dass Präventionsstrategien und Schwimmausbildung noch nicht flächendeckend oder ausreichend effektiv sind, um das Risiko von Badeunfällen nachhaltig zu reduzieren. Deshalb gewinnen gesellschaftliche und individuelle Maßnahmen an Bedeutung, um weiteren Anstiegen der Ertrinkungszahlen entgegenzuwirken.
Welche Gruppen sind besonders gefährdet?
Ein warmer Herbst lockt viele Menschen ans Wasser – doch nicht alle sind gleich gut geschützt. Besonders betroffen sind Menschen, die keine sicheren Schwimmkenntnisse besitzen oder sich überschätzen. Auch Kinder, ältere Personen oder Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen zählen zu den Risikogruppen, da sie im Notfall häufig schneller Hilfe benötigen. Dazu kommt, dass manche Badeunfälle durch eine unterschätzte Gefahr entstehen: kaltes Wasser trotz sommerlicher Temperaturen, plötzliche Strömungen oder Erschöpfung.
Darüber hinaus sind soziale Faktoren entscheidend. Wer keinen Zugang zu Schwimmunterricht hatte oder in Umgebungen lebt, in denen Wasserunfälle weniger thematisiert werden, trägt ein höheres Risiko. Insgesamt verdeutlicht das gestiegene Ertrinkungsgeschehen, dass es neben reinen Wetterbedingungen auch gesellschaftliche Schwachstellen in Ausbildung und Aufklärung gibt.
Welche Strategien zur Prävention gibt es?
Die Verlängerung der Badesaison durch warmes Wetter macht Präventionsmaßnahmen umso dringlicher. Essenziell ist eine bessere Schwimmausbildung für alle Altersgruppen – von der frühkindlichen Wassergewöhnung bis zum Erwachsenen-Schwimmkurs. Darüber hinaus gehören Aufklärung über Wassergefahren und Verhaltensregeln an Seen, Flüssen und im Freibad zum Schutzkonzept.
Im Alltag helfen einfache Verhaltensregeln, Ertrinkungsunfälle zu vermeiden:
- Nie allein schwimmen gehen, besonders an unbekannten oder freien Gewässern
- Alkohol meiden, wenn man baden oder Wassersport betreiben will
- Vorsicht bei unterschätzten Gefahren wie Strömungen oder Temperaturunterschieden
- Auf Warnschilder und Regeln achten, insbesondere wenn die Bedingungen wechselhaft sind
Um die Ertrinkungszahlen langfristig zu senken, sind auch gesellschaftliche Initiativen gefragt. Hierzu zählen Ausbau und Förderung von Schwimmkursen, verbesserte Aufklärungskampagnen sowie verstärkte Präsenz und Überwachung an gefährdeten Gewässern.
Ein warmer Herbst wirkt als Katalysator für bestehende Risiken: mehr Menschen im Wasser treffen auf unzureichende Schwimmfähigkeit und ungenügende Vorsorge. Dadurch steigen die Zahlen der Badetoten – ein Weckruf für Politik, Gesellschaft und jeden Einzelnen, die Schwimmsicherheit ernst zu nehmen.
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DLRG Statistik 2023: Mindestens 378 Menschen in Deutschland ertrunken
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