Psychotherapie in Deutschland am Wendepunkt: Gesetzesreform für Weiterbildung dringend nötig zur Sicherung der Versorgung

In Würzburg forderte die Deutsche Psychotherapeuten Vereinigung (DPtV) gemeinsam mit Studierenden, Ausbildenden und Fachverbänden dringende gesetzliche Reformen zur Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung. Weil Praxen ohne klare Regelungen und faire Gehälter niemanden einstellen, droht sonst ein Fachkräfte- und Versorgungsengpass. DPtV-Vize Barbara Lubisch appelliert an Bundesgesundheitsminister Lauterbach, die nötigen Änderungen noch im Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz zu verankern, um den psychotherapeutischen Nachwuchs zu sichern.
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Inhaltsübersicht

– DPtV fordert gesetzliche Reformen für Finanzierung psychotherapeutischer Weiterbildung wegen akuter Finanzierungsengpässe.
– Ausbildungsteilung seit 2019 lässt Finanzierungslücke entstehen, blockiert praktische Psychotherapeut*innen-Weiterbildung.
– Fehlende Ausbildungsplätze gefährden langfristig psychotherapeutische Versorgung, fordern schnelle GVSG-Anpassung.

Dringender Handlungsbedarf bei der Finanzierung der Psychotherapeut*innen-Weiterbildung

In Würzburg setzte die Deutsche Psychotherapeuten Vereinigung (DPtV) ein deutliches Zeichen für die Zukunft der Psychotherapie in Deutschland. Im Rahmen der Vorveranstaltung zum 44. Deutschen Psychotherapeutentag forderte sie gemeinsam mit einer breiten Allianz aus Studierenden, Ausbildenden, Fachverbänden und gesundheitspolitischen Vertretern verbindliche gesetzliche Reformen. Im Mittelpunkt steht die prekäre Situation bei der Finanzierung der Weiterbildung für Psychotherapeutinnen. Barbara Lubisch, stellvertretende Bundesvorsitzende der DPtV, brachte es auf den Punkt: Mehr als 2000 Praxen würden gerne Weiterbildung anbieten – Erwachsenen-Psychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen. Aber noch keine einzige hat einen Psychotherapeutenin in Weiterbildung eingestellt – weil gesetzliche Regelungen fehlen. Wir brauchen eine Änderung der Zulassungsverordnung, damit die Weiterbildungs-Therapieleistungen überhaupt in den Praxen erbracht werden können – und wir brauchen Regelungen für ein faires Gehalt für die Weiterbildungs-Psychotherapeutinnen.

Die Forderung richtet sich konkret an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der bereits eine Zusage gemacht hat, diese Themen zu adressieren. Lubisch warnte eindringlich: Wir fordern Bundesgesundheitsminister Lauterbach auf, seine Zusage vom letzten Jahr einzuhalten. Er muss die dringend notwendigen gesetzlichen Regelungen schaffen – und zwar jetzt, noch im Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG). Wir verlieren sonst den psychotherapeutischen Nachwuchs, denn ohne Weiterbildung gibt es keine Fachpsychotherapeutinnen. Jeder Zeitverzug verschlechtert die ohnehin angespannte psychotherapeutische Versorgung.*

Diese Kritik unterstreicht die prekäre Lage, in der sich sowohl die Ausbildung als auch die Versorgung psychisch Erkrankter befinden. Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer, verdeutlichte die klare Finanzierungslücke und wies darauf hin, dass es seit Jahren Vorschläge gibt, wie diese geschlossen werden kann – doch umgesetzt wurden diese bisher nicht.

Die Unterstützung durch die Bayerische Staatsministerin für Gesundheit, Pflege und Prävention, Judith Gerlach, zeigt den politischen Rückhalt auf verschiedenen Ebenen. Angesichts des stark steigenden Bedarfs an psychotherapeutischer Betreuung und der bereits jetzt unzumutbar langen Wartezeiten wird die Forderung nach schnellen, rechtlichen Maßnahmen umso dringlicher. Nur so lässt sich die Qualität der Ausbildung sichern und die Versorgungssicherheit für psychisch Erkrankte langfristig gewährleisten.

Psychotherapien auf dem Prüfstand: Reformstau und seine Folgen für Gesellschaft und Versorgung

Die psychotherapeutische Versorgung steht vor großen Herausforderungen, die längst über das Fachgebiet hinaus gesellschaftlich spürbar sind. Der Reformstau bei der Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung wirkt dabei als Bremse für die dringend notwendige Anpassung an wachsende und sich wandelnde Therapiebedarfe. Zentral ist die Frage: Warum ist die Weiterbildung so entscheidend? Sie sichert nicht nur die Qualifikation des Nachwuchses, sondern ist die Grundlage, um den zukünftigen Bedarf an Therapieleistungen überhaupt bedienen zu können. Denn ohne eine adäquate und zukunftsfähige Weiterbildung droht ein zunehmender Nachwuchsmangel, der die bereits bestehenden Engpässe verstärkt.

Deutschland sieht sich dabei im europäischen Vergleich mit besonders hohem Reformdruck konfrontiert. Andere Länder haben bereits auf veränderte gesellschaftliche Bedingungen und den steigenden Bedarf an psychotherapeutischer Versorgung reagiert, während hierzulande wichtige Weichenstellungen ausstehen. Die Folgen eines ausbleibenden Reformschritts sind vielfältig und gravierend: eine sich weiter verschärfende Versorgungslücke, längere Wartezeiten für Patient*innen und eine Überlastung der bestehenden Fachkräfte. Die Konsequenzen wirken sich unmittelbar auf die Qualität und Erreichbarkeit von Therapien aus – gerade in Zeiten zunehmender psychischer Belastungen in der Bevölkerung.

Mit Blick auf aktuelle Trends ist erkennbar, dass der Bedarf an psychotherapeutischer Betreuung kontinuierlich steigt. Dies hängt beispielsweise mit gesellschaftlichen Faktoren wie der Corona-Pandemie, dem zunehmenden Bewusstsein für psychische Gesundheit und dem demografischen Wandel zusammen. Die fehlende Modernisierung der Weiterbildung bremst jedoch genau die Ausweitung der Therapiekapazitäten, die zur Bewältigung dieser Anforderungen nötig wäre.

Die größten Risiken für die psychotherapeutische Versorgungslage sind:

  • Engpässe bei der Nachwuchsausbildung durch unzureichende Finanzierung
  • Verschärfung der Versorgungslücken vor allem in ländlichen und strukturschwachen Regionen
  • Verlängerte Wartezeiten für Patient*innen auf Therapieplätze
  • Überlastung der bestehenden Psychotherapeut*innen
  • Rückständig bleibende Weiterbildungsstrukturen im europäischen Vergleich

Die psychotherapeutische Weiterbildung steht somit an einem Scheideweg. Ohne entschiedene Reformen droht eine fatale Schieflage, die weit über den Fachbereich hinaus gesellschaftliche Auswirkungen haben wird. Nur durch die Sicherstellung einer passgenauen und nachhaltig finanzierten Weiterbildung lässt sich der steigende Therapiebedarf zukünftig adäquat abdecken und die psychotherapeutische Versorgung dauerhaft sichern.


Für weitere Informationen, Pressekontakte, Bilder oder Dokumente geht es hier zur Quelle mit dem Originaltitel:
„Ohne Weiterbildung keine Fachpsychotherapeut*innen“ – Kundgebung in Würzburg

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