Forderung nach Abschaffung des diskriminierenden Asylbewerberleistungsgesetzes
Der Paritätische und weitere zivilgesellschaftliche Verbände setzen sich seit über 30 Jahren dafür ein, das diskriminierende Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) abzuschaffen. Dieses Gesetz regelt aktuell, dass Asylsuchende medizinische Versorgung nur in den ersten 18 Monaten ihres Asylverfahrens bei akuten Schmerzen, Schwangerschaft und Geburt erhalten. Darüber hinausgehende Leistungen bei chronischen oder psychischen Erkrankungen werden häufig von nicht medizinisch geschultem Personal in Sozialämtern entschieden.
Die Bundesregierung steht für diese Praxis in der Kritik: Die Vereinten Nationen haben sie mehrfach wegen der Ungleichbehandlung gerügt. Diese Benachteiligung verstößt nicht nur gegen menschenrechtliche Standards, sondern widerspricht auch der ausdrücklichen Aufforderung des UN-Komitees zur Konvention gegen Rassismus (ICERD), die Ungleichbehandlung bei Sozial- und Gesundheitsleistungen zu beenden (08.12.2023). Bereits im Jahr 2012 stellte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) klar, dass die Menschenwürde migrationspolitisch nicht relativiert werden darf.
Der Versuch, den Zugang zu notwendiger Gesundheitsversorgung zu verwehren, ist daher nicht nur unwirksam und menschenverachtend, sondern auch verfassungswidrig. Trotz eines im Koalitionsvertrag bekundeten Willens der Bundesregierung, das AsylbLG im Sinne der BVerfG-Rechtsprechung weiterzuentwickeln und den Zugang zur Gesundheitsversorgung zu erleichtern, steht das geplante Vorhaben, das im Januar 2024 zusammen mit dem sogenannten „Rückführungsverbesserungsgesetz“ beschlossen werden soll, diesem Ziel klar entgegen und würde das Gegenteil bewirken.
Die zivilgesellschaftlichen Verbände fordern stattdessen die vollständige Abschaffung des AsylbLG und die gesetzliche Verankerung des Anspruchs auf alle Gesundheitsleistungen aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen für Geflüchtete. Diese Forderungen sind in einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundesminister Hubertus Heil sowie einzelne Bundestagsabgeordnete zusammengefasst und stehen als Download im Anhang der Fachinformation zur Verfügung.
Debatte um das AsylbLG: Menschenrechte, gesellschaftliche Bedeutung und politischer Ausblick
Die Diskussion um das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) berührt zentrale Fragen von Menschenrechten, Sozialpolitik und Integration. Dabei stehen nicht nur juristische Aspekte im Vordergrund, sondern auch die gesellschaftlichen Auswirkungen und die politische Debatte über die angemessene Unterstützung von Schutzsuchenden in Deutschland. Das Gesetz regelt die Leistungen für Geflüchtete während des Asylverfahrens und ist aufgrund seiner Restriktionen immer wieder umstritten.
Die Debatte lohnt eine differenzierte Betrachtung: Internationale Standards fordern eine menschenwürdige Behandlung von Asylsuchenden, die sich in der deutschen Praxis jedoch nicht immer uneingeschränkt widerspiegelt. Die Konsequenzen für die Betroffenen gehen über materielles Existenzminimum hinaus und betreffen auch Teilhabe und Integration. Deshalb steht die Anpassung des AsylbLG seit Langem im politischen Fokus – und die unterschiedlichen Lösungsansätze zeigen weitreichende Effekte in der Praxis.
Internationale Standards und deutsche Praxis
Im internationalen Vergleich sind die Anforderungen an die soziale Sicherung von Geflüchteten klar definiert, etwa durch die Vereinten Nationen oder die Europäische Menschenrechtskonvention. Diese Standards formulieren Grundrechte wie den Zugang zu Gesundheitsversorgung und angemessener Unterkunft. In Deutschland jedoch besteht das AsylbLG teilweise aus eng gefassten Leistungskatalogen, die unterhalb des regulären Sozialhilfeniveaus liegen.
Die deutsche Praxis führt somit zu einer grundlegenden Spannung: Auf der einen Seite steht das Menschenrecht auf eine menschenwürdige Existenz, auf der anderen Seite die Politik, die Asylverfahren begrenzt und Leistungen teilweise stark einschränkt. Diese Diskrepanz erzeugt nicht nur juristische Auseinandersetzungen, sondern trägt auch zur gesellschaftlichen Debatte bei.
Auswirkungen auf Gesellschaft und Politik
Die Wirkungen des AsylbLG sind vielschichtig. Für die Betroffenen bedeutet es oft einen eingeschränkten Zugang zu Ressourcen, der ihre Lebenschancen und Integration erschwert. Gleichzeitig wirkt sich das Gesetz auf das gesellschaftliche Zusammenleben aus, da Fragen von Gerechtigkeit, Flüchtlingsschutz und Sozialstaatlichkeit sichtbar werden. Die politische Debatte ist regelmäßig von Konflikten geprägt, bei denen es um den Grat zwischen Kostenkontrolle, humanitären Verpflichtungen und gesellschaftlicher Akzeptanz geht.
Diese Dynamik lässt sich an folgenden Kernpunkten festmachen:
- Die Anpassung des AsylbLG ist ein stetiger politischer Diskussionsgegenstand, weil das Gesetz den Spagat zwischen Schutzbedürftigkeit und begrenzten öffentlichen Mitteln widerspiegelt.
- Unterschiedliche Lösungsansätze, von leistungsrechtlichen Verbesserungen bis hin zu restriktiven Maßnahmen, zeigen konkrete Auswirkungen – sowohl auf die Lebensqualität der Geflüchteten als auch auf die gesellschaftliche Integrationsfähigkeit.
- Die Herausforderung besteht darin, Menschenrechte mit gesellschaftlicher Akzeptanz und politischer Realisierbarkeit zu verbinden, ohne die Grundwürde der Schutzsuchenden zu gefährden.
Die Debatte um das AsylbLG ist somit ein Spiegel gesellschaftlicher Werte, rechtlicher Standards und politischer Prioritäten – ein Thema, das weit über die Gesetzgebung hinaus in den Alltag und die Zukunft der Gesellschaft hineinwirkt.
Quelle: Geplante Verlängerung der Bezugsdauer (AsylbLG) gefährdet die Gesundheit von Schutzsuchenden – Der Paritätische
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