Wasserstoffstrategie in der Kritik: VDI warnt vor Überregulierung und fordert pragmatische Lösungen

Der VDI warnt vor Überregulierung und fehlendem Pragmatismus beim Wasserstoffhochlauf in Deutschland. Grüner Wasserstoff ist derzeit teuer, weil Produktion und Infrastruktur erst im Aufbau sind - dies bremst jedoch die Nachfrage und verhindert Skaleneffekte. Der Verband fordert verlässliche Rahmenbedingungen über 2030 hinaus sowie Maßnahmen, die Erlös- und Mengenrisiken adressieren.
Modernes blau beleuchtetes News-Studio mit runden LED-Podesten und großem Bildschirm mit Schriftzug ‚Verbands‑Monitor eins zu eins‘.
Inhaltsübersicht

– Der VDI kritisiert die zu enge Kostenkritik des Bundesrechnungshofs an der Wasserstoffstrategie.
– Grüner Wasserstoff ist ein Schlüssel für die industrielle Transformation und Versorgungssicherheit.
– Fehlende Planungssicherheit und Überregulierung bremsen den Wasserstoffhochlauf in Deutschland.

Wasserstoff: VDI warnt vor voreiligen Schlüssen

Der Verein Deutscher Ingenieure positioniert sich klar in der aktuellen Debatte um die Wasserstoffstrategie. Während der Bundesrechnungshof die hohen Kosten kritisiert, plädiert der VDI für einen differenzierten Blick auf die Anfangshürden dieser Zukunftstechnologie. „Wasserstoff – insbesondere grüner Wasserstoff – ist ein zentraler Baustein für die industrielle Transformation, die Versorgungssicherheit und die langfristige technologische Souveränität unseres Landes“, betont der Verband.

Die Kernbotschaft des VDI lautet: „Wasserstoff braucht in seiner Einführungsphase andere Maßstäbe als ein ausgereifter Markt.“ Technologien im Aufbau müssten sich zunächst etablieren, bevor sie sich vollständig dem Wettbewerb stellen könnten. Eine reine Kostenbetrachtung greife daher zu kurz – genau wie die aktuelle Kritik des Bundesrechnungshofs.

VDI-Direktor Adrian Willig konkretisiert: „Der Bundesrechnungshof kritisiert zurecht den bisherigen Status Quo beim Wasserstoffhochlauf, notwendig ist aber ein breiterer Blick auf die Ursachen. Trotz klar formulierter Ziele zur Förderung von grünem Wasserstoff der Bundesregierung ist eines der Hauptprobleme nach wie vor fehlender Pragmatismus und Überregulierung beim Einsatz von Wasserstoff.“

Das Henne-Ei-Problem der Wasserstoffwirtschaft

Laut VDI-Analyse steckt die Wasserstoffwirtschaft in einem klassischen Dilemma: „Grüner Wasserstoff ist aktuell teuer, weil seine Produktion und Infrastruktur erst im Aufbau sind. Gerade weil er derzeit teuer ist, wird er weniger nachgefragt – und genau deshalb müssen Märkte, Nutzungsanreize und Skaleneffekte erst entstehen.“ Sowohl potenzielle Erzeuger als auch Anwender sehen sich mit erheblichen Risiken konfrontiert.

Willig appelliert an die Politik: „Es braucht jetzt verlässliche Rahmenbedingungen auch über 2030 hinaus. Wasserstoff ist eine Zukunftstechnologie, die wie jede Schlüsselinnovation am Anfang Geduld braucht. In der Startphase gelten andere Spielregeln. Wir dürfen nicht die Risiken maximieren und die Chancen minimieren – sondern Verantwortung mit Weitsicht verbinden.“

Drei Sofortmaßnahmen für den Durchbruch

Der VDI hat konkrete Handlungsempfehlungen in einem Impulspapier zusammengestellt und fordert:

  • Verlässliche Rahmenbedingungen auch über 2030 hinaus
  • Pragmatische Regulierungsansätze
  • Maßnahmenpakete zur Beschleunigung des Hochlaufs, die Erlös- und Mengenrisiken adressieren

Abschließend unterstreicht Willig die Bereitschaft zur Zusammenarbeit: „Wir wollen, dass Deutschland beim Thema Wasserstoff Technologieführer wird und stehen für einen Dialog bereit.“

Die vollständige Analyse mit allen Empfehlungen findet sich in der VDI-Studie „Wasserstoffhochlauf – Zukunftsdialog“.

Wasserstoffstrategie im Realitätscheck

Die aktuelle Debatte um Deutschlands Wasserstoffstrategie zeigt unterschiedliche Perspektiven auf. Während der Verein Deutscher Ingenieure in seiner Stellungnahme die technologiepolitische Bedeutung von Wasserstoff betont und für Geduld in der Aufbauphase plädiert, liefert der Bundesrechnungshof eine kritische Bestandsaufnahme der bisherigen Umsetzung.

BRH-Befunde (Stand: 28.10.2025)

*Nach Einschätzung des Bundesrechnungshofs (Stand: 28.10.2025) verfehlt die Bundesregierung die Ziele ihrer Wasserstoffstrategie, da Angebot, Nachfrage und Infrastruktur nicht synchron entwickelt werden. Die Prüfbehörde identifiziert grundlegende Systemprobleme: *Laut Bundesrechnungshof (28.10.2025) können notwendige Importe von Wasserstoff den Bedarf nicht decken, da relevante Beschaffungs- und Transportstrukturen fehlen.

Diese Kritik trifft auf eine bereits bestehende ambitionierte Planung. Die Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie nennt als Ziel den Abschluss des Wasserstoff-Kernnetzes bis 2032, wobei offene Fragen bei Verteilnetz und Speicherintegration bestehen (Stand: April 2025). Die zeitliche Entwicklung zeigt damit eine Diskrepanz zwischen strategischen Zielvorgaben und der praktischen Umsetzung.

Netz- und Infrastrukturfragen (Stand: April/Okt. 2025)

Die infrastrukturellen Herausforderungen gehen über reine Leitungsfragen hinaus. *Die Markteinführung von Wasserstoff-Technologien wird durch fehlende regulatorische Planungssicherheit und unklare Förderrahmen gebremst. Dieser Befund unterstreicht die Komplexität des Wasserstoffhochlaufs, der nicht nur technische, sondern auch regulatorische Hürden überwinden muss.

Als Konsequenz aus seiner Analyse fordert der Bundesrechnungshof grundlegende Korrekturen. *Der Bundesrechnungshof fordert im Oktober 2025 einen Realitätscheck der Wasserstoffstrategie und empfiehlt zu klären, wann grüner Wasserstoff ohne dauerhafte Subventionen wettbewerbsfähig hergestellt werden kann. Diese Forderung zielt auf die langfristige Tragfähigkeit der Wasserstoffwirtschaft ab und stellt die Frage nach der wirtschaftlichen Perspektive jenseits der Förderphase.

Die unterschiedlichen Einschätzungen zwischen VDI und Bundesrechnungshof zeigen damit zwei Perspektiven auf: Während der VDI die technologiepolitische Bedeutung und notwendige Geduld in der Aufbauphase betont, konzentriert sich der Bundesrechnungshof auf die konkreten Umsetzungsdefizite und die Frage nach wirtschaftlicher Nachhaltigkeit.

Faktencheck: Zahlen und Quellen zur Wasserstoffstrategie

Die Diskussion um Deutschlands Wasserstoffstrategie basiert auf konkreten Daten und fundierten Analysen. Zwischen 2021 und 2024 flossen durchgehend mehrere Milliarden Euro jährlich in die Wasserstoffförderung, darunter 3,5 Milliarden Euro im Jahr 2024*.

Im Herbst 2025 legte der Bundesrechnungshof am 28. Oktober ein umfassendes Gutachten vor, das drei zentrale Problemfelder identifiziert:

  • Fördervolumen: Zwischen 2021 und 2024 flossen durchgehend mehrere Milliarden Euro jährlich in die Wasserstoffförderung, darunter 3,5 Milliarden Euro im Jahr 2024*
  • Strategiedefizite: Trotz dieser finanziellen Mittel verfehlt die Bundesregierung die Ziele ihrer Wasserstoffstrategie, weil Angebot, Nachfrage und Infrastruktur nicht synchron entwickelt werden*
  • Importrisiken: Notwendige Wasserstoffimporte können den Bedarf nicht decken, da relevante Beschaffungs- und Transportstrukturen fehlen*

Einen Tag später, am 29. Oktober 2025, konkretisierte der Bundesrechnungshof seine Forderungen in der öffentlichen Debatte: Er verlangt einen Realitätscheck der Wasserstoffstrategie und empfiehlt zu klären, wann grüner Wasserstoff ohne dauerhafte Subventionen wettbewerbsfähig hergestellt werden kann*.

Auswirkungen & gesellschaftliche Relevanz

Verzögerungen beim Hochlauf von grünem Wasserstoff berühren zentrale gesellschaftliche Fragen jenseits technischer Detailprobleme. Die Entwicklung gefährdet nicht nur Klimaziele, sondern beeinflusst zugleich Arbeitsplätze, Industrieerhalt und langfristige Energiepreise.*

Der Bundesrechnungshof weist in seiner Analyse darauf hin, dass Angebot, Nachfrage und Infrastruktur sich nicht synchron entwickeln. Diese mangelnde Abstimmung führt zu einer Investitionszurückhaltung auf verschiedenen Ebenen. Unternehmen zögern bei der Umstellung ihrer Produktionsprozesse, solange die langfristige Versorgungssicherheit mit grünem Wasserstoff nicht gewährleistet ist. Gleichzeitig fehlen Anreize für den Infrastrukturausbau, wenn die künftige Nachfrage unklar bleibt.*

Für die breite Bevölkerung könnte dies mittelfristig höhere Energiepreise und Standortverlagerungen industrieller Kerne bedeuten.* Die Transformation hin zur Klimaneutralität erfordert Planungssicherheit – sowohl für Großunternehmen als auch für mittelständische Zulieferer. Gelingt der rechtzeitige Hochlauf nicht, drohen doppelte Belastungen: einerseits Kosten für Klimafolgeschäden, andererseits wirtschaftliche Einbußen durch abwandernde Industriezweige.*

Die gesellschaftliche Relevanz zeigt sich auch in regionalen Wirtschaftsstrukturen. Industrieregionen, die traditionell von energieintensiver Produktion geprägt sind, stehen vor tiefgreifenden Wandlungsprozessen. Der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft könnte dort neue Wertschöpfungsketten etablieren und bestehende Arbeitsplätze sichern.* Verpasst Deutschland den Anschluss bei dieser Schlüsseltechnologie, bestünde die Gefahr, Klimaziele zu verfehlen und wirtschaftliche Zukunftschancen zu verspielen.*

Ausblick & Empfehlungen

Der Bundesrechnungshof fordert einen Realitätscheck für die Wasserstoffstrategie (Stand: 28.10.2025)*. Ein solcher Realitätscheck sollte nicht als Abkehr von der Wasserstofftechnologie verstanden werden, sondern als Chance, die Strategie auf eine solide, praxistaugliche Grundlage zu stellen.

Für die nächste Phase der Wasserstoffpolitik ergeben sich drei zentrale Handlungsfelder. Erstens müssen regulatorische Hürden abgebaut werden, um Planungs- und Investitionssicherheit über 2030 hinaus zu gewährleisten. Zweitens gilt es, die Infrastrukturentwicklung mit dem Markthochlauf zu synchronisieren und so das klassische Henne-Ei-Problem von Angebot und Nachfrage zu durchbrechen. Drittens sollte der Fokus auf skalierbaren Pilotprojekten liegen, die technologische Lernkurven beschleunigen und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit im Blick behalten.

Dieser Beitrag enthält Informationen und Zitate, die auf einer Pressemitteilung des VDI e. V. basieren.

Weiterführende Quellen:

8 Antworten

  1. „Technologieführer werden“ klingt toll, aber was ist mit den Risiken? Wir brauchen einen Plan! Wer hat Ideen zur Risikominderung im Wasserstoffsektor?

  2. „Grüner Wasserstoff ist wichtig“ – ja genau! Aber wie schaffen wir es, dass Unternehmen sich trauen zu investieren? Ich denke da an mögliche Förderprogramme oder Partnerschaften.

  3. Ich finde es wichtig, dass wir über Wasserstoff reden! Aber was ist mit den Risiken? Ich mache mir Sorgen um unsere Abhängigkeit von Importen und den hohen Kosten.

    1. Die Sorgen sind berechtigt! Wir müssen wirklich sicherstellen, dass wir nicht in eine Falle tappen. Was denkt ihr über lokale Produktionsmöglichkeiten?

    2. Gute Punkte! Der Wasserstoffmarkt braucht klare Anreize und vielleicht sogar staatliche Hilfe. Wie können wir das fördern?

  4. Ich finde es gut, dass der VDI die Wasserstoffstrategie verteidigt, aber ich frage mich, ob wir nicht schneller handeln sollten? Die Kosten sind hoch, und ohne klare Regeln wird das nichts.

    1. Ja, ich denke auch, dass wir mehr Unterstützung für die Wasserstofftechnologie brauchen. Welche Maßnahmen könnten denn konkret helfen, um die Situation zu verbessern?

    2. Das Problem ist wirklich komplex. Ich hoffe, die Politik hat ein Ohr für die Vorschläge des VDI. Wo seht ihr die größten Chancen für eine schnelle Umsetzung?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Über den Autor

Die Redaktion von Verbandsbüro besteht aus vielen unterschiedlichen Experten aus der Verbands- und Vereinswelt. Alle Beiträge beruhen auf eigene Erfahrungen. Damit wollen wir Ihnen unsere professionellen Leistungen für Ihre Organisation präsentieren. Wollen Sie mehr zu diesem Thema erfahren? Nehmen Sie doch einfach mit uns Kontakt auf.​

Teilen

Wenn dir dieser Beitrag gefallen hat, teile ihn gerne weiter.