Bremen (VBR). Am Donnerstagvormittag fiel die Tagesschau, das Nachrichten-Flaggschiff der ARD, aufgrund eines mehrtägigen Warnstreiks beim Norddeutschen Rundfunk (NDR) aus. Organisiert wurde der Streik von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und dem Deutschen Journalisten Verband (DJV). Der Grund für den Arbeitskampf: Unzureichende Angebote in den aktuellen Gehalts- und Honorartarifverhandlungen für feste und freie Mitarbeitende.
Diese Arbeitsniederlegung markiert einen bedeutsamen Einschnitt im deutschen Medienbetrieb. Christoph Schmitz-Dethlefsen, im ver.di-Bundesvorstand zuständig für Medien, betonte die Ernsthaftigkeit der Situation: „Dass das Nachrichten-Flaggschiff der ARD bestreikt wird, ist Ausdruck der Ernsthaftigkeit der Lage. Der Arbeitgeber weigert sich seit Monaten auch nur annähernd einen Inflationsausgleich anzubieten. Diese Aussicht auf massive Reallohnverluste ist völlig inakzeptabel.“
Seit Mai 2021 betrugen die Entgeltsteigerungen für die NDR-Mitarbeitenden lediglich 4 Prozent, während die Verbraucherpreise bis Juni 2024 um satte 16,4 Prozent gestiegen sind. In Anbetracht dieser Diskrepanz fordert ver.di eine Erhöhung der Gehälter und Honorare um 10,5 Prozent für sowohl feste als auch freie Beschäftigte.
Der Warnstreik begann am Mittwoch, den 7. August 2024, um 12:00 Uhr und soll bis Freitag, den 9. August 2024, um 1:30 Uhr in der Nacht andauern. Besonders auffällig war dabei die vorübergehende Einstellung der Nachrichtenproduktion bei der ARD-Tagesschau – ein symbolträchtiger Akt, der die Brisanz und Dringlichkeit der Forderungen unterstreicht.
Bereits am Vortag hatte ver.di auch beim Bayerischen Rundfunk zum Warnstreik aufgerufen, an dem sich rund 500 Mitarbeiter beteiligten. Hier kam es vor allem bei den Radiowellen Bayern 2, br24 und BR-Klassik zu Programmausfällen und -einschränkungen. Der Warnstreik im Bayerischen Rundfunk läuft noch bis zum 9. August um 3:59 Uhr in der Früh, bevor die sechste Verhandlungsrunde am 12. August in München ansteht.
Die Auseinandersetzungen lassen deutlich werden, wie hartnäckig die Fronten in den Tarifverhandlungen geworden sind. Am 27. August soll die achte Verhandlungsrunde mit dem NDR in Hamburg stattfinden – dann möglicherweise schon unter größerem öffentlichen Druck infolge der jüngsten Streikmaßnahmen.
ARD-Tagesschau lahmgelegt: Streiken gegen Reallohnverluste
Der Ausfall der Tagesschau, dem jahrzehntelangen Nachrichten-Flaggschiff der ARD, markiert einen beispiellosen Moment im deutschen Medienbetrieb. Dabei handelt es sich um den vorläufigen Höhepunkt einer zunehmend eskalierenden Auseinandersetzung zwischen den Beschäftigten des Norddeutschen Rundfunks (NDR) und der Geschäftsführung. Angesichts der dramatisch steigenden Verbraucherpreise und einer seit 2021 nur marginal erhöhten Vergütung, fordern die Gewerkschaften ver.di und DJV eine deutliche Anhebung der Gehälter und Honorare.
Ein Konflikt mit historischem Hintergrund
Arbeitskämpfe im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind nicht neu. Ähnliche Streiks gab es beispielsweise im Jahr 2019 beim Hessischen Rundfunk (HR), als ver.di und der DJV wegen mangelnder Gehaltsanpassungen und schlechter Bedingungen für freie Mitarbeitende zu Arbeitsniederlegungen aufriefen. Damals konnte mit einer moderaten Gehaltserhöhung ein vorläufiger Kompromiss gefunden werden. Jedoch zeigt der aktuelle Konflikt beim NDR, wie sehr sich die Anforderungen und Erwartungen aufgrund der Inflationskrise verschärft haben.
Das Symbol der Tagesschau
Die Entscheidung der Gewerkschaften, die Tagesschau zu bestreiken, ist nicht zufällig gewählt. Sie führt die Bedeutung der Gewerkschaftsforderungen unmissverständlich vor Augen. Das Nachrichtenmagazin steht symbolisch für die Seriosität und Verlässlichkeit des deutschen Journalismus. Dass gerade diese Institution nun bestreikt wird, zeigt die Ernsthaftigkeit der Lage. Christoph Schmitz-Dethlefsen von ver.di betonte dies mit eindringlichen Worten: „Der Arbeitgeber weigert sich seit Monaten, auch nur annähernd einen Inflationsausgleich anzubieten.“
Die Auswirkungen dieser erheblichen Reallohnverluste sind vielschichtig. Mitarbeitende sehen sich gezwungen, mit stagnierenden oder real sinkenden Löhnen auszukommen, während die Lebenshaltungskosten rasant steigen. Dies führt unweigerlich zu einer Abwärtsspirale, die nicht nur die Angestellten betrifft, sondern die Qualität und Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bedrohen könnte.
Prognosen und mögliche Entwicklungen
Angesichts der Verhärtung der Fronten in den Tarifverhandlungen zeigen sich mehrere mögliche Szenarien. Sollte es in der anstehenden Verhandlungsrunde am 27. August in Hamburg erneut zu keiner Einigung kommen, könnten weitere, noch intensivere Streiks die Folge sein. Eine Ausweitung der Arbeitskampfmaßnahmen auf weitere Rundfunkanstalten scheint ebenfalls nicht ausgeschlossen. Die öffentliche Wahrnehmung und der Druck auf die Arbeitgeberseite könnten damit weiter zunehmen.
In einem breiteren Kontext betrachtet, spiegeln diese Auseinandersetzungen auch eine allgemeine Unzufriedenheit wider, die in vielen Branchen zu beobachten ist. Während Unternehmen und öffentliche Einrichtungen zunehmend gefordert sind, ihren Mitarbeitenden angemessene und faire Arbeitsbedingungen zu bieten, wächst der Druck von Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretern.
Die kommenden Wochen werden entscheidend sein. Die Medienbranche, die ohnehin stark in Bewegung ist, könnte durch länger anhaltende Streiks weiteren Belastungen ausgesetzt werden. Es bleibt abzuwarten, ob es den Verhandlungspartnern gelingt, einen Kompromiss zu finden, der einerseits die berechtigten Forderungen der Beschäftigten berücksichtigt und andererseits den Fortbestand und die Qualität des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sichert.
In jedem Fall zeigt die aktuelle Entwicklung deutlich, dass die Geduld der Mitarbeitenden nahezu erschöpft ist und ein Umdenken auf der Arbeitgeberseite dringend notwendig erscheint. Es steht viel auf dem Spiel – nicht nur für die unmittelbar Betroffenen, sondern auch für das gesamte Mediensystem in Deutschland.
Peter Dinkloh, Ansprechpartner für Rückfragen, ist mobil unter 0170 7029278 erreichbar. Weitere Informationen erteilt Daniela Milutin vom ver.di-Bundesvorstand, Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin, unter der Telefonnummer 030/6956-1011 oder per E-Mail an pressestelle@verdi.de.
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Medien-Info: ver.di-Warnstreik führt zu Tagesschau-Ausfall
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10 Antworten
Meine Güte, jetzt streiken die schon beim Fernsehen. Wo soll das enden?
Vielleicht sollten wir die Bosse streichen, die zahlen nicht genug.
4% mehr seit 2021 und die Preise steigen um 16%! Da muss man doch was tun!
Ja, das ist echt nicht gerecht. Die müssen streiken.
Ich stimme zu, die sollten mehr bekommen. Die Arbeit dort ist wichtig.
Schon wieder ein Streik. Die scheinen nie zufrieden zu sein.
Naja, wenn die Preise so steigen und die Gehälter nicht, kann ich das verstehen.
Das ist ja Wahnsinn, dass die Tagesschau ausfällt. Was soll ich jetzt schauen?
Gabriela, es ist wirklich verrückt. Aber die fordern ja auch nur das, was ihnen zusteht.
Warum streiken die immer? Kann man sich nicht einigen ohne Streik?