– Vogelgrippe breitet sich in acht Bundesländern aus und führt zu Nottötungen.
– VIER PFOTEN kritisiert unzureichende Maßnahmen gegen die Geflügelpest.
– Forderung nach kleineren Beständen pro Betrieb, um Infektionsausbreitung zu begrenzen.
Vogelgrippe: Hennen notgetötet – Tierschutzorganisation kritisiert unzureichende Maßnahmen
Hamburg, 23. Oktober 2025 – Die Vogelgrippe breitet sich derzeit in acht Bundesländern aus: Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Die Tierschutzstiftung VIER PFOTEN übt scharfe Kritik an den bestehenden Maßnahmen von Behörden, Bundesregierung und EU.
„Zur Wahrheit gehört auch, dass die Maßnahmen von Behörden, Bundesregierung und der EU nicht ausreichend sind, um die Zahlen der gekeulten Geflügeltieren möglichst gering zu halten“, erklärt Ladina Bissinger, Campaignerin bei VIER PFOTEN Deutschland.
Die massive Ausbreitung der Geflügelpest führt nach Angaben des Robert Koch-Instituts nicht nur zu Tierseuchen, sondern birgt auch potenzielle Gesundheitsrisiken für Menschen. VIER PFOTEN macht die industrielle Intensivtierhaltung mit ihren extremen Bestandsgrößen als Hauptursache für das Ausmaß der Nottötungen verantwortlich.
Aktuelle Zahlen und Lageeinschätzungen
Die Geflügelgrippe zeigt im Herbst 2025 eine deutliche Aktivität in Deutschland. Fachbehörden dokumentieren konkrete Ausbrüche und bewerten die Risikolage – gleichzeitig geben sie bisher Entwarnung für die menschliche Gesundheit.
Verbreitung und Zahlenlage
Zwischen dem 1. September und 20. Oktober 2025 wurden in Deutschland 15 Ausbrüche von HPAIV H5N1 in sieben Bundesländern bestätigt*. Betroffen waren verschiedene Betriebstypen wie Mast, Zucht und Legehennenhaltungen. Der größte betroffene Mastbetrieb umfasste mehr als 35.000 Tiere (Zeitraum/Stand: 01.09.2025–20.10.2025)*.
Aktuelle Ausbruchszahlen im Überblick:
| Zeitraum | Anzahl Ausbrüche | Größter betroffener Betrieb (Tiere) | Quelle/Stand |
|---|---|---|---|
| 01.09.2025–20.10.2025 | 15 | > 35.000 | Wattenrat* |
Bisherige Einschätzungen zu Gesundheitsrisiken
Trotz der zahlreichen Ausbrüche bei Geflügel und Wildvögeln gibt das Robert Koch-Institut (RKI) Entwarnung für die menschliche Gesundheit: Von 2020 bis Oktober 2025 wurden in Deutschland keine bestätigten Übertragungen der aviären Influenza auf Menschen gemeldet (Stand: Oktober 2025)*.
Die aktuellen Fallzahlen bestätigen das hohe Ausbruchsrisiko, das das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) bereits angekündigt hatte. Während sich das Virus weiter unter Wildvögeln und in Geflügelbeständen ausbreitet, bleibt die Einschätzung zu menschlichen Gesundheitsrisiken bisher unverändert.
Warum große Bestände das Risiko erhöhen
Die industrielle Geflügelhaltung mit ihren massiven Tierbeständen schafft Bedingungen, die die Ausbreitung von Tierseuchen wie der Geflügelpest begünstigen. Zwischen September und Oktober 2025 zeigte sich dies besonders deutlich: Der größte betroffene Mastbetrieb umfasste mehr als 35.000 Tiere*. Solche Dimensionen wirken wie ein Brandbeschleuniger für die Verbreitung hochpathogener Viren.
Mechanismen der Ausbreitung
Hohe Tierdichten in geschlossenen Stallsystemen ermöglichen Viren eine rasante Verbreitung. Wo tausende Tiere auf engem Raum leben, springen Erreger nahezu ungebremst von einem Wirt zum nächsten. Das Friedrich-Loeffler-Institut weist darauf hin, dass neben der direkten Übertragung zwischen Tieren auch indirekte Wege eine entscheidende Rolle spielen. Gemeinsam genutzte Futterstellen, Tränkesysteme und Belüftungsanlagen werden zu unbeabsichtigten Virenschleusen.
Die Logistik der Geflügelindustrie verstärkt dieses Problem zusätzlich. Regelmäßige Tiertransporte zwischen Betrieben und die Konzentration auf wenige große Schlachtstätten schaffen permanente Verbindungslinien, über die Erreger wandern können. Ein infizierter Transportanhänger oder kontaminierte Gerätschaften genügen, um Seuchen in bisher unberührte Bestände einzuschleppen.
Welche Maßnahmen könnten dieses Risiko verringern? Wissenschaftliche Ansätze zielen auf die Unterbrechung von Infektionsketten. Kleinere, voneinander unabhängige Betriebseinheiten würden im Seuchenfall die Ausbreitung lokal begrenzen. Dezentrale Strukturen bei Schlachtung und Verarbeitung reduzieren die Notwendigkeit langer Tiertransporte. Geschlossene Betriebskreisläufe, bei denen Tiere von der Aufzucht bis zur Schlachtung am selben Standort bleiben, minimieren den Kontakt mit potenziellen Infektionsquellen. Diese strukturellen Veränderungen könnten verhindern, dass lokale Ausbrüche zu flächendeckenden Seuchen eskalieren.
One Health: Warum Tier- und Menschengesundheit zusammenhängen
Die aktuelle Vogelgrippe-Situation zeigt, wie eng Tiergesundheit und menschliche Gesundheit verflochten sind.* Der One-Health-Ansatz betont genau diese Verbindung: Er versteht Gesundheit als gemeinsames Gut von Mensch, Tier und Umwelt. Bei Zoonosen wie der aviären Influenza wird besonders klar, warum diese Perspektive notwendig ist. Infektionskrankheiten kennen keine Grenzen zwischen Arten oder Ökosystemen – entsprechend müssen auch die Lösungsansätze übergreifend gedacht werden.
One-Health-Prinzip und praktische Bedeutung
Der One-Health-Grundsatz in Deutschland unterstreicht die enge Verflechtung von Tiergesundheit, Umwelt und menschlicher Gesundheit bei Zoonosen wie der aviären Influenza und fordert interdisziplinäre Ansätze zur Prävention. In der Praxis bedeutet das: Tierärzte, Humanmediziner, Umweltwissenschaftler und Landwirte müssen zusammenarbeiten, um Gesundheitsrisiken frühzeitig zu erkennen und einzudämmen.
Das Umweltbundesamt weist auf die Notwendigkeit engerer Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Humanmedizin hin. Besondere Bedeutung kommt dabei der Forschung zu Umweltrisiken in Verbindung mit Massentierhaltung zu. In großen Tierbeständen können sich Viren schneller verbreiten und genetisch verändern – was das Potenzial für Übersprünge auf den Menschen erhöht.
Aktuell gibt es jedoch Entwarnung in einem wichtigen Punkt: Von 2020 bis Oktober 2025 wurden in Deutschland keine bestätigten Übertragungen der aviären Influenza auf Menschen gemeldet (Stand: Oktober 2025).* Diese positive Nachricht des Robert Koch-Instituts darf allerdings nicht über die grundsätzliche Gefahr hinwegtäuschen. Die Vogelgrippeviren entwickeln sich weiter, und ihre Fähigkeit, sich an neue Wirte anzupassen, bleibt eine permanente Herausforderung für das Gesundheitswesen.
Die Umsetzung des One-Health-Konzepts erfordert daher nicht nur bessere Frühwarnsysteme, sondern auch strukturelle Veränderungen in der Tierhaltung. Kleinere Bestandsgrößen, geschlossene Betriebskreisläufe und reduzierte Tiertransporte könnten dazu beitragen, die Ausbreitungswege von Erregern zu unterbrechen. Nur durch solche integrierten Strategien lässt sich langfristig verhindern, dass Tierkrankheiten zu humanmedizinischen Problemen werden.
Ausblick: Gesellschaftliche Debatte und politische Handlungsoptionen
Die aktuelle Vogelgrippe-Situation wirft grundlegende Fragen zur Zukunft unserer Tierhaltungssysteme auf. Die Diskussion bewegt sich weg von reinen Krisenreaktionen hin zu präventiven Ansätzen, die Tiergesundheit, menschliche Gesundheit und Umweltschutz verbinden. Welche politischen Weichenstellungen könnten künftige Ausbrüche verhindern oder deren Auswirkungen begrenzen?
Eine zentrale Frage betrifft die Regulierung von Bestandsgrößen in der Geflügelhaltung. Sollten Obergrenzen für die Anzahl gehaltener Tiere pro Betrieb eingeführt werden, um im Seuchenfall die Zahl der Nottötungen zu reduzieren? Weiter stellt sich die Frage nach einer Dezentralisierung von Schlachtstätten – könnten kleinere, regional verteilte Schlachthöfe Transportwege verkürzen und Infektionsketten unterbrechen? Die Reduktion von Tiertransporten selbst steht ebenfalls zur Debatte, ebenso wie die konkrete Umsetzung von One-Health-Ansätzen in der Agrarpolitik. Dieser Ansatz betrachtet die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt als untrennbar verbunden.
Für eine faktenbasierte Diskussion bieten sich geprüfte Quellen an: Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) und der Wattenrat liefern Daten zu Ausbruchsgeschehen, das Robert Koch-Institut (RKI) bewertet Humanrisiken*, während das Umweltbundesamt (UBA) und Organisationen wie CEVA sich mit One-Health-Strategien befassen.
Die Debatte über unsere Tierhaltungssysteme betrifft uns alle. Informieren Sie sich weiter und gestalten Sie die Diskussion mit.
Die nachfolgenden Informationen und Zitate wurden einer Pressemitteilung der Tierschutzorganisation VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz entnommen.
Weiterführende Quellen:
- „Im Oktober 2025 stuft das Friedrich-Loeffler-Institut das Risiko von Geflügelgrippe-Ausbrüchen in deutschen Geflügelhaltungen und bei Wildvögeln als hoch ein; aktuelle Ausbrüche betreffen mehrere ostdeutsche Bundesländer und führen zu erhöhter Sterblichkeit bei wildlebenden Kranichen.“ – Quelle: https://www.focus.de/gesundheit/news/vogelgrippe-faelle-sprunghaft-gestiegen-institut-warnt-vor-hohem-ausbruchsrisiko
- „Seit dem 30.10.2020 wurden in Deutschland etwa 1.200 HPAIV H5-Fälle bei Wildvögeln und 245 Ausbrüche bei Geflügel gemeldet; besonders in Regionen mit hoher Bestandsdichte besteht ein erhöhtes Risiko für Sekundärausbrüche, zudem gibt es Hinweise auf Verschleppung zwischen Betrieben.“ – Quelle: https://www.fli.de/de/aktuelles/tierseuchengeschehen/aviaere-influenza-ai-gefluegelpest/
- „Zwischen dem 01. September und 20. Oktober 2025 wurden in Deutschland 15 Ausbrüche von HPAIV H5N1 in sieben Bundesländern bestätigt; betroffen waren verschiedene Betriebstypen (Mast, Zucht, Legehennen), der größte betroffene Mastbetrieb umfasste mehr als 35.000 Tiere.“ – Quelle: https://www.wattenrat.de/2025/10/22/wieder-gefluegelpestausbrueche-in-deutschland-auch-kraniche-und-wildgaense-betroffen/
- „Der One-Health-Ansatz in Deutschland betont die enge Verflechtung von Tiergesundheit, Umwelt und menschlicher Gesundheit bei Zoonosen wie der aviären Influenza und fordert interdisziplinäre Ansätze zur Prävention.“ – Quelle: https://schwein.ceva.de/der-one-health-ansatz-gesundheit-von-mensch-tier-und-umwelt-ganzheitlich-betrachtet
- „Das Umweltbundesamt hebt hervor, dass im Rahmen des One-Health-Ansatzes Vertreter aus Landwirtschaft und Humanmedizin enger zusammenarbeiten müssen, und betont die Bedeutung von Forschung zu Umweltrisiken in Verbindung mit Massentierhaltung.“ – Quelle: https://www.umweltbundesamt.de/integratives-management-von-gesundheitsrisiken
- „Von 2020 bis Oktober 2025 wurden in Deutschland keine bestätigten Übertragungen der aviären Influenza auf Menschen gemeldet.“ – Quelle: https://www.rki.de/DE/Themen/Infektionskrankheiten/Antibiotikaresistenz/Antibiotika-und-One-Health/antibiotika-und-one-health-inhalt.html
7 Antworten
…Die aktuelle Lage zeigt doch deutlich, wie dringlich Veränderungen notwendig sind! Was denkt ihr über eine Regulierung der Bestände? Sollten wir hier strengere Gesetze fordern? Ich finde das echt wichtig!
Die Verbindung zwischen Tier- und Menschengesundheit ist so wichtig! Ich hoffe wirklich, dass mehr Leute den One-Health-Ansatz unterstützen werden. Was haltet ihr davon? Glaubt ihr, dass diese Zusammenarbeit zwischen den Bereichen tatsächlich funktionieren kann?
…Ich denke auch, dass es klug wäre, wenn Tierärzte und Umweltschützer enger zusammenarbeiten würden. Vielleicht könnten wir dann besser vorbereitet sein auf zukünftige Ausbrüche.
Ich bin besorgt über die Gefahren der Massentierhaltung. Es ist erschreckend zu hören, dass mehr als 35.000 Tiere in einem Betrieb sind. Gibt es Studien darüber, wie sich das auf unsere Gesundheit auswirken könnte?
Die Kritik von VIER PFOTEN ist berechtigt. Es sollte wirklich an der Zeit sein, die Bestände zu reduzieren. Was denkt ihr über kleinere Betriebe? Wäre das nicht besser für die Tiere und auch für uns Menschen?
Ja, ich stimme zu! Kleinere Betriebe könnten helfen, die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern. Aber wie könnten wir sicherstellen, dass dies auch wirklich umgesetzt wird?
Ich finde das Thema sehr wichtig, aber ich verstehe nicht ganz, warum die Behörden nicht schneller handeln. Könnte es daran liegen, dass die Geflügelindustrie zu viel Einfluss hat? Das macht mir Sorgen.