Bremen (VBR). Am Vorabend des Welttoilettentags am 19. November fordert die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) eine dringend erforderliche Verbesserung der sanitären Bedingungen für das Fahrpersonal im deutschen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Trotz der Selbstverständlichkeit, mit der die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland saubere und zugängliche Toiletten während ihrer Arbeitszeit nutzen können, sieht sich das Fahrpersonal oft mit beispiellosen Herausforderungen konfrontiert.
„Wir nehmen den Welttoilettentag zum Anlass, um auf die teils unwürdigen und unhygienischen Umstände für die Beschäftigten im ÖPNV aufmerksam zu machen“, erklärt Christine Behle, stellvertretende ver.di-Vorsitzende. Sie unterstreicht, dass insbesondere im ländlichen Raum häufig gar keine Toiletten zur Verfügung stehen, was die Angestellten dazu zwingt, ihre Notdurft in der Natur zu verrichten (Zitat-Quelle: Pressemitteilung).
Die Realität, der sich viele Fahrerinnen und Fahrer stellen müssen, ist oftmals schockierend. Wenn Angebote vorhanden sind, mangelt es diesen häufig an regelmäßiger Reinigung und Pflege. Dezentrale Standorte und fehlendes privates Nutzerrecht führen nicht selten zu Vandalismus und Diebstahl. „Haben unsere Kolleginnen und Kollegen im Fahrdienst aufgrund der engen Zeitplanung überhaupt mal genügend Zeit in der Pause, um auf Toilette zu gehen, ist diese entweder verschmutzt, verschlossen oder besetzt“, fügt Behle hinzu (Zitat-Quelle: Pressemitteilung).
Um die Aufmerksamkeit auf diese Problematik zu lenken, rief ver.di in den letzten Wochen zu Foto-Einsendungen der unzumutbarsten Toiletten für Fahrpersonal im ÖPNV auf. Dabei erhielten die BördeBus Verkehrsgesellschaft aus Vahldorf und die Verkehrsbetriebe der Stadtwerke Bayreuth von einer Jury eine Auszeichnung, die ihnen bei der diesjährigen ÖPNV Betriebs- und Personalrätekonferenz überreicht wird.
Bei BördeBus müssen Fahrer oft lange Distanzen zurücklegen, um zu den spärlich verfügbaren mobilen Toiletten zu gelangen, die zudem meistens offen und somit anfällig für Fremdnutzung sind. Eine solch kritische Sanitärlösung befindet sich etwa auf einem unbeleuchteten Schulhof, einige hundert Meter vom Hauptknotenpunkt entfernt.
Die Situation in Bayreuth zeigt ein ebenso bedrückendes Bild. An einer stark frequentierten Endhaltestelle wird die einzige vorhandene Toilette nur alle zwei Tage gereinigt – am Wochenende sogar gar nicht. Diese Defizite sind dem mangelnden Einsatz zuständiger Firmen und dem enormen Kostendruck geschuldet.
Diese Umstände, die nicht nur die Gesundheit, sondern auch die Würde der Mitarbeitenden beeinträchtigen, verdeutlichen einen dringenden Handlungsbedarf. Es ist an der Zeit, dass Verantwortungsträger der betroffenen Verkehrsunternehmen sowie politische Entscheidungsträger erkennen, dass Arbeitnehmerschutz weit über Löhne hinausgeht. Eine würdige Arbeitsumgebung sollte Priorität haben, und zwar auch hinter verschlossenen Toilettentüren.
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ver.di-Medien-Info: Welttoilettentag: Wo die Geschäftsführung zur Toilette geht, ist …
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Toilettenmisere im ÖPNV: Ein Spiegel für gesellschaftliche Herausforderungen
Die von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) im Rahmen des Welttoilettentages hervorgehobenen hygienischen Mängel bei Toiletten im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) offenbaren tiefgreifende strukturelle Probleme, die über den Sanitärbereich hinausgehen. Diese Problematik lenkt den Blick auf einige zentrale Herausforderungen, mit denen städtische und ländliche Infrastrukturen derzeit konfrontiert sind.
Einer der Hauptgründe für die unzureichende Ausstattung mit sanitären Einrichtungen ist der wachsende Kostendruck im ÖPNV. Öffentliche Verkehrsbetriebe stehen unter dem Zwang, ihr Angebot wirtschaftlich zu betreiben. Oftmals fallen Dienstleistungen, die nicht direkt zur Einnahmenerzielung beitragen, unter den Tisch. Eine unzureichende finanzielle Ausstattung führt dazu, dass Betreiber Wartung und Reinigung als vernachlässigbare Ausgaben einstufen, obwohl sie entscheidend für das Wohlbefinden und die Arbeitsbedingungen des Fahrpersonals sind.
Im ländlichen Raum wird die Situation zusätzlich durch infrastrukturelle Defizite verstärkt. Dort hängt der Komfort häufig an Endhaltestellen von kleinen Gemeinden ab, welche oft selbst unter finanziellen Einschränkungen leiden. Dies führt zu improvisierten und ungenügenden Lösungen wie mobilen Toiletten oder fehlender Beleuchtung, was das Sicherheits- und Hygieneempfinden weiter beeinträchtigt.
Die Missstände wiederholen sich in vielen Teilen Deutschlands und lassen sich mit ähnlichen Situationen in anderen Ländern vergleichen, wo ebenfalls Sanitäreinrichtungen im ÖPNV-Maßstab vielerorts nicht mehr den Bedürfnissen gerecht werden. Insbesondere in Großstädten wächst der Druck auf öffentliche Infrastruktur mit zunehmender Urbanisierung. Soziale Gerechtigkeit, insbesondere die Gleichbehandlung von Stadt und Land, wird hier zu einer zentralen Frage der Zukunftsfähigkeit von Verkehrskonzepten.
Ver.di setzt mit ihrer Kampagne ein wichtiges Zeichen, um Aufmerksamkeit für diese oft übersehenen Bedingungen zu erzeugen. Es zeigt sich eindeutig, dass eine Verbesserung dieser Verhältnisse gemeinschaftliche Anstrengungen zwischen Gewerkschaften, Verkehrsbetrieben und öffentlichen Institutionen erfordert. Durch die Einbindung betroffener Arbeitnehmer kann ein erster Schritt gemacht werden, das Bewusstsein für strukturierte und nachhaltige Investments in die Infrastruktur zu wecken.
Blickt man voraus, liegt die passende Lösung möglicherweise in innovativen Ansätzen, beispielsweise der intensiveren Einbindung smarter Technologien zur Überwachung und Gewährleistung der Hygiene vor Ort. Ebenso könnten staatliche Fördermaßnahmen gezielt dazu beitragen, Engpässe aufzubrechen, indem sie Partnerschaften und Kooperationen zwischen regionalen und kommunalen Akteuren fördern.
Insgesamt illustriert der Zustand der sanitären Anlagen im ÖPNV nicht nur eine sektorale Notwendigkeit, sondern ist auch ein Spiegelbild allgemeinerer gesellschaftlicher Themen. Der Einsatz für würdige Arbeitsbedingungen trägt zur Diskussion darüber bei, welche Rolle öffentliche Dienstleistungen zukünftig spielen sollen, und erinnert uns daran, dass ein reformierter Ansatz dringend benötigt wird, um unseren Verkehrssystemen die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen.
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