Bremen (VBR). In einem überraschenden Urteil hat das Landgericht Stuttgart die Presseähnlichkeit der Newszone-App für nicht gegeben erklärt, was bei vielen auf Verwunderung stößt. Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) reagierte mit deutlicher Kritik. Im Voraus hatte dieselbe Kammer, wenn auch in teils anderer Besetzung, zugunsten der Verlage entschieden und die App als presseähnlich eingestuft.
Thomas Deicke, Geschäftsführer der “Saarbrücker Zeitung” und Vorstandsmitglied im BDZV-Landesverband Rheinland-Pfalz und Saarland, äußerte sich enttäuscht und forderte eine Berufung: „Der Sachverhalt ist unverändert“, betont er. Die klagenden Verlage sollten diesen Schritt wagen, um Klarheit zu schaffen. Hintergrund dieser Auseinandersetzung ist die baldige Neufassung des Medienstaatsvertrags, der klarstellen wird, dass Presseähnlichkeit sich allein auf das spezifische Portal des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beziehen sollte – in diesem Fall die umstrittene App Newszone. (Zitat-Quelle: Pressemitteilung)
Ein weiterer Streitpunkt ist die Werbefreiheit der App. Trotz eines generellen Werbeverbots in ihren Online-Angeboten wirbt der SWR damit, dass Newszone frei von Werbung sei. Dies hält der BDZV für irreführend und nicht akzeptabel. „Werbung mit Selbstverständlichkeiten ist irreführend und daher zu unterlassen“, fordert die Vereinigung. (Zitat-Quelle: Pressemitteilung)
Besonders kritisch sieht der BDZV auch den Vorschlag, Tageszeitungsverlage vor einer gerichtlichen Klärung einer „Zwangsschlichtung“ zu unterziehen, wenn sie gegen den Rundfunk wegen dessen Telemedienangeboten vorgehen möchten. Thomas Deicke und seine Kollegen streben an, diese Frage vor dem Oberlandesgericht Stuttgart zu klären.
Hinter diesen juristischen Auseinandersetzungen steht eine bedeutende Frage: Wie definieren wir Presseähnlichkeit im digitalen Zeitalter? Für die Verleger ist dies ein entscheidender Punkt, um ihre Rolle und den Schutz ihrer Branche zu sichern. Es geht um den Erhalt etablierten Journalismus in einer Zeit, in der neue Angebote den traditionellen Markt herausfordern. Die kommenden Entscheidungen könnten weitreichende Konsequenzen für die Medienlandschaft und ihre Akteure haben.
Für weitere Informationen, Pressekontakte, Bilder oder Dokumente geht es hier zur Quelle mit dem Originaltitel:
Newszone-App: Klagende Verlage kündigen Berufung an / Landgericht Stuttgart kommt bei …
Original-Content übermittelt durch news aktuell.
Kontext und Perspektiven: Rechtsfragen um Presseähnlichkeit im digitalen Zeitalter
Die Debatte um die sogenannte Presseähnlichkeit von Telemedienangeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks spiegelt eine breitere Herausforderung wider, die im Zeitalter der Digitalisierung immer drängender wird. Der heutige Konflikt zwischen dem BDZV und dem SWR steht exemplarisch für eine anhaltende Auseinandersetzung darüber, wie sich traditionelle und neue Medienformate auf sinnvolle Weise abgrenzen lassen.
Im Kern geht es bei der Frage nach Presseähnlichkeit darum, ob bestimmte mediale Angebote den Charakter klassischer Print- und Online-Zeitungen so stark imitieren, dass sie in Konkurrenz zu privatwirtschaftlichen Verlagen treten. Diese Problematik ist nicht neu. Schon seit den 2010er Jahren gibt es verstärkte Diskussionen über die Rolle öffentlich-rechtlicher Anstalten im digitalen Raum, insbesondere was die Bereitstellung textbasierter Inhalte betrifft.
Ein vergleichbarer Fall war die Auseinandersetzung um die "Tagesschau"-App des NDR, die 2015 vor Gericht landete. Damals wurde entschieden, dass die App presseähnliche Merkmale aufweise und in ihrer bestehenden Form gegen gesetzliche Vorgaben verstoße. Dieses Urteil hatte weitreichende Auswirkungen auf den Umgang öffentlicher Rundfunkanstalten mit digitalen Formaten und diente als Präzedenzfall für spätere Entwicklungen.
Blickt man auf zukünftige Trends, könnte eine der wesentlichen Herausforderungen darin bestehen, klare Kriterien zu etablieren, die Presseähnlichkeit definieren. Dies könnte beispielsweise durch spezifizierte Leitlinien im neuen Medienstaatsvertrag erfolgen, wie von den Verlegern gefordert. Solche Regelwerke könnten helfen, einen Ausgleich zwischen dem Gebot zur unabhängigen Informationsbereitstellung durch öffentliche Anstalten und dem Schutz wirtschaftlicher Interessen privater Medienunternehmen zu schaffen.
Gleichzeitig treibt die digitale Transformation einen rasanten Wandel voran, der sowohl Chancen als auch Risiken birgt. Die kontinuierliche Verschmelzung von Text, Audio und Video beschleunigt die Entwicklung neuer Informationsplattformen, die sowohl von der Öffentlichkeit als auch von privaten Akteuren genutzt werden können. Dabei wird die Rechtsprechung weiter gefordert sein, zeitgerecht auf diese dynamische Medienlandschaft zu reagieren.
Abschließend bleibt abzuwarten, wie sich das Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Stuttgart entwickeln wird und welche langfristigen Implikationen dies für die Balance zwischen öffentlichen und privaten Medienakteuren haben könnte. Eine stetig aktualisierte rechtliche Grundlage könnte sicherstellen, dass der Zugang zu qualitativ hochwertiger information bleibt, während gleichzeitig fairer Wettbewerb ermöglicht wird.
Weitere Nachrichten aus der Verbands- und Vereinswelt finden Sie in unserem Newsportal.