Vergabetransformationsgesetz: Gefahr für Mittelstand?

Inmitten wachsender Spannungen in der Bauwirtschaft hat das Bundeskabinett ein umstrittenes Vergabetransformationspaket auf den Weg gebracht, das eine Flexibilisierung der mittelstandsgerechten Losvergabe vorsieht. Trotz der als pragmatisch bezeichneten Herangehensweise des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, warnen die Bundesarchitektenkammer, die Bundesingenieurkammer und der Zentralverband Deutsches Baugewerbe vor gravierenden Auswirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen. Die befürchtete Benachteiligung im öffentlichen Auftragswesen ruft nachdrückliche Forderungen nach einem Festhalten am bewährten Losvergabeprinzip hervor, während zeitgleich eine EU-weite Reform über dem Vorgehen schwebt.
Gemeinsame Pressemitteilung Vergabetransformationsgesetz: Kammern und Verbände gegen ...

Bremen (VBR).

Am 27. November hat das Bundeskabinett eine bahnbrechende Entscheidung getroffen, die in der Baubranche hohe Wellen schlägt. Ein neues Vergabetransformationspaket soll das bestehende Vergaberecht grundlegend ändern. Doch nicht alle sind mit diesen Plänen einverstanden. Die Bundesarchitektenkammer (BAK), die Bundesingenieurkammer (BIngK) und der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) äußern massive Bedenken gegen die angestrebte Reform.

Während das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) die Änderungen als "Flexibilisierung mit Augenmaß" bezeichnet, sehen die Kritiker darin das Ende einer Ära: die Abschaffung der mittelstandsgerechten Losvergabe. Bislang durften mehrere Teilprojekte nur aus zwingenden wirtschaftlichen oder technischen Gründen gebündelt vergeben werden. Die Regierung plant nun, diese Anforderungen zu lockern, sodass zeitliche Gründe künftig ebenfalls ausreichen sollen. Diese Änderung könnte den traditionellen Vorrang der Losvergabe erheblich entwerten und kleinere Unternehmen vom Wettbewerb ausschließen.

Andrea Gebhard, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, formuliert es drastisch: "Öffentliche Auftraggeber werden diese Änderung im Zweifel als vollständige Freigabe der General- bzw. Totalunternehmervergabe begreifen" (Zitat-Quelle: Pressemitteilung). Eine solche Entwicklung würde unabhängige Planerinnen und Planer im öffentlichen Auftragswesen unverhältnismäßig benachteiligen.

Die Stimmen der Skepsis kommen nicht von ungefähr. Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer, fordert: "Der Grundsatz der losweisen Vergabe als Regelfall muss unbedingt beibehalten" (Zitat-Quelle: Pressemitteilung). Dieser Ansatz schafft Transparenz und Chancengleichheit. Gleichzeitig ermöglichen alternative Beschaffungsmodelle kleinen und mittelständischen Büros bessere Teilnahmechancen am Markt.

Auch Wolfgang Schubert-Raab, Präsident des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe, warnt eindringlich: Knapp 80% der Bauunternehmen in Deutschland haben weniger als 20 Mitarbeiter, und sie könnten unter der neuen Regelung verdrängt werden. Soziale Härten und Wettbewerbsnachteile wären die Folge, wodurch lokale Unternehmen gegenüber großen Konzernen ins Hintertreffen geraten würden.

Als wäre dies nicht genug, kommt erschwerend hinzu, dass parallel eine Reform der EU-Vergaberichtlinien erarbeitet wird. Zwei parallele Reformprozesse könnten zu einem Flickwerk an Regelungen führen und Unsicherheiten weiter verstärken.

Eine Vernachlässigung des Mittelstands hätte weitreichende Folgen. Fast 200.000 Architektinnen und Architekten, Stadtplaner und Ingenieure sind ebenso betroffen wie zahllose kleine Betriebe der Bauwirtschaft und des Handwerks. BAK, BIngK und ZDB rufen daher dringend dazu auf, bewährte Prinzipien der Vergabeverfahren zu wahren und schützen. Nur so kann ein offenes und fair gestaltetes Wirtschaftsgefüge erhalten bleiben.


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Drohende Herausforderungen und Chancen für den Mittelstand im Bauwesen

Die Debatte um die geplante Vergaberechtsreform hat viel Aufmerksamkeit erregt und beleuchtet eine zentrale wirtschaftspolitische Herausforderung: die Stärkung des Mittelstands im Bauwesen. Die betroffenen Verbände argumentieren, dass die Losvergabe, die traditionell als Mechanismus diente, um kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang zu öffentlichen Aufträgen zu erleichtern, nicht nur ein bewährtes Prinzip ist, sondern auch entscheidend für die Vielfalt und Wettbewerbsfähigkeit der Bauwirtschaft in Deutschland.

Ein Blick zurück zeigt, dass ähnliche Veränderungen in der Vergangenheit immer wieder Diskussionen über die Rolle des Mittelstands auslösten. Historisch gesehen haben solche Reformen die Landschaft des Bauwesens nachhaltig geprägt. Bei einer Lockerung der Vergabepraxis könnten Großunternehmen verstärkt die Oberhand gewinnen, was zu einer Konzentration von Marktanteilen führen würde, wie es in anderen Sektoren bereits beobachtet wurde. Kritiker warnen daher vor der Erosion eines Wettbewerbsvorteils, der durch eine breite Verteilung der Aufträge auf viele Schultern entstand.

Befürworter einer Reform versprechen hingegen Effizienzgewinne und eine Vereinfachung der Prozesse, die möglicherweise notwendig sind, um der zunehmenden Komplexität großer Bauprojekte gerecht zu werden. Dabei könnte aber das Risiko bestehen, dass lokale Bauunternehmen im internationalen Vergleich an Boden verlieren und somit auch regional verankerte Arbeitsplätze gefährdet wären, sollten sie bei der Vergabe aufgrund restriktiverer Regularien ausgeschlossen werden.

Mit Blick auf die Zukunft bleibt offen, ob alternative Modelle, die den Bedürfnissen der mittelständischen Unternehmen Rechnung tragen, beispielsweise durch digitale Plattformen oder innovative Kooperationsmodelle, entwickelt werden können. Solche Ansätze könnten helfen, den Spagat zwischen fairer Chance für kleine Betriebe und effizientem Projektmanagement in einem globalisierten Kontext zu meistern.

Dieser Dialog ist Teil eines größeren Trends, der von der Europäischen Union angestoßen wird, mit dem Ziel, das europäische Vergaberecht zu modernisieren. Die Reaktionen darauf zeigen, dass eine Inkongruenz zwischen nationaler Gesetzgebung und europäischen Richtlinien zu weiteren Unsicherheiten führen könnte, wodurch die "gerade Linie" der Rechtssicherheit und Planbarkeit für Unternehmen zu einem Drahtseilakt wird.

Zusammengefasst bleibt festzustellen, dass die nun angeregte Diskussion um die Modifikation der Vergabekriterien zwar Dringlichkeit besitzt, jedoch ebenso gründliche Überlegungen erfordert, um den Stellenwert des deutschsprachigen Mittelstands in der Baubranche zu bewahren und gleichzeitig innovativen Ansätzen Raum zu geben. Langfristig ist die Herausforderung klar: Wie kann eine gerechte Balance zwischen Effizienz und Fairness erreicht werden? Nur durch einen offenen Dialog aller Beteiligten und das Einbringen konstruktiver Lösungsansätze wird es möglich sein, diese Reform als Chance für eine zukunftsfähige Vergabe zu betrachten.


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