Bremen (VBR).
In Düsseldorf wurde ein bedeutender Schritt zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt innerhalb der Evangelischen Kirche im Rheinland verkündet. Vizepräses Christoph Pistorius kündigte die bevorstehende Tätigkeit einer Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommission an, die im März ihre Arbeit für die rheinische, westfälische und lippische Kirche sowie die gemeinsame Diakonie aufnehmen wird. "Wenn im März die Unabhängige Regionale Aufarbeitungskommission für die rheinische, die westfälische, die lippische Kirche und die gemeinsame Diakonie ihre Arbeit aufnimmt, erreichen wir eine weitere wichtige Station auf dem Weg zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt auch in der Evangelischen Kirche im Rheinland", betonte Pistorius (Zitat-Quelle: Pressemitteilung).
Die siebenköpfige Kommission besteht aus zwei Betroffenenvertreterinnen und drei unabhängigen Expertinnen, die von den Bundesländern nominiert werden, sowie zwei Mitarbeitenden aus kirchlichen Reihen. Kirchliche Vertreter dürfen keine Mehrheit bilden, um Unabhängigkeit zu gewährleisten. Fortschritte bei der Bereitstellung relevanter Personalakten durch Jurist*innen bieten eine solide Grundlage für die künftige Arbeit der Kommission.
Seit Ende Januar 2024 hat die rheinische Kirche Maßnahmen ergriffen, indem sie ihre Stabsstelle für Prävention, Intervention und Aufarbeitung personal verstärkt hat. Die Kriminologin Katja Gillhausen leitet nun diese Abteilung, wobei sie den Fokus auf Interventionsmanagement und Aufarbeitung legt.
Eine zentrale Bedeutung haben die bisher gemeldeten Verdachtsfälle. Bis Ende 2024 gingen insgesamt 124 Meldungen ein, darunter 33 mit beschuldigten Theologen. Eine herausfordernde Tatsache ist, dass einige dieser Fälle jahrelang zurückliegen und sich teilweise überschneiden. Pistorius hebt hervor, dass die Zahlen und Fakten auf einer Themenseite der Evangelischen Kirche im Rheinland umfassend dokumentiert sind.
Bereits abgeschlossene und noch geplante wissenschaftliche Studien setzen zusätzliche Akzente: „Im Bereich der Aufarbeitung haben wir im Nachgang zur Forschungsstudie zum Martinstift in Moers ein Projekt der Aufarbeitung gewaltförmiger Konstellationen in allen Schülerheimen und Internaten auf dem Gebiet der Evangelischen Kirche im Rheinland im Auftrag gegeben", erläuterte Pistorius weiter (Zitat-Quelle: Pressemitteilung). Diese Schritte zielen darauf ab, Licht ins Dunkel zu bringen und Verfehlungen aus der Vergangenheit rigoros aufzuarbeiten.
Trotz der unbestreitbaren Notwendigkeit stößt das Thema auf Widerstand innerhalb der Kirche, wie Pistorius zugibt: "In der Tat: Die Beschäftigung mit dem Thema sexualisierte Gewalt/Missbrauch ist schmerzhaft, anstrengend und unangenehm. Aber was sind eigentlich unsere institutionellen Schmerzen gegen das Leid, das Menschen eben auch in unserer Kirche angetan wurde?!" (Zitat-Quelle: Pressemitteilung). Ein deutliches Zeichen, dass die rheinische Kirche entschlossen ist, ihrer Verantwortung gegenüber den Betroffenen gerecht zu werden und an verlorener Glaubwürdigkeit zu arbeiten.
Dieser Prozess markiert nicht nur einen signifikanten Wendepunkt für die beteiligten Kirchen, sondern sendet auch ein kraftvolles Signal an die Gesellschaft, dass Transparenz und Verantwortung Vorrang haben sollen, um das Vertrauen in die Institution wiederherzustellen.
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Vizepräses: Was sind die institutionellen Schmerzen gegen das Leid Betroffener? / …
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Fortschritte und Herausforderungen bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der Kirche
Die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt innerhalb der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) erweist sich als vielschichtiger Prozess, der eine Mischung nachhaltiger Anstrengungen und diplomatischer Herausforderungen verlangt. Mit der bevorstehenden Eröffnung der Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommission (URAK) tut die Kirche einen weiteren wichtigen Schritt, um den Opfern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und die institutionellen Strukturen einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Wichtige Unterstützung erfährt dieser Weg durch die Einbindung von Betroffenenvertretern sowie internationalen Experten, deren Expertise aus den beteiligten Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Saarland gewonnen wird.
Eine bedeutende Rolle spielt dabei die ForuM-Studie, welche die Grundlage für viele aktuelle Maßnahmen zur Aufarbeitung bildet. Durch die Überprüfung einer großen Zahl an Personalakten – insgesamt 4733 Pfarrpersonen – konnten bereits erste Verdachtsfälle identifiziert und kommuniziert werden. Für die verantwortlichen Behörden ist die wissenschaftliche Begleitung dieser Verfahren ein unschätzbarer Gewinn, trägt sie doch dazu bei, systematische Mängel aufzudecken und Verfahrensanweisungen zu entwickeln, die standardisierte Überprüfungen ermöglichen. Hierzu wichtig sind Initiativen wie das Pilotprojekt mit dem Kirchenkreis Wuppertal, in dem neue Verfahren getestet werden, bevor diese flächendeckend eingeführt werden.
Bemerkenswert ist zudem der Blick über die Grenzen einfacher Personalakten hinaus. Die kirchlichen Institutionen untersuchen im Lichte der vergangenen Jahrzehnte auch ihre Jugendheime und Internate auf gewaltförmige Strukturen. Gleiches gilt für den erhobenen Einwurf, dass liberale Ansätze in der Sexualerziehung möglicherweise strukturelle Bedingungen für Missbrauch Fälle geschaffen haben könnten. Solche Einsichten schaffen nicht nur Transparenz, sondern ermöglichen es der Kirche, eine präventive Kultur zu etablieren.
Als parallele Initiative veröffentlicht die Kirche seit einigen Jahren umfassende Themenseiten, die Interessierten zugänglich machen, was an Zahlen, Daten und Fakten zusammengetragen wird und werden. Solche Bemühungen signalisieren die Absicht zu einem offenen Dialog und Zeichen des Respekts gegenüber den Opfern, wofür die Ernsthaftigkeit und Ehrlichkeit in der Beschäftigung mit dem Thema essenziell sind, wie Vizepräses Christoph Pistorius betont. Trotz Gegenwind innerhalb verschiedener Kirchengemeinden zeigen solche Maßnahmen letztlich den Willen und die Verpflichtung, nicht nur in der Vergangenheit verursachtes Leid anzuerkennen, sondern glaubwürdige und zukunftsorientierte Antworten für die rheinische Kirche zu finden.
Weiterführende Informationen auf Wikipedia
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9 Antworten
‚Ein deutliches Zeichen‘ – ich hoffe wirklich darauf! Es ist wichtig für das Vertrauen in die Kirche zurückzukommen. Was denkt ihr über den Einfluss solcher Initiativen auf zukünftige Generationen? Werden sie anders mit diesen Themen umgehen?
‚Transparenz und Verantwortung‘ sind gute Schlagworte! Doch wie wird dieser Dialog konkret gefördert? Gibt es Plattformen oder Foren wo Betroffene ihre Geschichten teilen können ohne Angst vor Konsequenzen haben zu müssen?
‚Schmerzhaft und unangenehm‘ klingt nach einer echten Herausforderung für die Kirche! Wie können wir sicherstellen, dass alle betroffenen Personen sich sicher fühlen bei der Meldung von Vorfällen? Es scheint eine Menge Vertrauen wiederhergestellt werden muss.
Die Initiative zur Aufarbeitung ist dringend notwendig und ich bin froh zu hören, dass es Fortschritte gibt. Aber wie wird sichergestellt, dass die Kirchen wirklich aus den Fehlern lernen? Gibt es geplante Schulungen für das Personal?
Karlwilhelm, das ist eine berechtigte Frage! Ich denke Schulungen sind essentiell, um eine Veränderung herbeizuführen. Vielleicht sollten wir auch darüber nachdenken, wie solche Programme langfristig implementiert werden können.
Ich finde es gut, dass auch externe Experten einbezogen werden. Das bringt frische Perspektiven in den Prozess. Welche weiteren Maßnahmen haltet ihr für wichtig zur Vermeidung von Missbrauch in der Zukunft?
Es ist sehr wichtig, dass die EKiR die Aufarbeitung von Missbrauch ernst nimmt. Ich frage mich, wie die Kommission sicherstellen kann, dass alle Stimmen gehört werden und nicht nur die der Kirchlichen Vertreter. Gibt es dafür Mechanismen?
Das ist ein guter Punkt, Ferdinand! Es wäre interessant zu wissen, welche konkreten Schritte unternommen werden, um Transparenz zu gewährleisten. Vielleicht können wir auch mehr über die Erfahrungen der Betroffenen erfahren.
Ich hoffe, dass diese Kommission tatsächlich unabhängig arbeiten kann. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass oft nicht genug getan wurde. Was denkt ihr über die Rolle der Experten in diesem Prozess?