– Tierversuche in der Landwirtschaft dienen vorrangig wirtschaftlichen Interessen und Leistungssteigerung.
– Offizielle Statistiken erfassen nicht das volle Ausmaß der Tierversuche, etwa bei Embryonen.
– Massentierhaltung verursacht Probleme, die durch Tierversuche scheinbar gelöst werden sollen.
Tierversuche in der Landwirtschaft: Forschung für Leistung statt Tierwohl
Eine aktuelle Recherche von Ärzte gegen Tierversuche e.V. enthüllt die wirtschaftlichen Interessen hinter Tierversuchen in der Landwirtschaft. Statt dem Tierwohl dienen die Experimente vor allem der Steigerung von Milchleistung, Gewichtszunahme und Überlebensraten – das einzelne Tier wird zur Ware.
„Ob es um höhere Milchleistung, schnellere Gewichtszunahme, Reduzierung von Krankheiten oder reine Überlebensraten geht – das Wohl des einzelnen Tieres tritt hinter dem Ziel zurück, den Tierbestand als Ware zu schützen“, erklärt Dr. Gaby Neumann, wissenschaftliche Referentin bei ÄgT.
Die Dimensionen sind beträchtlich: In Deutschland wurden 2023 laut offizieller Statistik des Bundesinstituts für Risikobewertung fast 10.000 Schweine, über 2.400 Rinder, 2.100 Schafe und fast 10.000 Hühner in Tierversuchen eingesetzt*. Die tatsächliche Zahl liegt vermutlich höher, da Embryonen aus der Reproduktionsforschung oft nicht erfasst werden.
Die Tierärztin Dr. Neumann zieht ein klares Fazit: „Tierversuche sind auch in diesem Bereich eine Sackgasse. Sie legitimieren und optimieren ein System, das von Grund auf ethisch verwerflich ist. Die einzig wirkliche Lösung ist eine Abkehr von der Massentierhaltung.“
Tierversuche in Deutschland: Zahlen und Verteilung 2023
Im Jahr 2023 wurden in Deutschland fast 10.000 Schweine, über 2.400 Rinder, 2.100 Schafe und fast 10.000 Hühner in Tierversuchen eingesetzt.*
Aufteilung nach Forschungszweck
| Jahr | Kategorie | Anteil (%) | Quelle/Stand |
|---|---|---|---|
| 2023 | Grundlagenforschung | 59 | BfR, Stand 2023* |
| 2023 | Anwendungsorientierte Forschung | 14 | BfR, Stand 2023* |
| 2023 | Regulatorische Prüfung | 17 | BfR, Stand 2023* |
| 2023 | Erhaltung genetischer Linien | 6 | BfR, Stand 2023* |
| 2023 | Andere Zwecke | 4 | BfR, Stand 2023* |
Die Zahlen belegen, dass die Grundlagenforschung den mit Abstand größten Bereich der Tierversuche ausmacht. Diese Einordnung hilft, spezifischere Diskussionen – wie die um Versuche an landwirtschaftlichen Nutztieren – in den Gesamtkontext der tierexperimentellen Forschung in Deutschland einzuordnen.
Überschusstiere und rechtliche Rahmenbedingungen
Die Diskussion um Tierversuche wird nicht nur durch die gezählten Versuchstiere bestimmt, sondern auch durch Tiere, die zwar gezüchtet, aber nie für Forschungszwecke verwendet werden. Diese sogenannten Überschusstiere stellen eine ethisch besonders umstrittene Kategorie dar.
Überschusstiere 2023
Tiere, die unter Bedingungen von Tierversuchseinrichtungen gezüchtet und gehalten werden, finden nicht immer in konkreten Forschungsprojekten Verwendung. Oft handelt es sich um den Überschuss aus Zuchtprogrammen, etwa Tiere, die nicht das gewünschte genetische Profil aufweisen oder schlicht nicht für geplante Experimente benötigt werden.*
Diese Praxis wirft grundlegende Transparenzfragen auf: Während die Zahl der tatsächlich in Versuchen eingesetzten Tiere öffentlich dokumentiert wird, bleibt das Schicksal dieser Überschusstiere häufig im statistischen Schatten.*
Für die ethische Bewertung der Forschungspraxis ist diese Größenordnung von Bedeutung, da sie das tatsächliche Ausmaß der Tiernutzung jenseits der offiziellen Versuchszahlen offenbart.
Rechtliche Vorgaben 2025
Die rechtlichen Grundlagen für Tierversuche in Deutschland basieren auf der EU-Richtlinie 2010/63/EU, die seit 2013 in nationales Recht überführt wurde und auch 2025 unverändert gilt.*
Die europäische Gesetzgebung folgt dem sogenannten 3R-Prinzip (Replace, Reduce, Refine), das darauf abzielt, Tierversuche wo möglich zu ersetzen, die Zahl der verwendeten Tiere zu reduzieren und deren Belastung zu verringern.*
Allerdings bleibt die praktische Umsetzung dieser Prinzipien – insbesondere im Hinblick auf die Vermeidung von Überschusstieren – eine fortwährende Herausforderung für Forschungseinrichtungen und Aufsichtsbehörden.*
Die Diskrepanz zwischen rechtlichen Schutzvorgaben und der Realität weist auf die Komplexität der tierexperimentellen Praxis hin. Während der rechtliche Rahmen den Tierschutz betont, zeigen Zahlen und Erfahrungen, dass systemimmanente Faktoren wie Zuchtlogistik und Forschungsplanung weiterhin zu erheblichen Tierzahlen führen, die nie ihrem eigentlichen Forschungszweck dienen.
Tierversuche in der Landwirtschaft: Ethische Fragen und gesellschaftliche Debatte
Die Diskussion um Tierversuche in der Landwirtschaft berührt fundamentale Werte unserer Gesellschaft. Während die Forschung an sogenannten Nutztieren offiziell oft mit Tiergesundheit und Wohlbefinden begründet wird, zeigt sich in der öffentlichen Debatte ein komplexeres Bild mit tiefgreifenden ethischen Konflikten.
Ethische Perspektiven
Auf der einen Seite stehen Befürworter, die Tierversuche als notwendiges Instrument für wissenschaftlichen Fortschritt und Ernährungssicherheit betrachten. Sie argumentieren, dass Forschung an landwirtschaftlichen Tieren dazu beitrage, Krankheiten zu bekämpfen und die Tierhaltung zu verbessern. Nach Rechercheergebnissen wurden im Jahr 2023 fast 10.000 Schweine, über 2.400 Rinder, 2.100 Schafe und fast 10.000 Hühner für Tierversuche eingesetzt*.
Auf der anderen Seite positionieren sich Tierrechtsorganisationen und ethisch motivierte Kritiker. Sie sehen in der Forschung an Nutztieren vor allem ein Mittel zur Optimierung von Produktionsprozessen. „Ob es um höhere Milchleistung, schnellere Gewichtszunahme, Reduzierung von Krankheiten oder reine Überlebensraten geht – das Wohl des einzelnen Tieres tritt hinter dem Ziel zurück, den Tierbestand als Ware zu schützen“, bringt Dr. Gaby Neumann von Ärzte gegen Tierversuche die grundlegende Kritik auf den Punkt.
Öffentliche Wahrnehmung
In der öffentlichen Wahrnehmung klaffen Anspruch und Wirklichkeit oft weit auseinander. Während viele Bürgerinnen und Bürger Tierversuche in der Landwirtschaft mit Tiergesundheit verbinden, decken Untersuchungen auf, dass die Forschung überwiegend wirtschaftlichen Interessen dient. Die industrielle Massentierhaltung selbst gilt dabei als zentraler Treiber für die Probleme, die durch Tierversuche scheinbar gelöst werden sollen.
Die Transparenz der Versuchszahlen bleibt ein kontrovers diskutiertes Thema. Kritiker monieren, dass das wahre Ausmaß des Tierleids in offiziellen Statistiken nicht vollständig erfasst wird.
Die gesellschaftliche Debatte konzentriert sich auf mehrere Kernfragen:
- Wie viel Transparenz ist bei Tierversuchen in der Landwirtschaft notwendig und angemessen?
- Welche Rolle spielen Alternativmethoden und wie könnten sie stärker gefördert werden?
- Wo liegt die Verantwortung der Politik, zwischen Forschungsfreiheit, wirtschaftlichen Interessen und Tierschutz abzuwägen?
Die Diskussion zeigt deutlich: Tierversuche in der Landwirtschaft sind nicht nur eine wissenschaftliche, sondern vor allem eine gesellschaftliche und ethische Herausforderung, die grundlegende Fragen nach unserem Umgang mit Tieren als Lebewesen aufwirft.
Ausblick: Wege zu mehr Transparenz und Tierschutz
Die Debatte um Tierversuche in der Landwirtschaft wirft ethische und politische Fragen auf. Die zentrale Frage bleibt: Wie lässt sich dieses System verändern?
Was kann Politik und Forschung tun?
Zwei konkrete Ansätze bieten sich an: Erstens eine verbesserte öffentliche Transparenz über Versuchszahlen und Forschungszwecke. Zweitens braucht es eine gezielte Förderung tierversuchsfreier Methoden, die das Leid der Tiere beenden und gleichzeitig wissenschaftlich relevant sein können.
Die politische Abwägung zwischen Nutzungsinteressen und Tierschutz muss neu justiert werden. Wie Dr. Gaby Neumann von Ärzte gegen Tierversuche betont: „Tierversuche sind auch in diesem Bereich eine Sackgasse. Sie legitimieren und optimieren ein System, das von Grund auf ethisch verwerflich ist.“*
Was können Bürgerinnen und Bürger erwarten?
Verbraucherinnen und Verbraucher haben Anspruch auf eine ehrliche Debatte über die Bedingungen, unter denen landwirtschaftliche Produkte entstehen. Die aktuelle Diskussion macht deutlich, dass tierversuchsfreie Forschung nicht nur ethisch geboten, sondern auch wissenschaftlich sinnvoll ist.
Die Entwicklung hin zu einer tiergerechteren Landwirtschaft erfordert politischen Willen, wissenschaftliche Innovation und gesellschaftliches Engagement gleichermaßen.* Der Ausstieg aus tierexperimenteller Forschung in der Landwirtschaft wäre ein wichtiger Schritt in diese Richtung.
Die Informationen und Zitate in diesem Beitrag basieren auf einer Pressemitteilung von Ärzte gegen Tierversuche e.V..
Weiterführende Quellen:
- „2023 wurden in Deutschland fast 10.000 Schweine, über 2.400 Rinder, 2.100 Schafe und fast 10.000 Hühner in Tierversuchen eingesetzt, wobei das wahre Ausmaß des Leidens durch fehlende Erfassung von Embryonen unterschätzt wird.“ – Quelle: https://www.aerzte-gegen-tierversuche.de/de/fuer-experten/fachthemen/sonstige-fachthemen/leiden-fuer-leistung-tierversuche-in-der-landwirtschaft
- „Im Jahr 2023 wurden in Deutschland 1,46 Millionen Wirbeltiere und Kopffüßer bei Tierversuchen eingesetzt, wobei der Anteil der landwirtschaftlichen Nutztiere im Vergleich zum Gesamtaufkommen sehr gering ist.“ – Quelle: https://www.bfr.bund.de/presseinformation/tierversuche-rueckgang-der-vorjahre-setzt-sich-deutlich-fort/
- „Die Verteilung der Tierversuche in Deutschland im Jahr 2023 zeigt, dass 59 % der Versuche der Grundlagenforschung, 14 % der anwendungsorientierten Forschung, 17 % der regulatorischen Prüfung, 6 % der Erhaltung genetischer Linien und 4 % anderen Zwecken dienen.“ – Quelle: https://www.bfr.bund.de/presseinformation/tierversuche-rueckgang-der-vorjahre-setzt-sich-deutlich-fort/
- „Das Bundesinstitut für Risikobewertung verzeichnet für 2023 rund 1,37 Millionen nicht verwendete, aber getötete Tiere („Überschusstiere“) bei Tierversuchen, was auf eine hohe Dunkelziffer auch bei Nutztieren hinweist.“ – Quelle: https://www.bf3r.de/angebote/versuchstierzahlen/versuchstierzahlen-2023/
- „Die EU-Richtlinie 2010/63/EU, die seit 2013 in deutsches Recht überführt ist, regelt auch 2025 weiterhin den hohen Schutz und die Rechtfertigungspflicht für Tierversuche an landwirtschaftlichen Nutztieren.“ – Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Tierversuche#Rechtliche_Regelungen
9 Antworten
Ich bin schockiert über diese Praktiken in der Landwirtschaft! Es muss sich dringend etwas ändern! Wie können wir sicherstellen das unsere Stimmen gehört werden?
„Ethische Fragen sind so wichtig in dieser Diskussion! Wir müssen die Verantwortung übernehmen und Tierschutz ernst nehmen. Was können wir als Verbraucher tun? Wo fängt der Wandel an?“
„Die Zahlen sind erschreckend! Fast 10.000 Hühner für Tierversuche? Das sollte nicht sein! Wie können wir sicherstellen, dass solche Praktiken endlich aufhören? Hat jemand Ideen oder Vorschläge?“
„Ich denke, Bildung ist der Schlüssel! Wenn mehr Menschen verstehen würden, was wirklich passiert und welche Alternativen es gibt, könnten wir vielleicht einen Wandel bewirken.“
Es ist schon erschreckend zu hören, wie viele Tiere in Versuchen leiden müssen. Ich frage mich, ob wir als Gesellschaft genug tun, um das zu ändern? Gibt es Initiativen, die sich dafür einsetzen?
Das ist eine gute Frage! Ich habe von einigen Organisationen gehört, die gegen Tierversuche kämpfen. Vielleicht sollten wir mehr über ihre Arbeit erfahren und sie unterstützen.
Ja, ich denke auch, dass wir mehr Transparenz brauchen! Wenn die Menschen wüssten, wie viele Tiere betroffen sind, würden sie sicher anders reagieren. Was haltet ihr von einer Petition?
Ich finde es traurig, dass Tierversuche nur für wirtschaftliche Vorteile gemacht werden. Die Tiere sollten auch ein Recht auf ein gutes Leben haben. Was denkt ihr über die Alternativen, die es gibt? Ich würde gerne mehr darüber erfahren.
Ich stimme dir zu, Gisbert! Es ist wichtig, dass wir uns für das Tierwohl einsetzen und Alternativen zu Tierversuchen finden. Welche Arten von tierversuchsfreien Methoden könnten wir fördern?