Tiertransporte in Drittstaaten: Tierärztetag fordert Verbot – Aktuelle Entwicklungen & Tierschutzprobleme

Beim Deutschen Tierärztetag in Dortmund haben Tierärztinnen und Tierärzte ein bundesweites Verbot von Tiertransporten in Drittländer gefordert. Die Forderung richtet sich an das Bundeslandwirtschaftsministerium und wurde nahezu einstimmig verabschiedet. Hintergrund sind anhaltende Tierschutzprobleme bei Langstreckentransporten, bei denen Tiere häufig unter qualvollen Bedingungen leiden.
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Inhaltsübersicht

– Deutscher Tierärztetag fordert Verbot von Tiertransporten in Drittländer
– VIER PFOTEN kritisiert mangelhafte Kontrollen durch Amtsveterinäre
– Tiertransporte führen zu Tierleid durch Hitze, Hunger und fehlende Betäubung

Tierärztetag fordert Verbot von Tiertransporten in Drittstaaten

Beim 30. Deutschen Tierärztetag am 8. und 9. Oktober 2025 im Kongresszentrum Dortmund haben die versammelten Tierärztinnen und Tierärzte eine klare Forderung an die Politik gerichtet: In ihrer Abschlusserklärung verlangen sie vom Bundeslandwirtschaftsministerium ein bundesweites Verbot von Tiertransporten in Drittländer. Die Tierschutzorganisation VIER PFOTEN begleitete den Fachkongress mit einer Aktion vor Ort und brachte den entsprechenden Antrag im zuständigen Arbeitskreis „Tierschutz im Amt“ ein.

„Wir begrüßen, dass der von uns eingebrachte Vorschlag, vom Bundeslandwirtschaftsministerium ein Transportverbot in Drittländer zu fordern, von den anwesenden Tierärztinnen und Tierärzten fast einstimmig angenommen und in der Abschlusserklärung des Tierärztetags verabschiedet wurde. Tatsache ist allerdings auch: Noch immer werden von einigen Veterinärinnen und Veterinären in Deutschland Transportplanungen in Drittstaaten freigegeben, die niemals hätten genehmigt werden dürften. Wenn solche Papiere im Vorfeld eines Transportes bedenkenlos durchgewunken statt kritisch geprüft werden, besiegeln die Verantwortlichen damit das grausame Schicksal der Tiere auf den elendig langen Transporten, bei denen Hitze, Kälte, Hunger, Durst, Verletzungen und qualvoll sterbende Tiere gang und gäbe sind. Damit muss endlich Schluss sein“, sagt Ina Müller-Arnke, Expertin für Tiertransporte bei VIER PFOTEN.

Als Beispiel für die dringende Notwendigkeit eines solchen Verbots verweist die Organisation auf einen tragischen Vorfall aus dem Jahr 2024: Mitte September startete ein Transport mit 69 schwangeren Jungkühen aus einer Blauzungenkrankheits-Zone Richtung Türkei. Nach wochenlangem Stillstand an der Grenze verendeten viele Tiere, die übrigen wurden ohne Betäubung geschlachtet. Dieser Fall steht stellvertretend für zahlreiche Verstöße gegen den Tierschutz auf Langstreckentransporten.

Was Amtsveterinäre prüfen müssen

Amtsveterinärinnen und -veterinäre tragen bei Lebendtiertransporten in Drittstaaten eine besondere Verantwortung. Laut VIER PFOTEN besteht ihre Aufgabe darin, „zu prüfen, ob der gesamte Transport bis ins Zielland den Vorgaben der EU-Tiertransportverordnung entspricht“. Diese Prüfung umfasst die Plausibilität der in TRACES dokumentierten Transportroute, Versorgungsstationen und des Bestimmungsorts. Werden dabei Gesetzesverstöße, Unstimmigkeiten oder unvollständige Angaben festgestellt, muss der Transport abgelehnt werden.

Was regelt das Recht heute?

Der rechtliche Rahmen für Tiertransporte ist streng und mehrstufig aufgebaut. Bereits seit dem 1. Januar 2012 verbietet der Leitfaden Tiertransport den Transport von Tieren mit Verletzungen, physiologischen Schwächen oder in fortgeschrittener Trächtigkeit. Für Langstreckentransporte gelten zusätzliche Schutzvorschriften: Die EU-Verordnung (EG) Nr. 1/2005 und die nationale Tierschutztransportverordnung fordern bei Fahrten über 8 Stunden (Stand: 2023) unter anderem:

  • eine spezielle Zulassung des Transportunternehmens
  • ein verpflichtendes Fahrtenbuch
  • ausgearbeitete Notfallpläne
  • ein funktionierendes Satellitennavigationssystem

Behördliche Kontrollen finden insbesondere an Grenzen sowie zu Beginn und Ende der Transporte statt. Die rechtlichen Vorgaben bilden damit eine klare Grundlage – ihre konsequente Umsetzung in der Praxis bleibt jedoch entscheidend für den Tierschutz.

Wie riskant sind Langstrecken?

Die dokumentierten Verletzungs- und Todesfälle auf Langstreckentransporten zeigen ein klares Risikoprofil. Das „Handbuch Tiertransporte“ verzeichnet je nach Zielstaat Raten zwischen unter 0,5 % und bis zu 3 % – abhängig von Tierart und klimatischen Bedingungen (Stand: 2021). Diese Spannbreite macht deutlich: Selbst formal genehmigte Transporte bergen erhebliche Gefahren für die Tiere.

Die bestehenden Kontrollmechanismen können diese Risiken nur begrenzt abfedern. Behördenkontrollen an Grenzen sowie zu Beginn und Ende der Transporte sind zwar vorgesehen (Stand: 2023), doch sie decken nicht alle Streckenabschnitte ab. Besonders in Drittstaaten bleiben Transportbedingungen häufig unkontrolliert, da dort kein Betretungsrecht für EU-Behörden besteht. Diese Lücke im Kontrollsystem unterstreicht die systemischen Probleme bei Langstreckentransporten.

Die dokumentierten Risikoraten von bis zu 3 % belegen, dass Verletzungen und Todesfälle keine Ausnahmeerscheinung darstellen. Die Schwankungen zwischen den Zielstaaten zeigen zudem, wie stark lokale Gegebenheiten – von klimatischen Extremen bis zu Infrastrukturdefiziten – das Wohl der Tiere beeinflussen.

Politik: Verbieten, verschärfen – oder umgehen?

Die politische Debatte um Lebendtiertransporte in Drittstaaten hat 2025 deutlich an Fahrt aufgenommen. Während verschiedene Akteure strengere Regeln bis hin zu kompletten Verboten fordern, zeigt die Praxis ein komplexes Bild mit erheblichen Umsetzungsproblemen.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium brachte im Februar 2025 ein Eckpunktepapier in Brüssel ein, das ein Verbot von Tiertransporten in Drittstaaten vorsieht, sofern dort keine verbindlichen Tierschutzstandards gewährleistet sind. Ziel ist eine EU-weite Regelung mit Sanktionsmöglichkeiten (Stand: Februar 2025).

Rechtlich wäre ein bundesweites Verbot bereits möglich – das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hatte hierzu im Dezember 2024 den Weg geebnet. Doch faktisch weichen Exporte häufig über andere EU-Staaten aus, sodass die Gesamtzahl der Drittlandexporte kaum sinkt (Stand: Oktober 2025). Dieser Ausweich-Effekt untergräbt die Wirksamkeit nationaler Alleingänge.

Wohin führt ein Verbot?

Der Deutsche Tierschutzbund fordert ein Verbot für bestimmte Regionen – konkret den Nahen Osten, Nordafrika und Zentralasien – wegen gravierender Tierschutzprobleme (Stand: Juni 2025). Eine Anpassung der Tierschutztransportverordnung gilt als möglicher Weg.

Die politischen Positionen lassen sich kompakt zusammenfassen:

  • EU-weite Lösung mit verbindlichen Standards und Sanktionsmöglichkeiten
  • Nationale Verbotsoption rechtlich möglich, aber praktisch durch Umgehungen unterlaufen
  • Regionale Transportverbote für Gebiete mit besonders gravierenden Tierschutzproblemen

Diese Perspektiven zeigen den grundlegenden Zielkonflikt: Tierschutzverbesserungen brauchen durchsetzbare Standards entlang der gesamten Route – ohne dass Ausweichströme über Nachbarländer die Bemühungen konterkarieren. Die politische Herausforderung besteht darin, wirksame Kontrollmechanismen zu etablieren, die über nationale Grenzen hinausreichen.

Ausblick: Was jetzt entscheidend wird

Die Forderung des Deutschen Tierärztetags nach einem bundesweiten Verbot von Tiertransporten in Drittländer markiert einen wichtigen politischen Impuls. Ob dieser Appell an das Bundeslandwirtschaftsministerium tatsächlich Veränderungen bewirkt, hängt nun von Entwicklungen auf zwei Ebenen ab.

Auf nationaler Ebene kommt es darauf an, wie die Veterinärämter ihre Genehmigungspraxis unmittelbar umsetzen. Die bisherige Diskrepanz zwischen rechtlichen Vorgaben und tatsächlicher Kontrolle muss überwunden werden. Wie die bisherigen Transportgenehmigungen zeigen, reichen formale Regelungen allein nicht aus – entscheidend ist ihre konsequente Anwendung durch die zuständigen Behörden.

Parallel dazu entwickelt sich auf europäischer Ebene die Diskussion um eine Reform der Transportregeln weiter. Ein mögliches EU-weites Verbot oder deutlich verschärfte Auflagen stehen zur Debatte. Allerdings stellt sich hier die grundlegende Frage der Durchsetzbarkeit: Damit strengere Regelungen tatsächlich wirken können, müssen Kontrollen und Sanktionen auch jenseits der EU-Grenzen greifen. Andernfalls drohen Ausweichrouten über Drittländer, die das Tierschutzproblem lediglich verlagern würden.

Die öffentliche Aufmerksamkeit für dieses Thema bleibt daher weiterhin notwendig. Sowohl die nationalen Behörden als auch die europäischen Institutionen stehen in der Verantwortung, nicht nur rechtliche Rahmen zu setzen, sondern auch für ihre effektive Umsetzung zu sorgen.

Diese Informationen und Zitate beruhen auf einer Pressemitteilung von VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz.

Weiterführende Quellen:

8 Antworten

  1. ‚Politik: Verbieten oder verschärfen‘ – was meint ihr? Ein Verbot scheint mir notwendig zu sein; doch was passiert dann mit den Landwirten? Gibt es Alternativen zum Transport von Tieren? Wir sollten alle Perspektiven beleuchten.

  2. ‚Langstreckentransporte sind gefährlich für Tiere‘ – das kann man nicht oft genug sagen! Wir brauchen einheitliche Standards für den Tierschutz und konsequente Kontrollen! Welche Maßnahmen haltet ihr für notwendig?

    1. ‚Einheitliche Standards‘ sind wirklich nötig! Aber ich habe das Gefühl, dass die Umsetzung noch lange nicht zufriedenstellend ist. Was denkt ihr über internationale Zusammenarbeit in diesem Bereich?

  3. Die Tatsache, dass Veterinäre Transporte genehmigen, die gegen den Tierschutz verstoßen, ist erschreckend! Ich frage mich oft, ob es genug Kontrolle gibt oder ob Geld im Spiel ist? Vielleicht sollten wir mehr Druck auf die Politik ausüben?

    1. Ilutz bringt einen wichtigen Aspekt zur Sprache! Ich denke auch, dass Transparenz in den Genehmigungsprozessen entscheidend wäre. Könnte eine bessere Dokumentation nicht helfen?

    2. Ich stimme euch zu! Es gibt einfach zu viele Schlupflöcher im System. Es wäre hilfreich, wenn die Öffentlichkeit aktiv an der Diskussion teilnehmen könnte und vielleicht sogar Petitionen startet.

  4. Ich finde es wichtig, dass die Forderung nach einem Verbot von Tiertransporten in Drittländer endlich ernst genommen wird. Die Bedingungen, unter denen Tiere transportiert werden, sind oft unmenschlich und führen zu unnötigem Leid. Was können wir als Gesellschaft tun, um diesen Missstand zu beheben?

    1. Das ist ein guter Punkt, Brunhild. Ich denke, dass wir mehr Aufklärung über die Probleme bei Tiertransporten brauchen. Es muss auch ein öffentliches Bewusstsein geschaffen werden. Wie kann jeder von uns helfen, diese Aufmerksamkeit zu steigern?

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