Deutscher Tierschutzbund warnt vor Rückschritt bei Tierhaltung: Umbau der Landwirtschaft in Gefahr

Am 14. Oktober 2025 warnt der Deutsche Tierschutzbund beim Verbändegespräch mit Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer vor einem Stillstand beim Umbau der Tierhaltung. Der Verband kritisiert die geplante Einstellung des Bundesprogramms sowie fehlende Finanzierungsinstrumente wie eine Tierwohlabgabe. Damit drohe ein Rückschritt für den Tierschutz und die Zukunftsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft.
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Inhaltsübersicht

– Deutscher Tierschutzbund fordert entschlossenen Umbau der landwirtschaftlichen Tierhaltung
– Breiter gesellschaftlicher Konsens für tiergerechtere und nachhaltige Tierhaltung vorhanden
– Kritik an Bundesminister für Aufgeben zentraler Finanzierungsinstrumente des Umbaus

Tierschutzbund warnt vor Rückschritten bei Tierhaltungsumbau

Am 14. Oktober 2025 richtet der Deutsche Tierschutzbund beim Verbändegespräch mit Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer eine deutliche Forderung an die Politik: Die Bundesregierung müsse den Umbau der landwirtschaftlichen Tierhaltung entschlossen vorantreiben und den seit Jahren bestehenden breiten gesellschaftlichen und fachlichen Konsens nicht ignorieren. Der Verband positioniert sich damit klar gegen Bestrebungen, den Transformationsprozess zu verzögern oder abzubrechen.

„Wer den bereits mühsam erkämpften Konsens zwischen Landwirtschaft, Wissenschaft und Tierschutz einfach unter den Tisch fallen lässt, verspielt nicht nur Vertrauen, sondern gefährdet auch die Zukunftsfähigkeit der Tierhaltung in Deutschland“, betont Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. In seiner Kritik geht es nicht nur um Tierschutzaspekte, sondern um die Gesamtentwicklung der Branche. „Der Umbau der Tierhaltung ist ein gesellschaftlicher Auftrag, der nur gemeinsam gelingen kann. Ihn jetzt zu stoppen oder zu verzögern, wäre ein Rückschritt – nicht nur für den Tierschutz, sondern für die gesamte Landwirtschaft.“

Konkret bemängelt der Tierschutzbund drei zentrale Punkte: die geplante Einstellung des Bundesprogramms zum Umbau der Tierhaltung, unzureichende Haushaltsmittel sowie die Ablehnung möglicher Finanzierungsinstrumente wie einer Tierwohlabgabe oder höherer Mehrwertsteuer auf tierische Produkte. Diese Entwicklung gefährde nicht nur die bisherigen Fortschritte, sondern untergrabe auch die Planungssicherheit für Landwirtschaftsbetriebe, die sich auf den begonnenen Transformationsprozess eingestellt hatten.

Tierhaltung im Wandel: Die wissenschaftliche Basis

Der Umbau der landwirtschaftlichen Tierhaltung zielt auf eine grundlegende Transformation – hin zu mehr Tiergerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Dieser Prozess wird von einem breiten Bündnis aus Landwirtschaft, Wissenschaft und Tierschutz getragen. Die fachlichen Grundlagen dafür wurden über Jahre erarbeitet und durch verschiedene Gutachten untermauert.

Was steht im Borchert-Plan?

Die sogenannte Borchert-Kommission entwickelte konkrete Empfehlungen für die Neuausrichtung der Nutztierhaltung, die später in den Abschlussbericht der Zukunftskommission Landwirtschaft aufgenommen wurden. Dieser Plan bildet die zentrale Grundlage für den aktuellen Transformationsprozess. Ein 276-seitiges Rechtsgutachten bestätigte bereits im März 2021 die rechtliche Umsetzbarkeit dieser Empfehlungen durch nationale und EU-rechtliche Anpassungen. Das Gutachten zeigte zudem Wege zur nachhaltigen Finanzierung durch Bund und Länder auf.

Was sagt die Wissenschaft?

Bereits 2015 legte der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik mit seinem Gutachten "Wege zu eine gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung" fundierte Vorschläge vor. Die wissenschaftliche Begleitung setzte sich fort mit einer Folgenabschätzung des Thünen-Instituts vom Mai 2021. Diese Untersuchung bestätigte die Umsetzbarkeit und wirtschaftliche Realisierbarkeit der Borchert-Vorschläge. Allerdings machten die Forscher deutlich, dass ambitioniertere Verbesserungen nur mit verbindlichen Vorgaben und gezielter Förderung zu erreichen sind.

Die Forschungslage zeigt eine klare Entwicklung: Von den ersten wissenschaftlichen Grundlagen 2015 über die rechtliche Prüfung bis zur wirtschaftlichen Machbarkeitsanalyse wurden alle wesentlichen Aspekte des Tierhaltungsumbaus systematisch vorbereitet. Dieser breite wissenschaftliche Konsens unterstreicht die Tragfähigkeit des gewählten Weges.

Finanzierungsstatus 2025: Zwischen Förderwechsel und Unsicherheit

Die Finanzierungslandschaft für den Umbau der Tierhaltung zeigt sich 2025 im Wandel. Das Bundesprogramm für den Umbau der Tierhaltung wurde zum 12. September 2025 vorzeitig eingestellt. Künftig erfolgt die Förderung wieder über die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK), mit einer Fördermöglichkeit bis zu 60 Prozent für laufende Maßnahmen (Stand: September 2025). Parallel dazu fordert die Agrarministerkonferenz (AMK) eine langfristige, auskömmliche Finanzierung, 20 Jahre Bestandsschutz für neue oder umgebaute Ställe sowie Anpassungen im Bau- und Immissionsschutzrecht (Stand: 26. September 2025).

Bereits im Vorfeld dieser Entscheidungen zeichneten sich Herausforderungen ab. Branchenverbände berichteten im zweiten Quartal 2025, die Zahl der aktiv eingebundenen Betriebe stagniere seit 2023. Als zentrales Hemmnis identifizierten sie die anhaltende Unsicherheit bei Investitionen und Finanzierung. Demgegenüber verzeichnete die Rentenbank sowohl 2024 als auch im ersten Halbjahr 2025 erhebliche Fördervolumina für Tierwohl-Investitionen und konstatiert eine deutlich steigende Nachfrage nach Finanzinstrumenten (Stand: Juli 2025).

Umweltverbände bewerten die jüngsten Entwicklungen kritisch. Sie warnen, mit dem Auslaufen der Bundesprogramme bleibe die nachhaltige Finanzierung unklar, was zentrale Transformationsprozesse schwächen könne (Stand: Oktober 2025).

  • Q2/2025: Branchenverbände melden Stagnation der beteiligten Betriebe seit 2023 und verweisen auf Unsicherheit als Investitionshemmnis.
  • Juli 2025: Die Rentenbank berichtet von hohen Fördervolumina für Tierwohl und steigender Nachfrage nach Finanzinstrumenten.
  • 12.09.2025: Das Bundesprogramm Umbau Tierhaltung wird eingestellt; Förderung läuft künftig über die GAK (bis zu 60 %).
  • 26.09.2025: Die Agrarministerkonferenz fordert langfristige Finanzierung und 20 Jahre Bestandsschutz.
  • Oktober 2025: Umweltverbände warnen vor unklarer Finanzierung und geschwächten Transformationsprozessen.

    Was das für Verbraucherinnen und Betriebe heißt

Verlässliche Rahmenbedingungen bilden das Fundament für den Umbau der Tierhaltung. Landwirtschaftliche Betriebe stehen vor weitreichenden Investitionsentscheidungen – Stallumbauten, neue Haltungssysteme und tiergerechte Ausstattung erfordern erhebliche finanzielle Mittel. Ohne klare politische Leitplanken und langfristige Finanzierungszusagen entsteht schnell ein Investitionsstau. Betriebe zögern notwendige Modernisierungen hinaus, wenn sie unsicher sind, ob sich die Ausgaben angesichts unklarer Vorgaben amortisieren. Diese Verunsicherung bremst nicht nur betriebliche Entwicklungen, sondern verzögert auch messbare Fortschritte im Tierwohl.

Für Verbraucherinnen und Verbraucher geht es dabei um mehr als nur um Produktpreise. Sie erwarten zunehmend Transparenz über Herkunft und Haltungsbedingungen der Tiere. Ein geordneter, planbarer Umbau der Tierhaltung schafft hier Vertrauen: Wenn Landwirte wissen, welche Standards langfristig gelten und welche Unterstützung sie erhalten, können sie tiergerechter produzieren – ohne ihre Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden. Diese Verbindung von Tierwohl und Wirtschaftskraft kommt letztlich der gesamten Gesellschaft zugute.

Wo die Politik einen verlässlichen Kurs vorgibt, entsteht Planungssicherheit – für Höfe ebenso wie für Verbraucher. Stabile Rahmenbedingungen signalisieren, dass der eingeschlagene Weg konsequent weiterverfolgt wird. Das stärkt das Vertrauen in landwirtschaftliche Betriebe und in die politischen Prozesse. Fehlt diese Verlässlichkeit, droht nicht nur betrieblicher Stillstand, sondern auch ein Vertrauensverlust in die Fähigkeit von Politik und Landwirtschaft, gemeinsam zukunftsfähige Lösungen zu gestalten.

Ausblick: Entscheidungsspielräume der Politik

Die Weichen für die Zukunft der Tierhaltung stehen auf Unsicherheit. Kurzfristig geht es vor allem um Planungssicherheit – Betriebe benötigen Klarheit darüber, wie die Förderung über die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (GAK) konkret ausgestaltet wird und welche Prioritäten für bereits laufende Maßnahmen gelten. Ohne diese Verlässlichkeit droht vielen landwirtschaftlichen Betrieben, die sich auf den Transformationsprozess eingelassen haben, die betriebswirtschaftliche Grundlage zu entgleiten.

Mittelfristig steht die grundsätzliche Debatte über dauerhafte Finanzierungswege im Raum. In der politischen Diskussion kursieren seit Langem Instrumente wie eine Tierwohlabgabe oder Mehrwertsteuer-Anpassungen bei tierischen Produkten. Genau diese Optionen wurden jedoch von der Bundesregierung ad acta gelegt – ein Schritt, der von vielen Seiten als problematisches Signal gewertet wird. Die Absage an solche Finanzierungsmodelle untergräbt nicht nur die Glaubwürdigkeit des politischen Prozesses, sondern lässt auch die Frage offen, wie der notwendige Umbau langfristig finanziert werden soll.

Entscheidend wird sein, ob der bestehende Konsens zwischen Landwirtschaft, Wissenschaft und Tierschutz in konkrete, verlässliche Schritte übersetzt wird. Der breite fachliche und gesellschaftliche Schulterschluss, der über Jahre mühsam erarbeitet wurde, droht sonst zu verpuffen. Die Politik steht damit vor der Wahl: Sie kann den eingeschlagenen Weg fortsetzen und damit Vertrauen in ihre Handlungsfähigkeit stärken – oder sie riskiert, durch Zögern und Kurswechsel nicht nur den Tierschutzfortschritt, sondern auch die Zukunftsperspektiven vieler landwirtschaftlicher Betriebe zu gefährden.

Die vorliegenden Informationen und Zitate stammen aus einer Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes e.V.

Weiterführende Quellen:

7 Antworten

  1. ‚Die Verbindung von Tierwohl und Wirtschaftskraft‘ klingt gut in der Theorie. Aber wie sieht das in der Praxis aus? Was können Verbraucher tun, um diese Entwicklung zu unterstützen?

  2. Ich stimme zu! Der Umbau ist so wichtig und ich frage mich: Warum passiert nicht mehr? Wieso ignoriert man den Konsens? Gibt es andere Lösungen?

    1. Das ist eine gute Frage! Vielleicht gibt es politische Gründe dafür? Ich hoffe nur, dass sich etwas bewegt und wir eine bessere Tierhaltung bekommen.

  3. Die Kritik am Minister finde ich gerechtfertigt. Wenn finanzielle Unterstützung wegfällt, wie sollen wir dann den Umbau der Tierhaltung schaffen? Es braucht ein klares Konzept für die Zukunft!

  4. Ich finde die Forderungen des Tierschutzbundes sehr wichtig, vor allem die Idee, das Tierwohl zu verbessern. Aber wie können wir sicherstellen, dass die Landwirte auch wirklich die nötige Unterstützung erhalten? Ich hoffe, dass es bald Antworten gibt.

    1. Ja genau, Mdorn! Das ist ein wichtiger Punkt. Ich denke auch, dass wir mehr Transparenz brauchen. Was denkt ihr über die Ideen der Borchert-Kommission? Können sie wirklich helfen?

    2. Ich sehe das ähnlich! Die Unsicherheit muss beseitigt werden. Wenn Landwirte nicht wissen, was sie erwartet, wird das sicher schwierig für alle Beteiligten.

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