– DHV veröffentlicht Leitlinien zur länderübergreifenden Tenure-Track-Harmonisierung und Planungssicherheit.
– Forderung: sechsjährige Bewährungsphase statt 3+3 und verbindliche Evaluationskriterien.
– Aufruf zu einheitlichen Professorentiteln, W-Besoldungsvorteilen und familienfreundlichen Verlängerungen bundesweit.
DHV veröffentlicht Leitlinien für Tenure-Track und fordert bundesweite Einheitlichkeit
Der Deutsche Hochschulverband (DHV) hat am 1. Juli 2025 neue Leitlinien zur Gestaltung von Tenure-Track-Verfahren vorgelegt. Mit diesem Schritt will der Verband die frühphasigen Karrierewege von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Deutschland planbarer, gerechter und attraktiver machen. Die Vorschläge zielen auf eine länderübergreifende Harmonisierung ab, um die oft unterschiedlichen Landesregelungen zu beseitigen. Dabei betont der DHV die Bedeutung gleicher und fairer Bedingungen, die „mehr Planungs- und Rechtssicherheit für alle Beteiligten“ schaffen, die Mobilität zwischen den Bundesländern erleichtern und so die Attraktivität des Wissenschaftsstandorts Deutschland steigern. Wie es der Verbandspräsident Professor Dr. Dr. h.c. Lambert T. Koch formuliert: „Wer Exzellenz will, muss Verlässlichkeit bieten.“
Zentrale Forderungen des DHV sind unter anderem die Einführung einer fortlaufenden Dienstzeit von sechs Jahren für die Bewährungsphase vor der Verstetigung auf eine Lebenszeitstelle, anstelle der häufig praktizierten Staffelung von etwa 3 + 3 Jahren. Eine Zwischenevaluation hält der Verband für entbehrlich, sofern „sichergestellt sei, dass es zu den Leistungen ein kontinuierliches Feedback gebe“. Zudem müsse „bereits im Berufungskontext, spätestens aber zum Zeitpunkt der Rufannahme festgelegt sein, welche Leistungen zur Verstetigung auf eine Lebenszeitstelle erwartet werden“ und unter welchen Umständen eine Anpassung der Kriterien möglich sei, etwa bei längeren krankheitsbedingten Ausfällen.
Wichtig für mehr Planungssicherheit sei auch, dass Evaluationsverfahren „rechtzeitig vor Ablauf des Dienstverhältnisses abgeschlossen sein“ müssen. Die im Sächsischen Hochschulgesetz verankerte Regelung, dass die Entscheidung über die unbefristete Professur „spätestens nach fünf Jahren“ getroffen werden muss, wird vom DHV als angemessen eingestuft. Darüber hinaus fordert der Verband gesetzliche Regelungen, die vorsehen, dass bei einem gegenseitigen Bleibeinteresse bei einem externen Ruf auf Evaluationsverfahren verzichtet werden kann und Hochschulen bei besonderen Leistungen eine vorzeitige Evaluation per Satzungsrecht initiieren dürfen.
Familienfreundlichkeit will der DHV durch eine bundesweite Ausweitung der Tenure-Phase fordern: „Bei Kinderbetreuung sollte die Tenure-Phase flächendeckend erweitert werden – auf mindestens zwei Jahre pro Kind.“ Auch müsse in allen Bundesländern „bei nicht positiver Endevaluation eine mindestens einjährige Anschlussbeschäftigung für eine berufliche Neuorientierung vorgesehen werden“. Schließlich spricht sich der DHV für eine Angleichung in der akademischen Anerkennung aus, damit Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren überall „explizit die akademische Bezeichnung ‚Professorin‘ oder ‚Professor‘ führen, Forschungssemester beantragen und von Leistungsbezügen in der W-Besoldung profitieren“ können.
Mit diesen Leitlinien setzt der DHV ein klares Zeichen für mehr Einheitlichkeit und Transparenz im Tenure-Track-System, um Wissenschaftskarrieren verlässlicher und attraktiver zu gestalten. Das vollständige Positionspapier ist unter dem Link https://www.hochschulverband.de/fileadmin/redaktion/download/pdf/presse/Tenure_Track_2025_-_Leitlinien.pdf abrufbar.
Warum eine bundesweit einheitliche Tenure-Track-Regelung an den Hochschulen dringend notwendig ist
Die Karrieren von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern in Deutschland verlaufen bislang entlang unterschiedlicher und oft unübersichtlicher Wege. Die sogenannte Tenure-Track-Professur, mit der junge Forschende auf eine dauerhafte Professur vorbereitet werden sollen, wird von Bundesland zu Bundesland verschieden ausgestaltet. Diese Uneinheitlichkeit erschwert die Planung für Betroffene und stellt Hochschulen sowie gesamte Wissenschaftsstandorte vor Herausforderungen. Die Debatte um die Harmonisierung dieser Karrierewege gewinnt daher zunehmend an Bedeutung.
Unterschiedliche Regelungen in den Bundesländern führen nicht nur zu Unsicherheiten bei den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern selbst, sondern wirken sich auch auf die Mobilität innerhalb Deutschlands aus. Nachwuchsforschende müssen oft genau prüfen, welche Bedingungen an welchem Standort gelten – sei es bezüglich der Dauer der Bewährungsphase, der Evaluationsverfahren oder der Möglichkeiten zur Familienförderung. Diese Vielfalt mindert die Attraktivität des deutschen Wissenschaftsstandorts, insbesondere im internationalen Wettbewerb um talentierte Forscherinnen und Forscher. Eine klare, transparente und bundesweit vergleichbare Struktur schafft hingegen planbare Perspektiven.
Neben der Planbarkeit sind es vor allem Aspekte wie Familienfreundlichkeit und Fairness, die für viele eine Rolle spielen. Wissenschaftskarrieren sind heute längst nicht mehr nur Lebensentwürfe ohne Rücksicht auf private Bedürfnisse. Die Möglichkeit, etwa eine Tenure-Track-Phase bei Kinderbetreuung zu verlängern, macht den Unterschied für viele Forschungsbewerberinnen aus. Solche Regelungen stärken die Chancengleichheit und fördern eine vielfältigere Forscherlandschaft.
Die Situation in den Bundesländern
Derzeit gibt es erhebliche Unterschiede bei der Umsetzung von Tenure-Track-Modellen in Deutschland. Manche Bundesländer setzen auf eine fortlaufende Bewährungsphase von sechs Jahren, während andere diese Zeit auf zwei Abschnitte à drei Jahre staffeln. Zwischenevaluationen und deren Kriterien variieren stark, was für die Betroffenen die Vorhersagbarkeit erschwert. Zudem führen unterschiedliche Titelregelungen und Besoldungsmodelle dazu, dass Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren nicht einheitlich anerkannt werden. Diese Diskrepanzen behindern die wissenschaftliche Mobilität, da etwa Nachwuchsforschende bei einem Wechsel in ein anderes Bundesland mit neuen Bedingungen konfrontiert werden.
Auswirkungen auf die Wissenschaft
Die fehlende Harmonisierung hat direkte Folgen für die Nachwuchsförderung und die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler suchen verstärkt nach Standorten mit klaren Perspektiven, transparenter Karriereplanung und familienfreundlichen Rahmenbedingungen. Wenn diese Faktoren nicht gegeben sind, besteht die Gefahr, dass Talente abwandern oder den Schritt in die Wissenschaft ganz vermeiden. Für Hochschulen bedeutet das eine Einschränkung ihres Innovationspotenzials. Gleiches gilt für die Gesellschaft: Die Ergebnisse und Fortschritte in Forschung und Lehre hängen maßgeblich von der Attraktivität der akademischen Laufbahn ab.
Zentrale Hindernisse und Erfolgsfaktoren auf einen Blick:
- Uneinheitliche Dienstzeitmodelle und Evaluationsverfahren erschweren die Planbarkeit
- Unterschiedliche Benennung und Besoldung von Juniorprofessuren beeinträchtigen die Gleichstellung
- Fehlende Transparenz bei den Anforderungen für die Verbeamtung oder Einstellung auf Lebenszeit
- Mangelnde Berücksichtigung von Familienbedürfnissen schmälert die Attraktivität des Wissenschaftsberufs
- Die begrenzte Mobilität innerhalb Deutschlands bremst den wissenschaftlichen Austausch und Wettbewerb
Eine einheitliche Ausgestaltung der Tenure-Track-Professuren kann diesen Herausforderungen entgegenwirken und den Wissenschaftsstandort Deutschland stärken. Vor allem transparente und verbindliche Regelungen schaffen die Grundlage für eine gerechte und planbare Karriereentwicklung. Damit wird nicht nur die individuelle Lebens- und Karriereplanung verbessert, sondern auch die Position Deutschlands im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe gefestigt.
Die Informationen und Zitate in diesem Beitrag basieren auf einer Pressemitteilung des Deutschen Hochschulverbands.
8 Antworten
„Die Debatte um die Harmonisierung dieser Karrierewege gewinnt zunehmend an Bedeutung.“ Das sehe ich auch so! Es wäre hilfreich zu wissen, welche Schritte als nächstes geplant sind. Gibt es schon Diskussionen oder Veranstaltungen dazu?
„Transparente Karriereplanung“ klingt gut, aber was bedeutet das konkret? Mich interessieren die Details und wie sie umgesetzt werden sollen.
‚Mangelnde Berücksichtigung von Familienbedürfnissen‘ – genau das ist ein großes Problem! Ich hoffe wirklich, dass hier Fortschritte gemacht werden und wir mehr Gleichheit erreichen können.
„Wer Exzellenz will, muss Verlässlichkeit bieten“ – das ist ein starkes Zitat! Ich frage mich jedoch, wie genau diese Verlässlichkeit in der Praxis umgesetzt werden kann. Hat jemand Beispiele oder Erfahrungen?
Familienfreundlichkeit ist ein entscheidender Punkt! Die Ausweitung der Tenure-Phase bei Kinderbetreuung könnte viele junge Wissenschaftler motivieren, sich in diesem Bereich zu engagieren. Wie seht ihr das?
Die Forderung nach einer sechsjährigen Bewährungsphase ist wirklich wichtig. Ich habe oft gehört, dass drei Jahre einfach nicht ausreichen für eine echte Bewertung der Leistungen. Was denkt ihr über die vorgeschlagenen Evaluationskriterien?
Ich finde die Idee von einer einheitlichen Tenure-Track-Regelung sehr gut! Aber wie kann man sicherstellen, dass alle Bundesländer mitziehen? Gibt es da schon Pläne oder Vorschläge?
Ich denke, es braucht mehr Druck auf die Länder, um Einheitlichkeit zu schaffen. Vielleicht könnte eine Art Anreizsystem helfen?