Rekord-Lobbyausgaben: Tech-Branche investiert 151 Millionen Euro in EU-Einfluss – Zahlen, Fakten und Auswirkungen

Die Tech-Branche hat ihre Lobbyausgaben in der EU auf ein Rekordniveau von 151 Millionen Euro gesteigert – ein Anstieg um 33,6 Prozent seit 2023. Mit durchschnittlich drei Treffen pro Tag üben Google, Meta und Co. massiven Einfluss auf die europäische Digitalpolitik aus. Die Organisationen LobbyControl und Corporate Europe Observatory warnen vor einer Aufweichung wichtiger Regulierungen wie des Digital Markets Act.
Modernes blau beleuchtetes News-Studio mit runden LED-Podesten und großem Bildschirm mit Schriftzug ‚Verbands‑Monitor eins zu eins‘.
Inhaltsübersicht

– Tech-Branche steigerte Lobbyausgaben auf Rekordsumme von 151 Millionen Euro.
– EU droht Deregulierung trotz jahrelanger Fortschritte bei Digitalregeln.
– Zahl der Tech-Lobbyisten übersteigt Abgeordnete im Europäischen Parlament.

Rekordsummen für Einfluss: Tech-Giganten steigern Lobbyausgaben auf 151 Millionen Euro

Brüssel/Köln – Die Digitalindustrie hat ihre Ausgaben für Lobbyarbeit in der EU auf ein noch nie dagewesenes Niveau getrieben. Laut einer aktuellen Analyse von LobbyControl und Corporate Europe Observatory investieren Tech-Konzerne jährlich 151 Millionen Euro in ihre Einflussnahme auf die europäische Politik*.

Dieser Betrag markiert den höchsten jemals verzeichneten Lobbyetat des Technologiesektors in Brüssel. Seit 2023 stiegen die Ausgaben um 33,6 Prozent, seit 2021 sogar um 55,6 Prozent. Die zehn Unternehmen mit den höchsten Lobbybudgets allein verantworten 49 Millionen Euro – ein Drittel der Gesamtsumme. Spitzenreiter ist Meta mit zehn Millionen Euro*.

Parallel zum finanziellen Aufwuchs expandierte auch das Personal: Die Zahl der Digital-Lobbyistinnen liegt bei mehr als 890 Vollzeitäquivalenten. Damit arbeiten in Brüssel mittlerweile mehr Tech-Lobbyistinnen als Abgeordnete im Europäischen Parlament sitzen. Besonders alarmierend: 437 von ihnen besitzen einen Lobbyausweis, der nahezu uneingeschränkten Zugang zum Parlament gewährt.

Die Präsenz zeigt sich auch in der Terminfrequenz. Im ersten Halbjahr 2025 fanden insgesamt 378 Treffen zwischen Big Tech und EU-Entscheidungsträgerinnen statt*.

Das Lobby-Netzwerk wurde zusätzlich ausgebaut, während die Finanzierung von Thinktanks weiter zunimmt.

Felix Duffy von LobbyControl kommentiert: „Unsere Analyse zeigt: Big Tech investiert Rekordsummen, um europäische Digitalregeln zu verwässern – gerade jetzt, wo diese Regeln wichtiger sind denn je. Dieses systematische Lobbying untergräbt eine demokratische Digitalpolitik. Die Tech-Giganten haben schon heute viel zu viel Macht. Statt die Digitalregeln zu schwächen, muss die EU sie endlich konsequent umsetzen – und Big Tech in die Schranken weisen.“

Bram Vranken von Corporate Europe Observatory ergänzt: „Die Lobbymacht der Tech-Industrie ist nicht nur beispiellos, sondern auch höchst alarmierend. Ursula von der Leyens Deregulierungsagenda öffnet Big Tech Tür und Tor – und gefährdet jahrelange Fortschritte bei der Regulierung schädlicher KI-Systeme, beim Datenschutz und beim Eindämmen der Monopolmacht von Big Tech. Die Kommission sollte ihre digitalen Regeln entschlossen durchsetzen – statt sich vor mächtigen Konzerninteressen zu beugen.“

Die Kombination aus Rekordausgaben und politischem Deregulierungskurs stellt eine gefährliche Mischung dar, die jahrelange Fortschritte bei der Internetregulierung bedroht.

Wie Tech-Konzerne ihren Einfluss in Brüssel systematisch ausbauen

Die aktuellen Rekordausgaben der Digitalbranche für Lobbyarbeit sind kein plötzliches Phänomen, sondern das Ergebnis einer mehrjährigen Entwicklung. Seit 2021 verzeichnen die Lobbyausgaben der Tech-Branche einen stetigen Aufwärtstrend, der parallel zu wichtigen regulatorischen Weichenstellungen in der EU verläuft.

Chronologie der Lobbyausgaben

Die finanziellen Aufwendungen der Tech-Konzerne für Einflussnahme in Brüssel zeigen eine klare Wachstumskurve. Im Jahr 2021 beliefen sich die Ausgaben auf mindestens 97 Millionen Euro (Stand: 2021, Quelle: netzpolitik.org). Bereits ein Jahr später stieg dieser Betrag auf 113 Millionen Euro (Stand: 2022).

2023 erreichten die Ausgaben 128 Millionen Euro (Stand: 2023), bevor sie 2024 auf 138 Millionen Euro (Stand: 2024) kletterten. Die aktuellsten verfügbaren Zahlen zeigen für Juli 2025 bereits 149 Millionen Euro (Stand: Juli 2025)* – ein deutlicher Anstieg innerhalb weniger Jahre.

Jahr Lobbyausgaben Einheit Quelle / Stand
2021 97 Mio. € EUR netzpolitik.org (Stand: 2021)*
2022 113 Mio. € EUR netzpolitik.org (Stand: 2022)*
2023 128 Mio. € EUR Statista (Stand: 2023)*
2024 138 Mio. € EUR Statista (Stand: 2024)*
Juli 2025 149 Mio. € EUR Statista (Stand: Juli 2025)*

Die Pressemitteilung von LobbyControl und Corporate Europe Observatory nennt für Ende Oktober 2025 sogar 151 Millionen Euro – diese aktuelle Zahl wird im einleitenden Kapitel näher beleuchtet.

Regulatorische Auslöser (DMA/DSA/AI Act)

Die zeitliche Parallelität zwischen steigenden Lobbyausgaben und wichtigen EU-Regulierungsvorhaben ist auffällig. Den bisher stärksten Anstieg verzeichneten die Zahlen ab März 2024 – genau zu dem Zeitpunkt, als der Digital Markets Act (DMA) vollständig in Kraft trat. Diese Regulierung zielt darauf ab, die Marktmacht großer Digitalkonzerne zu begrenzen und wettbewerbsfördernde Maßnahmen durchzusetzen.

Gleichzeitig intensivierten sich die Diskussionen über notwendige Reformen des EU-Transparenzregisters. Von Ende 2024 bis Mai 2025 debattierten EU-Institutionen über strengere Offenlegungspflichten für Lobbytätigkeiten – ein Thema, das für die Tech-Branche von unmittelbarer Bedeutung ist.

Die Kombination aus DMA-Umsetzung, laufenden Verhandlungen zum AI Act und Transparenzregister-Reformen schuf einen regulatorischen Druck, auf den die Tech-Konzerne mit verstärkten Lobbyaktivitäten reagierten. Dieser Zusammenhang unterstreicht, wie wirtschaftliche Interessenvertretung unmittelbar auf legislative Entwicklungen reagiert – und umgekehrt politische Entscheidungen zunehmend im Fokus unternehmerischer Einflussnahme stehen.

Das Lobbynetzwerk der Tech-Branche in Zahlen

Die Einflussnahme der Digitalindustrie auf die europäische Politik lässt sich nicht nur an den Ausgaben ablesen, sondern auch an der schieren Anzahl der beteiligten Akteure und deren personellen Ressourcen. Mindestens 651 unterschiedliche Unternehmen und Verbände aus dem Technologiesektor sind im EU-Transparenzregister verzeichnet (Stand: 2022)*. Diese beeindruckende Zahl unterstreicht die breite Front, mit der die Branche in Brüssel präsent ist.

Wer lobbyiert (Anzahl Firmen) und wie viele FTE?

Die personelle Dimension des Tech-Lobbyings wird besonders bei den großen Playern deutlich: Meta beschäftigte 17,05 Vollzeit-Lobbyistinnen und Lobbyisten, während Google auf 8,7 Vollzeitäquivalente kam (beide Stand: 2022)*. Diese Zahlen zeigen das erhebliche Personalaufgebot, das einzelne Konzerne für ihre Interessenvertretung mobilisieren.

Aktuell umfasst das registrierte Lobbypersonal der Digitalbranche in der EU etwa 890 Vollzeitäquivalente (Stand: 2025)*. Die Pressemitteilung von LobbyControl und Corporate Europe Observatory nennt für Ende Oktober 2025 eine ähnliche Zahl. Unabhängig von der exakten Zahl steht fest: Mittlerweile arbeiten mehr Tech-Lobbyistinnen und Lobbyisten in Brüssel als das Europäische Parlament Abgeordnete hat.

Gesamtvergleich: Tech vs. andere Branchen

Um die Dimensionen des Tech-Lobbyings einzuordnen, lohnt ein Blick auf die Gesamtausgaben aller Branchen in Brüssel. Unternehmen und Organisationen mit einem Lobbybudget von über einer Million Euro kommen zusammen auf mindestens 343 Millionen Euro (Stand: 2025). Vor diesem Hintergrund wird deutlich, welchen bedeutenden Anteil die Tech-Branche mit ihren 149 Millionen Euro Lobbyausgaben am gesamten Einflussnahme-Geschehen in der EU hat.

Die massive Präsenz von Personal und finanziellen Mitteln verschafft der Digitalindustrie einen privilegierten Zugang zu Entscheidungsträgern – ein Faktor, der die demokratische Auseinandersetzung um die richtige Regulierung digitaler Technologien nachhaltig beeinflusst.

Wie Tech-Lobbying unseren digitalen Alltag beeinflusst

Steigende Lobbyausgaben der Tech-Branche sind kein abstraktes Polit-Thema – sie wirken sich direkt auf den digitalen Alltag aller Bürgerinnen und Bürger aus. Ob Wettbewerb, Datenschutz oder KI-Sicherheit: Die Einflussnahme großer Konzerne auf europäische Regulierungen betrifft fundamentale Verbraucherinteressen und demokratische Grundrechte.

Konkrete Auswirkungen zeigen sich bei zentralen Digitalgesetzen. Zwischen 2023 und 2025 übten Tech-Lobbyverbände massive Kritik am Digital Services Act (DSA) und Digital Markets Act (DMA)*. 2025 forderten sie sogar eine „Pause“ bei der Umsetzung des KI-Gesetzes (AI Act). Diese Lobbybemühungen zielen darauf ab, Regulierungen zu verwässern, die eigentlich Verbraucher vor monopolistischen Praktiken schützen und grundlegende Datenschutzstandards festschreiben sollen.

Externer politischer Druck verschärft die Situation. Die US-Regierung übt erheblichen Einfluss auf die EU-Digitalpolitik aus und gefährdet damit die Durchsetzung des DMA, der eigentlich seit März 2024 in Kraft ist* . Dieser transatlantische Druck könnte dazu führen, dass digitale Märkte weniger wettbewerbsorientiert bleiben und Verbraucher höhere Preise zahlen müssen.

Transparenzinitiativen als Gegenantwort. Als Reaktion auf den wachsenden Lobbydruck diskutieren politische Entscheidungsträger zwischen Ende 2024 und Mai 2025 über Reformen des EU-Transparenzregisters*. Bessere Transparenzregeln könnten helfen, undurchsichtige Einflussnahmen sichtbar zu machen und so demokratische Entscheidungsprozesse zu schützen.

Die Folgen dieses Lobbydrucks sind im Alltag spürbar: Weniger Wettbewerb bedeutet oft höhere Preise und weniger Auswahl bei digitalen Diensten. Geschwächte Datenschutzbestimmungen gefährden die Privatsphäre der Nutzer. Und eine verwässerte KI-Regulierung könnte riskante Anwendungen ermöglichen, die ohne ausreichende Sicherheitsvorkehrungen auf den Markt kommen.

Zwei Wege für Europas Digitalpolitik

Die aktuellen Entwicklungen werfen die Frage auf, wie sich die Einflussnahme der Tech-Konzerne auf die europäische Digitalpolitik mittel- und langfristig auswirken wird. Grundsätzlich zeichnen sich zwei konträre Szenarien ab, die von den politischen Entscheidungen der kommenden Monate abhängen.

Auf der einen Seite steht die konsequente Durchsetzung bereits beschlossener Regeln wie des Digital Markets Act (DMA), der im März 2024 in Kraft trat. Eine robuste Anwendung dieser Vorgänge würde die Monopolstellung großer Plattformen effektiv begrenzen und fairen Wettbewerb fördern. Das andere Szenario beschreibt eine schleichende Verwässerung dieser Regeln unter dem anhaltenden Lobbydruck. In diesem Fall drohen jahrelange Fortschritte bei der Regulierung des Internets und der Eindämmung von Monopolmacht verloren zu gehen.

Vor diesem Hintergrund diskutieren Expert:innen verschiedene politische Maßnahmen, um die demokratische Kontrolle zu stärken. Dazu zählen Reformen des EU-Transparenzregisters, die eine umfassendere Offenlegung von Lobbytätigkeiten vorschreiben. Weitere Optionen sind schärfere Sanktionsmechanismen bei Verstößen gegen Transparenzpflichten sowie verbindliche und einheitliche Veröffentlichungsstandards für alle Interessenvertreter.

Für eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Ausgangslage, einschließlich der analysierten Rekordsumme von 151 Millionen Euro an Lobbyausgaben der Tech-Branche*, bietet das einleitende Kapitel dieser Artikelserie einen fundierten Einstieg. Weiterführende Informationen und Datenquellen zur politischen Einflussnahme sind über die Plattformen von LobbyControl und Corporate Europe Observatory zugänglich.*

Die vorliegenden Angaben und Zitate stammen aus einer Pressemitteilung des gemeinnützigen Vereins LobbyControl.

Weiterführende Quellen:

9 Antworten

  1. ‚Lobbyarbeit‘ klingt oft negativ und das mit Recht! Diese Summen machen mich stutzig… Wie können wir als Gesellschaft verhindern, dass unsere Rechte beeinträchtigt werden?

  2. ‚Big Tech‘ hat definitiv zu viel Einfluss in der Politik. Man fragt sich oft: Wo bleibt die Stimme des normalen Bürgers? Ist es nicht an der Zeit für Reformen im Transparenzregister?

    1. ‚Ja genau! Reformen sind dringend nötig! Aber wie können wir sicherstellen, dass die Politiker tatsächlich zuhören und handeln? Gibt es bereits Initiativen oder Bewegungen dazu?

  3. Diese Rekordsumme an Lobbyausgaben zeigt deutlich das Machtspiel der Tech-Unternehmen in Brüssel! Was denkt ihr über die Auswirkungen auf Datenschutz und Verbraucherrechte? Es wird höchste Zeit für striktere Regulierungen.

    1. Ich stimme dir voll und ganz zu, Bernhard! Datenschutz sollte an erster Stelle stehen. Was könnten wir als Bürger tun, um mehr Druck auf die Politiker auszuüben?

    2. Die Verbraucher müssen laut werden! Wenn wir uns zusammenschließen und unsere Stimmen erheben, können wir vielleicht etwas bewegen. Habt ihr schon über soziale Medien nachgedacht?

  4. Es ist wirklich beunruhigend zu sehen, wie viel Geld die Tech-Industrie für Lobbyarbeit ausgibt. 151 Millionen Euro sind eine Menge! Wie kann man sicherstellen, dass diese Ausgaben nicht unsere Demokratie gefährden? Ich hoffe, dass die EU stark bleibt.

    1. Ich verstehe deinen Punkt, Beatrice. Die enorme Präsenz von Lobbyisten kann tatsächlich beunruhigend sein. Glaubst du, dass es möglich ist, dies zu regulieren und transparenter zu machen?

    2. Das Thema ist komplex, aber ich denke auch, dass mehr Transparenz notwendig ist! Vielleicht sollten wir eine Petition starten? Es wäre wichtig zu wissen, wer wirklich hinter diesen Entscheidungen steht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Über den Autor

Die Redaktion von Verbandsbüro besteht aus vielen unterschiedlichen Experten aus der Verbands- und Vereinswelt. Alle Beiträge beruhen auf eigene Erfahrungen. Damit wollen wir Ihnen unsere professionellen Leistungen für Ihre Organisation präsentieren. Wollen Sie mehr zu diesem Thema erfahren? Nehmen Sie doch einfach mit uns Kontakt auf.​

Teilen

Wenn dir dieser Beitrag gefallen hat, teile ihn gerne weiter.