– Erster Tag der landwirtschaftlichen Unternehmerin in Bayern am 30. Oktober 2025.
– Frauen sollen als zentrale Akteurinnen die Zukunft der Landwirtschaft gestalten.
– Veranstaltung bot Vernetzung, Fachvorträge und Workshops zur Betriebsführung.
Premiere in Bayern: Landfrauen stärken unternehmerische Rolle
Der erste Tag der landwirtschaftlichen Unternehmerin markierte einen wichtigen Schritt für die Sichtbarkeit von Frauen in der Landwirtschaft. Rund 50 Teilnehmerinnen folgten der Einladung des Deutschen LandFrauenverbandes und der Landfrauen im Bayerischen Bauernverband, um sich unter dem Motto „Netzwerken, sich inspirieren lassen und Zukunft gestalten“ zu vernetzen und weiterzubilden. „Heute feiern wir BBV-Landfrauen Premiere mit unserem ersten Tag der landwirtschaftlichen Unternehmerin in Bayern – ein Tag, der längst überfällig ist“, betonte Christine Singer, Landesbäuerin im Bayerischen Bauernverband. Die Veranstaltung zielte darauf ab, die unternehmerische Stärke von Frauen in der Landwirtschaft gezielt zu fördern und ihre Rolle als Gestalterinnen der ländlichen Entwicklung zu betonen. „Der heutige Tag bringt uns einer Vision näher, in der Frauen zentrale Akteurinnen der ländlichen Entwicklung sind – in der Tradition, Kreislaufwirtschaft und digitale Innovation Hand in Hand gehen“, so Singer weiter.
Frauen in der Landwirtschaft: Zwischen Tradition und neuen Perspektiven
Die Landwirtschaft in Deutschland steht an einem Wendepunkt. Während Frauen seit jeher entscheidend zum Betriebserfolg beitragen, bleiben sie in der Betriebsleitung oft unterrepräsentiert. Diese Diskrepanz gewinnt vor dem Hintergrund des demografischen Wandels besondere Bedeutung.
Warum jetzt? Demografie und Chancen
Die Überalterung der Betriebsleitungen stellt die Landwirtschaft vor große Herausforderungen. Gleichzeitig bringen Frauen häufig außerlandwirtschaftliche Qualifikationen mit, die neue Perspektiven eröffnen. Sie verbinden traditionelles Wissen mit modernen Ansätzen und entwickeln innovative Geschäftsmodelle – von Direktvermarktung über ökologische Landwirtschaft bis hin zu digitalen Lösungen. Diese Vielfalt stärkt nicht nur einzelne Betriebe, sondern belebt ganze ländliche Räume.
Praktische Hemmnisse für Unternehmerinnen
Trotz der Chancen gibt es strukturelle Hürden, die Frauen den Weg in die Betriebsleitung erschweren. Die Vereinbarkeit von Familie und Betrieb bleibt eine zentrale Herausforderung. Viele Frauen arbeiten in Teilzeit oder übernehmen unbezahlte Care-Arbeit, was ihre unternehmerischen Möglichkeiten einschränkt. Zudem fehlt es oft an passgenauen Förderinstrumenten und sozialer Absicherung für mithelfende Familienangehörige.
Folgende Fragen stehen im Raum:
- Welche politischen Maßnahmen können die Vereinbarkeit von Familie und Betrieb verbessern?
- Wie lassen sich Teilzeitarbeitsmodelle in der Landwirtschaft etablieren?
- Welche Rolle spielen lokale Netzwerke und Mentoring-Programme?
- Braucht es gezieltere Förderung frauengeführter Initiativen?
Die Diskussion um weibliche Betriebsführung geht damit weit über individuelle Karriereentscheidungen hinaus. Sie berührt grundlegende Fragen zur Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft und zur Attraktivität ländlicher Räume.
Frauen in der Landwirtschaft: Zahlen zeigen gemischtes Bild
Die statistische Betrachtung der Geschlechterverteilung in der deutschen Landwirtschaft offenbart ein differenziertes Bild zwischen Beschäftigtenanteilen und Führungspositionen. Während Frauen als Arbeitskräfte durchaus präsent sind, zeigt sich bei den Betriebsleitungen eine deutliche Diskrepanz.
Zahlen zur Beschäftigung und Betriebsleitung
Der Anteil weiblicher Betriebsinhaberinnen lag im Jahr 2020 bei nur 11 Prozent in Deutschland. Dieser Wert positioniert Deutschland im europäischen Vergleich deutlich unter dem EU-Durchschnitt von etwa 32 Prozent weiblicher Betriebsleiterinnen (Stand: 2020).
Die Entwicklung in den Folgejahren zeigt teilweise positive Tendenzen: Bei den Auszubildenden in landwirtschaftlichen Berufen stieg der Frauenanteil bis 2023 auf etwa 25 Prozent. Noch deutlicher fällt der Frauenanteil bei Saisonarbeitskräften aus: Im Frühjahr 2025 lag er bei durchschnittlich 39 Prozent.
| Jahr | Indikator | Wert | Quelle/Stand |
|---|---|---|---|
| 2020 | Betriebsinhaberinnen Deutschland | 11 % | Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2020* |
| 2020 | Betriebsleiterinnen EU-Schnitt | 32 % | Europäische Agrarstatistik 2020* |
| 2023 | Auszubildende in Landwirtschaft | 25 % | landwirtschaft.de 2023* |
| 2025 | Saisonarbeitskräfte | 39 % | Schleswig-Holstein 2025* |
Ausbildung und Saisonarbeit
Die aktuelleren Zahlen deuten auf eine allmähliche Veränderung hin. Der Ausbildungsbereich zeigt mit 25 Prozent weiblichen Auszubildenden (Stand: 2023) Potenzial für langfristig steigende Frauenanteile in qualifizierten Positionen. Im Bereich der Saisonarbeit dominieren Frauen sogar mit 39 Prozent (Frühjahr 2025) – hier übernehmen sie eine zentrale Rolle bei der Bewältigung saisonaler Spitzen.
Christine Singer, Landesbäuerin im Bayerischen Bauernverband, betont: „Frauen führen landwirtschaftliche Betriebe mit Herz und Verstand, verbinden Tradition mit Innovation und zeigen: Landwirtschaft hat Zukunft – eine Zukunft, die weiblich, stark und vielfältig ist.“ Diese Vision steht allerdings noch im Kontrast zu den aktuellen Eigentumsverhältnissen.
Programme, Netzwerke und Gegenstimmen
Die wachsende Bedeutung von Frauen in der Landwirtschaft spiegelt sich in einer zunehmenden Zahl spezifischer Unterstützungsangebote wider. Verschiedene Institutionen haben Initiativen entwickelt, die gezielt auf die Bedürfnisse landwirtschaftlicher Unternehmerinnen zugeschnitten sind.
Netzwerke und Mentoring als Praxishilfe
Bereits 2022 startete der Deutsche Bauernverband sein Unternehmerinnen-Netzwerk, das gezielt Landwirtinnen anspricht (Quelle: wlv.de). Dieses Format bietet eine Plattform für Erfahrungsaustausch und gegenseitige Unterstützung. Noch einen Schritt weiter geht das Mentoring- und Weiterbildungsprogramm "Kompass", das im Herbst 2025 bereits seine dritte Runde absolviert (Quelle: rebeundwein.de). Die kontinuierliche Fortführung spricht für die Nachfrage nach solchen qualifizierten Begleitungsformaten.
Ab dem ersten Quartal 2026 ergänzt die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein dieses Angebotsspektrum mit einem Gruppencoaching-Programm, das auf maximal 15 Teilnehmerinnen begrenzt ist (Quelle: lksh.de)*. Die begrenzte Teilnehmerzahl deutet auf einen intensiven, praxisnahen Ansatz hin, der individuellere Betreuung ermöglichen soll.
Kritische Perspektiven auf Wirksamkeit
Trotz dieser ermutigenden Entwicklungen bleiben kritische Fragen zur nachhaltigen Wirkung solcher Einzelinitiativen bestehen. Reichen punktuelle Förderprogramme aus, um tief verwurzelte strukturelle Hemmnisse zu überwinden? Die in vorangegangenen Kapiteln diskutierten Herausforderungen – von ungleichen Eigentumsverhältnissen bis zu eingeschränkten Karrierepfaden – lassen Zweifel aufkommen, ob Netzwerke und Coachings allein systemische Barrieren beseitigen können.
Pro-Argumente:
- Direkter Praxisbezug durch Erfahrungsaustausch mit Gleichgesinnten
- Gezielte Kompetenzvermittlung für unternehmerische Entscheidungen
- Aufbau persönlicher Kontakte für langfristige Zusammenarbeit
- Steigerung des Selbstbewusstseins durch professionelle Begleitung
Kontra-Argumente:
- Begrenzte Reichweite bei freiwilliger Teilnahme
- Fehlende Verknüpfung mit grundlegenden strukturellen Reformen
- Risiko der "Symbolpolitik" ohne nachhaltige Veränderung
- Unklarheit bezüglich langfristiger Wirkung auf Betriebsnachfolgen
Die Diskussion um die optimale Förderung landwirtschaftlicher Unternehmerinnen bleibt im Fluss. Während Netzwerke und Qualifizierungsprogramme wichtige Bausteine darstellen, bedarf es möglicherweise zusätzlicher Maßnahmen, um die vielschichtigen Herausforderungen systematisch anzugehen.
Ausblick: Was jetzt folgen sollte
Der erfolgreiche Auftakt des Tags der landwirtschaftlichen Unternehmerin zeigt deutlich: Der Bedarf an Austausch, Weiterbildung und Vernetzung ist groß. Die Teilnehmerinnen in Beilngries haben bewiesen, dass Frauen in der Landwirtschaft bereit sind, ihre unternehmerische Rolle aktiv zu gestalten. Jetzt geht es darum, diesen Schwung in konkrete Maßnahmen zu überführen.
Konkrete Maßnahmen für Politik und Verbände
Die politischen Weichenstellungen der kommenden Monate werden entscheidend sein für die nachhaltige Stärkung landwirtschaftlicher Unternehmerinnen. Zentrale Forderungen betreffen die bessere Absicherung mithelfender Ehepartner und gezielte Förderprogramme für frauengeführte Verarbeitungs- und Vermarktungsinitiativen. Die Vereinbarkeit von Familie und Betrieb bleibt eine Schlüsselfrage, die durch flexible Betreuungsangebote und betriebliche Entlastungsmodelle verbessert werden muss.
Parallel dazu entwickeln Verbände und Institutionen praxisnahe Unterstützungsformate. Das Kompass-Programm (Start Herbst 2025) bietet gezielte Weiterbildung für Hofübernehmerinnen. Ab dem ersten Quartal 2026 steht das LKSH Coaching zur Verfügung, das individuell auf Betriebsleiterinnen zugeschnitten ist. Ergänzend dazu bildet das etablierte Unternehmerinnen-Netzwerk (seit 2022) eine wichtige Plattform für Erfahrungsaustausch und kollegiale Beratung.
Die Vernetzung auf lokaler Ebene gewinnt ebenfalls an Bedeutung. Regionale Stammtische, digitale Austauschformate und Mentoring-Programme schaffen Räume für gegenseitige Unterstützung. Diese Initiativen tragen dazu bei, dass landwirtschaftliche Unternehmerinnen nicht nur Einzelkämpferinnen bleiben, sondern Teil einer starken Gemeinschaft werden, die gemeinsam die Zukunft der ländlichen Räume gestaltet.
Dieser Beitrag enthält Informationen, die auf einer Pressemitteilung des Bayerischen Bauernverbandes basieren.
Weiterführende Quellen:
- „Im Jahr 2020 lag der Frauenanteil unter allen Arbeitskräften in der deutschen Landwirtschaft bei rund 36 Prozent; bei den Betriebsinhaber*innen waren nur 11 Prozent weiblich. Außerdem waren 82 Prozent der weiblichen Arbeitskräfte in Teilzeit beschäftigt, im Vergleich zu 65 Prozent der männlichen.“ – Quelle: https://www.bmel-statistik.de/landwirtschaft/gleichstellung-in-der-landwirtschaft/beschaeftigte-auf-den-betrieben
- „Das 2022 gegründete Unternehmerinnen-Netzwerk des Deutschen Bauernverbands bietet landwirtschaftlichen Unternehmerinnen Austauschplattformen wie digitale Stammtische und WhatsApp-Gruppen, um Wissenstransfer, gegenseitige Hilfe und Sichtbarkeit in der Agrarpolitik zu stärken.“ – Quelle: https://wlv.de/mitgliederservice/agrarinfos/landwirtinnen-fuer-das-unternehmerinnen-netzwerk-gesucht
- „Im EU-Schnitt werden ca. 32 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe von Frauen geleitet – in Deutschland sind es aktuell jedoch nur etwa 11 Prozent (Stand 2020). Führungspositionen sind somit in Deutschland deutlich seltener weiblich besetzt als im EU-Vergleich.“ – Quelle: https://www.landwirtschaft.de/wirtschaft/beruf-und-betrieb/landwirtschaft-als-beruf/frauen-in-der-landwirtschaft
- „Eine aktuelle deutschlandweite Studie (Frühjahr 2025) zeigt, dass unter den Saisonarbeitskräften in der Landwirtschaft durchschnittlich 39 Prozent Frauen tätig waren.“ – Quelle: https://www.schleswig-holstein.de/DE/landesregierung/ministerien-behoerden/IX/presse/PI/2025/Q1/250305_landfrauen_ausstellung
- „Die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein startet im Q1/2026 ein Gruppencoaching-Programm mit max. 15 Frauen zur Unterstützung angehender Unternehmerinnen, ergänzt durch individuelle Einzelcoachings zur Förderung nachhaltiger Vernetzung und persönlicher Entwicklung.“ – Quelle: https://www.lksh.de/aktuelles/nachrichten/news/artikel/show/angehende-unternehmerinnen-durch-coaching-frauen-in-der-landwirtschaft-staerken-handlungsbedarf-erkannt
- „Das deutschlandweite Mentoring- und Weiterbildungsprogramm ‚Kompass‘ geht im Herbst 2025 in die dritte Runde; junge Frauen können sich als künftige Betriebsleiterinnen für Mentoring und Trainings in Persönlichkeitsentwicklung, Kommunikation und Netzwerken bewerben.“ – Quelle: https://www.rebeundwein.de/aktuelles/news/article-8234871-198999/werden-sie-netzwerkerin-.html
- „Im Jahr 2023 lag der Anteil weiblicher Auszubildender in landwirtschaftlichen Berufen in Deutschland bei etwa 25 Prozent, im Ausbildungsberuf Landwirt/in waren 22 Prozent weiblich mit steigender Tendenz seit 2005.“ – Quelle: https://www.landwirtschaft.de/wirtschaft/beruf-und-betrieb/landwirtschaft-als-beruf/frauen-in-der-landwirtschaft
8 Antworten
Ich bin beeindruckt von der Anzahl der Teilnehmerinnen und den Themen! Man sieht, dass viele engagiert sind. Wie können wir sicherstellen, dass die politischen Maßnahmen auch tatsächlich umgesetzt werden?
…und was ist mit den lokalen Netzwerken? Können diese nicht noch viel mehr bewirken als nur kurzfristige Lösungen anzubieten?
…ja genau! Ich denke auch, dass wir über strukturelle Änderungen nachdenken müssen und nicht nur über kurzfristige Programme.
Die Herausforderungen für Frauen in der Landwirtschaft sind klar. Ich frage mich aber auch: Welche konkreten Schritte könnten Verbände ergreifen, um das zu verbessern? Es braucht doch mehr als nur Veranstaltungen!
Das Event war eine gute Idee! Ich hoffe wirklich, dass mehr Frauen die Chance bekommen, in Führungspositionen zu kommen. Hat jemand Erfahrungen mit den Mentoring-Programmen? Wie hilfreich sind die wirklich?
Ich habe an einem Mentoring-Programm teilgenommen und fand es sehr bereichernd! Der Austausch mit anderen Frauen hat mir wirklich geholfen, mein Selbstbewusstsein zu stärken.
Die Statistiken sind echt interessant! Ich wusste nicht, dass nur 11 Prozent der Betriebsinhaberinnen weiblich sind. Was denkt ihr, könnte man tun, um diese Zahl zu erhöhen? Vielleicht mehr Netzwerke?
Ich finde es toll, dass Frauen in der Landwirtschaft so sichtbar gemacht werden. Die Veranstaltung zeigt, wie wichtig es ist, dass Frauen eine Rolle spielen. Ich frage mich, ob es auch mehr Unterstützung von der Politik gibt?