– Koalitionsausschuss-Entlastungspaket unzureichend: Stromsteuer soll weiter nicht auf EU-Mindestmaß abgesenkt werden.
– Netzentgeltzuschuss ab Januar 2026 muss bis Herbst rechtlich verbindlich feststehen.
– 10 Mrd. Euro Sondervermögen drohen konsumtiv statt für klimafreundliche Investitionen genutzt zu werden.
Haushaltsvorbehalt bremst Strompreisentlastungen und Investitionen aus
Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsausschuss auf ein Entlastungspaket für Energiepreise geeinigt, das jedoch nicht alle Erwartungen erfüllt. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) kritisiert das Ergebnis scharf, da wichtige Vereinbarungen und Investitionen durch einen Haushaltsvorbehalt eingeschränkt werden. Die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß für alle wird nicht gesenkt, stattdessen bleiben vor allem Industrie und Land- und Forstwirtschaft begünstigt. Für private Haushalte und viele Unternehmen gibt es keine vergleichbare Entlastung.
„Die neue Bundesregierung startet in die neue Legislatur mit der Aufkündigung eines Versprechens. Die nun im Koalitionsausschuss geeinten Energiepreisentlastungen bleiben hinter den Erwartungen zurück. Insbesondere die seit Jahren vom BDEW geforderte Reduzierung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß für alle lässt weiter auf sich warten.“ Günstige Strompreise gelten als wichtiger Motor für die Energiewende, da sie private Investitionen in Wärmepumpen oder Elektromobilität attraktiver machen. Sinkende Stromkosten sind hier ein entscheidender Hebel zur Förderung klimafreundlicher Technologien.
Ein zentrales Element des Entlastungspakets ist der geplante Zuschuss zu den Netzentgelten, der zum 1. Januar 2026 in Kraft treten soll. Er soll Haushalte und Unternehmen spürbar finanziell entlasten. Dabei ist es für den Erfolg entscheidend, dass bis zum Herbst dieses Jahres die Höhe des Zuschusses rechtlich gesichert ist. Die Netzbetreiber stehen vor der komplexen Aufgabe, die Netzentgelte für Industrie und Verbraucher im kommenden Jahr neu zu bestimmen. Zudem müssen Energieversorger klare und verbindliche Fristen für die rechtzeitige Information ihrer Kundinnen und Kunden über die Entlastungen einhalten, um deren Planbarkeit zu gewährleisten.
Kritisch sieht der BDEW auch die Deckelung der Gasspeicherumlage. Diese Maßnahme kommt vor allem Gaskundinnen und -kunden zugute, während der Fokus auf Investitionen in klimafreundliche Technologien fehlt. „Zudem handelt es sich dabei nicht um Investitionen in eine klimafreundliche Energieversorgung, sondern um die Sicherung der Versorgung allgemein. Der Plan, diese Entlastung aus dem KTF zu finanzieren kann daher durchaus in Frage gestellt werden.“
Die Finanzierung zusätzlicher Investitionen droht laut BDEW zu scheitern. Aktuell sieht die Haushaltsplanung vor, dass aus dem Sondervermögen jährlich 10 Milliarden Euro zwar zur Verfügung stehen, diese Mittel aber fast ausschließlich für konsumtive Ausgaben verwendet werden könnten. Damit würden wichtige Investitionsprogramme, insbesondere im Bereich der Wasserstofftechnologie (H2), weiterhin gekürzt. „Die wichtigen Entlastungen sind hingegen aus dem Kernhaushalt zu finanzieren.“ Dies sei entscheidend, um die Weichen für eine klimafreundliche und zukunftssichere Energieversorgung zu stellen.
Energiepolitik zwischen Anspruch und Realität: Wer profitiert – wer bleibt auf der Strecke?
Die aktuellen energiepolitischen Entscheidungen werfen entscheidende Fragen auf: Welche Gruppen profitieren von den geplanten Entlastungen bei Strom und Netzentgelten? Und welche Auswirkungen haben diese Maßnahmen auf die gesamte Gesellschaft sowie auf zentrale Wirtschaftsbereiche? Die Antworten spielen für die private Stromrechnung ebenso eine Rolle wie für die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und das Gelingen der klimapolitischen Transformation.
Stromsteuer und Netzentgelte bilden unerlässliche Stellschrauben in der Energieversorgung. Die Stromsteuer beeinflusst direkt die Kosten für Verbraucher und Unternehmen, während die Netzentgelte die Infrastrukturkosten für das Stromnetz abbilden, also dafür sorgen, dass Elektrizität zuverlässig und in ausreichender Menge ankommt. Eine Entlastung an diesen Stellen kann daher unmittelbare Effekte auf die Wirtschaftlichkeit von Stromverbrauch und die Attraktivität von klimafreundlichen Technologien entfalten.
Bedeutung für Verbraucher und Energiewende
Die Beschränkung der Stromsteuerentlastungen auf Industrie und Land- sowie Forstwirtschaft bedeutet, dass private Haushalte, kleine und mittlere Unternehmen vorerst außen vor bleiben. Das ist aus mehreren Gründen problematisch: Höhere Strompreise schmälern die Kaufkraft der Verbraucher und wirken sich auf die Lebenskosten aus, insbesondere in energieintensiven Haushalten. Zugleich mindern sie den Anreiz, in Wärmepumpen oder Elektrofahrzeuge zu investieren, wodurch die Energiewende an Tempo verliert.
Auch für die Wirtschaft gilt: Energieintensive Branchen wie die Industrie profitieren zwar von niedrigeren Steuern, jedoch haben zahlreiche andere Wirtschaftssektoren, darunter Handel, Handwerk, Verkehr und Landwirtschaft, bislang keine vergleichbaren Entlastungen erhalten. Gerade für die Landwirtschaft mit ihrem hohen Bedarf an Strom und Energie wäre eine ausgedehnte Entlastung wichtig, um Wettbewerbsfähigkeit und nachhaltige Betriebsführung sicherzustellen.
Ein weiterer Aspekt sind die Netzentgelte. Hier plant die Regierung einen Zuschuss, der ab Januar 2026 greifen soll. Die Wirksamkeit hängt stark davon ab, ob die Höhe dieses Zuschusses rechtlich verbindlich fixiert wird. Nur dann können Haushalte und Unternehmen spürbare Entlastungen bei ihrer Stromrechnung erwarten. Ohne diese Klarheit bleiben Verbraucher in Unsicherheit, und der nötige Impuls für Investitionen in klimafreundliche Technik droht auszubleiben.
Finanzierung und politische Weichenstellungen
Die Entscheidung, Stromsteuererleichterungen primär aus dem Kernhaushalt zu finanzieren und den Einsatz des Sondervermögens für Energieinvestitionen zu beschränken, hat tiefgreifende politische Konsequenzen. Einerseits werden dringend benötigte Mittel für Innovationen im Bereich Wasserstofftechnologien (H2) und andere klimaschützende Maßnahmen womöglich gekürzt. Andererseits drohen konsumtive Ausgaben zu dominieren, was langfristige Transformationsziele erschwert.
Die Entscheidung, bestimmte Umlagen wie die Gasspeicherumlage nur zu deckeln statt zu reduzieren, zeigt zudem, dass die Versorgungssicherheit weiter oberste Priorität genießt. Allerdings bedeutet dies keine Investition in klimagerechte Energielösungen, sondern ein kurzfristiges Instrument zur Stabilisierung der Energiemärkte – mit unklaren Auswirkungen auf Verbraucher und Unternehmen.
Klar wird: Energiepolitik ist immer auch Finanzpolitik. Die zukünftigen Weichenstellungen müssen den Spagat schaffen zwischen sozialer Entlastung, der Förderung nachhaltiger Technologien und der Sicherung einer stabilen Versorgung bei überschaubaren Kosten für alle gesellschaftlichen Gruppen.
Wer profitiert – wer verliert?
- Profiteure: Industrie und große landwirtschaftliche Betriebe, die von Steuererleichterungen profitieren; Netzbetreiber und Energieversorger, die von der Zuschussregelung profitieren könnten.
- Benachteiligte: Private Haushalte, kleine und mittlere Unternehmen, viele Wirtschaftszweige wie Handel, Handwerk und Verkehr, die keine oder nur geringe Entlastungen erfahren.
- Gesellschaftliche Herausforderung: Investitionen zur Erreichung der Klimaziele können ins Stocken geraten, wenn nicht ausreichend Mittel für Innovationen bereitgestellt werden.
Die kommenden Monate werden zeigen, wie die politischen Akteure auf Kritik und Forderungen reagieren. Angesichts der drängenden Klimakrise und der steigenden Energiekosten ist der Druck auf Regierung und Parlament groß, eine ausgewogenere Lastenverteilung zu realisieren. Die öffentliche Diskussion sowie der Druck aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft werden zentrale Treiber für die nächsten Schritte sein – von zusätzlichen Entlastungen über Nachbesserungen bei der Finanzierung bis hin zu langfristigen Strategien für eine sozial verträgliche Energiewende.
Die Informationen und Zitate in diesem Beitrag basieren auf einer Pressemitteilung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW).
10 Antworten
Es fehlt einfach an einer klaren Linie seitens der Politik! Warum sind kleine Unternehmen immer die Letzten bei solchen Entscheidungen? Es muss doch einen gerechten Weg geben.
Das sehe ich auch so Ralph! Die Politik sollte endlich handeln und Transparenz schaffen über zukünftige Maßnahmen für alle!
Stimmt voll und ganz! Mich macht das echt wütend, dass wieder nur die großen profitieren ohne klare Pläne für den Rest von uns.
‚Die Strompreise schmälern unsere Kaufkraft.‘ Das kann ich nur unterstützen! Wie sehen andere das? Ist es wirklich sinnvoll, dass große Betriebe weniger zahlen als normale Menschen? Wir sollten darüber diskutieren.
Interessant ist auch, was mit dem Sondervermögen passiert. Wenn die Gelder nur für konsumtive Ausgaben genutzt werden, wo bleibt der Fortschritt in der Wasserstofftechnologie? Das ist wirklich ein Problem.
Ja genau! Und was passiert dann mit den Klimazielen? Müssen wir jetzt warten bis sich alles stabilisiert hat? Ich denke, da braucht es schnellere Lösungen.
Die Entscheidung der Bundesregierung wirkt wie ein Rückschritt für alle kleinen Unternehmen. Wie sollen wir innovativ sein und in grüne Technologien investieren, wenn uns die finanziellen Mittel fehlen? Ich hoffe auf mehr Klarheit!
Ich finde es wirklich bedenklich, dass die Stromsteuer nicht auf das EU-Mindestmaß gesenkt wird. Wie können wir ernsthaft die Energiewende vorantreiben, wenn private Haushalte keine Entlastung erfahren? Das ist doch ungerecht!
Ich stimme dir zu, Andre! Die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen bleibt bestehen, wenn man nicht auch die kleinen Verbraucher einbezieht. Warum wird nicht mehr für eine gerechte Verteilung der Kosten getan?
Genau! Es wäre wichtig zu wissen, wie die Regierung gedenkt, kleine Unternehmen und Haushalte zu unterstützen. Gibt es überhaupt einen Plan für sie?