Streit um Stoffstrombilanz: Droht Rückschritt beim Grundwasserschutz durch geplante Änderungen im Düngerecht?

Die Bundesregierung plant, die Stoffstrombilanz abzuschaffen, was nach Ansicht von Umweltverbänden den Gewässerschutz schwächt und die Nitratbelastung von Grund- und Trinkwasser steigen lässt. Stattdessen fordern sie ein nationales Düngerecht mit klaren Verantwortlichkeiten, eine Reduzierung der Tierbestände und ein Verbot besonders gefährlicher Pestizide. Zudem kritisieren sie, dass für eine Stellungnahme nur zwei Werktage zur Verfügung standen und sehen darin einen Mangel an demokratischer Mitbestimmung.
VerbandsMonitor – Themen, Trends und Ticker vom 13.04.2025

– Geplante Aufhebung der Stoffstrombilanz gefährdet Grund- und Trinkwasserschutz.
– BUND fordert Neuausrichtung der Tierhaltung mit weniger, besser verteilten Ställen.
– Ambitionierte Pestizidreduktion und sofortiges Verbot besonders gefährlicher Wirkstoffe notwendig.

Aufhebung der Stoffstrombilanz: Ein falsches Signal für den Gewässerschutz

Die Entscheidung der Bundesregierung zur Streichung der Stoffstrombilanz trifft den Schutz von Grund- und Trinkwasser hart. Angesichts steigender Nitratbelastungen warnt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) vor einem Rückschritt im Gewässerschutz. „Die Qualität unseres Grund- und Trinkwassers ist durch steigende Nitratbelastungen gefährdet. Statt die notwendigen Schutzmaßnahmen zu stärken, droht die Bundesregierung mit der Streichung der Stoffstrombilanz und der Reduzierung der einzelbetrieblichen Verantwortung ein Rückschritt im Gewässerschutz.“

Mit der Aufhebung entfällt eine zentrale Kontrolle im Düngerecht, die bisher dafür sorgte, dass Verursacher von Nitratüberschüssen auf landwirtschaftlichen Betrieben zur Verantwortung gezogen werden konnten. Stattdessen besteht die Gefahr einer Entlastung für problematische Betriebe durch weniger klare Regelungen. „Das ist das falsche Signal – gerade jetzt braucht es ein nationales Düngerecht, das klare Verantwortlichkeiten schafft und Verursacher zu hoher Nitratüberschüssen in die Pflicht nimmt und gut arbeitende Betriebe von pauschalen Regelungen entlastet.“

Hinzu kommt erhebliche Kritik am Vorgehen der Bundesregierung bei der Umsetzung. Die Aufhebung erfolge ohne parlamentarische Beteiligung, was rechtliche Zweifel aufwerfe und demokratische Prozesse schwäche. „Die geplante Aufhebung der Stoffstrombilanz ohne parlamentarische Beteiligung wirft zudem rechtliche Fragen auf. Die mangelhafte Einbindung der Verbände – mit einer Frist zur Stellungnahme von weniger als zwei Werktagen – untergräbt notwendige demokratische Beteiligungsprozesse.“ Diese hastige Vorgehensweise gefährdet die Akzeptanz und Effektivität von Umwelt- und Agrarpolitik gleichermaßen.

Im weiteren Forderungskatalog fordern Umweltverbände eine grundlegende Veränderung der Landwirtschaft: Es müsse eine Neuausrichtung der Tierhaltung geben – mit weniger Tieren und besser verteilten Ställen, um die Belastungen auf Umwelt und Wasser zu vermindern. Ebenso sei eine ambitionierte Reduktion des Pestizideinsatzes notwendig, vor allem durch ein Verbot besonders gefährlicher Wirkstoffe. „Für den Schutz unserer Wasserressourcen ist zusätzlich eine ambitionierte Reduktion des Pestizideinsatzes unverzichtbar. Besonders gefährliche Pestizide sollten umgehend verboten werden, um die negativen Auswirkungen auf unsere Ökosysteme zu begrenzen.“

Diese Forderungen unterstreichen den dringenden Bedarf für ein umfassendes und verursachergerechtes Düngerecht, das den Schutz der Wasserressourcen in den Mittelpunkt stellt und gleichzeitig verantwortungsvolle landwirtschaftliche Betriebe unterstützt. Die Streichung der Stoffstrombilanz steht diesem Ziel aktuell klar entgegen.

Warum der Gewässerschutz alle betrifft – Hintergründe und Ausblick

Der Schutz unseres Grundwassers ist nicht nur eine ökologische Herausforderung, sondern betrifft sämtliche Bereiche der Gesellschaft – von privaten Haushalten über die Landwirtschaft bis hin zu den Kommunen. Steigende Nitratwerte im Grundwasser führen zu höheren Kosten für die Trinkwasseraufbereitung. Gleichzeitig belasten sie die natürlichen Ökosysteme nachhaltig. Für Verbraucher:innen bedeutet das einerseits ein wachsendes gesundheitliches Risiko durch vermehrte Nitratbelastung, andererseits sind Preissteigerungen bei der Wasserversorgung zu erwarten. Landwirt:innen stehen vor der Aufgabe, Produktionsmethoden angesichts strengerer Umweltauflagen wirtschaftlich umzustrukturieren und in neue Technologien zu investieren. Kommunen tragen die Kosten für den Ausbau und Betrieb aufwändiger Wasseraufbereitungsanlagen, um die Trinkwasserqualität sicherzustellen.

Die Nitratbelastung hat ihre Hauptursachen in einer intensiven Tierhaltung und Überdüngung, die in Deutschland bislang nicht ausreichend durch ein modernes, verursachergerechtes Düngerecht reguliert werden. Die geplante Aufhebung der Stoffstrombilanz, die bisher eine wichtige Grundlage für die Kontrolle der Nährstoffüberschüsse bildete, stößt bei Umweltverbänden auf kritische Einschätzungen. Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND, warnt, dass dies „das falsche Signal“ sei und fordert stattdessen „ein nationales Düngerecht, das klare Verantwortlichkeiten schafft und Verursacher zu hoher Nitratüberschüsse in die Pflicht nimmt“.

Was steht für Verbraucher:innen und Umwelt auf dem Spiel?

Die zunehmende Belastung des Grundwassers beginnt bei der täglichen Wasserqualität, die für den Großteil der Bevölkerung lebenswichtig ist. Nitrat im Trinkwasser ist mit Gesundheitsrisiken verbunden, insbesondere für Säuglinge und Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen. Höhere Reinigungskosten schlagen sich auf die Wasserpreise nieder, die von den Verbraucher:innen getragen werden müssen. Darüber hinaus leiden natürliche Lebensräume unter der Belastung durch Überdüngung, was die Biodiversität in Gewässern und angrenzenden Ökosystemen einschränkt.

Wie könnte ein Düngerecht der Zukunft aussehen?

Internationale Vorbilder wie die Niederlande zeigen, dass eine genaue, individuelle Nährstoffbilanzierung auf Betriebsebene in Kombination mit flankierenden Förderprogrammen den Nitrateintrag deutlich reduzieren kann. Ein zeitgemäßes Düngerecht sollte diese Prinzipien aufnehmen und sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Aspekte berücksichtigen. Es müsste Verursacher klar benennen, Anreize für Umweltmaßnahmen schaffen und zugleich Betriebe entlasten, die bereits nachhaltig wirtschaften. Neben der Reduzierung von Düngemitteln umfasst dies auch eine konsequente Neuausrichtung der Tierhaltung sowie eine eingeschränktere Nutzung von Pestiziden, um die Belastung der Gewässer zu minimieren.

Betroffene Gruppen im Überblick:

  • Verbraucher:innen: Steigende Wasserpreise und gesundheitliche Risiken durch Nitratbelastung im Trinkwasser
  • Landwirt:innen: Wirtschaftlicher Druck durch strengere Auflagen und notwendige Investitionen in Technik und Betriebsführung
  • Kommunen: Zusätzliche finanzielle Belastung für Wasseraufbereitung und Infrastrukturmaßnahmen

Die Europäische Union hat mit der Wasserrahmenrichtlinie einen verbindlichen rechtlichen Rahmen geschaffen, der die Qualität der Gewässer sichern soll. Dennoch bleibt offen, ob die Bundesregierung bereit ist, einen grundlegenden Kurswechsel zu vollziehen und die bisherige Praxis durch ein wirksames, digital unterstütztes Düngerecht zu ersetzen. Die Auseinandersetzung wird sich daher voraussichtlich weiter verschärfen. Neben gesetzlichen Vorschriften gewinnt auch die Beteiligung der Bürger:innen an Entscheidungsprozessen zunehmend an Bedeutung, um die verschiedenen Interessen auszutarieren und nachhaltige Lösungen zu entwickeln.

Die Informationen und Zitate in diesem Beitrag basieren auf einer Pressemitteilung des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

9 Antworten

  1. …die steigenden Kosten für Wasseraufbereitung betreffen uns alle! Ich habe gehört, dass einige Städte bereits Probleme haben. Gibt es Statistiken darüber? Das würde mich wirklich interessieren!

  2. Ich finde es traurig, dass solche wichtigen Entscheidungen ohne breite Beteiligung getroffen werden. Wir müssen als Bürger mehr Druck ausüben! Welche Möglichkeiten habt ihr gesehen, um aktiv zu werden?

    1. …vielleicht sollten wir lokale Treffen organisieren? Es wäre gut, mehr Menschen zusammenzubringen und unsere Stimmen zu erheben.

    2. …ich denke auch, dass es wichtig ist, die Leute aufzuklären und sie dazu zu bringen, sich für den Gewässerschutz einzusetzen.

  3. Es ist alarmierend zu sehen, wie wenig Beachtung dieser wichtige Aspekt erhält. Ein Verbot von gefährlichen Pestiziden wäre ein großer Schritt in die richtige Richtung. Hat jemand aktuelle Informationen darüber?

  4. Die Forderung nach einer Neuausrichtung der Tierhaltung klingt sinnvoll, aber wie realistisch ist das in der Praxis? Müssen Landwirte nicht auch ihre Existenz sichern? Ich glaube, da gibt es viele Meinungen dazu!

    1. Das stimmt! Die Balance zwischen Umweltschutz und Landwirtschaft ist wirklich schwierig. Vielleicht sollten wir mehr über innovative Ansätze diskutieren, die beiden Seiten helfen könnten?

  5. Ich finde die Aufhebung der Stoffstrombilanz echt besorgniserregend. Es ist wichtig, dass wir unser Grundwasser schützen. Wer denkt da an die zukünftigen Generationen? Wie können wir sicherstellen, dass unsere Wasserqualität nicht leidet?

    1. Ich stimme dir zu, Sina! Das Thema ist so wichtig und trotzdem wird es oft ignoriert. Vielleicht sollten wir eine Petition starten oder uns an unseren Abgeordneten wenden? Was haltet ihr davon?

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