Der Bundesverband Deutscher Stiftungen äußert sich kritisch zum Referentenentwurf des zweiten Jahressteuergesetzes 2024 (JStG 2024 II). Während die Klarstellung zur gelegentlichen politischen Betätigung von gemeinnützigen Organisationen positiv aufgenommen wird, stößt die ersatzlose Abschaffung der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung auf erhebliche Bedenken. Der Bundesverband fordert eine umfassende Diskussion und die Berücksichtigung weiterer im Koalitionsvertrag vereinbarter Maßnahmen.
Kritische Punkte und Forderungen des Bundesverbands
Der Regierungsentwurf sieht einige Änderungen vor, die für gemeinnützige Organisationen von Bedeutung sind. Besonders die Klarstellung zur gelegentlichen politischen Betätigung und die Abschaffung der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung sind zentrale Aspekte.
Paragraf | Aktueller Stand | Forderung des Bundesverbands |
---|---|---|
§ 57 AO (Gelegentliche politische Betätigung) | Der Entwurf stellt klar, dass steuerbegünstigte Organisationen gelegentlich zu aktuellen politischen Themen Stellung nehmen dürfen. | Zustimmung, jedoch Forderung nach einer zusätzlichen Klarstellung zur politischen Betätigung innerhalb der Satzungszwecke. |
§ 55 AO (Zeitnahe Mittelverwendung) | Der Entwurf sieht die ersatzlose Streichung der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung vor. | Ablehnung, da dies zu neuen Rechtsunsicherheiten führt. Forderung nach umfassender fachlicher Diskussion und Übergangsregelungen. |
§ 58 Nr. 1 AO (Rücklagenbildung) | Abschaffung der bisherigen Regelungen zur Rücklagen- und Vermögensbildung. | Forderung nach Beibehaltung und Verbesserung der bestehenden Regelungen, um die langfristige finanzielle Stabilität von Stiftungen zu gewährleisten. |
§ 60 AO (Satzungsgemäße Zwecke) | Keine spezifische Klarstellung im Entwurf. | Forderung nach klarer Regelung zur politischen Betätigung innerhalb der satzungsgemäßen Zwecke. |
Koalitionsvertrag (Entlastung des Ehrenamts) | Keine Maßnahmen zur Entlastung des Ehrenamts von Bürokratie und Haftungsrisiken im aktuellen Entwurf. | Forderung nach Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen, z.B. Einführung der Business Judgement Rule und Erleichterungen bei Sachspenden. |
Grenzüberschreitende Kooperationen | Keine spezifischen Maßnahmen im Entwurf zur Erleichterung grenzüberschreitender Kooperationen. | Forderung nach Einführung von Regelungen, die grenzüberschreitende Kooperationen erleichtern und steuerliche Hindernisse abbauen. |
Steuerrechtliche Hürden für Sachspenden | Keine Regelungen zur Beseitigung umsatzsteuerrechtlicher Hürden für Sachspenden im Entwurf. | Forderung nach Umsetzung der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Maßnahmen zur Beseitigung steuerrechtlicher Hindernisse, um die Spendenbereitschaft zu fördern. |
Regierungsentwurf als Minimalkompromiss
Der Bundesverband Deutscher Stiftungen bekräftigt seine bereits im Rahmen der Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen geäußerte Einschätzung, dass der vorliegende Regelungsinhalt der im Koalitionsvertrag vereinbarten Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts noch nicht gerecht wird. Der Regierungsentwurf greift lediglich zwei wesentliche Aspekte auf:
- Die Klarstellung, dass eine Organisation gelegentlich auch außerhalb ihrer steuerbegünstigten Satzungszwecke zu tagespolitischen Themen Stellung nehmen kann, ohne ihre Gemeinnützigkeit zu gefährden.
- Die ersatzlose Streichung des Gebots der zeitnahen Mittelverwendung und damit zusammenhängend die Aufhebung der Bestimmungen zur Rücklagen- und Vermögensbildung und zur behördlichen Setzung einer Mittelverwendungsfrist.
Ersatzlose Abschaffung der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung
Mit der ersatzlosen Abschaffung der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung geht ein völlig überraschender Paradigmenwechsel einher, dessen möglicher Beitrag zur Bürokratieentlastung nur auf den ersten Blick trägt. Der Bundesverband fordert daher eine umfassende fachliche Diskussion und Übergangsregelungen.
Dringende Ergänzungen im parlamentarischen Verfahren erforderlich
Die Regierungskoalition hatte sich ausdrücklich vorgenommen, die Zivilgesellschaft in dieser Legislatur zu stärken. Im Koalitionsvertrag ist neben einer Klarstellung zur politischen Betätigung folgendes vereinbart:
- Die Entlastung des Ehrenamts von Bürokratie und möglichen Haftungsrisiken (bspw. durch eine Business Judgement Rule, wie sie auch der Nationale Normenkontrollrat fordert),
- die Beseitigung umsatzsteuerrechtlicher Hürden für Sachspenden („Spenden statt Vernichten“) sowie
- die Erleichterung grenzüberschreitender Kooperationen.
Notwendige Reformen und Anpassungen im Steuerfortentwicklungsgesetz 2024: Forderungen des Bundesverbands Deutscher Stiftungen
Gelegentliche politische Betätigung:
Der Entwurf des Steuerfortentwicklungsgesetzes 2024 stellt klar, dass steuerbegünstigte Organisationen gelegentlich zu tagespolitischen Themen Stellung nehmen dürfen, ohne ihre Gemeinnützigkeit zu gefährden. Dies wird vom Bundesverband Deutscher Stiftungen ausdrücklich begrüßt, da es die demokratische Mitwirkung und das Engagement von gemeinnützigen Organisationen stärkt. Allerdings fordert der Bundesverband eine zusätzliche Klarstellung, dass auch politische Betätigungen innerhalb der Satzungszwecke erlaubt sind. Dies würde die Rechtssicherheit weiter erhöhen und sicherstellen, dass Organisationen umfassend an politischen Diskursen teilnehmen können.
Zeitnahe Mittelverwendung:
Die ersatzlose Streichung der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung im Entwurf wird als ein riskanter Paradigmenwechsel betrachtet. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen befürchtet, dass dies die Governance und Transparenz gemeinnütziger Organisationen beeinträchtigen könnte. Ohne diese Pflicht könnte es zu einer missbräuchlichen Akkumulation von Mitteln kommen, was das Vertrauen in die gemeinnützige Arbeit untergraben würde. Daher fordert der Bundesverband eine umfassende fachliche Diskussion und die Einführung von Übergangsregelungen, um mögliche negative Auswirkungen abzufedern und die Integrität gemeinnütziger Organisationen zu wahren.
Rücklagenbildung:
Der Entwurf sieht die Abschaffung der bisherigen Regelungen zur Rücklagen- und Vermögensbildung vor. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen kritisiert diese Maßnahme und fordert die Beibehaltung und Verbesserung der bestehenden Regelungen. Rücklagen sind essenziell für die langfristige finanzielle Stabilität von Stiftungen und ermöglichen es ihnen, auch in Krisenzeiten handlungsfähig zu bleiben. Eine ersatzlose Abschaffung würde die finanzielle Planungssicherheit vieler Organisationen gefährden.
Entlastung des Ehrenamts:
Wichtige Maßnahmen zur Entlastung des Ehrenamts von Bürokratie und Haftungsrisiken fehlen im aktuellen Entwurf. Der Bundesverband fordert die Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen. Dazu gehört die Einführung der Business Judgement Rule, die Ehrenamtliche vor persönlichen Haftungsrisiken schützen soll. Zudem sollten umsatzsteuerrechtliche Hürden für Sachspenden beseitigt werden, um die Spendenbereitschaft zu fördern und die Vernichtung von noch nutzbaren Gütern zu verhindern.
Grenzüberschreitende Kooperationen:
Es fehlen Regelungen zur Erleichterung grenzüberschreitender Kooperationen im Entwurf. Der Bundesverband fordert die Einführung von Regelungen, die steuerliche Hindernisse abbauen und die Zusammenarbeit über Grenzen hinweg erleichtern. Dies ist besonders wichtig für Organisationen, die international tätig sind und grenzüberschreitende Projekte durchführen.
Diese umfassenden und detaillierten Forderungen des Bundesverbands Deutscher Stiftungen verdeutlichen die Notwendigkeit einer sorgfältigen Überarbeitung des Steuerfortentwicklungsgesetzes 2024. Nur so können die Rahmenbedingungen für gemeinnützige Organisationen nachhaltig verbessert und deren wichtige Arbeit für das Gemeinwohl unterstützt werden.
7 Antworten
Was ist Business Judgement Rule? Klingt kompliziert. Muss man sowas wirklich haben?
Warum die so viel über Politik reden mussen? Gemeinnützig heisst nicht Politik machen.
Ja, verstehe auch nicht. Die sollen sich aufs helfen konzentriren, nicht auf Politik.
Wieso brauchen die Rücklagen? Die sollen das Geld doch nutzen um leute zu helfen, nicht auf der Bank lassen.
Rücklagen sind wichtig für schwierige Zeiten. Ohne Rücklagen kann eine Organisation nicht lange überleben.
Ich finde es gut das die Pflichten zur Mittelverwendung abgeschafft werden sollen. Weniger Bürokratie ist immer gut.
Grenzüberschreitende Kooperationen sind wichtig, aber warum gibt es da so viele Hindernisse? Sollte einfacher sein.