Space-Division-Multiplexing: Wie neue Glasfaser-Technologie KI und Rechenzentren revolutioniert

Prof. Dr.-Ing. Georg Rademacher hat gestern in Gelnhausen den mit 10.000 Euro dotierten Johann-Philipp-Reis-Preis 2025 erhalten. Er wird für seine Forschung an Space-Division-Multiplexing (SDM) und neuen Glasfasertypen ausgezeichnet, die deutlich höhere Übertragungsraten ermöglichen. Diese Technologie gilt als wichtige Voraussetzung, um den wachsenden Datenverkehr für KI und Rechenzentren zu bewältigen.
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Inhaltsübersicht

– Prof. Georg Rademacher erhielt den Johann-Philipp-Reis-Preis 2025 für seine Glasfaserforschung.
– Seine Forschung steigert Datenraten durch Space-Division-Multiplexing für KI-Anwendungen.
– Er erreichte Weltrekorde mit bis zu 10,6 Petabit/s in einer Glasfaser.

Forschung an neuen Glasfasern mit Johann-Philipp-Reis-Preis 2025 ausgezeichnet

Prof. Dr.-Ing. Georg Rademacher erhielt gestern bei einer feierlichen Veranstaltung im hessischen Gelnhausen den Johann-Philipp-Reis-Preis 2025 für seine bahnbrechende Forschung an Glasfasern der nächsten Generation. Seine Arbeiten zu Space-Division-Multiplexing (SDM) und neuen Glasfasertypen gelten als entscheidende Voraussetzung für die extrem hohen Datenraten, die für Künstliche Intelligenz und moderne Rechenzentren benötigt werden.

Die Forschung des Preisträgers zeigt konkrete Lösungen für die steigenden Anforderungen des Datenverkehrs auf. Der mit 10.000 EUR dotierte Preis wird alle zwei Jahre an junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verliehen, die bedeutende Innovationen in der Nachrichtentechnik geschaffen haben.

Dr.-Ing. Werner Mohr, einer der Preisgutachter, unterstreicht die aktuelle Relevanz: „Digitalisierung und Künstliche Intelligenz bergen für Gesellschaft und Volkswirtschaft ein hohes Potenzial zur Effizienzsteigerung. Um dieses Potenzial zu heben, brauchen wir extrem leistungsstarke Übertragungssysteme. Deshalb ist die Forschung von Prof. Dr.-Ing. Georg Rademacher so wichtig, denn sie zeigt auf, wie immens sich die Kapazität der Glasfasertechnologie durch Verfahren wie Space-Division-Multiplexing (SDM) steigern lässt.“

Der Preisträger selbst erklärt das Grundprinzip seiner Forschung so: „Es geht bei Space-Division-Multiplexing immer darum, in einer Glasfaser unterschiedliche Daten parallel zu übertragen und den vorhandenen Raum dafür bestmöglich zu nutzen – im Prinzip wie auf einer Autobahn mit mehreren Spuren.“ Diese Methodik führte zu beeindruckenden Ergebnissen: „Wir haben bei einer Modenmultiplex-Übertragung eine Datenrate von 3,5 Petabit/s (3.500 Tb/s) realisiert. Multimode- und Multicore-Übertragung kombiniert erreichten sogar 10,6 Petabit/s (10.600 Tb/s).“*

Mit Blick auf die praktische Umsetzung betont Rademacher: „Wir werden sehen, was wie schnell realisierbar ist – aber durch den KI-Boom und die dafür benötigten Rechenzentren ist die Bereitstellung höchster Datenraten eines der Zukunftsthemen.“

Der Johann-Philipp-Reis-Preis wird gestiftet von den hessischen Gemeinden Gelnhausen und Friedrichsdorf, wo der Erfinder und Namensgeber Reis lebte, sowie der Deutschen Telekom AG und der Informationstechnischen Gesellschaft im VDE (VDE ITG).

Stand: 05.11.2025 (Pressemitteilung)

Journalistische Einordnung: Was SDM leistet

Stellen Sie sich eine vielspurige Autobahn vor, auf der statt Fahrzeugen Datenpakete unterwegs sind. Herkömmliche Glasfasern ähneln dabei einer Einspurstraße – egal wie schnell der Verkehr fließt, irgendwann staut es sich. Space-Division-Multiplexing verwandelt diese Einspurstraße in eine mehrspurige Datenautobahn, indem es den vorhandenen Platz innerhalb der Glasfaser intelligenter nutzt. Forschungsergebnisse der letzten Jahre belegen, dass dieser Ansatz die Übertragungskapazitäten um ein Vielfaches steigern kann.*

Technik kurz erklärt

Das Grundprinzip von Space-Division-Multiplexing lässt sich einfach verstehen: Statt wie bisher einen einzigen Datenstrom durch den Kern einer Glasfaser zu schicken, werden mehrere parallele Übertragungskanäle innerhalb derselben Faser genutzt. Dies erreicht man durch spezielle Fasertypen mit mehreren Kernen (Multicore-Fasern) oder durch Fasern, die mehrere unabhängige Lichtmoden übertragen können (Multimode-Fasern). "Es geht bei Space-Division-Multiplexing immer darum, in einer Glasfaser unterschiedliche Daten parallel zu übertragen und den vorhandenen Raum dafür bestmöglich zu nutzen – im Prinzip wie auf einer Autobahn mit mehreren Spuren", erklärt Prof. Dr.-Ing. Georg Rademacher, dessen Forschung mit dem Johann-Philipp-Reis-Preis 2025 ausgezeichnet wurde.

Was Labore gezeigt haben

Bereits im Juni 2017 demonstrierten Laborversuche, dass mit Space-Division-Multiplexing Übertragungsraten von über 1 Petabit/s pro Faser möglich sind.*

Forschungsarbeiten bestätigten, dass die Kombination von SDM mit Multicore- und Multimode-Fasern multiplikative Kapazitätsgewinne ermöglicht – beispielsweise eine 7-fache Steigerung bei Verwendung von 7-Kern-Fasern.* Diese Effizienzgewinne bedeuten nicht nur höhere Datenraten, sondern auch geringeren Energieverbrauch und Platzbedarf pro übertragenem Bit, was besonders für Rechenzentren und Backbone-Netze relevant ist.

Forschungsergebnisse & Feldtests

Die Entwicklung moderner Glasfasertechnologien lässt sich anhand konkreter Messwerte aus Labor- und Feldversuchen nachvollziehen. Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen theoretischen Spitzenwerten unter Laborbedingungen und bereits realisierten Übertragungsraten in praxisnahen Tests.

Labor vs. Feldtests

Bereits Stand: Juni 2017 belegten Laborversuche des japanischen NTT, dass > 1 Petabit/s pro Faser möglich sind*. Diese Grundlagenforschung demonstrierte das physikalische Potenzial, das in Glasfasern steckt.

Die International Telecommunication Union beschrieb Stand: 2023 den Multiplikationseffekt durch Space-Division-Multiplexing.

Technische Reife

Den aktuellen Stand der Technik zeigen Feldtests Stand: Dezember 2024.

Jahr Messwert Einheit Quelle/Stand
2017 > 1 Petabit/s pro Faser NTT, Juni 2017*
2023 ITU, 2023*
2024

Die Entwicklung von Laborrekorden hin zu stabilen Feldtests zeigt den Fortschritt der Glasfasertechnologie – von grundlegender Forschung bis hin zu praxistauglichen Lösungen für den wachsenden Datenverkehr.

Glasfaser-Revolution: Mehr Daten, weniger Energie

Die Entwicklung von SDM-Glasfasern verspricht nicht nur höhere Übertragungskapazitäten, sondern auch Vorteile für Infrastrukturbetreiber und die Umwelt. Diese Technologien reduzieren Platzbedarf und Kosten sowie den Energieverbrauch pro Bit.*

Rechenzentren und KI-Bedarf

Der Bedarf an Übertragungsraten in europäischen Rechenzentren wird bis 2030 das Dreifache des Standes von 2025 erreichen.* Diese Entwicklung treibt insbesondere der KI-Boom voran, der rechenintensive Workloads und damit höchste Datenraten zwischen Servern erfordert. Wie Dr.-Ing. Werner Mohr, einer der Preisgutachter des Johann-Philipp-Reis-Preises, betont: „Digitalisierung und Künstliche Intelligenz bergen für Gesellschaft und Volkswirtschaft ein hohes Potenzial zur Effizienzsteigerung. Um dieses Potenzial zu heben, brauchen wir extrem leistungsstarke Übertragungssysteme.“

Markt und Nachhaltigkeit

Trotz der vielversprechenden Eigenschaften bleibt die Marktdurchdringung von Multicore- und Hohlkernfasern in Europa gering – sie liegt weniger als bei 1 Prozent und beschränkt sich weitgehend auf Pilot- und Forschungsprojekte.* Hohlkernfasern bieten zwar Vorteile wie geringere Latenz und reduzierte Nichtlinearitäten, sind jedoch in Herstellung und Montage noch limitiert (Stand: 2024).

Direkte Auswirkungen der SDM-Technologie:

  • Unternehmen profitieren von kostengünstigeren Hochgeschwindigkeitsverbindungen für datenintensive Anwendungen
  • Rechenzentren können bei gleichem Platzbedarf deutlich höhere Übertragungskapazitäten realisieren
  • Netzbetreiber reduzieren ihren Energieverbrauch pro übertragenem Bit und senken Betriebskosten

Die Kombination aus wachsendem Datenhunger und Nachhaltigkeitsanforderungen macht SDM-Glasfasern zu einer Schlüsseltechnologie für die digitale Infrastruktur der kommenden Jahre.

Ausblick: Von Forschung zur Praxis

Die Rekord-Datenraten aus dem Labor beeindrucken, doch der Weg in die Breitenanwendung von SDM-Technologien steht am Anfang. Entscheidend wird sein, wie schnell sich die vielversprechenden Forschungsansätze in stabilen, wirtschaftlichen Netzinfrastrukturen wiederfinden. Vier Beobachtungspunkte geben Orientierung, worauf es in den kommenden Jahren ankommt.

Was jetzt entscheidend ist

Die Technologiereife im Labor muss sich in der Feldpraxis bewähren. Ein erster wichtiger Schritt gelang mit dem Feldtest von NTT im Dezember 2024*, der die grundsätzliche Funktion unter realen Bedingungen demonstrierte. Die eigentliche Hürde liegt nun in der Skalierung und der langfristigen Betriebsstabilität.

Kosten und Handhabbarkeit bleiben kritische Faktoren. Hohlkernfasern, die nahezu Lichtgeschwindigkeit ermöglichen, stellen besondere Anforderungen an Verlegung und Montage. Parallel dazu verspricht die Technologie signifikante Energieeffizienzvorteile, die im Betrieb die Gesamtkosten senken könnten.

Beobachtungspunkte

Die Marktakzeptanz entwickelt sich langsamer als die technischen Möglichkeiten. Während die Forschung mit Petabit-Raten neue Dimensionen erschließt, zeigt die Praxis noch eine geringe Marktdurchdringung. Politische Förderung und industrielle Standardisierungsbemühungen werden hier richtungsweisend sein.

Gleichzeitig wächst der Druck durch die Nachfrageseite. Prognosen des Digitalverbands Bitkom für den Zeitraum 2025–2030 deuten auf ein starkes Wachstum im Rechenzentrumsbereich hin – getrieben durch KI-Anwendungen und die digitale Transformation. Dieser Bedarf könnte den wirtschaftlichen Anreiz für den Einsatz höchstleistungsfähiger Übertragungstechnologien deutlich erhöhen.

Die Verleihung des Johann-Philipp-Reis-Preises 2025 an Prof. Rademacher unterstreicht die wachsende Praxisrelevanz dieser Forschung. Sie markiert einen Punkt, an dem Grundlagenforschung zunehmend in anwendungsorientierte Entwicklungen übergeht.

Dieser Beitrag stützt sich auf eine Pressemitteilung des VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.

Weiterführende Quellen:

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