– Öko-Institut, FÖS und ISOE präsentieren Eckpunkte sozial gerechter Umweltpolitik.
– Faire Verteilung von Kosten/Einnahmen der Umweltpolitik für benachteiligte Gruppen.
– Entlastung durch Energieeffizienzförderung, einkommensstützende Maßnahmen und preisdämpfende Instrumente.
Soziale Umwelt- und Klimapolitik: Wege zu fairer Verteilung und breiter Teilhabe
Umwelt- und Klimaschutz beeinflussen längst nicht nur die ökologische Entwicklung, sondern berühren auch soziale und wirtschaftliche Lebensbereiche. Die neue Studie des Öko-Instituts, gemeinsam mit dem Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) und dem Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) im Auftrag des Umweltbundesamtes erarbeitet, zeigt auf, wie sich Umweltpolitik sozial gerecht gestalten lässt. Dabei geht es vor allem darum, Belastungen und Chancen gezielt so zu verteilen, dass gesellschaftlich benachteiligte Gruppen unterstützt werden und alle Menschen am Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit teilhaben können.
Umweltpolitik kann den Zugang zu öffentlichen Infrastrukturen verbessern, Gesundheit und Lebensqualität steigern und den Energieverbrauch sowie die Energiekosten senken. Die Studie macht deutlich, dass Maßnahmen wie die Förderung von Energiesparprogrammen, der Ausbau von öffentlichen Nahverkehrsnetzen sowie die Verbesserung von Grünflächen in Städten nicht nur ökologische Vorteile bringen, sondern auch sozial wirksam sein können. Gleichzeitig respektieren die Autoren, dass viele Umweltmaßnahmen, etwa die CO2-Bepreisung fossiler Brennstoffe, kurzfristig Kosten verursachen, die besonders einkommensschwache Haushalte belasten.
Vor diesem Hintergrund betont Dirk Arne Heyen, Politikwissenschaftler und Hauptautor der Studie, klar: „Doch soziale Umweltpolitik verteilt die Kosten und finanzielle Mittel zur Unterstützung möglichst gerecht und berücksichtigt dabei die unterschiedliche Belastbarkeit und Anpassungsmöglichkeit der Menschen.“ Der Fokus auf diese Gerechtigkeit sei nicht nur sozialpolitisch nötig, sondern könne auch „die Unterstützung für klima- und umweltpolitische Maßnahmen erhöhen.“
Für eine erfolgreiche soziale Umweltpolitik ist laut Dr. Katja Schumacher, stellvertretende Leiterin des Bereichs Energie & Klimaschutz am Öko-Institut, entscheidend, dass Umweltschutzmaßnahmen sozial eingebettet sind. „Entscheidend für die Gesamtbewertung von Umweltschutzmaßnahmen ist deshalb ihre soziale Ausgestaltung und Einbettung in einen Instrumentenmix,“ erläutert sie und ergänzt, „dies ermöglicht auch Menschen mit wenig Einkommen und Vermögen, von den Vorteilen des Klimaschutzes zu profitieren.“
Die Studie beschreibt drei zentrale Ansätze, um die finanzielle Belastung durch Umweltpolitik auszugleichen: Zunächst sind Maßnahmen, die den Energieverbrauch oder CO2-Ausstoß unmittelbar reduzieren, besonders wirksam. Zum Beispiel ermöglichen Förderungen für Energieeffizienz Einsparungen an Energie und Kosten zugleich. Sie können gezielt jene Haushalte erreichen, für die Investitionen in solche Maßnahmen besonders herausfordernd sind. Als zweiter Weg helfen einkommensstützende Maßnahmen, etwa die Erhöhung von Transferleistungen wie dem Bürgergeld, um kurzfristige Mehrkosten wie bei Lebensmittelpreisen abzufedern. Drittens werden preisdämpfende Maßnahmen diskutiert, die bei Energie-, Material- oder Wasserpreisen greifen. Obwohl sie kurzfristig Entlastung schaffen können, bergen diese einen Nachteil: Preisdämpfende Maßnahmen sind tendenziell teurer und ineffizienter als die fokussierte Entlastung vulnerabler Gruppen und haben häufig Schwierigkeiten, zielgenau zu wirken. Zudem besteht bei der Absenkung von Preisen für umweltschädliche Produkte die Gefahr, dass ökologische Ziele konterkariert werden.
Die vorliegende Forschung ist Teil eines umfassenden Projekts zum Thema „Soziale Aspekte von Umweltpolitik“. Weitere Informationen sind in der Studie „Eckpunkte einer sozialen Umwelt- und Klimapolitik“ erhältlich:
https://www.oeko.de/publikation/eckpunkte-einer-sozialen-umwelt-und-klimapolitik/
Zur besseren Einordnung stellt das Öko-Institut zudem einen „wissenschaftlichen Beipackzettel“ bereit, der Hintergründe und Methodik vertieft:
https://www.oeko.de/fileadmin/oekodoc/PM_Eckpunkte-soziale-Umweltpolitik_Beipackzettel.pdf
Übersichten und weiterführende Veröffentlichungen des UBA-Projekts „Soziale Aspekte von Umweltpolitik“ sind hier abrufbar:
https://www.oeko.de/projekte/detail/soziale-aspekte-von-umweltpolitik-teilvorhaben-1-analyse-und-umweltpolitische-implikationen
Darüber hinaus bietet die Website wohnen.oeko.info wertvolle Daten und Materialien zum sozialen, klimafreundlichen und flächeneffizienten Wohnen:
https://wohnen.oeko.info/
Damit liefert die Studie des Öko-Instituts wichtige Orientierungspunkte für eine im besten Sinne gerechte Umweltpolitik, die ökologische Ziele mit sozialen Belangen verbindet und dazu beiträgt, die Akzeptanz und Nachhaltigkeit klimapolitischer Maßnahmen zu stärken.
Warum soziale Klimapolitik für uns alle wichtig ist
Eine soziale Klimapolitik setzt darauf, ökologische Ziele mit sozialer Gerechtigkeit zu verbinden. Das ist nicht nur eine ethische Frage, sondern hat auch praktische Auswirkungen auf die Akzeptanz und Effektivität von Umweltmaßnahmen. In Deutschland stehen Politik und Gesellschaft vor der Herausforderung, Klimaschutz so zu gestalten, dass die Kosten und Vorteile gerecht verteilt werden. Denn wer hohe Belastungen durch steigende Energiepreise oder eingeschränkte Mobilität allein tragen muss, wird politisches Engagement eher ablehnen – was den Fortschritt im Klimaschutz insgesamt ausbremst.
Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit im Alltag hängen eng zusammen. Zum Beispiel profitieren Maßnahmen wie die Förderung von Energiesparmaßnahmen besonders diejenigen, die sonst Schwierigkeiten hätten, ihre Wohnungen zu dämmen oder auf energieeffizientere Geräte umzusteigen. Zugleich lindern unterstützende Maßnahmen bei steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten kurzfristige Belastungen für einkommensschwache Haushalte. So kann eine sozial ausgewogene Politik die Spaltung in der Gesellschaft vermeiden und gleichzeitig den Beitrag aller Bürgerinnen und Bürger zum Klimaschutz sicherstellen.
Der deutsche Ansatz orientiert sich dabei nicht nur an nationalen Bedürfnissen, sondern steht auch im europäischen und internationalen Kontext. Länder mit vergleichbaren Herausforderungen zeigen verschiedene Strategien im Umgang mit sozialen Fragen der Klimapolitik. Etwa setzen einige skandinavische Staaten stärker auf umfassende Sozialleistungen, um Belastungen abzufedern, während andere Länder eine Mischung aus gezielten Förderprogrammen und preisdämpfenden Maßnahmen bevorzugen. Diese internationalen Erfahrungen geben wichtige Impulse, um die deutsche Klimapolitik sozial ausgewogener und effizienter zu gestalten.
Auf kommunaler und Landesebene werden immer mehr Maßnahmen entwickelt, die soziale und ökologische Ziele verbinden – etwa durch den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, die Schaffung grüner Freiräume oder die Förderung energiesparender Technologien in einkommensschwachen Stadtteilen. Auf EU-Ebene hingegen steht die Debatte oft auf breiterer Ebene: Die Verteilung der Kosten von Klimaschutz trifft auf komplexe Interessenlagen zwischen Mitgliedsstaaten mit unterschiedlichen sozialen und wirtschaftlichen Voraussetzungen. Dennoch ist klar, dass nur eine sozial gut eingebettete Klimapolitik breite Akzeptanz findet und somit langfristig wirksam sein kann.
Gerade in individuellen Lebensbereichen wie Wohnen, Mobilität und Ernährung lassen sich soziale und ökologische Vorteile miteinander verbinden. Eine sozial gerechte Klimapolitik hilft, Lebensqualität zu verbessern, Gesundheitsrisiken zu vermindern und die Teilhabe an nachhaltigen Lösungen zu erweitern. Damit wächst nicht nur die Unterstützung für Klimaschutzmaßnahmen, sondern auch der gesellschaftliche Zusammenhalt.
Die Verbindung von Umwelt- und Sozialpolitik ist kein Widerspruch, sondern eine notwendige Allianz. Wer die fairen Verteilungsfragen in den Mittelpunkt stellt, schafft zugleich bessere Voraussetzungen, um das gemeinsame Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. Damit gewinnt eine soziale Klimapolitik an Dynamik und sorgt für mehr Gerechtigkeit – eine zentrale Voraussetzung, dass wir alle von den positiven Veränderungen profitieren.
Die im Beitrag verwendeten Informationen und Zitate stammen aus einer Pressemitteilung des Öko-Instituts.