Bremen (VBR). Berlin – Seit Beginn der Corona-Pandemie fordern engagierte Stimmen vom Sozialverband Deutschland (SoVD) die Rückzahlungen jener Gelder, die damals aus dem Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zweckentfremdet wurden. Dieses Anliegen erhält nun neuen Rückenwind durch ein aktuelles Gutachten der DAK Gesundheit. Das Urteil im Gutachten könnte kaum deutlicher sein: Die Verwendung dieser Mittel stellt eine verfassungswidrige Zweckentfremdung dar.
Michaela Engelmeier, Vorstandsvorsitzende des SoVD, findet klare Worte: „Anstatt die Beiträge für die Pflegeversicherung zu erhöhen, müssen zweckentfremdete Beitragsmittel von den Pflegekassen zurückgezahlt werden. Der Ausgleichsfonds der Pflegekassen ist keine Selbstbedienungskasse des Bundes. Gesamtgesellschaftliche Aufgaben wie die Pandemiebewältigung müssen aus Steuermitteln finanziert werden. Sozialversicherungsbeiträge sind dafür nicht vorgesehen.“
Für viele Pflegebedürftige und deren Angehörige ist dies nicht nur eine formale oder finanzielle Frage – es betrifft ganz konkret die Leistungen, die zur Bewältigung ihres Alltags unersetzlich sind. Rund sechs Milliarden Euro fehlen aktuell in den Kassen der Pflegeversicherung, Gelder, die dringend benötigt werden.
Ein Blick auf die finanziellen Aussichten verstärkt die Dringlichkeit dieses Themas. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen gehen von einem Defizit von 1,5 Milliarden Euro für das Jahr 2024 aus. Für 2025 beläuft sich die Prognose gar auf 3,4 Milliarden Euro. Angesichts dieser prekären Lage plant Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bereits höhere Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung. Dies stößt beim SoVD und insbesondere bei Engelmeier auf scharfe Kritik: „Eine Beitragssatzerhöhung wäre ein Hohn, wenn sich der Bund zeitgleich seiner Finanzierungsverantwortung weiter entzieht, um seinen Haushalt zu schonen. Erst muss die vollständige Rückzahlung der pandemiebedingten Auslagen kommen, bevor an eine Beitragserhöhung überhaupt zu denken ist. Alles andere ist nicht akzeptabel.“
Die Haltung des SoVD verdeutlicht eine fundamentale Forderung nach Gerechtigkeit und finanzieller Ehrlichkeit. Im Kern geht es darum, dass die Last der Pandemiebewältigung fair verteilt wird und sozialversicherte Menschen nicht zusätzlich belastet werden, während eigentlich staatliche Mittel in Anspruch genommen werden sollten.
Diese Debatte hat weitreichende Implikationen für das Gesundheits- und Sozialsystem in Deutschland. Denn sie stellt die grundlegende Frage: Wer trägt die Kosten, wenn Krise auf Krise folgt? Der SoVD bleibt jedenfalls standhaft in seiner Position und fordert, dass die Politik ihrem eigenen Koalitionsvertrag gerecht wird und die versprochenen Rückzahlungen endlich leistet.
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SoVD fordert: Rückzahlung statt Beitragserhöhung
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Pflegeversicherung: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunftsperspektiven
Seit Jahrzehnten sind die Herausforderungen und Belastungen der sozialen Pflegeversicherung ein wiederkehrendes Thema in der deutschen Sozialpolitik. Insbesondere während der Corona-Pandemie wurde deutlich, dass wesentliche Änderungen erforderlich sind, um die finanzielle Tragfähigkeit sicherzustellen und gleichzeitig den steigenden Bedarf an Pflegeleistungen zu decken.
Historisch gesehen wurde die soziale Pflegeversicherung in Deutschland 1995 eingeführt, um das steigende Risiko der Pflegebedürftigkeit im Alter und bei chronischen Erkrankungen abzufedern. Finanziert durch einkommensabhängige Beiträge von Arbeitnehmern und -gebern, sollte sie langfristig nachhaltige Lösungen für pflegebedürftige Menschen bieten. Doch schon vor der Pandemie geriet das System zunehmend unter Druck durch demografische Veränderungen und steigende Kosten im Gesundheitswesen.
Die Pandemie hat diese bestehenden Probleme massiv verschärft. Die Umleitung von Mitteln aus dem Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung zur Pandemiebewältigung – von der SoVD als verfassungswidrig kritisiert – war ein Notbehelf, der jedoch nicht ohne Konsequenzen blieb. Die daraus resultierenden Engpässe haben die strukturellen Defizite im System offengelegt und eine dringende Diskussion über die langfristige Finanzierung entfacht.
Vergleichbare Ereignisse zeigen, dass Krisenzeiten oft nachhaltig auf Sozialsysteme wirken können. Beispielsweise führte die Finanzkrise 2008/2009 zu gezielten Reformen in verschiedenen europäischen Ländern, um Haushaltsdefizite zu reduzieren und Sozialsysteme zukunftssicher zu machen. Ähnliche Maßnahmen in Deutschland könnten ebenfalls notwendig werden, wenn der Staat seine Finanzierungsverantwortung stärker übernimmt, um unverhältnismäßige Beitragserhöhungen für Versicherte zu vermeiden.
Prognosen deuten darauf hin, dass der demografische Wandel in Deutschland – geprägt durch eine alternde Bevölkerung und niedrige Geburtenraten – weiterhin einen massiven Einfluss auf die Pflegeversicherung haben wird. Bis 2030 könnte die Zahl der Pflegebedürftigen auf bis zu fünf Millionen steigen, was zusätzlichen finanziellen Druck erzeugt. Ohne strukturelle Anpassungen droht ein kontinuierliches Defizit, das letztlich die Versorgungsqualität gefährdet.
Mögliche Entwicklungen umfassen nicht nur rein fiskalische Maßnahmen wie Rückzahlungen und Beitragserhöhungen, sondern auch strukturelle Reformen. Diese könnten die Einführung flexiblerer Betreuungskonzepte, höhere Investitionen in präventive Gesundheitspflege und mehr Unterstützung für pflegende Angehörige beinhalten. Ebenso könnte eine stärkere Verzahnung von Pflege- und Krankenversicherung helfen, Effizienzsteigerungen zu erzielen und Ressourcen besser zu nutzen.
Insgesamt bleibt die Zukunft der Pflegeversicherung ungewiss, doch klar ist, dass umfassende Anstrengungen erforderlich sind, um ihre Nachhaltigkeit und Leistungsfähigkeit zu gewährleisten. Politik und Gesellschaft stehen in den kommenden Jahren vor der Aufgabe, ein Gleichgewicht zwischen finanzieller Stabilität und hoher Versorgungsqualität zu finden. Der aktuelle Vorstoß des SoVD könnte dabei ein wichtiger Schritt in Richtung einer gerechteren und zukunftssicheren Pflegepolitik sein.
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