Umweltverbände fordern Stopp der Schlick-Verklappung am Wattenmeer: Hamburg ignoriert Vereinbarungen

Umweltverbände kritisieren die Verklappung schadstoffbelasteter Hafensedimente am Neuen Lüchtergrund im Weltnaturerbe Wattenmeer. Das Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe fordert einen sofortigen Stopp der Einleitungen und eine grundlegende Neuausrichtung des Sedimentmanagements. *„Den Preis dafür zahlt das Wattenmeer und das ist skandalös“*, erklären die Verbände. Hamburg missachte damit eine länderübergreifende Vereinbarung zum Schutz sensibler Küstenbereiche.
Modernes blau beleuchtetes News-Studio mit runden LED-Podesten und großem Bildschirm mit Schriftzug ‚Verbands‑Monitor eins zu eins‘.
Inhaltsübersicht

– Hamburg verklappt schadstoffbelasteten Hafenschlick am Weltnaturerbe Wattenmeer
– Kritik an Missachtung der Vereinbarung zur Vermeidung sensibler Ablagerungen
– Umweltverbände fordern sofortigen Stopp und nachhaltiges Sedimentmanagement

Schadstoffbelasteter Hafenschlick gefährdet Weltnaturerbe Wattenmeer

Stand: 20.10.2025 – Das Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe übt scharfe Kritik an der Hamburg Port Authority (HPA). Trotz vorhandener Alternativen verklappt die Hafenbehörde weiterhin schadstoffbelastetes Baggergut an der Verbringstelle Neuer Lüchtergrund. Diese liegt im Mündungsbereich der Elbe und damit direkt am ökologisch hochwertigen Weltnaturerbe Wattenmeer. Die Verklappung teils hochbelasteter Sedimente beeinträchtigt empfindliche und ökologisch sensible Schutzgebiete.

Existiert mit der Verbringstelle Tonne E3 vor Helgoland eine weniger problematische Alternative, die ausreichend Kapazitäten bietet und jährlich bis zu drei Millionen Tonnen Bagger-Schlick dort verklappt werden dürfen (Stand: 2023)*. Die HPA schöpft diese Möglichkeit nicht aus.

Mit dieser Praxis riskiert Hamburg die ökologische Qualität des Wattenmeers, das als Weltnaturerbe von besonderem Wert ist. „Den Preis dafür zahlt das Wattenmeer und das ist skandalös“, erklären die im Aktionsbündnis „Lebendige Tideelbe“ zusammengeschlossenen Umweltverbände BUND, NABU und WWF.

Die Umweltverbände sehen die Ursache der Sedimentproblematik in der Elbvertiefung: „Seit der letzten Vertiefung haben sich die aus dem Hafen gebaggerten Kubikmeter Sediment erhöht und damit auch die Schäden für die Umwelt. Die Stadt darf nicht die Hafeninteressen auch noch über den Schutz dieses einzigartigen Lebensraums Wattenmeer stellen, während auf internationalem Parkett der Schutz von Natur und Biodiversität beschworen wird.“

Elbvertiefung als Ursprung der Sedimentkrise

Die aktuelle Auseinandersetzung um die Verklappung schadstoffbelasteten Hafenschlicks am Weltnaturerbe Wattenmeer lässt sich nur verstehen, wenn man die historischen Weichenstellungen betrachtet. Bereits vor fast zwei Jahrzehnten zeichnete sich ab, welche ökologischen Folgen die Fahrrinnenanpassungen der Elbe haben würden.

Wie die Elbvertiefung das Sedimentproblem verstärkte

Wissenschaftliche Untersuchungen aus dem Jahr 2008 belegen einen direkten Zusammenhang zwischen der Elbvertiefung und den zunehmenden Sedimentproblemen. Durch die Vertiefung der Fahrrinne beschleunigt sich die Strömung, was mehr Sedimente aus dem Flussbett aufwirbelt und Richtung Mündung transportiert. Gleichzeitig verändern sich die Strömungsverhältnisse so, dass diese Partikel vermehrt in den sensiblen Wattenmeerbereichen abgelagert werden.

Die Umweltverbände im Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe stellen klar: „Die Ursache der Sedimentproblematik liegt in der Elbvertiefung. Seit der letzten Vertiefung haben sich die jährlich aus dem Hafen gebaggerten Kubikmeter Sediment drastisch erhöht und damit auch die Schäden für die Umwelt.“ Diese Entwicklung war bereits 2008 wissenschaftlich vorhergesagt – die damaligen Prognosen zur verstärkten Verschlickung haben sich in der Zwischenzeit bewahrheitet und bilden die Grundlage für die heutigen Konflikte um das Sedimentmanagement.*

Fakten zu Verbringstellen: Kapazitäten und Kontrollmessungen

Die Diskussion um die Verklappung von Hafenschlick konzentriert sich auf konkrete Zahlen zu Kapazitäten und Umweltauswirkungen. Die Verbringstelle Tonne E3, die 15 Kilometer vor Helgoland liegt, verfügt über eine genehmigte Jahreskapazität von drei Millionen Tonnen Bagger-Schlick (Stand: 2023)*. Diese Menge darf dort jährlich verklappt werden, wobei Kontrollmessungen durchgeführt werden müssen.

Tonne E3: Kapazität, Lage und Prüfstand

Die Positionierung der Verbringstelle weit vor der Küste soll sensible Küstenökosysteme schützen. Die aktuellen Kontrollergebnisse zeigen, dass gemessene Schadstoffwerte in der Regel unter den festgelegten Grenzwerten liegen. Allerdings bestehen wissenschaftliche Unsicherheiten über mögliche langfristige ökologische Auswirkungen der Sedimentablagerungen.

Jahr Aussage Quelle/Stand
2023 "3 Millionen Tonnen Jahreskapazität Tonne E3" Schutzstation Wattenmeer (Stand: 2023)*
2023 "Kontrollen zeigen Schadstoffwerte unter Grenzwerten" Schutzstation Wattenmeer (Stand: 2023)*

Die Überwachungsdaten bilden die Grundlage für die fortlaufende Bewertung der Umweltverträglichkeit. Während die Einhaltung der Grenzwerte dokumentiert ist, fordert die Schutzstation Wattenmeer eine kritische Überprüfung der Verklappungspraxis angesichts der offenen Fragen zu kumulativen Effekten.

Baggergut-Verklappung: Gefahr für das Wattenmeer

Die Verklappung von Hafenschlick in der Elbmündung und der Deutschen Bucht hinterlässt tiefe Spuren in den sensiblen Ökosystemen des Wattenmeers. Forschungen belegen konkrete ökologische Schäden, die das Weltnaturerbe langfristig gefährden. Die Verbringung von Baggergut verursacht langfristige Schadstoffanreicherungen und eine Verschlechterung der Sedimentqualität mit negativen Effekten auf Bodenorganismen des Watts (Stand: 2018)*. Diese Bodentiere bilden die Nahrungsgrundlage für zahlreiche Vogelarten – ihre Beeinträchtigung wirkt sich daher direkt auf die gesamte Nahrungskette aus.

Aktuelle Bewertungen zeigen zudem, dass geplante Unterwasserablagerungsstätten wie die Medemrinne weitere Risiken bergen. Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis: Die geplante Unterwasserablagerungsstätte Medemrinne im Bereich des südlichen Nationalparkgrenzgebietes kann Tidenströmungen verändern und wird als langfristige Gefahr für Nahrungsräume von Brut- und Zugvögeln bewertet (Stand: 2024)*. Veränderte Strömungsverhältnisse beeinflussen nicht nur die Sedimentverteilung, sondern könnten auch die charakteristischen Wattflächen umformen, auf die Millionen Zugvögel während ihrer Rast angewiesen sind.

Umweltexperten weisen darauf hin, dass besonders der Neue Lüchtergrund als ökologisch problematisch gilt. Diese Verbringstelle liegt direkt im Mündungsbereich der Elbe. Während Alternativen wie die Verbringstelle vor Helgoland existieren, werden diese Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Die fortgesetzte Verklappung in sensiblen Bereichen widerspricht damit auch der gemeinsamen Vereinbarung der Küstenländer aus dem Dezember 2022, die Ablagerungen in der Nähe des Weltnaturerbes explizit vermeiden wollte.

Politische Weichenstellungen im Sedimentmanagement

Die Debatte um die Verklappung von Hafenschlick hat politische Verhandlungen zwischen Küstenländern und Umweltverbänden intensiviert. Eine Einigung der Bundes- und Küstenländer stoppte vorerst die Verklappung vor der Vogelschutzinsel Scharhörn (Stand: Dezember 2023)*. Diese Entscheidung markiert einen wichtigen Schritt im Ringen um einen ökologisch verträglicheren Umgang mit den Sedimentmengen.

Aktuell prüft Hamburg alternative Verbringungsstellen, während Niedersachsen und Schleswig-Holstein ein nachhaltiges Sedimentmanagement fordern. Die politischen Auseinandersetzungen konzentrieren sich auf die Abwägung zwischen Hafenwirtschaft und Naturschutzbelangen. Umweltverbände kritisieren, dass weiterhin Baggergut in ökologisch sensiblen Bereichen verklappt wird.*

Die nächsten politischen Entscheidungen betreffen die Auswahl von Verbringungsstellen und die Entwicklung langfristiger Strategien für das Sedimentmanagement. Behördenprüfungen und länderübergreifende Verhandlungen werden zeigen, ob sich nachhaltige Lösungen durchsetzen können, die sowohl den Hafenbetrieb sichern als auch das Weltnaturerbe Wattenmeer schützen.

Diese Veröffentlichung basiert auf einer Pressemitteilung des Aktionsbündnisses Lebendige Tideelbe, das sich aus den Umweltverbänden BUND, NABU und WWF zusammensetzt.

Weiterführende Quellen:

3 Antworten

  1. Ich habe von den ganzen Problemen gehört und finde es erschreckend. Warum müssen wir immer wieder in die Umwelt eingreifen? Ist der Hafenbetrieb wirklich so wichtig, dass wir unser Weltnaturerbe aufs Spiel setzen? Es wäre schön zu hören, was andere darüber denken.

  2. Ich finde es echt schlimm, wie der Hafenschlick so einfach ins Wattenmeer gekippt wird. Das kann doch nicht sein! Wer denkt da an die Tiere und Pflanzen? Gibt es denn wirklich keine besseren Lösungen? Ich hoffe, dass da bald was passiert.

    1. Ja, das ist echt skandalös! Man sollte wirklich mal die Alternativen nutzen, wie Tonne E3. Was denkt ihr, warum die HPA das nicht macht? Ich verstehe das einfach nicht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Über den Autor

Die Redaktion von Verbandsbüro besteht aus vielen unterschiedlichen Experten aus der Verbands- und Vereinswelt. Alle Beiträge beruhen auf eigene Erfahrungen. Damit wollen wir Ihnen unsere professionellen Leistungen für Ihre Organisation präsentieren. Wollen Sie mehr zu diesem Thema erfahren? Nehmen Sie doch einfach mit uns Kontakt auf.​

Teilen

Wenn dir dieser Beitrag gefallen hat, teile ihn gerne weiter.