– Bayerischer Bauernverband kritisiert geplante Neuausweisung der roten und gelben Gebiete.
– Über 400.000 Hektar landwirtschaftliche Fläche sind von Gebietsverschiebungen betroffen.
– BBV fordert Überarbeitung der Bundesvorgaben für faire und praxisnahe Regelungen.
BBV-Präsident fordert Überarbeitung der Bundesvorgaben
Der Bayerische Bauernverband übt scharfe Kritik an den Entwurfskarten zur Neuausweisung der roten und gelben Gebiete in Bayern. Die veröffentlichten Karten offenbaren massive Verschiebungen der Gebietskulissen und zeigen nach Ansicht des Verbands die Untauglichkeit der aktuellen Ausweisungsvorgaben des Bundes auf.
„Die Karten zeigen überdeutlich, dass die Ausweisungsvorgaben der zuständigen Bundesministerien absolut untauglich sind und jegliche Nachvollziehbarkeit vermissen lassen“
Die Zahlen belegen das Ausmaß der Veränderungen: Rund 235.000 Hektar würden neu als rote Gebiete eingestuft, während etwa 200.000 Hektar künftig herausfallen würden. Insgesamt wären 435.000 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche von diesen Verschiebungen betroffen*. Trotz des Ausbaus des Messnetzes in Bayern mit mittlerweile rund 1.600 Messstellen sieht der BBV keine praxisgerechte Kulissenabgrenzung gewährleistet*.
„Die Bundesregierung muss sofort mit der EU-Kommission in den Dialog für eine praxisorientierte Weiterentwicklung der EU-Nitratrichtlinie einsteigen und zugleich das nationale Düngerecht vom Kopf auf die Füße stellen“
Ein besonderer Fokus liegt auf der anstehenden Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichts am 23. Oktober 2025, in der mehrere Klagen von Landwirten gegen die bisherigen Gebietsausweisungen verhandelt werden.
„Es gilt, die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts abzuwarten, bevor neue, weitreichende Festlegungen für die Landwirtschaft getroffen werden“
Der Verband fordert Bundesminister Alois Rainer zum sofortigen Handeln auf und pocht auf die Einführung einzelbetrieblicher Befreiungen.
„Das Düngemonitoring ermöglicht faire, betriebsspezifische Bewertungen. Das ist insbesondere entscheidend für Betriebe, die nachweislich keinen Beitrag zu hohen Nitratwerten leisten“
Besondere Kritik richtet sich gegen die Bundesvorgaben nach AVV GeA, die ausschließlich die höchsten Nitratwerte betrachten und positive Entwicklungen ignorieren. Nach §5 Absatz 3 AVV GeA verlieren selbst Messstellen mit guten Nitratwerten ihre Relevanz, wenn im selben Einzugsgebiet eine einzige Messstelle zu hohe Werte aufweist.
„Damit wird die Arbeit engagierter Landwirte und erfolgreicher Gewässerschutzkooperationen entwertet – das ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die sich seit Jahren für sauberes Wasser in Bayern einsetzen“
Rechtliche Grundlagen der Gebietsausweisung
Die aktuelle Diskussion um rote und gelbe Gebiete in Bayern lässt sich nur im Kontext des mehrstufigen rechtlichen Rahmens verstehen. Auf europäischer Ebene bildet die Nitratrichtlinie den Ausgangspunkt, während die Umsetzung durch Bundesrecht und landesspezifische Regelungen erfolgt. Entscheidende Weichenstellungen gab es dabei in den vergangenen Jahren.
Wie 2022 die Neuausrichtung entstand
Bis 2022 hatten die Bundesländer bei der Ausweisung nitratbelasteter Gebiete gewisse Spielräume. Die EU-Kommission akzeptierte jedoch nicht die bislang angewendete, auf Emissionen basierende Binnendifferenzierung, was 2022 zur bundesweit einheitlichen Ausweisung nach Nitrat-Messwerten führte*.
Diese europäische Vorgabe mündete in die Neufassung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten (AVV GeA). Sie trat am 16. August 2022 im Bundesanzeiger in Kraft und verpflichtete die Länder, ihre Gebietskulissen bis zum 30. November 2022 auf Basis von Messstellenergebnissen neu abzugrenzen*.
| Jahr | Maßnahme / Kurzbeschreibung | Quelle / Stand |
|---|---|---|
| 2022 | EU-Kommission lehnt emissionsbasierte Differenzierung ab; verlangt einheitliche Ausweisung nach Messwerten | praxis-agrar.de; Stand: 2022 |
| 16.08.2022 | Neufassung der AVV GeA tritt im Bundesanzeiger in Kraft | Bundesanzeiger; Stand: 16.08.2022 |
| 30.11.2022 | Frist für die Länder, Gebiete nach Messwerten neu auszuweisen | Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft; Stand: 30.11.2022 |
Wichtige Gerichtsurteile
Die rechtliche Entwicklung ist durch wesentliche gerichtliche Entscheidungen geprägt. Ein zentrales Urteil fällte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) München am 22. Februar 2024. Das Gericht stellte klar, dass die Gebietsausweisung sich am tatsächlichen Zustand der Gewässer orientieren und am Monitoring der stofflichen Belastung gebunden sein muss* Diese richterliche Vorgabe unterstreicht den Vorrang von konkreten Messdaten und gewässerspezifischen Betrachtungen.
Die fortdauernde rechtliche Auseinandersetzung zeigt sich auch in einer für den 23. Oktober 2025 angesetzten Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichts. Dort werden mehrere Klagen von Landwirten gegen die bisherigen Gebietsausweisungen verhandelt. Der Bayerische Bauernverband fordert, diese Entscheidungen abzuwarten, bevor neue, weitreichende Festlegungen für die Landwirtschaft getroffen werden.
Messnetz, Monitoring und Flächendaten
Die Diskussion um nitratbelastete Gebiete in Deutschland stützt sich auf konkrete Zahlen zum Messnetz und zur Flächenkulisse. Aktuelle Daten zeigen den Umfang der betroffenen landwirtschaftlichen Flächen und dokumentieren die technische Entwicklung der Überwachungssysteme.
Ausweitung des Messnetzes in Bayern
In Bayern hat sich das Nitrat-Messnetz in den letzten Jahren deutlich verdichtet. Während 2022 noch etwa 650 Messstellen existierten, wurde das Netz bis 2025 auf rund 1.650 Messstellen ausgebaut*. Die Pressemitteilung des Bayerischen Bauernverbandes erwähnt eine ähnliche Größenordnung der Messstellen und unterstreicht damit die Dynamik des Ausbaus*.
Umfang nitratbelasteter Flächen in Deutschland
Bundesweit liegen landwirtschaftliche Nutzflächen in nitratbelasteten Gebieten (Stand: 2023)*. Die bisher im Text genannten Zahlen dazu wurden entfernt, da sie nicht verifizierbar sind.
Ebenso wurden Angaben zu speziellen Regelungen für extensiv wirtschaftende Betriebe nach §13a Düngeverordnung entfernt, da keine belastbaren Quellen vorliegen.
Auswirkungen und Perspektiven
Die geplante Neuausweisung der roten und gelben Gebiete wirft grundsätzliche Fragen für verschiedene gesellschaftliche Bereiche auf. Während die Umweltpolitik auf verbesserten Gewässerschutz abzielt, stehen landwirtschaftliche Betriebe vor erheblichen planerischen Herausforderungen. Die unterschiedlichen Interessenlagen führen zu kontroversen Diskussionen über die künftige Ausgestaltung der Gebietskulissen.
Für viele landwirtschaftliche Betriebe bedeutet die mögliche Neuklassifizierung ihrer Flächen erhebliche betriebswirtschaftliche Konsequenzen. Betriebe, die in rote Gebiete eingestuft werden, müssen ihre Düngestrategien grundlegend anpassen – mit direkten Auswirkungen auf die Erträge und die Wirtschaftlichkeit ihrer Betriebe. Besonders betroffen sind Familienbetriebe, deren Existenzgrundlage von der Bewirtschaftung ihrer Flächen abhängt. Die ländlichen Regionen Bayerns könnten durch Betriebsaufgaben oder Produktionsverlagerungen zusätzlichen wirtschaftlichen Druck erfahren.
Aus Naturschutzsicht argumentieren Umweltverbände für strenge Ausweisungskriterien. Kritiker der aktuellen Praxis bemängeln jedoch, dass positive Entwicklungen und langjährige Gewässerschutzkooperationen nicht ausreichend berücksichtigt würden.
Die rechtliche Unsicherheit bleibt bis zur Klärung durch die Gerichte bestehen. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. Februar 2024 (Quelle: Bayerischer VGH; Stand: 22. Februar 2024) hatte bereits grundsätzliche Fragen zur Ausweisungspraxis aufgeworfen.
Die unterschiedlichen Perspektiven lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Bäuerliche Betriebe: Fürchten wirtschaftliche Einbußen durch verschärfte Düngeauflagen und kritisieren mangelnde Berücksichtigung betriebsspezifischer Gegebenheiten
- Naturschutz: Betont die Notwendigkeit strenger Schutzgebiete zur Sicherung der Trinkwasserqualität und zur Erreichung der Umweltziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie
- Verwaltung: Steht vor der Herausforderung, EU-Vorgaben umzusetzen und gleichzeitig praxistaugliche Lösungen für die Landwirtschaft zu finden
Die anstehenden Entscheidungen werden nicht nur die künftige Ausgestaltung der Gebietskulissen bestimmen, sondern auch den Weg für das Verhältnis von Landwirtschaft und Umweltschutz in den kommenden Jahren vorgeben.
Die folgenden Informationen und Zitate stammen aus einer Pressemitteilung des Bayerischen Bauernverbands.
Weiterführende Quellen:
- „Die EU-Kommission akzeptierte die bislang in Deutschland angewendete, auf Emissionen basierende Binnendifferenzierung bei der Gebietsausweisung zur Nitratrichtlinie nicht, was 2022 zur bundesweit einheitlichen Ausweisung nach Nitrat-Messwerten führte.“ – Quelle: https://www.praxis-agrar.de/pflanzenbau/ackerbau/duengung/duengung-in-nitratbelasteten-gebieten
- „Mit der Neufassung der AVV GeA (Bundesanzeiger 16.08.2022) wurde die Ausweisung der Gebiete vereinheitlicht; die Länder mussten bis 30.11.2022 nitratbelastete Gebiete nach Messstellenergebnissen neu ausweisen.“ – Quelle: https://www.lfl.bayern.de/rote-gebiete/
- „In ganz Deutschland liegen rund 3 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche in nitratbelasteten Gebieten, Stand 2023.“ – Quelle: https://www.praxis-agrar.de/pflanzenbau/ackerbau/duengung/duengung-in-nitratbelasteten-gebieten
- „Bayern hat zur Ausweisung 2025 das Nitrat-Messnetz auf rund 1.650 Messstellen ausgeweitet (2022: ca. 650), um eine feinere Abgrenzung und neue Betroffenheiten zu ermöglichen; die aktualisierte Gebietskulisse tritt Ende 2025 in Kraft.“ – Quelle: https://moderner-landwirt.de/rote-gelbe-gebiete-ab-2026-in-bayern-was-jetzt-wichtig-ist
- „Extensiv wirtschaftende Betriebe mit weniger als 160 kg Gesamtstickstoff pro Hektar und unter 80 kg Mineraldünger können gemäß §13a DüV von bestimmten Düngemaßnahmen befreit werden, Stand 2023.“ – Quelle: https://www.praxis-agrar.de/pflanzenbau/ackerbau/duengung/duengung-in-nitratbelasteten-gebieten
- „Das Urteil des VGH München vom 22.02.2024 stellt fest, dass die Gebietsausweisung sich am tatsächlichen Zustand der Gewässer orientieren muss und an das Monitoring der stofflichen Belastung gebunden ist.“ – Quelle: https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2024-N-15393
8 Antworten
Die Diskussion um nitratbelastete Gebiete ist komplex und erfordert sorgfältige Überlegungen. Wie können wir sicherstellen, dass alle Stimmen gehört werden? Die Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten wäre ein guter Schritt.
„Das Düngemonitoring klingt nach einem vielversprechenden Ansatz für individuelle Bewertungen! Es wäre gut zu wissen, wie genau das in der Praxis umgesetzt wird und ob das wirklich fair sein kann.“
„Ich finde es wichtig, dass wir auch langfristige Lösungen für die Landwirtschaft entwickeln! Wie können wir das Düngemanagement nachhaltiger gestalten?“
Die Forderungen des BBV nach einer Überarbeitung der Vorgaben sind nachvollziehbar. Ich frage mich jedoch, ob eine Einigung mit der EU wirklich möglich ist. Was denkt ihr darüber?
Ich finde es wichtig, dass wir über die Auswirkungen der neuen Vorschriften diskutieren. Was denkt ihr über den Einfluss auf kleine Familienbetriebe? Werden sie am meisten leiden? Ich hoffe auf konstruktive Lösungen.
Es ist bedauerlich zu sehen, wie viele Flächen betroffen sind. Ich glaube, dass eine faire Regelung notwendig ist, um sowohl Umweltschutz als auch wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten.
Ich stimme Margareta zu. Wir müssen auch die positiven Entwicklungen im Gewässerschutz anerkennen. Gibt es Möglichkeiten, diese in die neuen Richtlinien einzubeziehen?
Die Kritik des BBV an den neuen Ausweisungskarten ist verständlich. Es stellt sich die Frage, wie die Bundesregierung sicherstellen kann, dass die Interessen der Landwirte angemessen berücksichtigt werden. Was sind eure Gedanken dazu?