Der Deutsche Caritasverband spricht sich für eine Reform der Ersatzfreiheitsstrafe aus. Laut geltendem deutschem Recht können Menschen, die eine Geldstrafe beispielsweise wegen Schwarzfahrens nicht zahlen können, im Gefängnis landen. Besonders betroffen sind Menschen mit niedrigem Einkommen, da Geldstrafen für sie oft zu hoch bemessen sind. Jede_r Siebte, der wegen Schwarzfahrens verurteilt wird und die Geldstrafe nicht zahlen kann, landet zur Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe in Haft. Für die, die ohnehin schon mit erheblichen Lebensrisiken zu kämpfen haben, kann das Bagatelldelikt damit zu einer biographischen Zäsur werden, Abwärtsspirale inbegriffen.
“Wir wissen, dass Geldstrafen für Menschen im Sozialleistungsbezug viel zu hoch bemessen sind. Menschen, die jeden Cent dreimal umdrehen müssen und beim Schwarzfahren erwischt werden, können die Geldstrafe realistisch kaum durch Konsumverzicht aufbringen. Armut wirkt sich bei ihnen damit strafschärfend aus”, unterstreicht Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa. “Für diejenigen, denen wegen Bagatelldelikten eine Ersatzfreiheitsstrafe droht, müssen im deutschen Rechtssystem andere Lösungen gefunden werden – ein Blick in die Nachbarländer kann dabei helfen.”
Eine Ersatzfreiheitsstrafe im Gefängnis verbüßen Menschen mit erheblichen sozialen, finanziellen und gesundheitlichen Belastungen. Ihre Situation ist oft vorher schon desolat. “Menschen im Sozialleistungsbezug können nur Geldstrafen tilgen, wenn der Tagessatz nicht höher als 1-3 EUR liegt. Durch die Ersatzfreiheitsstrafe wird die sowieso schon prekäre Situation nicht selten verschlechtert – es droht der Verlust von Arbeit, Wohnung und sozialen Beziehungen”, betont Welskop-Deffaa.
Die bisher im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Überarbeitung des Sanktionsrechts vorgesehenen Änderungen reichen aus Sicht des Deutschen Caritasverbandes und seiner Katholischen Bundes-Arbeitsgemeinschaft Straffälligenhilfe (KAGS) nicht aus. “Es muss aufhören, dass Menschen wegen Bagatelldelikten aus prekären Lebenssituation heraus in Haft kommen. Dies verursacht neben dem Elend und Leid bei den Betroffenen unnötig hohe Vollstreckungskosten für Ersatzfreiheitsstrafen und Überlastung des Justizvollzugs”, sagt Wolfgang Krell, Vorsitzender der KAGS.
Das Strafgesetzbuch schreibt vor, dass eine Freiheitsstrafe nur verhängt werden soll, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen. Entsprechend ist der Vollzug auf die Vollstreckung von den wenigen Monaten dauernden Ersatzfreiheitsstrafen gar nicht eingerichtet. Es entsteht ein großes persönliches Elend, das obendrein auch im Justizvollzug angesichts von ca. 56.000 Menschen, die inhaftiert werden, hohe Kosten verursacht.
Das Ziel des Referentenentwurfs ist, das bestehende Sanktionenrecht im Strafgesetzbuch und in der Strafprozessordnung an aktuelle Entwicklungen unserer Gesellschaft anzupassen, wobei ein besonderes Augenmerk auf der Resozialisierung, der Prävention und dem Schutz vor Diskriminierung liegen soll. Außerdem wird der Umrechnungsmaßstab von Geldstrafe in Ersatzfreiheitsstrafe angepasst, mit einem Tag in Haft sollen künftig zwei Tagessätze der Geldstrafe getilgt werden können.
Quelle: Deutsche Caritasverband