Bremen (VBR).
Gesundheits- und Umweltverbände fordern Einzelhändler zu entschlossenem Handeln auf
Am 2. September 2024 haben die Gesundheitsorganisationen Physicians Association for Nutrition (PAN), Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) sowie der Verband der Diätassistenten (VDD) in einem offenen Brief die großen deutschen Einzelhandelsketten aufgefordert, ihre Kunden verstärkt bei der Umstellung auf eine pflanzenbasierte Ernährung zu unterstützen. Die Ernährungsorganisation ProVeg Deutschland unterstützt diese Forderung und appelliert an noch konkretere Maßnahmen.
In ihrem Schreiben betonen die Verbände, dass eine pflanzliche Ernährung nicht nur der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes dienlich sei, sondern dank niedrigerer Treibhausgasemissionen und eines geringeren Flächenbedarfs auch den Umwelt- und Klimaschutz fördere. Zudem weisen sie darauf hin, dass die Klimakrise bereits jetzt gravierende Auswirkungen auf die Gesundheit habe und damit das gesamte Gesundheitssystem belastet würde. Um eine gesellschaftliche Veränderung in der Ernährung herbeizuführen, seien veränderte Ernährungsumgebungen erforderlich, in denen Supermärkte eine wesentliche Rolle spielen könnten.
ProVeg-Marktexperte Dirk Liebenberg schließt sich dieser Ansicht an: „Wir sprechen immer noch viel zu oft von der Verantwortung des Einzelnen. Dabei gerät leicht aus dem Blick, wie entscheidend Ernährungsumgebungen wie der Einzelhandel und die Gemeinschaftsverpflegung sind.“ Er lobt die Warnung der Gesundheitsverbände vor den gesundheitsgefährdenden Folgen der Klimakrise und fordert Einzelhandel und Politik zum Handeln auf.
Die Verbände schlagen drei konkrete Maßnahmen vor:
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Preisreduktionen auf pflanzliche Nahrungsmittel: Preisreduktionen fördern nachweislich den Kauf pflanzlicher Produkte. So konnten Lidl und Billa durch Preisanpassungen erhebliche Absatzsteigerungen erzielen. ProVeg stellt fest, dass der Preisunterschied zwischen pflanzlichen und tierischen Produkten gesunken ist und fordert die Politik auf, die Mehrwertsteuer auf pflanzliche Nahrungsmittel auf null Prozent zu senken, um so die Branche weiter zu stärken und Gesundheitskosten zu reduzieren.
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Einführung eines „Protein Split Targets“: Ein solches Ziel, das das Verhältnis von pflanzlichen zu tierischen Proteinen im Verkaufsvolumen misst, wird aktuell heiß diskutiert. Liebenberg betont die Notwendigkeit einer einheitlichen Messmethode, um Vergleichbarkeit zu gewährleisten. ProVeg hat hierzu bereits ein Positionspapier veröffentlicht und fordert weitere Unterstützung durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.
- Umsetzung der Empfehlungen der „Superlist Environment“: Dieses Projekt liefert wichtige Nachhaltigkeitsbenchmarks für den Lebensmittelhandel. Auf der New Food Conference am 3. September 2024 wird die niederländische Denkfabrik Questionmark die Methodik vorstellen. Niklas Oppenrieder, Vorstandsvorsitzender von PAN, hebt das enorme Potenzial der Supermärkte hervor, die Gesundheit der Menschen und des Planeten zu fördern.
Diese Initiativen zeigen den dringenden Handlungsbedarf und bieten konkrete Wege zur Förderung einer nachhaltigen und gesunden Ernährung. Es bleibt abzuwarten, inwieweit der Handel und die Politik diesen Forderungen nachkommen werden.
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Durchblick durch internationale Vergleichsstudien
In einer zunehmend global vernetzten Welt ist es hilfreich, einen Blick auf internationale Entwicklungen im Bereich der pflanzenbasierten Ernährung zu werfen. Studien und Berichte aus Ländern wie den Niederlanden und Großbritannien zeigen deutlich, dass zielgerichtete politische Maßnahmen sowie gezielte Förderung seitens des Einzelhandels substantielle Effekte haben können. In den Niederlanden hat beispielsweise der Staat Subventionen für pflanzliche Produkte eingeführt, was zu einer signifikanten Erhöhung des Konsums dieser Produkte geführt hat. Eine ähnliche Dynamik zeigt sich in Großbritannien, wo durch Werbekampagnen und Preisreduktionen eine verstärkte Nachfrage nach pflanzenbasierten Lebensmitteln festgestellt wurde.
Veränderungen im Konsumverhalten
Die wachsende Sensibilität der Öffentlichkeit für Themen wie Klimawandel und Gesundheit spiegelt sich auch im Konsumverhalten wider. Laut einer Studie von NielsenIQ aus dem Jahr 2023 berichten 43 Prozent der europäischen Verbraucher, dass sie aktiv versuchen, ihren Fleischkonsum zu reduzieren. Diese Entwicklung eröffnet dem Einzelhandel erhebliche Chancen, aber auch Herausforderungen. Unternehmen, die frühzeitig auf diese Trends eingehen und ihre Sortimente entsprechend anpassen, könnten wesentliche Wettbewerbsvorteile realisieren.
Politische Rahmenbedingungen als Katalysator
Derzeit laufen in Deutschland und auf EU-Ebene mehrere legislative Initiativen, die darauf abzielen, umwelt- und gesundheitsfreundlichere Ernährungsgewohnheiten zu fördern. Hierzu zählen unter anderem Steuererleichterungen für nachhaltige Produkte und Förderschritte für Innovationen im Bereich der Lebensmitteltechnologie. Es ist zu erwarten, dass solche Maßnahmen das Wachstum der pflanzenbasierten Märkte weiter begünstigen werden.
Potenzielle Herausforderungen und Lösungsansätze
Gleichzeitig gibt es jedoch auch Herausforderungen, die nicht ignoriert werden dürfen. Dazu gehören etwa skeptische Verbraucher, die aufgrund kultureller Normen oder mangelnder Informationen zögern, ihre Ernährungsweise zu ändern. Um diese Barrieren zu überwinden, könnten Informationskampagnen und Aufklärung in Supermärkten und über digitale Kanäle entscheidend sein. Auch die Förderung von kulinarischen Workshops und Kochkursen, die pflanzenbasierte Rezepte vorstellen, könnte einen positiven Beitrag leisten.
Zukünftige Entwicklungen und Marktausblick
Der globale Markt für pflanzenbasierte Lebensmittel wächst rasant und wird voraussichtlich bis 2027 ein Marktvolumen von knapp 75 Milliarden US-Dollar erreichen, wie eine Analyse von ResearchAndMarkets ausdrückt. Für deutsche Einzelhändler bedeutet dies, dass sie sich in einem dynamischen Umfeld bewegen und kontinuierlich ihre Strategien anpassen müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Beteiligung an internationalen Projekten wie der „Superlist Environment“ stellt hierbei eine vielversprechende Möglichkeit dar, Benchmarks zu setzen und eigene Maßnahmen zu evaluieren.
Indem sie sich als Vorreiter positionieren und auf evidenzbasierte Strategien setzen, können Einzelhändler maßgeblich zur Transformation des Ernährungssystems beitragen. Dies kommt nicht nur der Gesundheit der Verbraucher zugute, sondern hat auch signifikante positive Auswirkungen auf Umwelt und Wirtschaft. Die Anstrengungen von Organisationen wie ProVeg und die Zusammenarbeit mit Akteuren aus Politik und Wirtschaft sind dabei unerlässlich, um nachhaltige Veränderungen zu erzielen.
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Offener Brief von PAN, KLUG und VDD an Einzelhändler: ProVeg nimmt Stellung
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8 Antworten
In den Niederlanden klappt es ja schon ganz gut mit weniger Fleisch essen. Deutschland sollte sich ein Beispiel daran nehmen.
Stimmt, wir brauchen auch solche Subventionen hier! Dann würde sich vieles ändern.
(Wieso) soll ich auf Fleisch verzichten? Ich esse es gern und sehe kein Grund das zu ändern. Diese Gesundheitsverbände übertreiben doch immer.
Supermärkte könnten echt viel ändern wenn sie wollen. Einfach mehr pflanzliches Essen anbieten und Werbung dafür machen würde schon helfen.
Hört sich gut an aber ich glaube nicht das die Politik da viel machen wird. Die haben doch immer andere Prioriäten. Wir brauchen mehr Druck von der Gesellschaft.
Ich finde das eine gute Idee. Weniger Fleisch ist besser für die Umvelt und Gesundheit. Aber die preise müssen wirklich runter, sonst kann sich das keiner leisten.
Ja, genau! Und auch mehr Infos in Supermärkten wäre gut. Viele wissen garnicht wie gesund pflanzliche Ernährung ist.