Bremen (VBR).
Vermeidung von Gewalt: Prävention statt Stigmatisierung
In der aktuellen Debatte um den Umgang mit psychisch Erkrankten plädiert die Deutsche Psychotherapeuten Vereinigung e.V. (DPtV) für einen präventiven Ansatz zur Verhinderung von Gewalt. „Ein Zentralregister mit psychisch Erkrankten löst keine Probleme, sondern schafft neue", warnt Gebhard Hentschel, Bundesvorsitzender der DPtV. Stattdessen befürwortet er individuelle Risikoanalysen und frühzeitige Interventionen, um Krisen vorzubeugen (Zitat-Quelle: Pressemitteilung).
Hentschel betont, dass "Kriseninterventionsteams, Therapie und soziale Begleitung" effektive Mittel sind, um Eskalationen zu verhindern. Die jüngsten Forderungen nach einer zentralen Erfassung psychisch Kranker, ausgelöst durch das Attentat von Magdeburg im Dezember 2024, betrachtet er als Fehlentwicklung. Prävention beginnt nicht mit der Erfassung in einer Datenbank, sondern mit einer umfassenden unterstützenden Begleitung von Betroffenen (Zitat-Quelle: Pressemitteilung).
Trotz gesellschaftlicher Vorurteile sind psychisch Erkrankte laut Elisabeth Dallüge aus dem DPtV-Bundesvorstand nicht gewalttätiger als der Durchschnitt. Sie kritisiert, dass Einträge wie „psychisch krank" in Polizeidatenbanken eher zur Stigmatisierung beitragen könnten. Diese Daten könnten außerdem fehlerhaft sein, da sie oft auf subjektiven Einschätzungen beruhen. Ein zentrales Register könnte Menschen davon abhalten, Hilfe zu suchen, aus Sorge vor Stigmatisierung (Zitat-Quelle: Pressemitteilung).
Die Polizei selbst sieht Schulungsbedarf im Umgang mit psychisch Erkrankten. Eine Studie, an der 1800 Polizeibedienstete teilnahmen, ergab, dass mehr als die Hälfte der Befragten gezielte Fortbildungsangebote fordern. Dallüge unterstreicht die Notwendigkeit einer interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Polizei, Sozialdiensten und Gesundheitsbehörden, die weit effektiver sei als bloße Datenspeicherung.
Die Diskussion um den richtigen Umgang mit psychisch Erkrankten lässt tief blicken in ein gesellschaftliches Bedürfnis nach Kontrolle und Sicherheit, das jedoch oftmals auf unzureichenden Annahmen basiert. Es ist von wesentlicher Bedeutung, präventive Maßnahmen auszubauen und Barrieren abzubauen, um den Zugang zu frühzeitiger Betreuung und Therapie zu erleichtern. Nur so kann nachhaltigen Lösungen Raum gegeben werden, die sowohl den Schutzbedürfnissen der Allgemeinheit gerecht werden als auch den nötigen Respekt und die Unterstützung für vulnerable Gruppen ermöglichen.
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Zentralregister löst keine Probleme, aber schafft neue
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Prävention statt Stigmatisierung: Ein Blick auf aktuelle Ansätze und Herausforderungen
Die Diskussion um den richtigen Umgang mit psychisch erkrankten Menschen in Bezug auf öffentliche Sicherheit ist nicht neu. Bereits nach früheren Gewalttaten gab es Forderungen, wie sie nun nach dem Attentat von Magdeburg im Dezember 2024 laut werden. Oft stehen solche Forderungen jedoch im Widerspruch zu wissenschaftlichen Erkenntnissen, die besagen, dass Personen mit psychischen Erkrankungen nicht per se gewalttätiger sind als der Durchschnitt der Bevölkerung.
Ein zentrales Register psychisch erkrankter Personen wird häufig als einfache Lösung für ein komplexes Problem vorgeschlagen. Die Erfahrungen und Studien der letzten Jahre legen offen, dass solche Ansätze mehr Probleme schaffen können, als sie lösen. Beispielsweise zeigen Ergebnisse aus Ländern, die ähnliche Systeme eingeführt haben, dass solche Register das Vertrauen der Betroffenen in das Gesundheitssystem untergraben können. Viele Betroffene könnten aus Angst vor Stigmatisierung oder Diskriminierung davor zurückschrecken, rechtzeitig Hilfe in Anspruch zu nehmen. Der wohlüberlegte Aufbau einer Unterstützungskultur ist deshalb wesentlich.
Im Gegensatz dazu betonen Experten die Notwendigkeit umfassender interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Polizei, Sozialdiensten und Gesundheitsbehörden, verbunden mit präventiven Maßnahmen wie gezielter Fortbildung für Sicherheitskräfte. Eine Studie mit Polizeibehörden hat gezeigt, dass mehr als die Hälfte der Beamten sich spezialisierte Schulungen im Umgang mit psychisch erkrankten Personen wünschen. Dies könnte helfen, Missverständnisse und potenzielle Eskalationen zu vermeiden.
Prognosen zur Entwicklung solcher Initiativen deuten darauf hin, dass in den nächsten Jahren eine stärkere Fokussierung auf frühzeitige Diagnostik und individuelle Hilfe eingebettet in soziale Realitäten unerlässlich sein wird. Zu oft wurden bisher zentrale Risikofaktoren übersehen, während der Ruf nach Kontrolle und zentralisierten Datenbanken laut wurde. Durch die Integration von Deeskalationstechniken in alle Ebenen der sozialen und gesundheitlichen Versorgung könnte es gelingen, sowohl die betroffenen Individuen zu unterstützen als auch die Bedürfnisse der Allgemeinheit nach Sicherheit zu erfüllen.
Insgesamt verdeutlicht die derzeitige Diskussion rund um psychische Erkrankungen und Gewalt, dass langfristig tragfähige Lösungen sowohl innovative als auch humanitäre Ansätze erfordern – weg von der pauschalen Erfassung hin zu einem Verständnis, das die individuellen Bedarfe in den Vordergrund stellt.
Weiterführende Informationen auf Wikipedia
- Deutsche Psychotherapeuten Vereinigung
- Prävention
- Risikobewertung
- Krisenintervention
- Stigmatisierung
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9 Antworten
‚Ein zentraler Register wird das Vertrauen untergraben‘, wie wahr! Wir müssen dringend neue Wege finden, wie Gesundheits- und Sozialdienste zusammenarbeiten können! Was haltet ihr von interdisziplinären Teams?
‚Interdisziplinäre Zusammenarbeit‘ klingt toll, aber wie stellt man sicher, dass alle Akteure gut kooperieren? Gibt es Best Practices dafür?
Ich finde den Ansatz von Gebhard Hentschel sehr nachvollziehbar. Es geht um individuelle Risikoanalysen statt einer pauschalen Erfassung. Wie könnten solche Analysen praktisch aussehen? Gibt es da bereits Modelle?
Das ist ein guter Punkt! Vielleicht könnten wir auch aus der Erfahrung anderer Länder lernen, wo solche Modelle schon getestet wurden?
‚Individuelle Risikoanalysen‘ klingt vielversprechend! Ich hoffe nur, dass dies nicht wieder zu mehr Bürokratie führt.
Die Stigmatisierung von psychisch Erkrankten ist ein ernstes Problem. Ein Register könnte viele davon abhalten, Hilfe zu suchen. Haben wir nicht schon genug Vorurteile in der Gesellschaft? Wie können wir diese abbauen?
Ich stimme zu, dass Gewaltprävention wichtig ist. Aber wieso sollten wir psychisch Kranke in eine Datenbank stecken? Das klingt nach einem Schritt zurück. Was denkt ihr über die Rolle von Kriseninterventionsteams? Können die wirklich helfen?
Ich glaube, dass Kriseninterventionsteams eine wichtige Rolle spielen können. Aber müssen sie nicht auch besser geschult werden? Wie sieht das in anderen Ländern aus?
Ich finde es wirklich wichtig, dass wir über Prävention sprechen. Die Idee eines Zentralregisters erscheint mir eher problematisch. Warum sollten wir Menschen stigmatisieren, die schon genug kämpfen? Gibt es nicht bessere Ansätze?