Bremen (VBR). Am heutigen “GKV-Tag” wird das Thema Prävention in den Mittelpunkt gestellt, mit besonderer Dringlichkeit seitens des AOK-Bundesverbandes. Die Vorstandsvorsitzende, Dr. Carola Reimann, äußerte scharfe Kritik an geplanten Kürzungen bei den Präventionskursen der gesetzlichen Krankenkassen durch das sogenannte “Gesunde-Herz-Gesetz”.
Dr. Reimann greift eine Aussage von Christian Drosten aus der Corona-Pandemie auf: „Es gibt keinen Ruhm für Prävention – there is no glory in prevention.“ Sie kritisiert, dass die Bundesregierung plant, die Mittel für etablierte und fachgeprüfte Präventionskurse zur Finanzierung zusätzlicher Medikamente und medizinischer Leistungen umzuwidmen. Betroffen sind rund 110.000 zertifizierte Kursangebote, darunter Programme zur Bewegungsförderung, Ernährungsberatung, Stressbewältigung sowie Suchtprävention.
Reimanns Argumentation ist klar: Mit weniger Kursangeboten werden ärztliche Präventionsempfehlungen ins Leere laufen. Diese Entwicklung empfindet sie als Rückschritt. Statt sich auf Vorbeugemedizin zu fokussieren, sollte die Gesundheitspolitik ihrer Meinung nach verstärkt die Primärprävention im Visier haben. Dies umfasst Maßnahmen zur Reduzierung des Konsums von Tabak, Alkohol und ungesunden Lebensmitteln sowie die Förderung von Bewegung.
Ein evidenzbasiertes “Gesundes-Herz-Gesetz” müsste daher genau diese Aspekte berücksichtigen. Reimann betont: „Prävention ist nicht nur Aufgabe der Krankenkassen, sondern eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung.” Vorschläge wie ein besserer Kinderschutz in der Lebensmittelwerbung, gesundes Essen in Kitas und Schulen sowie bewegungsfreundliche Kommunen gilt es nun endlich umzusetzen. Gesundheitsförderliche Lebensverhältnisse sollen dadurch zu einer gesünderen Gesellschaft und einer geringeren Krankheitslast führen.
Insgesamt fordert die AOK eine Neuausrichtung der Gesundheitspolitik hin zu einer starken Unterstützung der Primärprävention. Reimann schließt mit dem Appell: „Primärprävention kann nicht durch Vorbeugemedizin ersetzt werden.”
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Reimann zum “GKV-Tag”: Primärprävention kann nicht durch Vorbeugemedizin ersetzt werden
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Präventionspolitik im Wandel: Eine Fehlentwicklung mit langfristigen Folgen?
Die Ankündigung einer möglichen Umwidmung von Geldern für Präventionskurse der gesetzlichen Krankenkassen zugunsten von medizinischen Leistungen und Medikamenten ist nicht nur ein aktuelles Beispiel für die laufenden gesundheitspolitischen Debatten, sondern auch Teil eines größeren Trends, der seit Jahren zu beobachten ist. Bereits in der Vergangenheit gab es vergleichbare Einschnitte und Umstrukturierungen, wie etwa die Kürzungen im Bereich der Gesundheitsförderung während der Finanzkrise 2008/2009, die nachhaltige negative Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit hatten.
Ein auffälliger Trend in den letzten Jahren ist die zunehmende Konzentration auf kurative Maßnahmen zum Nachteil präventiver Ansätze. Dieser Fokus lässt sich unter anderem durch politische Initiativen, wie das „Gesunde-Herz-Gesetz“, beobachten, bei denen die Prävention oft als nachrangig betrachtet wird. Diese Entwicklung steht im klaren Widerspruch zu evidenzbasierten Empfehlungen von internationalen Gesundheitsorganisationen wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die regelmäßig betonen, dass eine starke Primärprävention wesentlich zur Reduktion der Krankheitslast beiträgt und langfristig auch kosteneffizienter ist.
In Ländern, die verstärkt auf präventive Maßnahmen setzen, zeigen sich positive Effekte auf die allgemeine Gesundheit der Bevölkerung. Beispielsweise konnte Finnland durch konzertierte Kampagnen zur Reduktion des Tabakkonsums und zur Förderung gesunder Ernährung signifikante Verbesserungen der Herz-Kreislauf-Gesundheit erzielen. Ein ähnlicher Ansatz wäre auch in Deutschland denkbar und dringend notwendig, um das hohe Niveau an chronischen Erkrankungen nachhaltig zu senken.
Der prognostizierte Mangel an Kursangeboten könnte weitreichende Folgen haben. Während kurzfristig möglicherweise Kosten eingespart werden, sind die langfristigen finanziellen Belastungen durch steigende Fallzahlen chronischer Krankheiten schwer zu unterschätzen. Ohne ausreichende Präventionsangebote wird es unweigerlich zu einem höheren Aufwand in der Akut- und Langzeitversorgung kommen, was wiederum die Gesundheitssysteme stark beanspruchen würde.
Eine mögliche Entwicklung könnte darin bestehen, dass Krankenkassen und andere Akteure im Gesundheitswesen verstärkt Private-Public-Partnerships eingehen, um fehlende Mittel aufzufangen und innovative Präventionsprojekte umzusetzen. Ebenso könnten Kommunen vermehrt eigene Gesundheitsförderungsprogramme initiieren, um die Lücken zu füllen, die durch staatliche Kürzungen entstehen.
In diesem Kontext ist es auch entscheidend, die gesellschaftliche Verantwortung anzuerkennen und integrierte Ansätze zu entwickeln, die verschiedene Lebensbereiche umfassen – sei es durch Vorschriften für die Lebensmittelindustrie oder durch die Gestaltung bewegungsfreundlicher öffentlicher Räume. Nur so lässt sich eine nachhaltige Verbesserung der öffentlichen Gesundheit erzielen.
Letztlich bleibt zu hoffen, dass die aktuelle Diskussion über das „Gesunde-Herz-Gesetz“ ein Umdenken in der Gesundheitspolitik auslöst und die Bedeutung von Prävention wieder stärker in den Mittelpunkt rückt. Denn nur durch eine proaktive und ganzheitliche Herangehensweise kann eine gesundere Zukunft für alle erreicht werden.
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