– Sanktionen der PPP-Richtlinie ab 2026 gefährden die psychiatrische Versorgung
– 78 Prozent der Psychiatrien rechnen mit Vergütungsausfällen
– Folgen sind längere Wartezeiten und reduzierte Behandlungskapazitäten
Psychiatrien warnen vor Versorgungsengpässen durch neue Personalrichtlinie
Ab dem 1. Januar 2026 werden die Sanktionen der Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP-RL) wirksam – mit spürbaren Konsequenzen für die Versorgung psychisch kranker Menschen. Eine aktuelle Blitzumfrage des Deutschen Krankenhausinstituts im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft zeigt das Ausmaß der drohenden Probleme: 78 Prozent der psychiatrischen Einrichtungen rechnen mit finanziellen Sanktionen (Stand: 09.10.2025, PM).
Die erwarteten Vergütungsausfälle variieren deutlich: Fast ein Drittel der Kliniken befürchtet Einbußen bis zu 1 Prozent, 43 Prozent rechnen mit Verlusten zwischen über 1 und 3 Prozent, weitere 22 Prozent erwarten Ausfälle von über 3 bis 5 Prozent. Sechs Prozent der Häuser prognostizieren sogar noch höhere finanzielle Einbrüche (Stand: 09.10.2025, PM).
Die Probleme sind struktureller Natur: Zwei Drittel der psychiatrischen Einrichtungen konnten seit der Umstellung auf die PPP-RL im Jahr 2020 ihre tatsächlichen Personalkosten nicht auskömmlich mit den Krankenkassen vereinbaren. Die Differenzen bewegen sich zwischen 11.000 und 3.000.000 Euro pro Jahr (Stand: 09.10.2025, PM).
„Die Ergebnisse sind besorgniserregend. Die Sanktionen treffen die Krankenhäuser nicht nur wirtschaftlich. Sie zwingen uns, Versorgungsangebote einzuschränken – mit direkten Folgen für die Patientinnen und Patienten. Das notwendige Personal ist schlicht auf dem Arbeitsmarkt nicht vorhanden, oder die Kostenträger verweigern die Finanzierung der erforderlichen Personalstellen“, erklärt Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der DKG (Stand: 09.10.2025, PM).
Die befürchteten Folgen für die Versorgung sind konkret: längere Wartelisten, Reduktion elektiver Aufnahmen, Sperrungen von Betten und Plätzen. Regional drohen Verknappungen von Therapieplätzen, deutlich verlängerte Wartezeiten, spätere Inanspruchnahme von Behandlungen, Chronifizierung von Erkrankungen, vorzeitige Entlassungen und erhöhte Wiederaufnahmeraten (Stand: 09.10.2025, PM).
Die PPP-RL setzt verbindliche Mindestvorgaben für die Personalausstattung in der Erwachsenenpsychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Psychosomatik. Kliniken, die diese Vorgaben nicht erfüllen, müssen ab 2026 mit Erlöskürzungen rechnen. Um gegenzusteuern, planen viele Einrichtungen bereits Gegenmaßnahmen: verstärkte Nutzung von Ausnahmetatbeständen, erweiterte Anrechnung von Personal außerhalb der PPR-Systematik, Ausbau von Personalpools und angepasstes Patienten- und Belegungsmanagement.
„Die Ergebnisse der Umfrage machen deutlich: Die PPP-RL-Sanktionen gefährden in Teilen die Versorgung psychisch erkrankter Menschen durch die Verknappung eigentlich verfügbarer Behandlungskapazitäten. Anstatt Krankenhäuser finanziell zu bestrafen, müssen Politik und Krankenkassen gemeinsam dafür sorgen, dass die Kliniken die notwendige Personalausstattung tatsächlich refinanziert bekommen und besetzen können“, so Gaß weiter (Stand: 09.10.2025, PM).
| Erwartete Vergütungsausfälle nach Kategorie | Anteil Kliniken | Quelle/Stand |
|---|---|---|
| bis 1 % | fast ein Drittel | Stand: 09.10.2025, PM |
| über 1–3 % | 43 % | Stand: 09.10.2025, PM |
| über 3–5 % | 22 % | Stand: 09.10.2025, PM |
| noch höher | 6 % | Stand: 09.10.2025, PM |
PPP-Richtlinie: Rahmen und Einordnung
Das Bundessozialgericht bestätigte im Dezember 2024 die Rechtmäßigkeit der Sanktionsmechanismen der PPP-Richtlinie – betroffen sind rund 1.400 psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen (Stand: 2024; Quelle: wirtschaftsrat.de). Diese Entscheidung schuf die verbindliche Grundlage für die ab 2026 wirksamen finanziellen Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Personalvorgaben.
Rechtlicher Rahmen und Status seit 2024
Parallel zur rechtlichen Absicherung hat der Gemeinsame Bundesausschuss die Umsetzungsdetails flexibilisiert. Seit Juni 2025 entfallen monats- und stationsbezogene Dokumentationspflichten; zusätzlich können andere Berufsgruppen angerechnet werden (Stand: Juni 2025; Quelle: psychotherapeutenkammer-berlin.de). Diese Erleichterungen sollen die Praktikabilität der Richtlinie erhöhen. Gleichzeitig warnt die Bundespsychotherapeutenkammer vor Versorgungsabbau als Folge der Sanktionspraxis (Stand: Juni 2025; Quelle: psychotherapeutenkammer-berlin.de).
Was die PPP‑RL ab 2026 konkret vorgibt
Ab 2026 gelten verbindliche Strukturvorgaben, die die Kapazitätsplanung der Kliniken maßgeblich beeinflussen: In der Erwachsenenpsychiatrie dürfen Stationen maximal 18 Betten umfassen, in der Kinder- und Jugendpsychiatrie liegt die Obergrenze bei 12 Betten (Stand: Juni 2025; Quelle: aok.de). Für psychosomatische Kliniken sind Sanktionen vorerst ausgesetzt. IQTIG-Berichte verweisen darauf, dass der Anteil der Kliniken, die die Mindestanforderungen erfüllen, zuletzt weiter gesunken ist (Stand: Berichtsjahr 2024; Quelle: bptk.de).
Entwicklung der Compliance und Sanktionsrisiken
Die Einhaltung der Personalvorgaben in psychiatrischen Einrichtungen zeigt über mehrere Jahre eine deutliche Verschlechterung. Bereits im vierten Quartal 2022 wären 92 Prozent der Erwachsenenpsychiatrien und 95 Prozent der Kinder- und Jugendpsychiatrien sanktioniert worden, wenn die Regelungen damals bereits vollständig angewendet worden wären (Stand: Q4/2022; Quelle: DGPPN). Dieser kritische Zustand hat sich in den Folgejahren weiter zugespitzt.
| Jahr/Quartal | Kennzahl | Wert | Einheit | Quelle/Stand |
|---|---|---|---|---|
| Q4/2022 | Sanktionsanfälligkeit Erwachsenenpsychiatrie | 92 | % | DGPPN (Q4/2022) |
| Q4/2022 | Sanktionsanfälligkeit Kinder- und Jugendpsychiatrie | 95 | % | DGPPN (Q4/2022) |
| 2024 | Anteil der Kliniken mit Mindestanforderungserfüllung | sinkend | Trend | IQTIG (Berichtsjahr 2024) |
| 2025 | Erfüllungsgrad PPP-RL (90 %-Grenze) | ca. 50 | % | Ärztezeitung (2025) |
Laut IQTIG-Berichten ist der Anteil der Kliniken, die die Mindestanforderungen erfüllen, im Berichtsjahr 2024 weiter gesunken. Aktuell erreicht nur noch rund die Hälfte der psychiatrischen Krankenhäuser überhaupt den geforderten 90-Prozent-Erfüllungsgrad der PPP-Richtlinie (Stand: 2025; Quelle: Ärztezeitung). Diese Entwicklung verdeutlicht die zunehmende Diskrepanz zwischen gesetzlichen Vorgaben und der tatsächlichen Personalsituation in den Einrichtungen.
Auswirkungen auf Patientinnen und Patienten
Die neuen Personalvorgaben in der Psychiatrie und Psychosomatik zeigen bereits heute ihre konkreten Konsequenzen für die Versorgungssituation. Während die Bestätigung der Sanktionen durch das Bundessozialgericht im Dezember 2024 den Vorgaben rechtliche Verbindlichkeit verleiht, zeichnet sich ein komplexes Bild aus strukturellen Herausforderungen und unterschiedlichen Positionen.
Ab 2026 gelten verbindliche Bettenobergrenzen von 18 Betten für Erwachsenenabteilungen und 12 Betten für Kinder- und Jugendpsychiatrien (Stand: Juni 2025). Gleichzeitig bleiben Sanktionen in der Psychosomatik vorerst ausgesetzt. Diese Regelungen treffen auf einen bereits angespannten Versorgungsalltag, in dem viele Kliniken über unbesetzte Stellen und Fachkräftemangel klagen.
Trotz jüngster Flexibilisierungsschritte im Juni 2025 warnt die Bundespsychotherapeutenkammer weiterhin vor Versorgungsabbau. Die unterschiedlichen Positionen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Versorgungssicherung: Berufs- und Klinikverbände sehen durch die Sanktionen die Gefahr von Versorgungsengpässen, selbst nach den Flexibilisierungsmaßnahmen (Stand: Juni 2025)
- Regelbindung und Qualität: Mit der BSG-Bestätigung erhalten die Personalvorgaben ihre rechtliche Schärfe; Einrichtungen müssen ihre Prozesse und Personalplanung konsequent an die PPP-Richtlinie anpassen (Stand: 2024)
Für Patientinnen und Patienten bedeutet diese Gemengelage konkret: Einrichtungen, die die Personalvorgaben nicht erfüllen können, müssen mit finanziellen Kürzungen rechnen. In der Folge könnten Bettenkapazitäten reduziert, Wartezeiten verlängert oder Behandlungsangebote eingeschränkt werden. Besonders betroffen sind Regionen, in denen bereits heute Personalmangel herrscht und alternative Versorgungsangebote fehlen.
Personalvorgaben 2026: Zwei kritische Fragen für die Psychiatrie
Bis die Sanktionspraxis der Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie am 1. Januar 2026 startet, konzentriert sich die Debatte auf zwei zentrale Punkte. Erstens: Reichen die seit Juni 2025 beschlossenen Flexibilisierungen aus, um die Versorgung stabil zu halten? Zweitens: Gelingt es den Einrichtungen, die Personalvorgaben trotz des anhaltenden Fachkräftemangels zu erfüllen?
Als wichtige Beobachtungspunkte gelten künftige Berichte des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen, wobei das Berichtsjahr 2024 den jüngsten Referenzstand bildet. Ebenso wird die praktische Wirkung der eingeführten Bettenobergrenzen (Stand: Juni 2025) auf die Versorgungskapazitäten genau verfolgt werden müssen. Die Entwicklung dieser Faktoren wird maßgeblich darüber entscheiden, wie die neue Regelung die psychiatrische und psychosomatische Versorgungslandschaft ab 2026 prägen wird.
Die nachfolgenden Informationen und Zitate beruhen auf einer Pressemitteilung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG).
Weiterführende Quellen:
- „Wären die Sanktionsmechanismen der PPP-RL ab einem Erfüllungsgrad von 100 % bereits angewandt worden, wären 92 % der Erwachsenenpsychiatrien und 95 % der Kinder- und Jugendpsychiatrien sanktioniert worden (Stand: Q4/2022).“ – Quelle: https://www.dgppn.de/_Resources/Persistent/18bf2a18f74fba26064758d22df722cebf476223/20230628_Positionspapier_PPP-RL_Langversion_web.pdf
- „Im Dezember 2024 bestätigte das Bundessozialgericht die Rechtmäßigkeit der PPP-RL-Sanktionsmechanismen, betroffen sind ca. 1.400 psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen deutschlandweit (Stand: 2024).“ – Quelle: https://wirtschaftsrat.de/de/presse/wr-intern/richtlinie-schreibt-personaluntergrenzen-in-psychiatrie-und-psychosomatik-vor-bei-nichteinhaltung-dr/
- „Stand Juni 2025: Die Umsetzung der PPP-Richtlinie wird durch Flexibilisierung vereinfacht (z. B. keine monats- und stationsbezogene Dokumentation mehr, Anrechnung anderer Berufsgruppen möglich), doch die Bundespsychotherapeutenkammer warnt weiterhin vor Versorgungsabbau als Folge der Sanktionspraxis.“ – Quelle: https://www.psychotherapeutenkammer-berlin.de/nachrichten/ppp-richtlinie-ab-2026-finanzielle-sanktionen-bei-zu-wenig-personal-der-psychiatrie
- „Nur rund die Hälfte der psychiatrischen Krankenhäuser erreicht aktuell (Stand: 2025) überhaupt den geforderten 90 % Erfüllungsgrad der Personalvorgaben laut PPP-RL.“ – Quelle: https://www.aerztezeitung.de/Politik/Psychiatrie-Personalvorgaben-Sanktionen-kommen-erst-2026–443894.html
- „Die Richtlinie sieht ab 2026 für Stationen der Erwachsenenpsychiatrie eine Obergrenze von 18 Betten und für Kinder- und Jugendpsychiatrien von 12 Betten vor; für psychosomatische Kliniken bleiben Sanktionen zunächst ausgesetzt (Stand: Juni 2025).“ – Quelle: https://www.aok.de/gp/qualitaet/stationaere-versorgung/personalvorgaben/psychiatrie
- „Laut IQTIG-Berichten ist der Anteil der Kliniken, die die PPP-RL-Mindestanforderungen erfüllen, zuletzt weiter gesunken (Stand: Berichtsjahr 2024).“ – Quelle: https://www.bptk.de/neuigkeiten/zu-wenig-personal-in-der-psychiatrie-hat-kuenftig-konsequenzen
7 Antworten
„Die PPP-Richtlinie könnte dazu führen, dass psychisch Kranke nicht die Hilfe bekommen die sie brauchen.“ Das kann nicht wahr sein! Wir sollten uns stärker für die Rechte dieser Menschen einsetzen und dafür sorgen, dass sie die Unterstützung bekommen.
„Ja Hannelore! Es ist wichtig, dass wir das Thema offen diskutieren und aufklären! Wie können wir als Gesellschaft sicherstellen, dass jeder Zugang zu psychischer Gesundheit hat? Es sollte nicht nur ein Privileg sein.“
Die Statistiken zeigen eindeutig einen Rückgang der Kapazitäten in der Psychiatrie! Wir müssen mehr über den Fachkräftemangel sprechen. Warum gibt es keine Anreize für Pflegekräfte in diesem Bereich? Das macht mich wirklich nachdenklich.
Das stimmt Erika! Vielleicht sollten wir auch darüber nachdenken, wie wir den Beruf attraktiver machen können. Gibt es Ideen oder Vorschläge aus anderen Ländern? Es wäre interessant zu sehen, was dort funktioniert.
Die Situation in der Psychiatrie ist wirklich besorgniserregend. Die Sanktionen können die Behandlung von Patienten stark beeinträchtigen. Wie können wir sicherstellen, dass alle Menschen Zugang zu notwendigen Behandlungen haben? Ich hoffe, dass Politiker endlich handeln!
Ich stimme dir zu, Mayer! Wenn Kliniken mit solchen finanziellen Einbußen rechnen müssen, ist es wahrscheinlich, dass viele Betroffene nicht die notwendige Hilfe erhalten. Was denkt ihr über alternative Finanzierungsmöglichkeiten für die Kliniken?
Ja, es ist echt schwierig! Ich habe gehört, dass einige Kliniken bereits Maßnahmen ergreifen wollen, um diese Vorgaben zu umgehen. Ist das eine Lösung oder nur ein kurzfristiger Ansatz? Was denkt ihr?