– Öffentliche Anhörung zum Potenzial der Sharing-Economy im ländlichen Tourismus diskutierte Chancen und Risiken.
– Experten betonen Ridepooling sowie digitale Netzinfrastruktur für nachhaltige Mobilität auf dem Land.
– Homesharing steigert Haushaltseinkommen, stärkt regionale Gastronomie, birgt aber Belastungen für Gemeinden.
Sharing-Economy eröffnet neue Chancen für den ländlichen Tourismus
Im Rahmen einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Tourismus unter der Leitung von Vorsitzender Jana Schimke (CDU) stand die Sharing-Economy im Tourismussektor, speziell in ländlichen Regionen, im Mittelpunkt der Diskussion. Expertinnen und Experten erörterten, wie dieses auf dem Teilen basierende Wirtschaftsmodell zunehmend auch den ländlich geprägten Raum beeinflusst – bislang war es vor allem in städtischen Gebieten verbreitet.
Die Debatte fand vor allem in Bezug auf Mobilitätsoptionen wie Taxis und Mietwagen sowie Unterkünfte statt. Michael Oppermann vom Bundesverband Taxi und Mietwagen setzte sich dabei mit Nachdruck für Festpreise bei Taxifahrten ein: „Der Preis wäre für den Fahrgast transparent, verlässlich und planbar.“ Damit soll die Einbindung von Taxifahrten in Mobilitätsketten erleichtert werden, um eine nachhaltige Alternative zum eigenen Pkw zu schaffen.
Ein zentrales Thema war auch das Potenzial von Ridepooling, also das Bündeln einzelner Fahrten, um sowohl ökologische Nachhaltigkeit als auch die Wirtschaftlichkeit im Personenverkehr zu steigern. Claus Doll vom Fraunhofer-Institut unterstrich jedoch, dass hierfür ein Ausbau digitaler Netze als Basisinfrastruktur nötig sei.
Auch das Thema Homesharing über Plattformen wie Airbnb wurde intensiv beleuchtet. Ellen Madeker hob hervor, welchen Beitrag dieses Modell für das zusätzliche Einkommen vieler Haushalte leistet – „gerade in Zeiten steigender Lebenshaltungskosten“ – und wie es regionalen Gastronomie- und Einzelhandelsstrukturen zugutekommt. Gleichzeitig mahnte Tobias Warnecke vom Hotelverband Deutschland vor negativen Auswirkungen extensiver Kurzzeitvermietung auf lokale Gemeinschaften, insbesondere in touristisch geprägten Regionen.
Im Bereich der Carsharing-Modelle berichteten privatwirtschaftliche Akteure von innovativen Ansätzen. Olaf Zinne von Enterprise Autovermietungen stellte die Nutzung elektrifizierter Dienstfahrzeuge durch mehrere Nutzer außerhalb der Arbeitszeit vor. Allerdings verdeutlichte Philipp Neuenfeldt (Sixt SE), dass solche Geschäftsmodelle außerhalb urbaner Zentren mit ökonomischen Limitationen konfrontiert sind und alternative Betriebsformen notwendig werden könnten.
Schließlich kritisierte der Bundesverband Taxi die Konkurrenz durch internationale Mietcar-Angebote, die in Städten für einen disruptiven Effekt sorgten. In ländlichen Regionen hingegen seien diese Geschäftsmodelle weniger wirksam.
Die Anhörung zeigte deutlich, dass die Integration neuer Sharing-Konzepte im ländlichen Tourismus viele Chancen bietet – sowohl für ökologische Nachhaltigkeit als auch für einen positiven wirtschaftlichen Impact. Voraussetzung dafür ist jedoch eine geeignete Regulierung, die faire Bedingungen garantiert, ohne innovatives Potential abzuwürgen.
Wie Sharing-Modelle den ländlichen Tourismus und die Gesellschaft prägen
Die Sharing-Economy eröffnet für ländliche Räume neue Chancen, zugleich bringt sie Herausforderungen mit sich, die es aus gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Perspektive genau zu betrachten gilt. Durch die Möglichkeit, Ressourcen wie Fahrzeuge oder Unterkünfte gemeinschaftlich zu nutzen, verändern sich lokale Strukturen – insbesondere im Tourismus, in der Mobilität und der Wohnraumsituation. Damit Sharing-Dienste im ländlichen Raum erfolgreich sein können, sind jedoch bestimmte strukturelle Voraussetzungen erforderlich. Wesentlich sind hierfür eine zuverlässige Digitalisierung und Infrastruktur, denn ohne geeignete Vernetzung bleiben Angebote und Nachfrage oft unverbunden.
Die Mobilitätswende etwa profitiert von Sharing-Angeboten, wenn sie den Alltag der Menschen besser abbilden und lokale Gewerbe unterstützen. Gleichzeitig sind soziale Aspekte wichtig: Sharing kann Gemeinschaft stärken, wenn es partizipativ und verantwortungsvoll gestaltet wird, oder soziale Ungleichheiten verschärfen, wenn es zu Verdrängungseffekten etwa auf dem Wohnungsmarkt führt. Hier sind klare Regeln und eine Regulierung entscheidend, die das Gleichgewicht von Marktentwicklung und sozialer Verantwortung wahrt.
Auch die Bereitschaft der ländlichen Bevölkerung, neue digitale Sharing-Konzepte anzunehmen, hängt stark von technischen Gegebenheiten ab. Ohne stabile Breitbandversorgung oder mobile Netzabdeckung sind digitale Plattformen oft nur schwer zugänglich, was die Verbreitung solcher Dienste stark einschränkt.
Die wichtigsten Herausforderungen und Erfolgsfaktoren bei der Mobilitätswende im ländlichen Raum lassen sich so zusammenfassen:
- Verfügbarkeit und Qualität digitaler Infrastruktur als Grundvoraussetzung
- Schaffung lokaler Gemeinschaften als Basis für vertrauensvolle Nutzung
- Passgenaue Angebote, die auf den tatsächlichen Bedarf abgestimmt sind
- Klare Regeln zur Vermeidung von sozialen und wirtschaftlichen Verdrängungen
- Förderung der Zusammenarbeit zwischen etabliertem Gewerbe und Sharing-Anbietern
Insgesamt steht die Sharing-Economy im ländlichen Kontext für ein Spannungsfeld zwischen Innovation und Tradition, das durch eine gezielte Förderung von Digitalisierung und sozialer Verantwortung gut gestaltet werden kann.
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Deutscher Bundestag – Sharing-Potenziale im ländlichen Tourismus