Pflegevollversicherung: 65% der Deutschen fordern Übernahme aller Pflegekosten – Was die Umfrage und aktuelle Zahlen bedeuten

Berlin, 23. Oktober 2025 – Eine deutliche Mehrheit von 65 Prozent der Bevölkerung spricht sich für den Ausbau der Pflegeversicherung zu einer Pflegevollversicherung aus. Derzeit müssen Pflegebedürftige im Heim durchschnittlich rund 3100 Euro monatlich selbst aufbringen, weshalb mehr als ein Drittel auf Sozialhilfe angewiesen ist. *„Die Menschen in Deutschland haben einen klaren Auftrag an die Politik, die Krise der Pflege endlich zu beenden“*, erklärt AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner.
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Inhaltsübersicht

– 65 Prozent der Bevölkerung fordern eine solidarische Pflegevollversicherung.
– Pflegebedürftige müssen aktuell durchschnittlich 3100 Euro monatlich selbst zahlen.
– Über ein Drittel der Pflegebedürftigen in Heimen ist auf Sozialhilfe angewiesen.

Mehrheit fordert solidarische Pflegevollversicherung

Berlin, 23. Oktober 2025. Eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung spricht sich für eine grundlegende Reform der Pflegefinanzierung aus. Laut einer heute veröffentlichten repräsentativen Forsa-Umfrage des Bündnisses für eine solidarische Pflegevollversicherung befürworten 65 Prozent der Befragten den Ausbau der Pflegeversicherung zu einer Pflegevollversicherung, die alle pflegebedingten Kosten übernehmen sollte.*

Die aktuelle Situation belastet Pflegebedürftige erheblich: Im ersten Jahr eines Pflegeheimaufenthalts müssen sie durchschnittlich rund 3100 Euro pro Monat selbst aufbringen. Davon entfallen allein rund 1600 Euro auf die pflegerische Versorgung.*

Die Umfrage zeigt deutlich, dass alternative Lösungsansätze kaum Zustimmung finden: Lediglich 6 Prozent halten die derzeit privat zu tragenden Zusatzkosten für angemessen. Nur 18 Prozent meinen, Menschen sollten zur individuellen Vorsorge durch private Zusatzversicherungen verpflichtet werden.*

„Das Ergebnis der Umfrage zeigt: Die Menschen in Deutschland haben einen klaren Auftrag an die Politik, die Krise der Pflege endlich zu beenden und gute Pflege für alle zu ermöglichen. Es wird Zeit, die Reform der Pflege nicht noch weiter auf die lange Bank zu schieben.“ – so AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner.

Zur Finanzierungsfrage stellt Sonnenholzner klar: „Eine Pflegevollversicherung zur Deckung aller pflegebedingten Kosten durch die Pflegekassen ist auch kein Erbenschutzprogramm, wie oft fälschlich behauptet wird: Die Pflegeversicherung ist keine steuerfinanzierte Sozialleistung, sondern eine Sozialversicherung, bei der die Leistungsfähigkeit des Einzelnen über die Höhe der Beiträge berücksichtigt wird.“

Das Bündnis für eine solidarische Pflegevollversicherung, das die Umfrage in Auftrag gegeben hat, vereint zwölf große Sozialverbände, Gewerkschaften und Interessenvertretungen – darunter den Paritätischen Gesamtverband, ver.di, den DGB, den Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe und die Arbeiterwohlfahrt.

Hintergrund: Wie hoch sind die tatsächlichen Pflegekosten?

Die finanziellen Belastungen für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Aktuelle Zahlen zeigen: Wer stationäre Pflege benötigt, muss immer höhere Eigenanteile aus der eigenen Tasche bezahlen. Die Pressemitteilung des Bündnisses für eine solidarische Pflegevollversicherung bestätigt diesen Trend mit dem Hinweis, dass Pflegebedürftige im ersten Jahr ihres Aufenthaltes in einem Pflegeheim durchschnittlich rund 3100 Euro pro Monat selbst aufbringen müssen (Stand: 23. Oktober 2025)*.

Wie setzen sich die Kosten zusammen?

Die monatliche Belastung setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen. Unabhängige Recherchen präzisieren diese Aufteilung: Investitionskosten liegen bei durchschnittlich 498 Euro monatlich (Stand: 2025, Quelle: Sparkasse). Hinzu kommen Kosten für Unterkunft und Verpflegung in Höhe von 990 Euro (Stand: 2025, Quelle: Sparkasse). Den größten Posten bilden jedoch die Aufwendungen für die eigentliche pflegerische Versorgung, für die laut Pressemitteilung allein etwa 1600 Euro anfallen*.

Entwicklung der Eigenanteile (alt → neu)

Die finanzielle Last für Betroffene hat sich innerhalb weniger Jahre erheblich verstärkt. Während Pflegebedürftige im Jahr 2020 noch durchschnittlich 2.068 Euro monatlich selbst tragen mussten (Quelle: Familiara), stieg dieser Eigenanteil bis 2025 auf 3.108 Euro (Quelle: Familiara). Diese Entwicklung setzt sich fort: Im ersten Halbjahr 2025 lag der durchschnittliche monatliche Eigenanteil bei 3.108 Euro – das entspricht einem Anstieg von 8,3 Prozent innerhalb eines Jahres (Quelle: vdek)*.

Jahr durchschnittlicher Eigenanteil (Euro) Quelle / Stand
2020 2.068 Familiara
2025 3.108 Familiara
1. Halbjahr 2025 3.108 vdek

In der ambulanten Pflege wird notwendige Versorgung oft gar nicht erst in Anspruch genommen, weil sich Betroffene die Kosten schlichtweg nicht leisten können.

Finanzierungslücke und Politik: Wer soll zahlen?

Die soziale Pflegeversicherung (SPV) steht vor erheblichen finanziellen Herausforderungen. Die SPV wird 2025 mit einem prognostizierten Defizit von zwischen 3,5 und 5,8 Milliarden Euro* belastet. Diese Finanzierungslücke macht deutlich, dass das aktuelle System an seine Grenzen stößt und grundlegende Reformen erforderlich sind.

Prognostiziertes Defizit der SPV

Das erwartete Milliarden-Defizit verdeutlicht die strukturelle Unterfinanzierung der Pflegeversicherung. Während die Ausgaben für Pflegeleistungen, Löhne und den demografisch bedingten Mehrbedarf stetig steigen, hinken die Einnahmen hinterher. Diese Diskrepanz belastet nicht nur die Kassen, sondern gefährdet langfristig die Versorgungsqualität für Pflegebedürftige. Die Diskussion um eine Pflegevollversicherung gewinnt vor diesem Hintergrund an finanzpolitischer Relevanz, da sie die Frage nach der künftigen Lastenverteilung zwischen Beitrags- und Steuerfinanzierung neu stellt.

Angekündigte Reformziele im Koalitionsvertrag 2025

Die Bundesregierung hat die Dringlichkeit des Problems erkannt und im Koalitionsvertrag 2025 Maßnahmen zur Begrenzung der Eigenanteile und zur nachhaltigen Finanzierungsstabilisierung festgehalten*. Die geplanten Schritte zielen darauf ab, die finanzielle Belastung der Versicherten zu reduzieren und die SPV auf eine solide finanzielle Basis zu stellen. Ob diese Ansätze ausreichen, um die prognostizierte Finanzierungslücke zu schließen, wird sich in der konkreten Ausgestaltung der Reform zeigen müssen.

Finanzielle Belastung in der Pflege: Regionale Unterschiede verschärfen soziale Ungleichheit

Die finanzielle Last der Pflege trifft Betroffene nicht überall gleich hart. Während bundesweit Pflegebedürftige im ersten Jahr ihres Heimaufenthalts durchschnittlich mehrere tausend Euro monatlich selbst aufbringen müssen*, zeigen sich zwischen den Bundesländern erhebliche Unterschiede. Diese regionalen Disparitäten beeinflussen maßgeblich, wie stark Familien durch Pflegekosten belastet werden und wer letztlich auf staatliche Unterstützung angewiesen ist.

Regionale Unterschiede bei Eigenanteilen

Die Spannbreite der finanziellen Belastung ist beachtlich: In Nordrhein-Westfalen fallen die höchsten Eigenanteile an, während Sachsen und Sachsen-Anhalt die niedrigsten Werte verzeichnen. Diese regionalen Unterschiede haben konkrete Auswirkungen:

  • In Regionen mit hohen Eigenanteilen müssen Familien häufiger Ersparnisse aufbrauchen
  • Die Gefahr der Überschuldung steigt in hochpreisigen Bundesländern
  • Der Zugang zu qualitativ hochwertiger Pflege wird regional unterschiedlich erschwert

Anteil der Kostenarten in NRW

Die Zusammensetzung der Kosten in Nordrhein-Westfalen verdeutlicht, wo das Geld tatsächlich fließt: Ein erheblicher Teil der Kosten entfällt auf Unterkunft und Verpflegung, ein weiterer Anteil auf pflegebedingte Leistungen sowie auf Investitionskosten*. Diese Verteilung zeigt, dass ein erheblicher Teil der Belastung nicht direkt mit der pflegerischen Versorgung zusammenhängt, sondern mit strukturellen Kosten des Heimaufenthalts.

Die regional unterschiedliche Kostenstruktur führt dazu, dass in Bundesländern mit hohen Eigenanteilen wie NRW besonders viele Pflegebedürftige ihre finanziellen Reserven schnell aufbrauchen. Während die Pressemitteilung des Bündnisses für eine solidarische Pflegevollversicherung bereits auf die bundesweite Problematik hinweist, dass mehr als ein Drittel aller Pflegebedürftigen in Heimen auf Sozialhilfe angewiesen sind*, verschärfen die regionalen Unterschiede diese soziale Schieflage zusätzlich.

Die finanziellen Hürden führen in der ambulanten Pflege oft dazu, dass notwendige Leistungen nicht in Anspruch genommen werden, weil Betroffene sich die Kosten nicht leisten können. Pflegebedürftige sind besonders stark von Armut bedroht, denn sie können mit ihren durchschnittlichen Alterseinkünften diese finanzielle Belastung nicht schultern. Die regionalen Unterschiede bei den Eigenanteilen verstärken somit nicht nur die finanzielle Ungleichheit zwischen den Bundesländern, sondern beeinflussen direkt die Lebensqualität und Versorgungssituation pflegebedürftiger Menschen.

Ausblick: Debatten, Pro/Contra und offene Fragen

Die Diskussion um eine solidarische Pflegevollversicherung hat deutlich an Fahrt aufgenommen. Die aktuelle Umfrage des Bündnisses für eine solidarische Pflegevollversicherung zeigt mit 65 Prozent Zustimmung in der Bevölkerung eine klare Erwartungshaltung an die Politik. AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner bringt es auf den Punkt: „Die Menschen in Deutschland haben einen klaren Auftrag an die Politik, die Krise der Pflege endlich zu beenden und gute Pflege für alle zu ermöglichen.“

Doch trotz dieser breiten Unterstützung bleiben zentrale Fragen für die konkrete Ausgestaltung einer solchen Vollversicherung zu klären. Die politischen Debatten der kommenden Monate werden sich voraussichtlich um folgende Punkte drehen:

  • Finanzierungsquellen: Welche Einkunftsarten sollen neben dem Arbeitseinkommen berücksichtigt werden?
  • Beitragsbemessung: Wie lässt sich eine faire Verteilung der Lasten zwischen verschiedenen Einkommensgruppen erreichen?
  • Übergangsfristen: Welcher Zeitrahmen ist für die Umsetzung realistisch?
  • Regionale Kompensation: Wie können unterschiedliche Versorgungsstrukturen in Stadt und Land ausgeglichen werden?

Die AWO-Präsidentin weist dabei auf einen wichtigen Aspekt hin: „Eine Pflegevollversicherung zur Deckung aller pflegebedingten Kosten durch die Pflegekassen ist auch kein Erbenschutzprogramm, wie oft fälschlich behauptet wird.“ Stattdessen handele es sich um eine Sozialversicherung, bei der die Leistungsfähigkeit des Einzelnen über die Höhe der Beiträge berücksichtigt werde.

Der Entscheidungszeitraum für die Zukunft der Pflegefinanzierung steht unmittelbar bevor. Die wachsende öffentliche Debatte und der politische Handlungsdruck durch die prekäre Situation vieler Pflegebedürftiger lassen erwarten, dass diese Fragen bald auf der politischen Agenda ganz oben stehen werden. Die Weichen für eine Reform der Pflegeversicherung müssen in absehbarer Zeit gestellt werden.

Die nachfolgenden Informationen und Zitate stammen aus einer Pressemitteilung des AWO Bundesverband e. V.

Weiterführende Quellen:

9 Antworten

  1. Es ist erschreckend zu sehen, wie viele Menschen auf Sozialhilfe angewiesen sind, nur weil sie pflegebedürftig sind. Wir sollten alle darüber nachdenken, wie wir helfen können.

    1. Das stimmt! Vielleicht könnten wir auch mal eine Petition starten oder etwas Ähnliches machen, um mehr Aufmerksamkeit auf dieses Thema zu lenken.

  2. Ich habe von den hohen Eigenanteilen gehört und finde das sehr ungerecht! Warum gibt es so große Unterschiede zwischen den Bundesländern? Das macht es noch schwieriger für betroffene Familien.

  3. Die Kosten steigen ständig und das macht mir wirklich Angst. 3100 Euro im Monat sind einfach zu viel für viele Familien! Wie können wir sicherstellen, dass das neue System für alle funktioniert?

    1. Ich mache mir auch große Sorgen um meine Eltern und ihre finanzielle Situation im Alter. Hoffentlich wird sich bald etwas ändern.

  4. Die Umfrage zeigt deutlich, dass viele Menschen eine Veränderung wollen. 65 Prozent ist eine klare Mehrheit! Aber was passiert, wenn die Politik nicht reagiert? Ich mache mir echt Sorgen um die Zukunft der Pflege.

    1. Ich denke auch, dass wir mehr Druck auf die Politiker ausüben sollten. Die Zahlen sind alarmierend und es ist höchste Zeit für eine Lösung!

    2. Ja, ich stimme zu! Es sollte nicht sein, dass Pflegebedürftige in finanzielle Schwierigkeiten geraten müssen. Wer hat Erfahrungen mit der momentanen Situation gemacht?

  5. Ich finde die Idee einer solidarischen Pflegevollversicherung wirklich gut. Es ist nicht fair, dass Pflegebedürftige so viel selbst zahlen müssen. Wie kann man diese Reform schneller vorantreiben?

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