– Ab 1. Juli 2025 einheitliches Pflegebudget von bis zu 3539 Euro jährlich.
– VdK fordert Pflege als kommunale Pflichtaufgabe, finanziert durch Bund und Länder.
– Deutschland vor tiefer Pflegekrise: 5,7 Mio. Pflegebedürftige, Fachkräftemangel verschärft Angehörigenbelastung.
VdK fordert umfassende Pflegereform mit stärkerer Einbindung der Betroffenen
Zum 1. Juli 2025 werden die Budgets für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege zu einem Gesamtbetrag von bis zu 3539 Euro pro Kalenderjahr zusammengefasst, der künftig flexibel genutzt werden kann. VdK-Präsidentin Verena Bentele bewertet diesen Schritt als positiv, warnt jedoch vor den bestehenden strukturellen Problemen: „Das flexible Abrufen von Geldern ist ein wichtiger Schritt. Das reicht aber nicht aus, wenn die Strukturen und Verantwortlichkeiten wie bisher bestehen bleiben.“
Die Pflegeinfrastruktur besonders auf dem Land weist immer größere Lücken auf. Bentele macht deutlich: „Wer Pflege allein dem Markt überlässt, riskiert, dass niemand mehr versorgt wird.“ Vor diesem Hintergrund verlangt der Sozialverband VdK, die Pflege zur Pflichtaufgabe der Kommunen zu machen, finanziert durch Bund und Länder. Nur so könnten lokale politische Entscheidungsträger die nötige Handlungsfreiheit erhalten, um Ressourcen sinnvoll zu managen und eine verlässliche pflegerische Versorgung sicherzustellen.
Die Präsidentin warnt eindringlich: „Wenn Bund und Länder bei der kommenden Pflegereform nicht gemeinsam handeln, werden Menschen beim Thema Pflege allein gelassen. Konkret bedeutet das dann eine Mehrbelastung von Angehörigen, die jetzt schon am Limit sind. Und Pflegebedürftige ohne Angehörige und ohne Versorgungsangebote bleiben schlicht unversorgt.“ Der VdK, mit rund 2,3 Millionen Mitgliedern eine der größten Interessenvertretungen in Deutschland, bereitet sich vor, als Stimme der Betroffenen aktiv in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Pflegereform mitzuwirken.
Die aktuelle Versorgungslage ist angespannt: Von den rund 5,7 Millionen Pflegebedürftigen werden etwa 86 Prozent – das sind 4,9 Millionen Menschen – zu Hause versorgt, meist durch Angehörige. Die Personalsituation verschärft die Lage zusätzlich: Prognosen gehen davon aus, dass bis 2045 in etwa 70 Prozent der Landkreise das Pflegepersonal sinken wird. Diese Entwicklung erhöht die Belastung für pflegende Angehörige deutlich. Bereits jetzt sorgen sich 80 Prozent der Pflegenden um ihre eigene Gesundheit und investieren im Schnitt 49 Stunden pro Woche in die häusliche Pflege.
Die Forderungen des VdK zeigen, dass eine reine finanzielle Anpassung von Pflegeleistungen nicht ausreicht, wenn die veränderten gesellschaftlichen und demografischen Herausforderungen nicht strukturell aufgefangen werden. Nur mit einer umfassenden Reform, die auf kommunale Verantwortung und abgestimmte Finanzierung setzt, sieht der Verband Chancen, die Pflege zu stabilisieren und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Warum die Pflegereform unverzichtbar ist – Hintergründe, Herausforderungen und Perspektiven
Die Pflegebranche in Deutschland steht unter enormem Druck. Aktuell sind rund 5,7 Millionen Menschen pflegebedürftig, wovon etwa 86 Prozent zuhause versorgt werden – meist von Angehörigen. Diese familiäre Pflege entlastet zwar das Gesundheitssystem, stellt die Pflegenden jedoch vor enorme Herausforderungen: Im Durchschnitt investieren Angehörige fast 49 Stunden pro Woche in die Pflege, viele kämpfen mit gesundheitlichen Folgen. Gleichzeitig führt der akute Fachkräftemangel dazu, dass bis 2045 in rund 70 Prozent der Landkreise mit einem Rückgang des Pflegepersonals gerechnet wird. Dadurch verschärfen sich die Versorgungslücken besonders auf dem Land weiter.
Diese Rahmenbedingungen machen die Pflegereform nicht nur zu einer sozialen, sondern auch zu einer gesellschaftlichen Notwendigkeit. Die vor kurzem eingeführte Zusammenlegung der Budgets für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege in einem flexiblen Gesamtbudget von bis zu 3539 Euro pro Jahr ist ein Schritt in die richtige Richtung. VdK-Präsidentin Verena Bentele betont jedoch: „Das flexible Abrufen von Geldern ist ein wichtiger Schritt. Das reicht aber nicht aus, wenn die Strukturen und Verantwortlichkeiten wie bisher bestehen bleiben.“ Insbesondere die Übertragung der Pflegeverantwortung an den Markt zeigt ihre Grenzen. Ohne eine breit angelegte Strukturreform droht die Versorgung gerade in ländlichen Regionen zusammenzubrechen.
Wie verändert sich die Pflege in Deutschland?
Der demografische Wandel führt zu einer kontinuierlich steigenden Zahl an Pflegebedürftigen, während gleichzeitig immer weniger Fachkräfte verfügbar sind. Diese Entwicklung stellt Kommunen und politische Entscheidungsträger vor die Aufgabe, ein System zu schaffen, das durchlässig, nachhaltig und auf unterschiedliche Bedarfe zugeschnitten ist. Die Pflegeverantwortung ausschließlich den Angehörigen zu überlassen, ist keine langfristige Lösung. Bereits jetzt sind viele pflegende Angehörige gesundheitlich und emotional stark belastet.
Die Flexibilisierung der Pflegebudgets ermöglicht zwar eine individuellere Nutzung der Gelder, doch allein dadurch werden die strukturellen Probleme nicht gelöst. Es fehlt eine verlässliche, flächendeckende Pflegeinfrastruktur und eine klare Zuweisung kommunaler Verantwortung, damit Pflegebedürftige und ihre Familien nicht im Stich gelassen werden. Der Sozialverband VdK fordert daher, dass Pflege zur Pflichtaufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge wird und kommunale Einrichtungen die notwendige finanzielle Ausstattung erhalten.
Welche Chancen bieten neue Finanzierungs- und Strukturen?
Die Zukunft der Pflege erfordert eine ressortübergreifende Finanzierung, bei der Bund, Länder und Kommunen gemeinsam Verantwortung übernehmen. Nur so kann eine Infrastruktur aufgebaut werden, die flexibel auf die steigende Nachfrage reagieren kann. Kommunen müssen mehr Handlungsfreiraum erhalten, um lokale Lösungen effizient umzusetzen. Dieser Perspektivwechsel von marktgetriebener Versorgung hin zu einer öffentlich verantworteten Pflegeinfrastruktur ist zentral, um Versorgungslücken zu schließen.
Internationale Modelle zeigen unterschiedliche Herangehensweisen, die helfen können, die deutsche Pflegereform konstruktiv weiterzuentwickeln. Dazu gehören:
- Skandinavische Länder: Starke öffentliche Trägerschaft der Pflege mit hoher kommunaler Steuerung und gut ausgebauten ambulanten Diensten.
- Niederlande: Kombination aus Pflichtversicherung und starker staatlicher Regulierung, die Qualität und Zugänglichkeit sichert.
- Frankreich: Integration von Pflegeleistungen in die kommunale Sozialpolitik mit Ausbau familiärer Unterstützungsleistungen.
- Japan: Frühzeitige Reaktion auf den demografischen Wandel mit Investitionen in Technologie und Haushaltshilfen neben professioneller Pflege.
Diese Beispiele verdeutlichen, dass Pflege sich nicht nur durch Finanzierungsmodelle, sondern vor allem durch starke, kommunale Steuerung und integrierte Versorgungskonzepte verbessern lässt.
Kommunale Verantwortung als Schlüssel zur Stabilität
Die Forderung des VdK, die Pflege zur Pflichtaufgabe der Kommunen zu machen, bedeutet eine grundlegende Neubewertung der Verantwortlichkeiten. Kommunen kennen die Bedarfe vor Ort am besten und können durch gezielte Planung und Ressourcenzuweisung Versorgungslücken vermeiden. Die aktuelle Fragmentierung finanzieller Zuständigkeiten erschwert hingegen eine nachhaltige Planung und trägt zur Überlastung informeller Pflege bei.
Eine zusammenarbeitende Finanzierung durch Bund und Länder ist unerlässlich, damit Kommunen nicht allein auf steigende Pflegeausgaben reagieren müssen. Ohne ein solches Gesamtkonzept droht sich eine Versorgungskrise zu verschärfen, die Millionen Betroffene und ihre Familien unmittelbar trifft. Politik und Gesellschaft stehen deshalb vor der Frage, wie Pflegesysteme zukunftssicher und sozial gerecht gestaltet werden können.
Offene Fragen und zukünftige Perspektiven
Die Pflegereform ist ein komplexes Vorhaben mit vielen offenen Baustellen. Dabei gilt es unter anderem, folgende Aspekte zu klären:
- Wie lassen sich Fachkräfte nachhaltig gewinnen und binden?
- Welche neuen Versorgungsmodelle können die häusliche Pflege sinnvoll ergänzen oder entlasten?
- In welchem Umfang soll der Staat die Pflegeinfrastruktur steuern und finanzieren?
- Wie gelingt eine faire Lastenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen?
- Welche Rolle spielen digitale Innovationen und neue technische Hilfen in der Versorgung?
Die Antworten auf diese Fragen werden maßgeblich darüber entscheiden, ob Deutschland die Pflegekrise bewältigt und eine menschenwürdige Versorgung für alle Pflegebedürftigen sicherstellt. Die gesellschaftliche Bedeutung der Pflege wird in den kommenden Jahren weiter zunehmen – eine umfassende und tragfähige Reform gehört deshalb auf die höchste politische Agenda.
Die Informationen und Zitate in diesem Beitrag basieren auf einer Pressemitteilung des Sozialverbands VdK Deutschland.
7 Antworten
„Pflege als kommunale Pflichtaufgabe“ klingt gut! Aber werden dann alle Kommunen genug Geld haben? Es gibt ja schon so viele finanzielle Probleme in den Städten.
Es ist erschreckend zu hören, wie viele Menschen pflegebedürftig sind. Ich finde es gut, dass der VdK sich dafür einsetzt, aber ich frage mich: Woher kommt das Geld für diese Reformen?
Die Pflege ist echt ein großes Thema in Deutschland. Ich mache mir Sorgen um die Zukunft meiner Eltern. Was denkt ihr über die Idee mit dem kommunalen Pflichtaufgaben?
Ich denke, das könnte hilfreich sein! Wenn die Gemeinden mehr Verantwortung übernehmen, könnte es besser werden für alle.
Ja, ich hoffe auch, dass mehr getan wird! Aber was ist mit der Ausbildung neuer Fachkräfte? Das muss auch schnell gehen.
Ich finde es wichtig, dass über die Pflege gesprochen wird. Aber was ist mit den Leuten, die nicht genug Geld haben? Die Reform könnte helfen, aber nur wenn alles fair verteilt wird.
Ja, das ist ein guter Punkt. Die finanzielle Unterstützung muss wirklich allen zugute kommen. Ich frage mich auch, wie die Gemeinden das umsetzen wollen.