– Die Pflegereform droht das Ziel einer langfristigen Finanzierung zu verfehlen.
– Kritik an Mehrausgaben ohne nachhaltige Finanzierungskonzepte.
– Kapitaldeckung und private Zusatzversicherungen werden als Lösung vorgeschlagen.
Pflegereform unter Druck: PKV warnt vor Fehlkurs
Die aktuellen Zwischenergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Zukunftspakt Pflege“ lösen beim Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) deutliche Kritik aus. Während Bundesgesundheitsministerin Nina Warken eine nachhaltige Reform der Sozialen Pflegeversicherung anstrebt, sieht der PKV-Verband die zentralen Ziele in Gefahr. Die vorgelegten Konzepte würden nach Ansicht des Verbands die langfristige Finanzierung der Pflegeversicherung nicht sichern.
„Es ist richtig, dass Bundesgesundheitsministerin Nina Warken sich zum Ziel gesetzt hat, die Soziale Pflegeversicherung mit einer umfassenden Reform nachhaltig aufzustellen. Die Reformkommission droht jedoch, das Ziel der langfristigen Finanzierung der Pflegeversicherung zu verfehlen. Die Zwischenergebnisse zeigen noch keine ausreichenden Ansätze, um die Pflegeversicherung generationengerecht und nachhaltig zu gestalten. Anstatt den Fokus auf eine Finanzreform zu richten, die Beitrags- und Steuerzahler vor Überlastung schützt, präsentiert die Kommission Konzepte, die zu Mehrausgaben führen und nicht finanzierbar sind.“
Besonders kritisch bewertet der PKV-Verband zwei konkrete Vorschläge aus den Zwischenergebnissen: die regelmäßige Dynamisierung der Leistungen im Umlageverfahren und die Einführung eines sogenannten Pflegedeckels im Rahmen eines Sockel-Spitze-Tauschs. Beide Instrumente würden nach Ansicht des Verbands die finanziellen Belastungen für jüngere Generationen und den Wirtschaftsstandort Deutschland weiter erhöhen.
„Das gilt insbesondere für eine regelmäßige Dynamisierung der Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung im Umlageverfahren ebenso wie für die Einführung eines sogenannten Pflegedeckels im Rahmen eines Sockel-Spitze-Tauschs. Bereits heute zeigt sich, dass die Belastungen für die junge Generation und den Wirtschaftsstandort Deutschland nicht mehr tragbar sind.“
Als Alternative zur aktuellen Reformrichtung fordert der PKV-Verband einen grundlegend anderen Ansatz. Statt auf weitere Umlagefinanzierung setzt der Verband auf Kapitaldeckung und private Vorsorge. Auch eine Weiterentwicklung des Pflegevorsorgefonds lehnt der Verband ab und verweist auf negative Erfahrungen mit staatlich verwalteten Rücklagen.
„Eine dauerhaft sichere und tragfähige Finanzierung des Pflegerisikos ist im demografischen Wandel nur durch mehr Eigenverantwortung und Kapitaldeckung möglich. Keine geeignete Lösung ist die Weiterentwicklung des Pflegevorsorgefonds: Die Vergangenheit hat schon mehrfach gezeigt, dass Rücklagen in staatlicher Obhut regelmäßig zweckentfremdet werden, um kurzfristige Finanzierungslücken zu schließen – so auch beim Pflegevorsorgefonds. Eine kapitalgedeckte Absicherung des Pflegerisikos muss vor staatlichem Zugriff geschützt werden. Das kann nur in einem privaten Rechtsrahmen gelingen. Das richtige Instrument dafür sind private Zusatzversicherungen.“
Zukunftspakt Pflege: Reform mit Bremsspur
Die Zwischenergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Zukunftspakt Pflege zeichnen einen Reformkurs, der bestehende Strukturen eher moderiert als grundlegend verändert. Eigenanteile in der Pflege sollen demnach als fester Bestandteil des Systems erhalten bleiben – lediglich ihr Anstieg soll gedämpft werden. Die Arbeitsgruppe benennt explizit Eigenverantwortung durch Zuzahlungen als politisches Ziel (Stand: Oktober 2025). Diese Ausrichtung stellt eine klare Weichenstellung dar: Statt einer grundlegenden Entlastung der Pflegebedürftigen setzt der Entwurf auf eine kontrollierte Kostenbeteiligung.
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken unterstrich im Oktober 2025, dass stetige Beitragssteigerungen nicht zielführend seien. Stattdessen sollen Effizienzsteigerungen und eine Überprüfung der Leistungsregelungen im Mittelpunkt stehen (Stand: Oktober 2025). Dieser Ansatz zielt darauf ab, das bestehende System durch interne Optimierungen zu stabilisieren, ohne die Beitragssätze deutlich anzuheben oder die Finanzierungsarchitektur grundlegend zu reformieren.
Reformpfad: Dämpfen statt Abschaffen der Eigenanteile
Die geplante Reform bewegt sich damit im Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen. Während die Politik auf Systemstabilität durch moderate Anpassungen setzt, kritisiert die Private Krankenversicherung die ausbleibende Fundamentalreform. PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther warnte, die Kommission drohe "das Ziel der langfristigen Finanzierung der Pflegeversicherung zu verfehlen". Sein Urteil fällt deutlich aus: "Die Zwischenergebnisse zeigen noch keine ausreichenden Ansätze, um die Pflegeversicherung generationengerecht und nachhaltig zu gestalten."
Die PKV positioniert sich mit ihrer Forderung nach mehr Kapitaldeckung und privaten Zusatzversicherungen als Alternative zum aktuellen Reformpfad. Reuther betont: "Eine dauerhaft sichere und tragfähige Finanzierung des Pflegerisikos ist im demografischen Wandel nur durch mehr Eigenverantwortung und Kapitaldeckung möglich." Diese Position findet im aktuellen Kompromiss der Arbeitsgruppe zwar teilweise Resonanz – etwa durch die Betonung der Eigenverantwortung –, doch in der konkreten Ausgestaltung klaffen die Vorstellungen weit auseinander.
Finanzielle Schieflage: Pflegeversicherung mit Milliardenlücke
Die wirtschaftliche Belastung im deutschen Pflegesystem zeigt sich an zwei zentralen Kennziffern, die eine strukturelle Unterfinanzierung belegen. Die Soziale Pflegeversicherung verzeichnete 2024 ein Defizit von rund 2,2 Milliarden Euro. Prognosen deuten auf eine weiter steigende Tendenz hin (Stand: 2025; Quelle: IGES Institut).
Parallel dazu entwickeln sich die Eigenanteile für Pflegebedürftige in stationären Einrichtungen dynamisch. Innerhalb von sieben Jahren stiegen die monatlichen Belastungen für Betroffene und ihre Familien erheblich an:
- 2017 lagen die durchschnittlichen Eigenanteile noch bei einem deutlich niedrigeren Niveau.
- Bis Januar 2024 erhöhten sie sich um fast 60 Prozent auf durchschnittlich 2.468 Euro pro Monat (Stand: Januar 2024; Quelle: Statistisches Bundesamt).
Diese gegenläufige Entwicklung verschärft die Situation: Während die gesetzliche Versicherung mit wachsenden Finanzierungslücken kämpft, müssen Pflegebedürftige immer höhere persönliche Beiträge aufbringen. Florian Reuther, PKV-Verbandsdirektor, kommentiert diese Diskrepanz mit den Worten: "Bereits heute zeigt sich, dass die Belastungen für die junge Generation und den Wirtschaftsstandort Deutschland nicht mehr tragbar sind."
Generationenkonflikt in der Pflegefinanzierung
Die Debatte um die Zukunft der Pflegeversicherung offenbart fundamentale Zielkonflikte zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen. Für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörige bedeuten hohe Eigenanteile eine erhebliche finanzielle Belastung, die oft an die Grenzen der persönlichen Zahlungsfähigkeit stößt. Gleichzeitig fordern Unternehmen und junge Beitragszahler planbare und tragfähige Rahmenbedingungen, um nicht durch stetig steigende Abgaben überlastet zu werden.
Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Zukunftspakt Pflege" setzt dabei bewusst auf eine Dämpfung statt vollständige Abschaffung der Eigenanteile. Dieser Ansatz betont die Eigenverantwortung der Bürger, stößt in der Gesellschaft jedoch auf kontroverse Diskussionen und verlangt nach politischen Kompromissen.
Wie entlastet man Generationen fair?
Die Privaten Krankenversicherungen plädieren für Kapitaldeckung und private Zusatzversicherungen als Schutzmechanismus vor den demografischen Risiken. Dieser Vorschlag steht im klaren Gegensatz zur Position von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken, die laut ihrer Aussage vom Oktober 2025 Effizienzsteigerungen und regelmäßige Leistungsprüfungen in den Mittelpunkt stellt.
Der grundlegende Dissens zeigt sich in der Frage des Finanzierungsmodells: Während die PKV das Umlageverfahren als problematisch ansieht und vor weiteren Belastungen für die junge Generation warnt, konzentriert sich das Ministerium auf die Optimierung des bestehenden Systems. Diese unterschiedlichen Herangehensweisen spiegeln den schwierigen Balanceakt wider, der zwischen Beitragsstabilität für die Wirtschaft, angemessenem Leistungsumfang für Pflegebedürftige und dem Prinzip der Eigenverantwortung gefunden werden muss.
Dieser Beitrag enthält Informationen und Zitate, die einer Pressemitteilung des Verbands der Privaten Krankenversicherung e.V. entstammen.
Weiterführende Quellen:
- „Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe sieht in ihren Zwischenergebnissen vor, die Eigenanteile für Pflegeleistungen weiterhin als festen Bestandteil zu belassen und deren Anstieg lediglich zu dämpfen, wobei die Eigenverantwortung durch Zuzahlungen explizit als Ziel genannt wird (Stand: Oktober 2025).“ – Quelle: https://www.stern.de/news/eigenanteile-bei-pflegeleistungen-sollen-bleiben—bund-und-laender-planen-reform-36128902.html
- „Das Defizit der Sozialen Pflegeversicherung ist laut IGES Institut im Jahr 2024 auf etwa 2,2 Mrd. Euro gestiegen, mit weiterhin steigender Tendenz (Stand: 2025).“ – Quelle: https://www.iges.com/kunden/gesundheit/forschungsergebnisse/2025/pflegereform/index_ger.html
- „Bundesgesundheitsministerin Warken betonte im Oktober 2025, dass stetige Beitragssteigerungen und Mehrbelastungen nicht zielführend seien und stattdessen Effizienzsteigerungen und eine Überprüfung der Leistungsregelungen Schwerpunkt der Reform sein sollten.“ – Quelle: https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/politik/warken-wirkungen-der-pflegeleistungen-ueberpruefen
- „Zwischen 2017 und Januar 2024 stieg der durchschnittliche monatliche Eigenanteil für die stationäre Pflege bundesweit um fast 60 % auf 2.468 Euro.“ – Quelle: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Pflege/_inhalt.html
9 Antworten
…dass wir dringend eine Lösung brauchen! Die aktuellen Konzepte scheinen nicht tragfähig zu sein. Wer ist bereit, Verantwortung zu übernehmen und echte Veränderungen herbeizuführen?
…das wäre ein guter Ansatz! Aber wie kommen wir von Worten zu Taten? Es gibt viele Stimmen da draußen!
Ich bin besorgt über die steigenden Eigenanteile in der Pflege. Warum wird nicht mehr über andere Finanzierungsmodelle nachgedacht? Die Situation wird immer dringlicher.
Das stimmt! Wir sollten auch über internationale Modelle schauen. Gibt es Länder, die bessere Lösungen gefunden haben?
…und wie können wir sicherstellen, dass diese Modelle in Deutschland anwendbar sind? Eine Diskussion darüber wäre hilfreich.
Die Idee der Kapitaldeckung klingt interessant, aber ich mache mir Sorgen um die Umsetzung. Wer kontrolliert das Geld? Und wie schützt man es vor staatlichem Zugriff? Das ist wichtig!
Ich finde den Artikel sehr aufschlussreich, besonders die Kritik an den Mehrausgaben. Wie kann man sicherstellen, dass die Pflegeversicherung wirklich nachhaltig finanziert wird? Es ist wichtig, hier auch die Stimmen der Betroffenen zu hören.
Das sehe ich auch so! Die finanzielle Belastung für pflegebedürftige Menschen ist enorm. Gibt es alternative Vorschläge zur Finanzierung, die auch wirklich funktionieren könnten?
Eine gute Frage! Ich denke, wir müssen alle zusammenarbeiten und Lösungen finden, die sowohl für Pflegebedürftige als auch für junge Beitragszahler fair sind.