Bremen (VBR). Am Vorabend des Weltfrauentags liefert eine neue Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) aufschlussreiche Einblicke in die Welt der häuslichen Pflege in Deutschland. Erstaunlicherweise zeigt sich, dass trotz zunehmender Diskussionen über Geschlechtergerechtigkeit und Rollenverteilung in der Gesellschaft, die Pflege von Angehörigen mehrheitlich immer noch von Frauen getragen wird. Die Ergebnisse, die für den “WIdOmonitor” erfasst wurden, verdeutlichen, dass knapp zwei Drittel, genau 63 Prozent, der Menschen, die sich zuhause um pflegebedürftige Angehörige kümmern, Frauen sind.
Dr. Carola Reimann, die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, kommentierte diese Erkenntnisse prägnant: “Unsere Befragung zeigt, dass die Pflege Angehöriger nach wie vor überwiegend Frauensache ist. Bemerkenswert ist, dass sich der Frauenanteil von 63 Prozent im Vergleich zur Vorgänger-Befragung von 2019 nicht verringert hat.” Sie betont, dass es einer gesamtgesellschaftlichen Anstrengung bedarf, um zu einer gerechteren Verteilung der Pflegeverantwortung und der damit einhergehenden Belastungen zu gelangen. Insbesondere die Tatsache, dass Frauen häufiger für die Pflege ihrer Eltern, Schwiegereltern oder pflegebedürftigen Kinder verantwortlich sind, spiegelt ein Fortbestehen traditioneller Rollenbilder wider.
Einen wichtigen Zusammenhang stellt Dr. Reimann zwischen der Pflegeverteilung und dem Gender Pay Gap her: “Oft ist es schlicht billiger und ökonomisch rational für Paare, die schlechter bezahlte Arbeit von Frauen zugunsten der Pflege Angehöriger aufzugeben.” Diese Worte unterstreichen, dass die Frage der Pflegeverteilung nicht losgelöst von anderen geschlechtsspezifischen Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt betrachtet werden kann. Die Übernahme von Pflegeaufgaben und die damit verbundene wirtschaftliche Rationalität von Familien, die eine Person (häufig die Frau) aus dem Berufsleben zurückzieht, veranschaulicht ein tief verwurzeltes Problem, das systematische Veränderungen erfordert.
Die studienbasierten Erkenntnisse fußen auf einer Umfrage unter rund 1.000 erwachsenen Hauptpflegepersonen, realisiert über das forsa.omninet Online-Panel. Hierbei standen Personen im Fokus, die Angehörige in der eigenen Häuslichkeit pflegen und betreuen. Eine detaillierte Veröffentlichung der Ergebnisse im “WIdOmonitor” steht bevor und verspricht, weiteren Aufschluss über die komplexe Dynamik der häuslichen Pflege in Deutschland zu geben. Auch wenn die Ergebnisse ein bestehendes Ungleichgewicht bestätigen, so ist die bewusste Auseinandersetzung mit der Thematik ein Schritt in die richtige Richtung. Nur durch gemeinsame Initiativen von Politik, Gesellschaft und Wirtschaft kann eine gerechtere und inklusivere Gestaltung der Pflegeverantwortung erreicht werden.
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Reimann zum Weltfrauentag: Angehörigen-Pflege darf nicht allein Frauensache sein
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