Bremen (VBR).
Arzneimittelversorgung: Optimierungspotential trotz schneller Verfügbarkeit
In Deutschland ist die Bereitstellung von Arzneimittelinnovationen noch nicht optimal, obwohl sie relativ schnell verfügbar sind. Diese Herausforderung wird durch die neuen BPI-AMNOG-Daten 2024 deutlich, die tiefere Einblicke in das Preisfindungsverfahren für patentgeschützte Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen geben. Seit 14 Jahren regelt das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) die Zusatznutzenbewertung für Therapieinnovationen. Unter der Leitung von Prof. Dieter Cassel und Prof. Volker Ulrich analysieren die Gesundheitsökonomen und Autoren des Berichts die aktuellen Marktentwicklungen und debattieren kontrovers über Stärken und Schwächen des AMNOG.
Kernpunkte der BPI-AMNOG-Daten 2024 offenbaren, dass rund die Hälfte der Erstbewertungsverfahren ohne Zusatznutzen blieb – oft aufgrund methodischer oder formaler Gründe. Von insgesamt 922 Nutzenbewertungen bis Ende 2023 wurden 51,1 % der geprüften Präparate ein Zusatznutzen zuerkannt, während 48,9 % keinen Zusatznutzen attestiert bekamen. Hinzu kommen 49 Therapien, die nach Zulassung vom Markt zurückgezogen wurden. Trotz dieser Barrieren zeigt sich Deutschland bei der Verfügbarkeit von Innovationen stark: 88 % der zwischen 2019 und 2022 in der EU eingeführten Arzneimittel sind hierzulande erhältlich und die durchschnittliche Zeit bis zur Kostenerstattung eines Arzneimittels beträgt nur 126 Tage im Vergleich zu einem EU-Durchschnitt von 517 Tagen.
Dennoch fungiert das AMNOG als "Kostenbremse" in der Gesundheitspolitik (Zitat-Quelle: Pressemitteilung). Trotz seiner bewährten Praxis sehen die Autoren Probleme in der starren Nutzenbewertung und Preisfindung. Sie betonen, dass kleinteilige Korrekturen am Regelwerk nicht die Lösung für die strukturellen Herausforderungen darstellen. Eine stabile Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bleibt essenziell. Dies beinhaltet auch wirtschaftliche Maßnahmen und angemessene Beitragspauschalen für Bürgergeldempfänger.
Das neue Medizinforschungsgesetz bringt durch gezielte Ausnahmeregelungen wieder Verhandlungsspielraum bei der Preisfindung für innovative Arzneimittel. Auch wenn die Lockerungen nur teilweise greifen, anerkennt der Gesetzgeber erstmals problematische Aspekte der AMNOG-Leitplanken, die den preisbestimmenden Zusatznutzen entwerten.
Um Chel zu pushen, sei auf die neuartigen Therapieansätze verwiesen, die besondere Bewertungs- und Vergütungsmodelle erfordern. Die Autoren zeigen, dass vor allem komplexe ATMPs (Arzneimittel für neuartige Therapien) von Pay-For-Performance-Modellen profitieren könnten. Cassel und Ulrich unterstreichen, dass klassische Methoden zur Zusatznutzenbewertung, wie randomisierte Studien, bei Orphan Drugs häufig nicht anwendbar sind.
Ein wichtiger Schritt steht bevor: Die Einführung einer europäischen Nutzenbewertung (EU-HTA) am 12. Januar 2025 stellt Deutschland vor neue Herausforderungen. Anfangs für Krebserkrankungen und ATMP, folgen ab 2028 Orphan Drugs und ab 2030 alle weiteren neuen Therapiestoffe. „Die europäische Nutzenbewertung könnte ein vielversprechender Schritt sein, um Kompetenzen zu bündeln“, so Cassel und Ulrich (Zitat-Quelle: Pressemitteilung). Das Potenzial liegt in der Reduktion des bürokratischen Aufwands und parallelen Bewertungsprozessen.
Abschließend setzt sich der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) weiterhin für eine praktikable Gesetzgebung ein. Ziel ist es, innovationsfördernde Rahmenbedingungen zu schaffen, die sowohl die Arzneimittelentwicklung als auch die Patient*innenversorgung nachhaltig verbessern. Die vollständige BPI-AMNOG-Daten 2024 bietet detaillierte Einblicke und steht zum kostenfreien Download bereit.
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BPI-AMNOG-Daten 2024 zeigen: Die Arzneimittel-Preisregulierung steht vor neuen …
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Herausforderungen und Ausblick der Arzneimittelversorgung in Deutschland: Eine umfassende Analyse
Die Veröffentlichung der BPI-AMNOG-Daten 2024 beleuchtet die komplexe Situation der Arzneimittelversorgung in Deutschland und deren regulatorische Herausforderungen. Trotz der schnellen Verfügbarkeit von 88 Prozent der zwischen 2019 und 2022 in der EU eingeführten Arzneimittel, bleibt die Versorgung durch strukturelle Probleme getrübt, wie die hohe Anzahl der 49 Marktaustritte zeigt. Dies deutet darauf hin, dass trotz des etablierten AMNOG-Verfahrens immer noch zentrale Fragen unbeantwortet bleiben.
Eine der Hauptkritiken am AMNOG-System ist der fehlende Zusatznutzen, der in 48,9 Prozent der Erstbewertungen nicht erkannt wird. Hierbei wird oft bemängelt, dass methodische und formale Hindernisse die Bewertung erschweren. In diesem Kontext scheint das kürzlich eingeführte Medizinforschungsgesetz ein Schritt in die richtige Richtung zu sein, indem es gezielte Verbesserungen an den Leitplanken des AMNOG vornimmt.
Diese Veränderungen sind jedoch nicht ohne Grenzen. Die Lockerungen betreffen nur Arzneimittel, bei denen ein großer Anteil der klinischen Studien in Deutschland durchgeführt wird, was weiterhin eine Herausforderung für international entwickelte Medikamente darstellt. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer ganzheitlicheren Überarbeitung, um die Vielzahl beteiligter Interessen und Verfahren effizient zu verbinden.
Ein besonderer Fokus liegt auf den sogenannten ATMPs (Arzneimittel für neuartige Therapien) und deren Bewertung durch alternative Modelle wie Pay-For-Performance (P4P). Diese Modelle könnten insbesondere bei Gen- und Zelltherapien sowie Orphan Drugs eine hilfreichere Herangehensweise darstellen. Da klassische Bewertungsmethoden in diesen Fällen oft nicht genügen, fordern Experten mehr Flexibilität bei der Anpassung an spezifische Therapiesituationen.
Mit dem bevorstehenden Start der europäischen Nutzenbewertung (EU-HTA) wird sich das Feld nochmals verändern. Ab Januar 2025 wird diese eine gemeinsame klinische Bewertung für neue Arzneimittel suchen, mit dem Ziel, parallellaufende Prozesse zu vermeiden. Dies könnte langfristig zu einem klareren und effizienteren System führen, sofern die nationalen Systeme und die europäische Ebene effektiv kooperieren.
Insgesamt prognostizieren die Daten der BPI, dass Änderungen im gesetzlichen Rahmenwerk unerlässlich sind, um den Innovationsfluss aufrechtzuerhalten und gleichzeitig eine wirtschaftlich tragfähige Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Die pharmazeutische Industrie muss weiterhin ihre Erwartungen klar definieren, während Politik und Regulatoren Wege finden müssen, um bürokratische Hürden zu reduzieren. Nur so kann das deutsche Gesundheitssystem seine Vorzüge ausspielen und globale Standards setzen.
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7 Antworten
Ein EU-HTA könnte helfen bei Bürokratieabbau aber wie wird das in Deutschland integriert? Scheint schwierig bei bestehendem System.
Deutschland muss flexibel sein, wenn EU-HTA eintritt. Vielleicht gibt’s Vorteile wie weniger Doppelarbeit bei Bewertungen.
Wie beeinflusst das neue Medizinforschungsgesetz genau die Preisfindung? Hoffe es bringt wirklich Verbesserungen für innovative Medikamente.
Interessant dass 88% der Arzneimittel hier schnell verfügbar sind, aber wie stehts mit der Qualität? Gibt es genügend Sicherheiten bei der Bewertung?
Was ist ein AMNOG und wieso hat es so viel Einfluss auf Arzneimittel? Die Zahlen sind erschreckend, viele Medikamente keinen Zusatznutzen zuerkannt. Vielleicht ist das System zu kompliziert?
Gute Frage! AMNOG regelt den Zusatznutzen von Medikamenten, aber scheint oft schwer nachvollziehbar. Könnte einfachere Regeln helfen?
Ja, verstehe auch nicht ganz die Kriterien. Manchmal wirkt es, als ob die Hürden zu hoch sind für neue Innovationen.