– BDEW verlangt substanzielle Nachbesserungen an Konsultationsentwürfen der Bundesnetzagentur im NEST-Prozess
– Entwürfe entziehen Netzbetreibern bis zu 2,4 Mrd Euro Investitionsmittel je Regulierungsperiode
– BDEW kritisiert fehlende ehrliche Folgenabschätzung und unzureichende OPEX-Anerkennung
BDEW fordert Nachbesserungen an den Festlegungsentwürfen der Bundesnetzagentur im NEST-Prozess
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat im Rahmen des NEST-Prozesses den ersten Teil der Festlegungsentwürfe zur Weiterentwicklung des Regulierungsrahmens für Strom- und Gasnetzbetreiber vorgelegt. Diese Entwürfe zur Rahmenfestlegung RAMEN Strom, RAMEN Gas sowie zur Methodenfestlegung StromNEF/GasNEF bestimmen maßgeblich, wie die Wirtschaftlichkeit des Netzbetriebs künftig gesteuert wird. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sieht darin einen entscheidenden Hebel für die Energiewende, warnt jedoch vor erheblichen Risiken und fordert Nachbesserungen.
„Die Energiewende braucht starke Netzbetreiber. Der Regulierungsrahmen muss ihre Investitions- und Leistungsfähigkeit stärken – zum Wohle aller Netznutzer“, betont Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Zwar anerkennt der BDEW, dass die Bundesnetzagentur dort sachgerecht agiere, wo ein intensiver öffentlicher Entscheidungsprozess stattgefunden habe, wie etwa bei der Umstellung auf den WACC-Ansatz zur Bestimmung der Mindestrendite. Doch an zentraler Stelle kritisiert der Verband: „Zentrale Regelungen werden stur weiterverfolgt, obwohl die Netzbetreiber nachgewiesen haben, dass diese zur Schwächung der Investitionsfähigkeit der Unternehmen führen.“
Aus Sicht des BDEW führt ein rigides Sparprogramm nicht zu der nötigen Innovations- und Investitionskraft, die angesichts der umfangreichen Herausforderungen im Netzbereich unabdingbar ist. Die Festlegungsentwürfe würden den Netzbetreibern Mittel entziehen, die sie dringend brauchen, um das Netz für die Energiewende zu modernisieren und flexibel zu gestalten. Dabei fehlen laut BDEW vor allem verbindliche und ehrliche Folgenabschätzungen, die die regulatorischen Risiken angemessen erfassen: „Die Methodenänderungen dürfen aber nicht zu zusätzlichen regulatorischen Risiken bei den Netzbetreibern führen. Was vor allem fehlt, ist daher eine ehrliche Folgenabschätzung, die diese Risiken sachgerecht erfasst.“
Eine eigene Folgenabschätzung des BDEW zeigt deutlich, dass sich die Leistungs- und Investitionsfähigkeit der Netzbetreiber durch die aktuellen Pläne deutlich verschlechtern wird. Konkret drohen den Unternehmen allein in einer Regulierungsperiode strukturelle Verschlechterungen in Höhe von geschätzt 2,4 Milliarden Euro. Besonders kritisiert wird die ungleiche Behandlung bei der Anerkennung der Betriebskosten: Als vermeintliches Feigenblatt werde damit versucht, massive Einschnitte zu kaschieren. Das führe zu Benachteiligungen gerade bei kleineren Netzbetreibern, wodurch auf indirekte Weise auch Strukturpolitik betrieben werde.
Darüber hinaus behandelt die Bundesnetzagentur auch die Gasnetzbetreiber in der Festlegung kritisch: Sie erhalten keinen OPEX-Aufschlag, also keinen zusätzlichen Beitrag auf Betriebskosten. Das lasse die strukturellen Verschlechterungen bei ihnen voll durchschlagen. Gerade jetzt, wo der Netzausbau und Innovationen in neue Technologien für alle Netzbetreiber zwingend sind, wirke die Regulierungsbehörde dem entgegen und setze auf ein Sparprogramm, das aus Sicht des BDEW falsch sei.
Die Konsequenzen dieser Politik treffen letztlich auch die Netznutzer und das Gesamtsystem: „Mehr leisten, und weniger bekommen darf keinesfalls das Leitmotiv der neuen Regulierung werden – das wird nicht funktionieren und einer der zentralen Pfeiler des Wirtschaftsstandorts Deutschland gerät in Gefahr.“ Aus diesem Grund fordert der BDEW, dass die Bundesnetzagentur in der anstehenden Konsultation nachbessert – insbesondere bei anstehenden Festlegungen zur Methodik des Inflationsausgleichs, beim Effizienzvergleich und bei der Ermittlung eines wettbewerbsfähigen Eigenkapitalzinssatzes.
Weitere Details finden sich online unter: https://www.bdew.de/presse/konsultation-darf-kein-feigenblatt-sein-nachbesserungen-sind-dringend-erforderlich/
Warum die Netzregulierung für die Zukunft Deutschlands entscheidend ist
Die Debatte um die Netzregulierung betrifft weit mehr als nur die Betreiber der Strom- und Gasnetze – sie hat direkten Einfluss auf jede Bürgerin und jeden Bürger in Deutschland. Die Netzbetreiber sind zentrale Akteure für die Versorgungssicherheit, den Ausbau erneuerbarer Energien und damit für das Gelingen der Energiewende. Ein effizienter und verlässlicher Regulierungsrahmen entscheidet maßgeblich, wie leistungsfähig die Netze in Zukunft sind und welche Investitionen möglich werden. Gerade in einer Zeit, in der die Transformation des Energiesystems enorme Herausforderungen mit sich bringt, beeinflussen regulatorische Vorgaben die Handlungsfähigkeit der Netze unmittelbar.
Der aktuelle Prozess „Netze. Effizient. Sicher. Transformiert (NEST)“ der Bundesnetzagentur zielt darauf ab, den Regulierungsrahmen für Strom- und Gasnetze neu zu gestalten. Dabei stehen vor allem die Rahmenfestlegungen und Methoden fest, die festlegen, wie Netzbetreiber ihre Kosten refinanzieren und welche Investitionsanreize sie erhalten. Entscheidend ist, dass die Regulierung die Unternehmen nicht unter Sparzwang setzt, sondern sie befähigt, Netzausbau und Modernisierung voranzutreiben. Andernfalls drohen Verzögerungen bei der Anbindung erneuerbarer Energien, bei der Förderung von Ladeinfrastrukturen für Elektromobilität sowie bei der Netzstabilität.
Investitionsanreize funktionieren über angemessene Kapitalrenditen, die den Netzbetreibern ermöglichen, ihre Investitionen zu finanzieren und Innovationen umzusetzen. Die Bundesnetzagentur plant, künftig den sogenannten WACC-Ansatz (Weighted Average Cost of Capital) für die Bestimmung der Mindestrendite zu verwenden, was eine genauere Abbildung der Finanzierungskosten ermöglicht. Allerdings zeigt der BDEW, dass andere vorgeschlagene Änderungen die Investitionsfähigkeit beeinträchtigen, beispielsweise durch fehlende Betriebskostenzuschläge (OPEX-Aufschläge) und durch eine striktere Kostenerstattung. Diese Maßnahmen könnten insgesamt Mittel in Milliardenhöhe entziehen und somit den Ausbau und die Anpassung der Netze bremsen.
Regulierungsdruck, Investitionen und Innovationsfähigkeit
Das Spannungsfeld dieser Diskussion liegt zwischen der Notwendigkeit, die Kosten für Endverbraucher im Blick zu behalten, und der Sicherstellung ausreichender Investitionen in die Netze. Ein einseitiges Sparprogramm in der Regulierung gefährdet laut BDEW die Innovationskraft und Leistung der Netzbetreiber. Gerade jetzt, wo das Strom- und Gasnetz zunehmend komplexer und digitaler wird, sind Investitionen in Flexibilität, digitale Steuerungssysteme und Kapazitätserweiterungen unerlässlich.
Vor diesem Hintergrund wird der Einfluss der Regulierung auf die Finanzierungsmöglichkeiten der Unternehmen deutlich: Ohne angemessene Erträge sinkt die Bereitschaft zu Investitionen. Das kann zu Engpässen beim Netzausbau führen und somit den Anschluss von Erneuerbare-Energien-Anlagen und Ladeinfrastruktur verzögern. Die Netzbetreiber benötigen daher einen belastbaren und vor allem fairen Regulierungsrahmen, der ihre Leistungsfähigkeit stärkt und keine strukturellen Nachteile schafft.
Blick nach vorn: Herausforderungen und Alternativen
Die Regulierung birgt sowohl Chancen als auch Risiken für die Gesellschaft und das Energiesystem. Im Überblick lassen sich folgende Punkte hervorheben:
- Versorgungssicherheit: Ohne ausreichende Investitionen steigen die Risiken für Netzengpässe und Stromausfälle.
- Energiewende: Verzögerte Netzausbau- und Anschlussprozesse können den Umstieg auf Erneuerbare Energien bremsen.
- Innovationskraft: Ein ungünstiger Regulierungsrahmen schränkt die Einführung neuer Technologien und moderner Steuerungssysteme ein.
- Kosteneffizienz: Regulierung muss sicherstellen, dass Verbraucher faire Preise zahlen, ohne dass die Qualität und Zukunftsfähigkeit des Netzes leidet.
- Strukturpolitik: Ungleichbehandlung von Netzbetreibern und Wettbewerbsverzerrungen können den Markt schwächen und die gesamtwirtschaftlichen Effekte verschärfen.
International betrachtet existieren verschiedene Modelle für die Netzregulierung, die zwischen stärkerem staatlichem Eingreifen und marktorientierten Ansätzen differenzieren. Die Herausforderung besteht darin, aus diesen bewährten Praktiken das geeignete Gleichgewicht für Deutschland zu finden, das die dringend erforderlichen Investitionen sichert und gleichzeitig eine kosteneffiziente Versorgung gewährleistet.
Die anstehenden Entscheidungen im NEST-Prozess und die Qualifizierung der Methodik für Kalkulationen wie den Inflationsausgleich oder die Eigenkapitalkosten werden maßgeblichen Einfluss darauf haben, ob die Netzbetreiber künftig ausreichend Ressourcen für den notwendigen Netzausbau und die Sicherstellung der Versorgung erhalten. Wie Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, betont: „Mehr leisten, und weniger bekommen darf keinesfalls das Leitmotiv der neuen Regulierung werden“. Die Konsequenzen dieser Regulierungsvorgaben betreffen damit nicht nur die wirtschaftliche Stabilität der Netzbetreiber, sondern auch die gesamte Gesellschaft und das Klima.
Die in diesem Beitrag verwendeten Informationen und Zitate stammen aus einer Pressemitteilung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.
9 Antworten
…es ist bedenklich, dass strukturelle Nachteile für kleinere Anbieter bestehen bleiben. Welche Lösungen könnten hier helfen? Ich würde gerne mehr dazu lesen!
…ich denke auch, dass wir kreative Ansätze brauchen! Es muss ein Gleichgewicht zwischen Kosten und Qualität geben!
…was mich besonders interessiert: Wie können wir als Verbraucher unsere Stimme in diesen Diskussionen einbringen? Ich denke, es sollte mehr öffentliche Debatten geben.
…ja genau! Wir sollten alle unsere Meinungen teilen und aktiv sein! Wo gibt es solche Debatten und wie kann ich teilnehmen?
Interessanter Artikel! Es ist wichtig, dass wir den Regulierungsrahmen im Blick behalten. Was denkt ihr über den WACC-Ansatz? Kann er wirklich helfen, die Situation zu verbessern?
Die Kritik an der Bundesnetzagentur ist berechtigt. Wenn die Investitionsmittel entzogen werden, wie sollen die Netzbetreiber dann innovativ bleiben? Gibt es Beispiele aus anderen Ländern, wo das besser läuft?
Ich finde die Forderungen des BDEW wichtig. Ohne ausreichende Investitionen wird die Energiewende nicht gelingen. Wie denkt ihr, kann man Netzbetreiber besser unterstützen? Welche Methoden sollten verändert werden?
Ich stimme zu! Die fehlenden OPEX-Zuschläge sind wirklich ein Problem. Wie können wir sicherstellen, dass kleinere Betreiber nicht benachteiligt werden?
Eine ehrliche Folgenabschätzung wäre echt notwendig. Ich frage mich, ob die Bundesnetzagentur bereit ist, das zu ändern?