– Investoren sehen geplanten Regulierungsrahmen für Netzbetreiber als ungeeignet
– Zwei Drittel halten Rahmen für unzureichend zur Deckung des Kapitalbedarfs
– 90 Prozent fordern vollständige Anerkennung der Fremdkapitalzinsen
Investoren fordern Nachbesserungen bei Netzregulierung
Eine aktuelle Umfrage des BDEW unter Kapitalmarktakteuren zeigt deutliche Kritik am geplanten Regulierungsrahmen für die deutsche Netzinfrastruktur. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Finanzierung der Energiewende gefährdet sein könnte, wenn die Bedenken der Investoren nicht berücksichtigt werden. Die Modernisierung der Strom- und Gasnetze erfordert Milliardensummen, die ohne privates Kapital nicht aufzubringen sind – mit direkten Auswirkungen auf die Energiesicherheit und die Kosten für Verbraucher.
Die repräsentative Befragung unter 33 Kapitalmarktakteuren (Stand: 27. Okt. 2025)* ergab: Viele Befragte halten den aktuell diskutierten Regulierungsrahmen noch nicht für geeignet, um den immensen Kapitalbedarf der Energiewende in den Netzen zu decken. Mit dem Thema beschäftigen sich 85 Prozent der Befragten Kapitalmarktakteure intensiv*. Besonders kritisch bewerten die Investoren die geplante pauschale Vergütung der Fremdkapitalzinsen – 90 Prozent der Investoren stufen eine auskömmliche Anerkennung der Fremdkapitalkosten als sehr wichtig ein*. Auch die Ausgestaltung der Effizienzanreize und die Anerkennung von steigenden Betriebskosten halten 70 Prozent der Kapitalmarktakteure für wesentliche Kriterien*.
BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae betont: „Die Bundesnetzagentur muss die Sicht der Investoren einbeziehen. Wir brauchen deshalb einen attraktiven, international wettbewerbsfähigen Regulierungsrahmen“. Zur konkreten Ausgestaltung führt sie aus: „Wir halten eine dynamische Anpassung des Fremdkapitalzinssatzes für wichtig, die die tatsächliche Marktentwicklung Jahr für Jahr abbildet“. Abschließend warnt Andreae: „Die Investoren erwarten eine marktkonforme Eigenkapitalrendite und eine vollständige Deckung der Fremdkapitalkosten. Der WACC-Ansatz ist kein Allheilmittel für alle Herausforderungen der Regulierung. Um den großen Modernisierungsbedarf unserer Netzinfrastruktur zu sichern, brauchen wir einen attraktiven und international wettbewerbsfähigen Anreizregulierungsrahmen“.
NEST-Prozess: Zeitplan und offene Punkte
Der NEST-Prozess markiert eine der umfassendsten Reformen der deutschen Netzregulierung seit Jahren. Die Bundesnetzagentur entwickelt dabei einen neuen Rahmen für die Anreizregulierung von Strom-, Gas- und Fernleitungsnetzbetreibern.
Was der NEST-Prozess regeln soll
Im Kern geht es um die Neugestaltung zentraler Parameter für die Netzbetreibervergütung. Die Festlegungsentwürfe sehen für die nächste Regulierungsperiode eine pauschalierte Ermittlung der Kapitalkosten (WACC) mit festen Finanzierungsquoten vor*. Diese Standardisierung soll das Verfahren international vergleichbarer machen, wirft aber Fragen zur Risikoabdeckung auf.
Die pauschalierte Kapitalkostenermittlung beeinflusst direkt das Risiko- und Renditeprofil von Netzinvestitionen. Für Investoren entscheidet sich hier, ob künftige Erlöse ausreichend Planungssicherheit bieten, um Milliardenbeträge in Netzausbau und Modernisierung zu lenken.
Zeitplan und formale Schritte
Der Prozess folgt einer klaren Chronologie:
- Januar 2024: Veröffentlichung der Eckpunkte durch die Bundesnetzagentur*
- 18. Juni 2025: Vorlage des Festlegungsentwurfs zur pauschalierten WACC-Ermittlung*
- 30. Juni 2025: Methodenfestlegungsentwürfe zu Kapitalverzinsung, Effizienzvergleich und Produktivitätsfaktor für Strom- und Gasnetze wurden zur Konsultation gestellt*
Parallel dazu verdeutlicht eine aktuelle Angabe der Bundesnetzagentur die Bedeutung von Finanzierungsrückflüssen: Netzbetreiber konnten im Jahr 2025 rund 30 % ihrer Investitionen durch Rückflüsse aus Abschreibungen finanzieren*. Diese Finanzierungsquelle könnte durch geplante Änderungen beim Effizienzvergleich künftig schwerer planbar werden.
Bis zu den finalen Beschlüssen Ende 2025 bleiben zentrale Fragen offen, insbesondere zur konkreten Ausgestaltung der Kapitalkostenanerkennung und der Behandlung steigender Betriebskosten während der Regulierungsperiode.
Investitionsvolumen und regulatorische Rahmenbedingungen im Überblick
Die Dimension der notwendigen Netzinvestitionen in Deutschland erfordert klare finanzielle und regulatorische Grundlagen. Für den Zeitraum 2022 bis 2030 beläuft sich der Investitionsbedarf für den deutschen Netzausbau auf rund 320 Milliarden Euro, was etwa 40 Milliarden Euro pro Jahr entspricht*.
Private Investoren tragen wesentlich zur Finanzierung dieser Großprojekte bei. Ihr Anteil an Netzausbauprojekten in Deutschland liegt bei etwa 35 Prozent*. Für die Attraktivität dieser Investitionen spielen die regulatorischen Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle.
Ein EU-Bericht beziffert die durchschnittliche erlaubte Gesamtkapitalverzinsung (WACC) für deutsche Übertragungsnetzbetreiber auf 5,3 Prozent. Die tatsächlichen Fremdkapitalzinsen im deutschen Energie-Infrastruktursektor liegen mit einem durchschnittlichen Effektivzinssatz von 4,2 Prozent aktuell darunter.
| Jahr | Indikator | Wert | Einheit | Quelle / Stand |
|---|---|---|---|---|
| 2022–2030 | Investitionsbedarf | 320 Mrd. | Euro | Stand: März 2023 |
| 2023 | WACC (DE, avg.) | 5,3 % | Prozent | Stand: Mai 2024 |
| 2024 | Anteil privater Investoren | 35 % | Prozent | Stand: Mai 2024 |
| 2024 | Fremdkapitalzinsen | 4,2 % | Prozent | Stand: Juni 2024 |
Was ein weniger investorenfreundlicher Rahmen bedeuten könnte
Die aktuelle Diskussion um den NEST-Prozess geht weit über regulatorische Details hinaus – sie betrifft die grundlegende Finanzierungsfähigkeit der Energiewende. Ein Investitionsbedarf für die Modernisierung der Netzinfrastruktur wird allgemein anerkannt.*
Bleibt der Regulierungsrahmen aus Sicht der Kapitalgeber unattraktiv, könnten sich verschiedene Konsequenzen abzeichnen:
- Verzögerungen beim Netzausbau, da Investitionen in kritische Infrastrukturprojekte zurückgestellt werden
- Größerer Effizienzdruck auf Netzbetreiber, die ihre Investitionsplanung anpassen müssten
- Mögliche Verteuerung des Netzausbaus durch höhere Finanzierungskosten
- Auswirkungen auf die Strompreisentwicklung für Endverbraucher
- Risiken für die Versorgungssicherheit bei langfristig unterfinanzierten Netzen
- Wettbewerbsnachteile für den Wirtschaftsstandort Deutschland
Die Bundesnetzagentur veröffentlichte im Januar 2024 Eckpunkte zum NEST-Prozess. Die finalen Beschlüsse sind für Ende 2025 vorgesehen.* Aktuell wertet die Behörde Stellungnahmen aus der Konsultationsphase aus, bevor eine verbindliche Regulierungsmethode festgelegt wird.*
Für vertiefende Informationen zu den Investorpositionen steht die vollständige BDEW-Umfrage online zur Verfügung.*
Die nachfolgenden Informationen beruhen auf einer Pressemitteilung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW).
Weiterführende Quellen:
- „Im Rahmen des NEST-Prozesses hat die Bundesnetzagentur im Januar 2024 die Eckpunkte veröffentlicht; finale Beschlüsse sind für Ende 2025 angekündigt.“ – Quelle: https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Beschlusskammern/GBK/GBK_Termine/Downloads/2025/09_2025/17_09_2025/Sonderbeirat_Langfassung.html
- „Methodenfestlegungsentwürfe zu Kapitalverzinsung, Effizienzvergleich und Produktivitätsfaktor für Strom- und Gasnetze wurden am 30.06.2025 von der Bundesnetzagentur zur Konsultation gestellt.“ – Quelle: https://www.utility-partners.de/zwischenstand-zum-nest-prozess-bundesnetzagentur-legt-festlegungsentwuerfe-zur-neugestaltung-des-regulierungsrahmens-vor/
- „Laut Bundesnetzagentur konnten Netzbetreiber im Jahr 2025 rund 30 % ihrer Investitionen durch Rückflüsse aus Abschreibungen finanzieren.“ – Quelle: https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Beschlusskammern/GBK/GBK_Termine/Downloads/2025/09_2025/17_09_2025/Sonderbeirat_Langfassung.html
- „Die neuen Vorgaben der Bundesnetzagentur verschärfen den Effizienzdruck: Ineffiziente Kosten müssen künftig innerhalb von drei Jahren abgebaut werden, und die Regulierungsperiode wird von fünf auf drei Jahre verkürzt.“ – Quelle: https://www.utility-partners.de/zwischenstand-zum-nest-prozess-bundesnetzagentur-legt-festlegungsentwuerfe-zur-neugestaltung-des-regulierungsrahmens-vor/
- „Nach Berechnungen wird der Investitionsbedarf für den deutschen Netzausbau von 2022 bis 2030 auf rund 320 Mrd. Euro geschätzt, entsprechend ca. 40 Mrd. Euro pro Jahr.“ – Quelle: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/E/energienetze-und-netzausbau-fakten.html
- „Ein EU-Bericht weist für 2023 eine durchschnittliche WACC von 5,3 % für deutsche Übertragungsnetzbetreiber aus; im Vergleich liegen französische Betreiber bei 5,9 %, niederländische bei 4,7 %.“ – Quelle: https://energy.ec.europa.eu/system/files/2024-05/EU-regulatory-WACC-study.pdf
- „Der Anteil privater Investoren an Netzausbauprojekten in Deutschland liegt 2024 bei etwa 35 %, mit leicht steigender Tendenz gegenüber den Vorjahren.“ – Quelle: https://www.isi.fraunhofer.de/content/dam/isi/dokumente/ccx/Forschung/Netzinvestitionen-Deutschland.pdf
- „Die Festlegungsentwürfe der Bundesnetzagentur sehen für die nächste Regulierungsperiode eine pauschalierte Ermittlung der Kapitalkosten (WACC) mit festen Finanzierungsquoten vor.“ – Quelle: https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Beschlusskammern/GBK/Zwischenstand_Sommer_25/Downloads/Antwortbrief_Stellungnahme_NEST_Prozess_BF.html
- „Fremdkapitalzinsen im deutschen Energie-Infrastruktursektor lagen 2024 im Schnitt bei 4,2 % Effektivzinssatz.“ – Quelle: https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.843180.de/netzinvestitionen_2024.pdf
8 Antworten
Stadler Achim ist ein guter Name! Ich stimme zu mit den Punkten von Frau Andreae; ohne private Investitionen wird es schwierig! Gibt es vielleicht schon konkrete Vorschläge von Seiten der Investoren zur Verbesserung des Rahmens?
‚Die Effizienzanreize‘ sind ein wichtiger Punkt! Es wäre interessant zu sehen, welche konkreten Vorschläge gemacht werden können, um diese Anreize zu verbessern und für alle Beteiligten attraktiv zu gestalten.
Es scheint mir, als ob die Investoren wirklich besorgt sind über die zukünftigen Entwicklungen im Netzbereich. Wenn wir keine klaren Regelungen haben, wie sollen wir dann den Netzausbau sicherstellen? Wer kümmert sich um diese Probleme?
Ich denke auch, dass es dringend Lösungen braucht! Vielleicht könnte ein Dialog zwischen Investoren und der Bundesnetzagentur helfen? Was meint ihr?
Das wäre wirklich sinnvoll! Ein transparenter Austausch könnte viele Fragen klären und vielleicht sogar Vertrauen schaffen.
Ich denke auch, dass eine vollständige Anerkennung der Fremdkapitalzinsen notwendig ist. Was würde es kosten, wenn das nicht umgesetzt wird? Die Verbraucher könnten darunter leiden. Ich hoffe auf positive Änderungen.
Ja, die Verbraucher stehen wirklich im Mittelpunkt! Es ist wichtig, dass sie über diese Themen informiert sind. Habt ihr weitere Informationen dazu?
Ich finde die Kritik der Investoren am Regulierungsrahmen sehr berechtigt. Wie soll man sonst in die Zukunft investieren, wenn der Rahmen nicht stimmt? Es wäre hilfreich zu wissen, wie andere Länder das handhaben.