– Der deutsche Mittelstand befindet sich in einer hartnäckigen konjunkturellen und strukturellen Krise.
– Die Arbeitsgemeinschaft Mittelstand fordert zügige Reformen für bessere Wettbewerbsfähigkeit.
– Handlungsbedarf besteht in Infrastruktur, Energiepolitik, Bürokratieabbau und Fachkräftesicherung.
Mittelstandsmonitor 2025: AG Mittelstand fordert schnelle Strukturreformen
Die wirtschaftliche Lage des deutschen Mittelstands bleibt angespannt. Am 14. Oktober 2025 veröffentlichte die Arbeitsgemeinschaft Mittelstand in Berlin ihren zweiten Mittelstandsmonitor und bewertet die Gesamtsituation mit -2 auf einer Skala von -3 bis +3 (Stand: 14.10.2025). Damit setzt sich die negative Tendenz aus dem Vorjahr fort. Als Gründe nennt der Verbund aus zehn Wirtschaftsorganisationen die unberechenbare US-Handelspolitik, geopolitische Spannungen und strukturelle Hemmnisse. Trotz vereinzelter Lichtblicke bei Infrastrukturinvestitionen bleibt die konjunkturelle Schwäche hartnäckig.
„Die Ergebnisse des Mittelstandsmonitors wertet die AG Mittelstand als deutlichen Weckruf“, betont Marija Kolak, Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken. „Der Mittelstand ist das Rückgrat unserer Wirtschaft, und er braucht jetzt verlässliche Rahmenbedingungen, damit Investitionen wirken können. Ankündigungen allein reichen nicht mehr aus.“
Die Arbeitsgemeinschaft identifiziert sechs zentrale Handlungsfelder für dringende Strukturreformen:
- Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren für Infrastrukturprojekte
- Maßnahmen zur Linderung des Fachkräftebedarfs
- Verbesserung der Bedingungen für Unternehmertum und Gründungen
- Kurskorrekturen in der Energiepolitik
- Spürbare Reduzierung der Bürokratiebelastung
- Entlastungen und Vereinfachungen in der Steuerpolitik
Der vollständige Mittelstandsmonitor steht unter www.arbeitsgemeinschaft-mittelstand.de zum Download bereit.
Kontext: Woher der Druck kommt
Die aktuelle Warnung der Arbeitsgemeinschaft Mittelstand kommt nicht aus dem Nichts. Hinter dem Weckruf der Verbände stehen handfeste wirtschaftliche Daten, die eine anhaltende Schieflage belegen. Die strukturellen Bremskräfte wirken bereits seit Jahren – und zeigen 2025 keine Anzeichen der Besserung.
Konjunktur
Die konjunkturelle Basis für den deutschen Mittelstand bleibt dünn. Bereits 2023 verzeichneten kleine und mittlere Unternehmen reale Rückgänge bei Umsätzen und Investitionen (Stand: Herbst 2024, Quelle: KfW Research). Für 2024 erwarteten Experten kaum Verbesserungen. Diese pessimistische Perspektive setzt sich fort: Die Landesbank Baden-Württemberg prognostiziert für 2025 ein weiteres Jahr ohne Wirtschaftswachstum in Deutschland (Stand: 07.05.2025, Quelle: LBBW). Diese stagnative Entwicklung führt zu erheblicher Planungsunsicherheit bei Unternehmensentscheidungen.
Finanzierung
Besonders alarmierend zeigt sich die Situation bei der Finanzierungsfrage. Im ersten Quartal 2025 erreichte die Kredithürde einen Rekordwert: Fast 34 Prozent der KMU berichteten von strengen Maßstäben bei Kreditverhandlungen (Stand: März 2025, Quelle: KfW Research). Diese restriktive Kreditvergabepraxis trifft viele Betriebe in einer Phase, in der sie dringend auf frisches Kapital für Modernisierungen und Transformation angewiesen wären.
Transaktionen
Die verhaltene Grundstimmung spiegelt sich auch in der Transaktionsaktivität wider. Die M&A-Aktivität bei kleinen und mittleren Unternehmen lag in den Jahren 2020 bis 2023 durchgängig etwa 35 Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau der Vergleichsperiode 2015–2019 (Stand: Herbst 2024, Quelle: KfW Research). Dieser anhaltende Rückgang bei Unternehmensverkäufen und -übernahmen deutet auf tiefsitzende Verunsicherung bei Eigentümerwechseln hin – ein bedenkliches Signal für die langfristige Unternehmensnachfolge.
Zusammengenommen bilden diese Faktoren ein klares Bild: Die strukturellen Bremsen behindern nicht nur die aktuelle Geschäftstätigkeit, sondern gefährden auch die Zukunftsfähigkeit des deutschen Mittelstands.
Signale aus Kosten, Stimmung und Export
Die wirtschaftliche Verfassung des deutschen Mittelstands zeigt im Jahresverlauf 2025 ein vielschichtiges Bild. Während einige Belastungen leicht nachlassen, bleiben grundlegende Herausforderungen bestehen. Die Kostenstruktur wird weiterhin von Löhnen und Gehältern dominiert – ihre Anstiege flachen zwar ab, dennoch erwarten Unternehmen weitere Kostensteigerungen (Stand: 26.03.2025, Quelle: KfW Research).
Die aktuelle Stimmungslage spiegelt diese gemischte Situation wider. Rund 25 % der Mittelständler bewerten ihre Geschäftslage als schlecht oder sehr schlecht, während nur noch 35 % gute oder sehr gute Aussichten sehen. Im Vorjahr lagen diese Werte bei 21 % beziehungsweise 39 % (Stand: 07.05.2025, Erhebung März 2025, Quelle: LBBW Mittelstandsradar).
Leichte Entspannung bei Prognoseunsicherheit
Ein positiveres Signal kommt von der Planungssicherheit: Nur noch 20,2 % der Unternehmen haben Schwierigkeiten, ihre Geschäftsentwicklung vorherzusagen. Dieser Rückgang der Unsicherheit könnte auf eine stabilere Planungsgrundlage hindeuten (Stand: Juli 2025, Bezug Juni 2025, Quelle: MIT Konjunkturbrief).
August-Rücksetzer nach monatelanger Erholung
Das Geschäftsklima erlitt im August einen spürbaren Dämpfer. Nach fünf positiven Monaten fiel der Index um 13,1 Punkte, wobei die Exporterwartungen besonders deutlich nachgaben (Stand: August 2025, Quelle: KfW-ifo-Mittelstandsbarometer).
Überblick wichtiger Stimmungs- und Kostenindikatoren 2025
| Zeitraum | Indikator | Wert/Kernaussage | Quelle/Stand |
|---|---|---|---|
| März 2025 | Kostenentwicklung | Löhne/Gehälter als dominierender Kostenfaktor, weitere Steigerungen erwartet | KfW Research, 26.03.2025 |
| März 2025 | Geschäftslage-Bewertung | 25 % schlecht/sehr schlecht; 35 % gute/sehr gute Aussichten | LBBW Mittelstandsradar, 07.05.2025 |
| Juni 2025 | Prognoseunsicherheit | Nur noch 20,2 % mit Prognoseschwierigkeiten | MIT Konjunkturbrief, Juli 2025 |
| August 2025 | Geschäftsklima | Minus 13,1 Punkte nach fünf positiven Monaten | KfW-ifo-Mittelstandsbarometer, August 2025 |
Diese Indikatoren zeichnen das Bild einer Wirtschaft, die zwischen leichten Entlastungen und anhaltenden Belastungen navigiert. Während die Prognoseunsicherheit zurückgeht, bleiben die Exportaussichten und die allgemeine Geschäftslage herausfordernd.
Warum das alle betrifft
Die wirtschaftliche Lage des Mittelstands mag auf den ersten Blick wie ein Thema für Fachkreise wirken. Tatsächlich berührt sie jedoch unmittelbar den Alltag fast aller Menschen in Deutschland. Die rund 3,5 Millionen kleinen und mittleren Unternehmen (Stand: 14.10.2025) bilden das wirtschaftliche Fundament des Landes. Sie sind keine anonymen Konzerne, sondern der Handwerksbetrieb um die Ecke, das familiengeführte Hotel, die örtliche Steuerberatungspraxis oder das innovative Technologie-Start-up.
Diese Betriebe sichern massenhaft Arbeitsplätze. Sie beschäftigen sechs von zehn sozialversicherungspflichtig Beschäftigten – das sind mehr als 19 Millionen Menschen (Stand: 14.10.2025). Jeder zweite Arbeitnehmer verdient also seinen Lebensunterhalt in einem mittelständischen Unternehmen. Gleichzeitig übernimmt der Mittelstand eine zentrale Verantwortung für die Ausbildung des Nachwuchses. Sieben von zehn der insgesamt mehr als 1,1 Millionen Auszubildenden (Stand: 14.10.2025) lernen ihren Beruf in einer mittelständischen Firma. Ohne dieses Engagement wäre das duale Ausbildungssystem in seiner bestehenden Form nicht denkbar.
Hinzu kommt die Rolle als Innovationstreiber. Viele bahnbrechende Ideen und Produkte entstehen nicht in großen Forschungsabteilungen, sondern in den Entwicklungsbüros mittelständischer Unternehmen. Sie halten regionale Wirtschaftskreisläufe am Laufen und sind oft wichtige Finanzierungspartner füreinander.
Genau deshalb sind Reformen in den Bereichen Infrastruktur, Energie, Bürokratie und Steuern keine rein unternehmerischen Anliegen. Wenn Planungsverfahren für Breitbandausbau oder Verkehrswege stocken, verzögert sich die digitale Anbindung ländlicher Regionen. Steigende Energiepreise oder bürokratische Hürden wirken sich auf die Preise von Waren und Dienstleistungen aus, die jeder Bürger täglich nutzt. Eine intakte mittelständische Wirtschaft ist somit keine Frage der Branchenpolitik, sondern eine Grundvoraussetzung für Wohlstand, Versorgungssicherheit und sozialen Zusammenhalt in der gesamten Gesellschaft.
Ausblick: Was jetzt ansteht
Die wirtschaftliche Lage des Mittelstands bleibt angespannt – doch die Arbeitsgemeinschaft Mittelstand sieht konkrete Wege, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu stärken. Jetzt komme es auf zügige Strukturreformen in prioritären Politikfeldern an.
Infrastruktur, Fachkräftesicherung und Energiepolitik stehen ebenso auf der Agenda wie Bürokratieabbau und Steuerentlastungen. Besonders dringlich sind beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren, um Investitionen schneller wirksam werden zu lassen. Parallel fordert die AG Mittelstand eine Senkung der Stromsteuer auf europäisches Mindestniveau für alle Unternehmen und frühere Steuerentlastungen als bisher geplant.
Zentral bleibt dabei das Thema Planungssicherheit. Die Bundesregierung müsse ihren Ankündigungen nun Taten folgen lassen – sowohl bei der Entlastung von Bürokratie als auch bei der Vereinfachung der Besteuerung mittelständischer Personenunternehmen.
Den vollständigen Mittelstandsmonitor mit allen Bewertungen und Forderungen steht hier zum Download bereit.
Diese Darstellung basiert auf einer Pressemitteilung des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) sowie der Arbeitsgemeinschaft Mittelstand.
Weiterführende Quellen:
- „Im Jahr 2023 sind die Umsätze und die Investitionen im deutschen Mittelstand real gesunken; für das laufende Jahr 2024 werden kaum Verbesserungen erwartet. Stand: Herbst 2024.“ – Quelle: https://www.kfw.de/Über-die-KfW/KfW-Research/Publikationen-thematisch/Mittelstand/
- „Die Anzahl an M&A-Transaktionen (Firmenübernahmen/Fusionen), die sich auf KMU in Deutschland bezogen, lag zwischen 2020 und 2023 rund 35 % unter dem Vor-Corona-Niveau (2015–2019). Stand: Herbst 2024.“ – Quelle: https://www.kfw.de/Über-die-KfW/KfW-Research/Publikationen-thematisch/Mittelstand/
- „Im März 2025 stuften rund 25 % der befragten Mittelständler die Geschäftslage als schlecht oder sehr schlecht ein, mehr als im Vorjahr (21 %); 35 % sehen gute oder sehr gute Aussichten für die nächsten sechs Monate (Vorjahr: 39 %). Stand: 07.05.2025.“ – Quelle: https://www.lbbw.de/konzern/research/2025/studien/20250507-lbbw-mittelstandsradar-2025_aj18twoygt_m.pdf
- „Laut KfW-ifo-Mittelstandsbarometer April 2025 bleibt die Kostenstruktur des Mittelstands klar von Löhnen und Gehältern dominiert. Die Anstiege flachen 2025 ab, aber viele Unternehmen rechnen weiterhin mit Kostensteigerungen in allen Bereichen. Stand: 26.03.2025.“ – Quelle: https://www.kfw.de/Über-die-KfW/KfW-Research/Publikationen-thematisch/Mittelstand/
- „Die fragile Konjunktursituation und handelspolitische Unsicherheit führten im ersten Quartal 2025 zu einem Rekordwert bei der Kredithürde: Fast 34 % der KMU berichteten von strengen Maßstäben bei Kreditverhandlungen. Stand: März 2025.“ – Quelle: https://www.kfw.de/Über-die-KfW/KfW-Research/Publikationen-thematisch/Mittelstand/
- „Das Geschäftsklima der KMU ist im August 2025 laut KfW-ifo-Mittelstandsbarometer nach fünf Monaten positiver Entwicklung erstmalig wieder gefallen (minus 13,1 Punkte), besonders für Dienstleister. Exporterwartungen im Mittelstand sackten deutlich ab. Stand: August 2025.“ – Quelle: https://www.verkehrsrundschau.de/nachrichten/vermischtes/kfw-ifo-mittelstandsbarometer-august-2025-3704741
- „Deutschland hat laut LBBW Mittelstandsradar 2025 ein weiteres Jahr ohne Wirtschaftswachstum vor sich. Die Investitionsbereitschaft der Mittelständler bleibt gebremst, da Bürokratie, schwache Nachfrage und Planungsunsicherheit dominieren. Stand: 07.05.2025.“ – Quelle: https://www.lbbw.de/artikel/research-studien/mittelstandsradar-2025_aj18uc4omi_d.html
- „Für 2025 rechnen viele Mittelständler laut KfW-ifo-Mittelstandspanel mit geringeren, aber weiter steigenden Kosten – insbesondere bei Löhnen und Gehältern in Dienstleistungsbereichen. Weniger Unternehmen halten das aktuelle Kostenniveau für tragbar als noch im Frühjahr 2024. Stand: Januar/März 2025.“ – Quelle: https://www.kfw.de/Über-die-KfW/KfW-Research/Publikationen-thematisch/Mittelstand/
- „Im Juni 2025 fiel es laut Mittelstands-Konjunkturbrief nur noch 20,2 % der Unternehmen schwer, die Geschäftsentwicklung zu prognostizieren – ein leichter Rückgang der Unsicherheit gegenüber den Vormonaten. Stand: Juli 2025.“ – Quelle: https://www.mit-bund.de/content/mit-konjunkturbrief-mittelstand-aktuell-juli-2025
7 Antworten
‚Die Lage bleibt angespannt‘, sagt der Artikel – das klingt nach einem großen Problem! Was denkt ihr über die Energiepreise? Sie scheinen ein Hauptfaktor zu sein. Gibt es Alternativen?
Es ist gut zu hören, dass einige Lichtblicke bei Infrastrukturinvestitionen erwähnt werden. Aber was ist mit der Bürokratie? Das muss auch angepackt werden! Welche Vorschläge gibt es dazu?
Absolut! Bürokratieabbau sollte ganz oben auf der Liste stehen. Vielleicht könnte man digitale Lösungen finden? Das würde den Prozess sicher beschleunigen.
Die Situation des Mittelstands ist wirklich besorgniserregend. Ich hoffe, dass die Politik endlich erkennt, wie wichtig diese Unternehmen für unsere Gesellschaft sind. Wie könnte man mehr Druck aufbauen?
Ich denke auch, dass wir mehr Stimmen brauchen, die sich für den Mittelstand einsetzen. Vielleicht sollten wir eine Petition starten oder mehr öffentliche Diskussionen führen!
Ich finde den Artikel sehr informativ, aber wie sollen die Reformen konkret umgesetzt werden? Die Probleme sind ja bekannt, aber es fehlt oft an der konkreten Umsetzung. Es ist wichtig, dass wir jetzt handeln!
Ja, das sehe ich auch so! Es ist frustrierend zu sehen, dass die Ideen zwar da sind, aber nichts passiert. Welche Maßnahmen könnten denn realistisch umsetzbar sein?