DGB warnt vor Mindestlohn-Ausnahmen für Saisonarbeitskräfte: Klare Absage an „Mindestlohn zweiter Klasse“

Der DGB lehnt Forderungen nach einem niedrigeren Mindestlohn für Saisonarbeitskräfte klar ab und warnt vor einem „Mindestlohn zweiter Klasse“, so DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. Kritisiert wird auch die geplante Ausweitung der sozialversicherungsfreien Höchstdauer für Saisonarbeit von 70 auf 90 Tage, da hohe Kosten für Unterkunft und Verpflegung die effektive Vergütung weiter senken. Statt weiterer Ausnahmen fordert der Verband faire Arbeits- und Lebensbedingungen für alle Saisonarbeiter.
VerbandsMonitor – Themen, Trends und Ticker vom 13.04.2025

– DGB lehnt Absenkung des gesetzlichen Mindestlohns für Saisonarbeitskräfte strikt ab.
– Koalitionsvertrag plant sozialversicherungsfreie Beschäftigungsdauer von 70 auf 90 Tage.
– DGB fordert statt weiterer Ausnahmen faire Arbeits- und Lebensbedingungen vor Ort.

DGB lehnt Mindestlohn-Ausnahmen für Saisonkräfte klar ab

Die Debatte um den gesetzlichen Mindestlohn gewinnt angesichts aktueller politischer Pläne an Schärfe. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) richtet sich entschieden gegen Forderungen, den Mindestlohn für Saisonarbeitskräfte abzusenken. Anlass ist die Absicht der Bundesregierung, die sozialversicherungsfreie Höchstdauer für kurzfristige Beschäftigungen in der Landwirtschaft von derzeit 70 auf künftig 90 Tage zu erhöhen – eine Maßnahme, die auf Betreiben der Union im Koalitionsvertrag festgeschrieben wurde. Für den DGB ist das ein falsches Signal in einer ohnehin schon angespannten Lage.

DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell machte klar: „Wir brauchen keinen Mindestlohn zweiter Klasse. Der gesetzliche Mindestlohn ist eine allgemeine flächendeckende Lohnuntergrenze, die für alle gelten muss.“ Damit positioniert sich der Gewerkschaftsbund gegen jede Form von Ausnahmen, die einzelne Gruppen von dieser grundlegenden Lohnregelung ausschließen könnten. Obwohl Saisonarbeiterinnen und Saisonarbeiter bereits heute von Sonderregelungen in der Sozialversicherung profitieren, sieht der DGB diese Maßnahmen als kritisch an und warnt vor einer weiteren Ausweitung.

Hintergrund für die Kritik sind die realen Bedingungen vieler Saisonarbeitskräfte, insbesondere in der Landwirtschaft. Sie tragen oft hohe Kosten für Unterkunft und Verpflegung, die den effektiven Stundenlohn schmälern und damit faktisch unter das Mindestlohnniveau drücken. Dieser Umstand macht die Forderungen nach Sonderregelungen noch problematischer. Körzell betont daher: „Statt weiterer Ausnahmen brauchen wir faire Arbeits- und Lebensbedingungen vor Ort.“

Die Debatte um den Mindestlohn für Saisonkräfte ist aktuell von großer politischer Relevanz, weil sie Fragen der sozialen Gerechtigkeit, des Arbeits- und Verbraucherschutzes sowie der Attraktivität von Arbeitsplätzen in wichtigen Branchen wie der Landwirtschaft miteinander verknüpft. Der DGB hält daran fest, dass ein einheitlicher Mindestlohn ohne Ausnahmen der verlässliche Schutzschirm für Beschäftigte bleibt – unabhängig von der Art und Dauer ihrer Beschäftigung.

Einheitlicher Mindestlohn – eine gesellschaftliche Bewährungsprobe

Die Debatte um einen einheitlichen, gesetzlichen Mindestlohn gewinnt gerade durch die Diskussionen um Ausnahmen für Saisonarbeitskräfte enorme Bedeutung. In der Praxis steht eine flächendeckende Lohnuntergrenze vor einer ernsthaften Herausforderung: Soll sie für alle Arbeitsformen gleichermaßen gelten, oder sind Sonderregelungen für kurzfristige Beschäftigungen zulässig? Besonders die Landwirtschaft, die saisonale Arbeitskräfte beschäftigt, steht hier im Fokus. Saisonarbeiter:innen verdienen häufig nicht nur den Mindestlohn, ihre effektiven Löhne sinken oft noch weiter ab, wenn hohe Kosten für Unterkunft und Verpflegung abgezogen werden. Das wirft grundlegende Fragen auf, wie Lohnschutz in einem differenzierten Arbeitsmarkt gewährleistet werden kann, ohne Menschen in prekären Verhältnissen zu benachteiligen.

Ein einheitlicher Mindestlohn wirkt in seiner Funktion als Schutz gegen Lohndumping und soziale Ausgrenzung. Er setzt eine klare Grenze, die Beschäftigte vor Ausbeutung schützt und gerechte Arbeitsbedingungen fördert. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie dieser Schutz in Bereichen mit besonderen Arbeitsformen, wie der Saisonarbeit, gerecht umgesetzt werden kann. Historisch betrachtet zeigen internationale Vergleiche, dass differenzierte Mindestlohnregelungen häufig zu Ineffizienzen und sozialer Ungleichheit führen. Länder mit einheitlicher Lohnuntergrenze verzeichnen meist eine stabilere gesellschaftliche Akzeptanz und geringere Armutsrisiken für die Beschäftigten.

Die aktuellen politischen Pläne, etwa die Anhebung der sozialversicherungsfreien Höchstdauer für Saisonarbeit von 70 auf 90 Tage, zeigen, wie sehr das Thema an Brisanz gewinnt. Es besteht die Gefahr, dass solche Ausnahmen den Mindestlohn relativieren und Arbeitskräfte in der Praxis von seinem Schutz ausgeschlossen werden. Dadurch könnten massive gesellschaftliche Spannungen zunehmen, denn Saisonarbeitskräfte tragen bereits jetzt meist eine erhöhte Belastung und sind auf faire Löhne angewiesen.

Saisonarbeit und soziale Sicherung in Europa

In weiten Teilen Europas gilt der Mindestlohn als Instrument, das nicht nur die wirtschaftliche Sicherheit verbessert, sondern auch soziale Integration fördert. Saisonarbeitskräfte sind oft besonders verletzlich, ihre Beschäftigung ist zeitlich befristet und häufig mit schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen verbunden. Sozialpolitische Regelungen variieren stark: In einigen Ländern werden Saisonarbeiter:innen vom Mindestlohnsystem ausgenommen, in anderen gelten dieselben Standards wie für reguläre Beschäftigte. Die gesellschaftlichen Folgen dieser Unterschiede sind spürbar: Länder mit einheitlichen Mindestlöhnen zeigen höhere Zufriedenheit und geringere Armutsrisiken unter saisonal Beschäftigten. Hier beruhigt die verbindliche Lohnuntergrenze die sozialen Spannungen und mindert das Risiko sozialer Ausgrenzung.

Zukunft des Mindestlohns in Deutschland

Für Deutschland bedeutet die Debatte um Ausnahmen bei Saisonarbeitskräften einen entscheidenden Moment. Der Deutsche Gewerkschaftsbund mahnt: „Wir brauchen keinen Mindestlohn zweiter Klasse.“ Eine Aufweichung der Lohnuntergrenze für diese Gruppe könnte zu weiteren sozialen Ungerechtigkeiten und einem schwächeren Arbeitnehmerschutz führen. Parallel zur geplanten Verlängerung der sozialversicherungsfreien Höchstdauer wächst die Sorge, dass die reale Kaufkraft und Lebensqualität der Saisonarbeitskräfte weiter leiden. Wer also profitiert von Ausnahmen – und wer bleibt auf der Strecke?

Wichtigste gesellschaftliche Auswirkungen bei Ausnahmen vom Mindestlohn für Saisonarbeitskräfte:

  • Prekarisierung der Beschäftigten: Sinkende reale Löhne durch hohe Nebenkosten wie Unterkunft und Verpflegung
  • Ungleiche Wettbewerbsbedingungen: Betriebe, die Ausnahmen nutzen, können günstiger produzieren – auf Kosten der Arbeitnehmer:innen
  • Soziale Spaltung: Saisonarbeitskräfte geraten in eine zweite Klasse mit eingeschränktem Arbeitnehmerschutz
  • Gefährdung der Akzeptanz des Mindestlohns: Einzelne Ausnahmen schwächen das Vertrauen in die Lohngerechtigkeit insgesamt
  • Erhöhtes Risiko illegaler Beschäftigung: Ausnahmeregelungen können Schlupflöcher für Missbrauch bieten

Die Herausforderung besteht darin, den Mindestlohn als gesamtgesellschaftliches Stabilisierungsinstrument zu erhalten und gleichzeitig die spezifischen Bedingungen saisonaler Arbeit fair zu berücksichtigen. Ohne einen einheitlichen Schutz droht die Spaltung auf dem Arbeitsmarkt weiter zuzunehmen – mit weitreichenden Folgen für den sozialen Zusammenhalt.

Die Informationen und Zitate in diesem Beitrag basieren auf einer Pressemitteilung des Deutschen Gewerkschaftsbundes Bundesvorstands.

9 Antworten

  1. Gerade in der Ernte bei der Lamdwirtschaft geht es um sehr anstrengende Arbeit und es wäre eine Schande wenn in einem reichen Land die Landwirtschaft so wenig für ihre wichtigen Produkte bekommt das sie nicht in der Lage sind ihre Mitarbeitet anständig zu bezahlen!

  2. Ich finde den Standpunkt des DGB richtig und wichtig. Wenn wir nicht aufpassen, entstehen zwei Klassen von Arbeitnehmenden – das wäre ungerecht! Welche Initiativen gibt es aktuell zur Unterstützung der Saisonarbeitskräfte?

    1. Das sehe ich auch so! Vielleicht könnten Gewerkschaften stärker mit lokalen Organisationen zusammenarbeiten, um bessere Bedingungen zu schaffen.

  3. Es ist wirklich traurig zu sehen, wie Saisonarbeitskräfte behandelt werden. Ich denke, dass mehr öffentliche Aufmerksamkeit auf dieses Thema gelenkt werden sollte. Was haltet ihr von Aufklärungskampagnen?

  4. Die Erhöhung der sozialversicherungsfreien Beschäftigungsdauer ist ein Schritt in die falsche Richtung. Wie können wir sicherstellen, dass alle Arbeiter fair entlohnt werden und nicht unter dem Mindestlohn landen?

    1. Eine gute Frage! Vielleicht sollten wir auch über gesetzliche Regelungen sprechen, die Mindestlöhne an Lebenshaltungskosten anpassen.

  5. Die Forderung nach fairen Arbeitsbedingungen ist absolut gerechtfertigt. Es ist besorgniserregend, dass viele Saisonarbeiter von hohen Kosten für Unterkunft und Verpflegung betroffen sind. Wie könnte eine Lösung aussehen, um diese Belastungen zu reduzieren?

    1. Ich stimme zu! Eine mögliche Lösung wären subventionierte Wohnmöglichkeiten für Saisonarbeiter. Es wäre interessant zu wissen, ob es bereits solche Projekte gibt.

  6. Ich finde es sehr wichtig, dass der DGB sich klar gegen die Absenkung des Mindestlohns für Saisonarbeitskräfte auspricht. Welche weiteren Maßnahmen könnte man ergreifen, um die Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft zu verbessern?

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