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Menschenrechtsinstitut: Prävention statt schärferer Gesetze

Sicherheitsdebatte nach Solingen: Menschenrechtsinstitut fordert mehr Prävention und ...
Berlin (ots) - Angesichts der hitzigen Debatten rund um Verschärfungen im Migrations- und Sicherheitsrecht meldet sich das Deutsche Institut für Menschenrechte zu Wort. Nach dem jüngsten Terroranschlag in Solingen fordern viele mehr Sicherheit, doch das Institut warnt: Präventive Maßnahmen sind essenziell, während die aktuellen Vorschläge nicht nur ineffektiv, sondern auch potenziell gefährlich für die Menschenrechte sind. Abschiebungen nach Afghanistan oder Syrien, Leistungskürzungen im Dublin-Verfahren und die Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten könnten die Situation verschlimmern, so die eindringliche Mahnung. Eine nuancierte Herangehensweise sei erforderlich, um langfristig Sicherheit und Einhaltung der Menschenrechte zu gewährleisten.

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Bremen (VBR). In einer aktuellen Debatte um Verschärfungen der Migrations- und Sicherheitsgesetze warnt das Deutsche Institut für Menschenrechte vor möglichen negativen Auswirkungen auf die Grund- und Menschenrechte. Auslöser der Diskussion war der jüngste Terroranschlag in Solingen. Das Bedürfnis nach mehr Sicherheit ist nachvollziehbar, jedoch fordert das Institut einen präventiven Ansatz zur Bekämpfung von Radikalisierung.

In ihrer Stellungnahme betonen die Experten, dass die derzeit diskutierten Gesetzesverschärfungen keine Garantie für Verhinderung zukünftiger Anschläge bieten. Vielmehr könnten sie zu unverhältnismäßigen Einschränkungen fundamentaler Rechte führen. Schutzzone Deutschland – Menschen, die auf der Flucht sind, müssen den Schutz erhalten, der ihnen zusteht, wie es das Grundgesetz, die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention vorschreiben. Asylsuchende dürfen nicht unter Generalverdacht gestellt werden.

Besonders kritisch sieht das Institut Rückführungen in unsichere Herkunftsländer. Abschiebungen nach Afghanistan oder Syrien seien mit erheblichen Risiken verbunden. In Afghanistan herrscht weiterhin die Willkür der Taliban, und in Syrien sind katastrophale Menschenrechtsbedingungen an der Tagesordnung. Ein internationales Prinzip verbietet die Abschiebung in Länder, in denen Gefahr von Folter oder unmenschlicher Behandlung besteht – ohne Ausnahme, selbst für Straftäter oder Gefährder. Dies widerspricht jeglichen Sicherheitsinteressen und stellt eine Errungenschaft des Völkerrechts dar, die die Unantastbarkeit der Menschenwürde im Grundgesetz widerspiegelt.

Auch vorgeschlagene Leistungskürzungen im Dublin-Verfahren stoßen auf scharfe Kritik. Ziel solcher Kürzungen sei es, Asylsuchende zur Ausreise in den zuständigen Staat zu bewegen. Laut Bundesverfassungsgericht dürfen Sanktionen aber nur verhängt werden, wenn Betroffene ihr Verhalten ändern können, was bei vielen im Dublin-Verfahren nicht der Fall ist. Die Realität zeigt zudem, dass in Ländern wie Griechenland oder Italien oftmals menschenunwürdige Bedingungen herrschen, wodurch Überstellungen dorthin als rechtswidrig angesehen wurden.

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Ein weiterer Punkt der Debatte ist die Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten. Diese Praxis könnte schwere Menschenrechtsverletzungen nach sich ziehen und weltweit den Flüchtlingsschutz untergraben. Auch würde dies viele Betroffene dazu bringen, noch größere Risiken bei ihren Fluchtversuchen Richtung Europa einzugehen.

Darüber hinaus widersprechen Zurückweisungen von Schutzsuchenden an deutschen Grenzen der Genfer Flüchtlingskonvention sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention. Jeder, der ein Schutzgesuch äußert, hat Anspruch auf ein faires und effektives Asylverfahren, unabhängig davon, welcher EU-Mitgliedstaat zuständig sein könnte.

Menschenrechtliche Bedenken gibt es auch bezüglich neuer Befugnisse für Sicherheitsbehörden, wie verdachtsunabhängige Personenkontrollen, Gesichtserkennungstechnologien und den Einsatz von Tasern. Solche Maßnahmen bedürfen sorgfältiger Überlegungen und Abwägungen gegen die potenziellen Beeinträchtigungen individueller Freiheiten.

Deutschland steht vor der Herausforderung, den Spagat zwischen Sicherheit und dem Erhalt grundlegender Menschenrechte zu meistern. Dabei sollte stets bedacht werden: Der Schutz der Menschenwürde ist unantastbar.

Für weitergehende Informationen und Stellungnahmen wenden Sie sich bitte an Ute Sonnenberg, 2. Pressesprecherin des Deutschen Instituts für Menschenrechte.


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Tiefergehende Analyse und Perspektiven zur Migrations- und Sicherheitsdebatte

Die aktuellen Diskussionen über Verschärfungen im Migrations- und Sicherheitsrecht spiegeln eine zunehmende Spannung zwischen dem Bedürfnis nach Sicherheit und den fundamentalen Prinzipien der Menschenrechte wider. Durch die jüngsten Ereignisse, insbesondere den verheerenden Terroranschlag in Solingen, hat sich dieses Spannungsfeld weiter verschärft.

Historisch gesehen zeigt sich, dass Restriktionen im Migrationsrecht selten zu einer erhöhten Sicherheit führen. Vergleichbare Maßnahmen in anderen europäischen Ländern wie Ungarn oder Italien haben gezeigt, dass solche Politiken oftmals zu menschenrechtlichen Verstößen und erhöhten sozialen Spannungen führten, ohne jedoch langfristig zur Sicherheit beizutragen. Vielmehr bewirken sie eine Polarisierung und schaffen ein Klima der Angst und Unsicherheit, das Radikalisierungen sogar begünstigen kann.

Präventive Maßnahmen hingegen, die sozialpolitische Integration fördern und soziale Ungerechtigkeiten adressieren, haben sich als effektivere Mittel gegen Radikalisierung erwiesen. Beispielsweise setzte Dänemark erfolgreich Programme um, die Integration und Bildung von Migranten fördern, was zu einer Reduktion radikaler Tendenzen führte. Auch spezifische Deradikalisierungsprogramme, die eng mit Gemeindeorganisationen zusammenarbeiten, haben positive Effekte gezeigt.

Ein weiteres Beispiel für Maßnahmen, die trotz anfänglicher Skepsis erfolgreich waren, findet sich in Kanada. Dort wurde erheblich in Wohlfahrtsmaßnahmen und psychologische Unterstützung für Flüchtlinge investiert, was nicht nur ihre Integration erleichterte, sondern auch die soziale Kohäsion stärkte und die Sicherheit insgesamt verbesserte.

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Zukünftige Entwicklungen könnten zeigen, dass die EU-Länder durch intensivere Kooperation und gemeinsame Anstrengungen in der Einwanderungspolitik besser gerüstet sind, um sowohl ihre humanitären Verpflichtungen zu erfüllen als auch Sicherheitsbedenken zu adressieren. Eine Harmonisierung der Asylpolitik und verbesserte Informationssysteme innerhalb der EU könnten dazu beitragen, effektive und gerechte Verfahren sicherzustellen. Dies könnte zudem verhindern, dass Länder an den Außengrenzen der EU unverhältnismäßig belastet werden und somit die gesamteuropäischen Werte gestärkt werden.

In diesem Kontext ist es auch entscheidend, wie Deutschland und andere europäische Staaten eine Balance finden können zwischen der Durchsetzung von Sicherheitsmaßnahmen und der Achtung internationaler und nationaler Menschenrechtsstandards. Die Politik müsste idealerweise einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, der sowohl humanitäre Prinzipien respektiert als auch die Sicherheitsinteressen berücksichtigt. Ein transparenter Dialog und die Einbeziehung verschiedener gesellschaftlicher Akteure, einschließlich der betroffenen Gemeinschaften selbst, könnten hierbei helfen, nachhaltige Lösungen zu entwickeln.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass jede Sicherheitsmaßnahme immer auch unter dem Gesichtspunkt der Langfristigkeit betrachtet werden sollte. Ad-hoc-Verschärfungen, die grundlegende Menschenrechte in Frage stellen, laufen Gefahr, mehr Schaden als Nutzen zu bringen und könnten einer nachhaltigen Lösung entgegenstehen. Die bisherigen Erfolge integrativer Maßnahmen sowie internationale Standards bieten wertvolle Leitlinien, an denen sich zukünftige Politiken orientieren sollten. Nur auf dieser Basis lässt sich eine sichere und gleichzeitig menschenwürdige Politik gestalten.

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7 Antworten

  1. ‘Deutschland steht vor der herausforderung’, ja, aber menschenwürde muss immer geschützt werden sonst verlieren wir unsere werte.

  2. ‘Sanktionen nur wenn sich das verhalten ändern kann’, das hat sinn. Viele können gar nichts dafür und leben unter schlechten bedingungen. Da muss man menschlich bleiben.

  3. Warum immer so strenge gesetze? Man muss auch auf die menschen achten. Nicht jeder asylbewerber ist ein verbrecher. Die bedingungen in anderen ländern sind oft schlecht.

    1. Genau! Die politik muss mehr auf integration setzen und nicht nur auf abschreckung. Das hilft allen und macht unser land sicherer.

  4. Ja, sicherheit ist wichtig aber die leute haben auch ihre rechte. Man kann nich einfach alle abschieben, wenn sie in ihren ländern in gefahr sind. Das grundgesetz ist für alle da.

  5. Ich finde es wichtig das wir sicher sind aber man darf nicht die Menschenrechte vergessen. Wenn man menschen in gefahr bringt ist das nicht gut. Mehr prävention ist besser als nur gesetze verschärfen.

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