Medizinprodukterecht 2025: BVMed fordert Sofortmaßnahmen gegen regulatorische Engpässe

Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) fordert von der EU-Kommission schnelle Entlastungen im Medizinprodukterecht. Neben einer gezielten Überarbeitung der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) sollen noch in diesem Jahr untergesetzliche Hilfsmaßnahmen umgesetzt werden. Ziel ist es, regulatorische Engpässe zu vermeiden, den Patientenzugang zu sichern und Innovationen zu ermöglichen.
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Inhaltsübersicht

– BVMed fordert kurzfristige Hilfsmaßnahmen zur MDR-Überarbeitung noch in diesem Jahr.
– Ziel ist ein effizienter und innovationsfreundlicher Rechtsrahmen für Medizintechnologien.
– Kritik an unvorhersehbaren Kosten und Dauer der Konformitätsbewertungsverfahren.

MedTech-Branche fordert schnelle Entlastung von EU-Bürokratie

Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) drängt auf umgehende Maßnahmen zur Entlastung der Branche von regulatorischen Hürden. Noch in diesem Jahr sollen untergesetzliche Hilfsmaßnahmen greifen, parallel zur geplanten Überarbeitung der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR). „Wir brauchen Lösungen, um den Zugang für Patient:innen zu gewährleisten, regulatorische Engpässe zu vermeiden und weitere Innovationen zu ermöglichen“, betont BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll.

Die angekündigte MDR-Revision müsse zu einem „effizienten, innovationsfreundlichen und global wettbewerbsfähigen Rahmen für Medizintechnologien“ führen. Als zentrale Probleme identifiziert der Verband die unkalkulierbaren Kosten und langen Dauer von Zertifizierungsverfahren, uneinheitliche Regelauslegungen in Europa sowie die Verlagerung von Innovationen in andere Märkte. Besonders betroffen sind kleine und mittlere Unternehmen, die 93 Prozent der Branche ausmachen (Stand: 2024, PM, WifOR GGR).

Konkrete Lösungsvorschläge umfassen harmonisierte Vorgaben für Benannte Stellen, Pilotprojekte für Orphan Devices, die Abschaffung der fünfjährigen Rezertifizierungspflicht und Vereinfachungen für etablierte Technologien. „Um die Regulierung zu modernisieren und Bürokratie abzubauen, brauchen wir die Unterstützung der Bundesregierung in Brüssel“, so Möll. Nur durch vereinheitlichte Prozesse und digitale Lösungen könne Europa wieder ein innovationsfreundliches Klima für die MedTech-Branche schaffen.

Die wirtschaftliche Bedeutung der Branche unterstreicht die Dringlichkeit der Forderungen: Mit 212.100 Beschäftigten (Stand: 2024, PM, WifOR GGR) und einer Bruttowertschöpfung von 19,7 Milliarden Euro (Stand: 2024, PM, WifOR GGR) bildet die Medizintechnik einen wesentlichen Pfeiler des deutschen Gesundheitswesens. Die 1.510 Hersteller mit mehr als 20 Beschäftigten erzielten 2024 einen Umsatz von 41 Milliarden Euro (55 Milliarden Euro inklusive Kleinstunternehmen), wobei 68 Prozent des Umsatzes aus dem Ausland stammen (Stand: 2024, PM, WifOR GGR).

Was 2025 bereits in Kraft ist – und warum es wichtig wird

Seit Jahresbeginn 2025 treten schrittweise wichtige regulatorische Änderungen im Medizinprodukterecht in Kraft. Diese Neuerungen betreffen direkt Benannte Stellen, Hersteller und Kliniken und zielen darauf ab, Versorgungssicherheit zu gewährleisten sowie Bürokratie abzubauen. Die Entwicklungen folgen einem klaren zeitlichen Fahrplan und adressieren konkrete Problemstellungen aus der Praxis.

Zeitplan 2025: Von Informationspflichten bis Verfahrensreformen

Den Auftakt machte die 3. Änderungs-Verordnung (EU) 2024/1860, die seit dem 10. Januar 2025 gilt. Sie etabliert neue Informationspflichten bei ernsthaften Versorgungslücken – betroffene Wirtschaftsakteure und Behörden müssen umgehend informiert werden (Quelle: Produktkanzlei; Stand: 10.01.2025).

Knapp sechs Wochen später, am 20. Februar 2025, wurde die deutsche Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) grundlegend neu gefasst. Die Novelle bringt unter anderem neue Prüfvorgaben für Software als Medizinprodukt mit sich (Quelle: Hygiene und Medizinprodukte; Stand: 20.02.2025).

Bis Ende März 2025 plant die EU-Kommission Vorschläge zur MDR-Verbesserung vorzulegen. Der Fokus liegt auf Entbürokratisierung, Verfahrenserleichterungen und dem Abbau von Zertifizierungsengpässen. Grundlage hierfür ist ein Beschluss des Europäischen Parlaments vom 23. Oktober 2024 (Quelle: Medizinrecht-Blog; Stand: 03/2025).

Was die Neuerungen für Benannte Stellen und Hersteller bedeuten

Die Verordnung (EU) 2025/1234 vom 25. Juni 2025 passt die MDR-Durchführung an und adressiert speziell die Überwachung Benannter Stellen (Quelle: Europäische Kommission; Stand: 25.06.2025). Diese regulatorische Nachjustierung soll zu mehr Konsistenz in den Bewertungsverfahren führen.

National beschleunigt das Medizinforschungsgesetz (MFG) schrittweise bis zum 1. Juli 2025 Verfahren nach dem Medizinprodukte-Durchführungsgesetz (MPDG). Das erklärte Ziel: weniger Bürokratie bei klinischen Prüfungen und Zertifizierungen (Quelle: Medizinrecht-Blog; Stand: 01.07.2025).

Diese Maßnahmen reagieren auf aktuelle Herausforderungen. Die Gesamtkosten und die Dauer der Konformitätsbewertungsverfahren bis zur Zertifizierung von Medizinprodukten sind für die Hersteller unvorhersehbar und nicht planbar. Zudem gehen Auslegungen der Vorschriften durch Benannte Stellen und Behörden oft über das Gesetz hinaus und sind europaweit unterschiedlich, was dem Ziel der Harmonisierung im Binnenmarkt widerspricht.

Die wichtigsten regulatorischen Meilensteine 2025

Das Jahr 2025 bringt zahlreiche regulatorische Veränderungen für die Medizintechnik-Branche mit sich. Die nachfolgende Übersicht zeigt die zentralen Termine und Maßnahmen im zeitlichen Verlauf.

Datum Maßnahme/Regelwerk Kerninhalt Betroffene Quelle/Stand
10.01.2025 3. Änderungs-VO (EU) 2024/1860 Neue Informationspflichten bei ernsthaften Versorgungslücken Hersteller Produktkanzlei; Stand: 10.01.2025
20.02.2025 Neue MPBetreibV Angepasste Begriffe an EU-MDR/MPDG, neue Prüfvorgaben für Software als Medizinprodukt Betreiber, Software-Hersteller Hygiene-Medizinprodukte; Stand: 20.02.2025
Ende 03/2025 EU-Kommission MDR-Verbesserungsvorschläge Entbürokratisierung, Verfahrenserleichterungen auf Basis EP-Beschluss 23.10.2024 Gesamte Branche Medizinrecht-Blog; Stand: 03/2025
25.06.2025 Verordnung (EU) 2025/1234 Anpassungen zur MDR-Durchführung, Überwachung Benannter Stellen Benannte Stellen, Hersteller EU-Kommission; Stand: 25.06.2025
Bis 01.07.2025 MFG-bedingte MPDG-Änderungen Gestaffelte Änderungen zur Beschleunigung und Entbürokratisierung von Genehmigungen und Zertifizierungen Hersteller, Zertifizierungsstellen Medizinrecht-Blog; Stand: 01.07.2025

Diese regulatorischen Meilensteine verdeutlichen die dynamische Entwicklung im Medizinprodukterecht. Besonders die geplanten Entbürokratisierungsmaßnahmen ab März 2025 und die gestaffelten Vereinfachungen bis Juli 2025 reagieren auf die Forderungen der Branche nach mehr Planbarkeit und Effizienz.

Neue Regeln für Medizinprodukte: Mehr Sicherheit, mehr Bürokratie?

Die regulatorischen Änderungen im Medizinprodukterecht entfalten ihre Wirkung auf verschiedenen Ebenen – von der Patientenversorgung bis zur Softwareentwicklung. Die geplanten Maßnahmen zielen auf Engpassprävention und Verfahrensbeschleunigung, zwei zentrale Anliegen für Patientensicherheit und technologische Innovation gleichermaßen.

Die erweiterten Meldepflichten bei Versorgungslücken sollen Lieferengpässe früher erkennbar machen und Gegenmaßnahmen erleichtern (Stand: 10.01.2025). Diese Transparenz könnte entscheidend dazu beitragen, Therapieunterbrechungen zu vermeiden und die kontinuierliche Versorgung mit lebenswichtigen Medizinprodukten zu sichern.

Strengere Aufsicht, bessere Prozesse

Die stärkere Überwachung der Benannten Stellen verspricht mehr Transparenz in den Zertifizierungsprozessen und könnte die Qualität der Bewertungen erhöhen (Stand: 25.06.2025). Gerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) könnten die geplanten Erleichterungen unter MDR und MFG die Verfahren risikoärmer und besser planbar machen (Stand: 01.07.2025). Dies wäre ein wichtiger Schritt, denn KMU sind von regulatorischen Hürden besonders betroffen.

Neue Herausforderungen für Software-Entwickler

Gleichzeitig bringen die Neuregelungen zusätzliche Verantwortung für Betreiber und Entwickler mit sich. Die überarbeitete MPBetreibV führt erweiterte Prüfanforderungen für Software als Medizinprodukt ein, was insbesondere Kliniken und Labore mit Eigenentwicklungen vor neue Herausforderungen stellt (Stand: 20.02.2025). Parallel weitet die MDR ab 2025 den Geltungsbereich für Diagnose- und Prognose-Software aus – verbunden mit strengeren Zulassungs- und Prüfvorgaben (Stand: 2025).

Diese Entwicklung zeigt die wachsende Bedeutung digitaler Gesundheitsanwendungen, stellt Entwickler aber vor komplexere Compliance-Anforderungen. Die Balance zwischen Patientensicherheit und Innovationsfreundlichkeit bleibt damit eine zentrale Herausforderung im regulatorischen Wandel.

Ausblick: Was jetzt wichtig wird

Die Weichen für die Medizinprodukte-Branche stellen sich in den kommenden Monaten neu. Bis Ende März 2025 wird sich zeigen, ob die angekündigten MDR-Verbesserungen tatsächlich die versprochene Entlastung bringen. Parallel dazu laufen nationale Anpassungen, die das EU-Recht ergänzen sollen – ein komplexes Zusammenspiel zwischen europäischer und deutscher Ebene (Stand: März 2025).

Mit der Verordnung (EU) 2025/1234 ist bereits ein erster Schritt zur Stärkung der Benannten Stellen getan (Stand: 25.06.2025). Diese Institutionen spielen eine Schlüsselrolle im Zertifizierungsprozess und sollen durch die Neuregelung effizienter arbeiten können. Bis zum 1. Juli 2025 treten schrittweise weitere Erleichterungen aus dem MFG/MPDG-Paket in Kraft. Ob Genehmigungen und Zertifizierungen dadurch tatsächlich schneller werden, gilt als wichtiger Prüfstein für die Reformbemühungen (Stand: 01.07.2025).

Der BVMed drängt parallel auf untergesetzliche Sofortmaßnahmen und eine spürbare Entbürokratisierung der Abläufe. Aus Sicht des Verbands hängen sowohl die Versorgungssicherheit als auch die Innovationsfähigkeit der Branche maßgeblich davon ab, wie konsequent Bürokratie abgebaut wird. Damit zeichnet sich ein klassischer Zielkonflikt ab: Einerseits der berechtigte Sicherheitsanspruch bei Medizinprodukten, andererseits der dringend benötigte Marktzugang für neue Entwicklungen. Dieser Konflikt wird 2025 entschieden – durch die konkrete Umsetzung der Kommissionsvorschläge, die nationale Ausgestaltung und die praktische Wirkung bei den Benannten Stellen.

Die in diesem Beitrag wiedergegebenen Informationen beruhen auf einer Pressemitteilung des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed).

Weiterführende Quellen:

9 Antworten

  1. Ich finde es gut, dass BVMed Druck macht! Aber ich frage mich auch: Wie sieht es mit den Kosten aus? Werden diese durch den Abbau der Bürokratie gesenkt?

  2. Die Ankündigungen für 2025 klingen vielversprechend! Ich bin gespannt, ob diese Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden können und was sie für die Patientenversorgung bedeuten.

    1. Ja, Wolfram! Ich hoffe sehr, dass es zu einer spürbaren Verbesserung kommt und wir schneller innovative Produkte bekommen.

    2. Was denkt ihr über die neue MPBetreibV? Glaubt ihr, dass sie wirklich einen Unterschied macht oder bleibt alles beim Alten?

  3. Ich sehe das auch so! Es ist wichtig, dass wir Innovationen nicht ins Ausland verlieren. Was denkt ihr über die Vorschläge zur Vereinfachung von Verfahren?

    1. Es wäre super, wenn die Verfahren einfacher wären! Ich hoffe, dass auch die Qualität der Produkte nicht darunter leidet.

  4. Die MedTech-Branche braucht wirklich dringend Veränderungen. Die langen Zertifizierungsprozesse sind einfach nicht mehr zeitgemäß. Wie lange müssen wir noch auf die neue Verordnung warten?

  5. Ich finde die Forderung nach einer Überarbeitung der MDR sehr wichtig. Gerade für kleine Unternehmen ist das oft eine große Hürde. Welche konkreten Schritte denkt BVMed, könnten hier helfen?

    1. Ich stimme zu, Berthold! Die Bürokratie kann echt überwältigend sein. Haben wir genug Informationen darüber, wie andere Länder das lösen? Würde mich interessieren.

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