Bremen (VBR).
Die heutige Zulassung des Wirkstoffs Lecanemab (Handelsname: Leqembi) durch die Europäische Kommission markiert einen bedeutsamen Fortschritt im Kampf gegen Alzheimer. Erstmals wird in Deutschland ein Medikament verfügbar, das gezielt auf eine der Krankheitsursachen abzielt: die schädlichen Amyloid-beta-Ablagerungen im Gehirn. Während bisherige Therapien lediglich symptomatische Linderungen bieten, könnte Leqembi den Verlauf der Krankheit um einige Monate verlangsamen, auch wenn es keine Heilung verspricht.
Dr. Anne Pfitzer-Bilsing, Leiterin Wissenschaft der Alzheimer Forschung Initiative e.V., erläutert: "Es ist gut, dass die Patientinnen und Patienten jetzt Klarheit haben. In Deutschland wird es damit zeitnah eine weitere Behandlungsoption für die Alzheimer-Krankheit geben." Dennoch betont sie: "Das ist nicht der Durchbruch, den sich Erkrankte und Angehörige wünschen. Leqembi kann die Alzheimer-Krankheit nicht heilen, sondern nur den Verlauf um einige Monate verzögern."
Leqembi richtet sich an Personen mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen oder im Frühstadium der Alzheimer-Demenz. Für Patienten in fortgeschrittenen Krankheitsstadien oder solchen mit anderen Demenzen ist die Anwendung jedoch ungeeignet. Zudem erfordert die Therapie eine umfassende Diagnostik und medizinische Überwachung, da sie mit potenziell schwerwiegenden Nebenwirkungen wie Hirnblutungen und Hirnschwellungen verbunden sein kann. Hierbei müssen besonders Risikogruppen identifiziert werden, etwa Personen, die nicht zwei Kopien des Alzheimer-Risikogens ApoE4 tragen.
Ein weiterer Aspekt, der dringend weiter erforscht werden muss, betrifft die unterschiedlichen Behandlungsergebnisse bei Männern und Frauen. Laut einer ersten Analyse zeigen Männer eine deutlichere Verbesserung – ihr Krankheitsverlauf konnte im Durchschnitt um 43 Prozent verlangsamt werden, während es bei Frauen nur 12 Prozent sind. Angesichts der Tatsache, dass etwa zwei Drittel aller Alzheimer-Patienten Frauen sind, gilt es, die Gründe für diese Diskrepanz zu beleuchten und gezielte effektive Behandlungen zu entwickeln.
Im Rahmen der Behandlung erfolgt die Abklärung der Eignung in enger Absprache mit Ärzten, wobei wichtige diagnostische Verfahren wie Nervenwasseruntersuchungen und spezielle Bildgebungen zur Feststellung der Amyloid-beta-Ablagerungen zum Einsatz kommen. Der gesamte Prozess, einschließlich der verordneten intravenösen Infusionen alle zwei Wochen, findet voraussichtlich nur in spezialisierten Kliniken und Fachpraxen statt.
Die Zulassung von Leqembi war ein langwieriger Prozess: Zunächst hatte der zuständige Ausschuss der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) im Juli 2024 gegen eine Genehmigung votiert. Im November wurde dieser Beschluss jedoch revidiert und die Empfehlung zur Zulassung ausgesprochen. Diese Wendung war notwendig, um daraufhin offene Fragen zu klären, bis die endgültige genehmigende Entscheidung getroffen wurde. Währenddessen erhielt ein vergleichbarer Wirkstoff, Donanemab (Handelsname: Kisunla), aufgrund zu hoher Nebenwirkungen überraschend keine Zulassungsempfehlung.
Diese Entwicklungen sind von großer Bedeutung für die Alzheimerforschung und die Versorgung der Betroffenen. Die Alzheimer Forschung Initiative e.V. setzt sich seit 1995 für die Aufklärung und Förderung der Forschung im Bereich Alzheimer und Demenz ein. Mit einem Engagement für Transparenz und unabhängig von pharmazeutischen Interessen hat der Verein bislang über 17 Millionen Euro in Forschungsprojekte investiert und ist ein wichtiger Akteur in der deutschen Gesundheitslandschaft in Bezug auf Demenzerkrankungen.
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Leqembi: Neues Alzheimer-Medikament für Erkrankte im Frühstadium
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Ein Wendepunkt in der Alzheimer-Therapie: Chancen und Herausforderungen der neuen Behandlung
Die Zulassung von Lecanemab (Leqembi) durch die Europäische Kommission markiert einen bedeutenden Fortschritt in der Alzheimer-Behandlung, doch gleichzeitig wirft sie wichtige Fragen auf. Obwohl der Wirkstoff das Potenzial hat, schädliche Amyloid-beta-Ablagerungen im Gehirn zu reduzieren und somit den Verlauf der Krankheit um einige Monate zu verzögern, ist es entscheidend, die Realität der Alzheimer-Krankheit und ihrer Auswirkungen auf Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörige zu betrachten. Mit über 1 Million Menschen allein in Deutschland, die an Alzheimer leiden, ist die Nachfrage nach effektiven Behandlungsoptionen enorm.
Die Verschreibung von Leqembi stellt für viele eine neue Hoffnung dar, jedoch ist es wichtig zu beachten, dass die Therapie nur für eine spezifische Patientengruppe geeignet ist, insbesondere für diejenigen ohne zwei Kopien des Risikogens ApoE4. Dies könnte bedeuten, dass ein großer Teil der Betroffenen nicht von der neuen Behandlung profitieren kann. Die Tatsache, dass etwa zwei Drittel der Alzheimer-Patienten Frauen sind, und die Unterschiede in der Wirksamkeit zwischen den Geschlechtern lassen zudem darauf schließen, dass weitere Forschungen dringend notwendig sind, um herauszufinden, warum Frauen weniger von Lecanemab profitieren.
Die Diskussion über die Nebenwirkungen wie Hirnblutungen und Hirnschwellungen macht deutlich, dass Vorsicht geboten ist, wenn es um die Auswahl geeigneter Patient:innen geht. Eine sorgfältige Evaluierung ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass die Vorteile der Behandlung die Risiken überwiegen. In Anbetracht dieser Herausforderungen könnte dies auch den Zugang zur Therapie einschränken, da nur spezialisierte Kliniken die erforderlichen Tests und Überwachungsprotokolle gemäß den Richtlinien implementieren können.
Trotz der positiven Entwicklung bleibt die Frage der Heilung weiterhin ungelöst. Leqembi ist kein Wundermittel, und die damit verbundene Verlangsamung des Krankheitsverlaufs um wenige Monate dürfte vielen Familien nicht ausreichen, um ihre Sorgen und Ängste zu lindern. Gleichzeitig könnte die Genehmigung des Medikaments als ein erster Schritt in der Forschung angesehen werden, die möglicherweise in naher Zukunft zu noch umfassenderen Therapien führen könnte.
Landesweite Initiativen zur Aufklärung und Unterstützung der Alzheimer-Forschung sind unverzichtbar. Der Erfolg von Lecanemab könnte als Katalysator für weitere Fortschritte dienen, indem er Ressourcen und Aufmerksamkeit auf die Dringlichkeit lenkt, innovative Ansätze im Bereich der Demenzerkrankungen zu entwickeln. Letztlich liegt der Fokus weiterhin darauf, medizinische Lösungen zu finden, die sowohl bei der Prävention als auch bei der Behandlung dieser verheerenden Krankheit effektiv sind. Es bleibt zu hoffen, dass zukünftige wissenschaftliche Erkenntnisse neue Wege eröffnen, um das Leben von allen Betroffenen nachhaltig zu verbessern.
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7 Antworten
„Leqembi“ könnte ein wichtiger Schritt sein! Aber es ist kein Wundermittel… Was denkt ihr über die langfristigen Auswirkungen auf Patienten und deren Familien?
„Langfristige Auswirkungen“ sind definitiv wichtig! Ich finde auch die Idee von mehr Unterstützung durch den Staat nötig! Vielleicht könnte das helfen?
Die Verzögerung der Symptome klingt zwar positiv, aber ich bin skeptisch. Wie lange wird es dauern, bis die Forschung neue Behandlungen entwickelt? Und was ist mit den Nebenwirkungen? Das macht mir Sorgen.
Das stimmt! Ich finde es gut, dass man auf Nebenwirkungen hinweist. Aber wie wird das alles umgesetzt? Werden genügend Kliniken bereit sein?
Ich frage mich auch, ob die Kosten für Leqembi für alle Patienten tragbar sein werden. Es wäre schade, wenn nur Wohlhabende Zugang dazu hätten.
Ich finde die Zulassung von Leqembi eine gute Nachricht für Alzheimer-Patienten. Aber ich frage mich, wie viele Menschen wirklich profitieren können, wenn es so viele Einschränkungen gibt? Ich hoffe, dass bald mehr Forschung zu den Geschlechterunterschieden kommt!
Ja, das ist wirklich wichtig! Die Zahlen sind erschreckend und ich denke, dass wir mehr Aufklärung brauchen. Vielleicht sollten Ärzte öfter über ApoE4 informieren.