Lebensmittelversorgung: Warum junge Menschen besonders besorgt sind und was die Landwirtschaft leisten muss

Fast 40 Prozent der Verbraucher in Deutschland sorgen sich um die künftige Lebensmittelversorgung, wie eine aktuelle Civey-Umfrage im Auftrag des Industrieverbandes Agrar zeigt. Besonders bei den 18- bis 29-Jährigen ist die Sorge mit rund 50 Prozent deutlich ausgeprägter als in älteren Bevölkerungsgruppen. Als wichtigsten Faktor für Versorgungssicherheit nennen zwei Drittel der Befragten die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft.
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Inhaltsübersicht

– Fast 40 Prozent der Deutschen sorgen sich um künftige Lebensmittelversorgung.
– Junge Erwachsene sehen Ernährungssicherheit deutlich kritischer als ältere Generationen.
– Regionale Herkunft ist für Verbraucher beim Einkauf das wichtigste Kriterium.

Sorge um Lebensmittelversorgung: Was eine starke Landwirtschaft leisten soll

Eine aktuelle Civey-Umfrage im Auftrag des Industrieverband Agrar (IVA) zeigt deutliche Verbrauchersorgen zur künftigen Lebensmittelversorgung in Deutschland. Die am 9. Oktober 2025 in Frankfurt a. M. veröffentlichte Studie offenbart, dass 38,7 Prozent der Befragten die künftige Versorgung mit Lebensmitteln für eher oder sehr unsicher halten – unter den 18- bis 29-Jährigen ist es sogar jeder Zweite (Stand: 9. Oktober 2025, PM/Civey).

Demgegenüber bewerten nur 57,5 Prozent die Versorgungslage als gesichert. Die Unterschiede zwischen den Generationen fallen markant aus: Während in der Altersgruppe 65 Jahre und älter 65,6 Prozent von einer sicheren Lebensmittelversorgung ausgehen, sind es bei den 18- bis 29-Jährigen lediglich 49,8 Prozent (Stand: 9. Oktober 2025, PM/Civey).

Als entscheidende Faktoren für Versorgungssicherheit nennen zwei Drittel der Befragten die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft. Die älteste Befragtengruppe sieht mit 75 Prozent in der Landwirtschaft den wichtigsten Problemlöser. Jüngere Verbraucher zwischen 18 und 29 Jahren erwarten hingegen stärkere Lösungsbeiträge von Gentechnik (16,9 Prozent) und Pflanzenschutzmitteln (13,1 Prozent) – Werte, die in dieser Altersgruppe deutlich höher liegen als in allen anderen (Stand: 9. Oktober 2025, PM/Civey).

Beim Lebensmitteleinkauf priorisieren Verbraucher eindeutig regionale Herkunft vor Geschmack und Preis. Zwei Drittel zeigen sich bereit, für regionale Produkte mehr zu bezahlen. Diese Präferenz speist sich aus konkreten Befürchtungen: Unsichere Versorgung in Krisenzeiten, Rückgang der heimischen Landwirtschaft, geringere Kontrolle über Standards und steigende Lebensmittelpreise.

„Die Bundesregierung hatte im Koalitionsvertrag die Steigerung des Selbstversorgungsgrads als Ziel formuliert und die zentrale Rolle der Landwirtschaft für die Versorgungssicherheit betont. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen moderne Pflanzenschutzmittel schneller und effizienter verfügbar gemacht werden – auch durch eine konsequente Entbürokratisierung des Zulassungssystems“, betont IVA-Hauptgeschäftsführer Frank Gemmer.

Die repräsentative Online-Befragung wurde vom 26. bis 27. August 2025 unter 5.000 Bundesbürgern durchgeführt und weist eine statistische Fehlertoleranz von 2,5 bis 2,6 Prozentpunkten auf (Stand: 9. Oktober 2025, PM/Civey).

Wie sicher ist Deutschlands Ernährung?

Deutschlands Ernährungssicherheit lässt sich anhand verschiedener Kennzahlen konkret einordnen. Zwei zentrale Indikatoren geben Aufschluss über die nationale Versorgungslage: der Selbstversorgungsgrad zeigt, wie viel von einem Produkt im Inland erzeugt wird, während die Importquote die Abhängigkeit von Einfuhren offenlegt.

Datencheck: Selbstversorgung & Versorgungslage

Bei Getreide zeigt sich Deutschland weitgehend autark. Der Selbstversorgungsgrad für Weizen lag 2022 bei 95 Prozent (Quelle: Statistisches Bundesamt). Bei Roggen erreichte die Eigenproduktion sogar 90 Prozent (Quelle: Statistisches Bundesamt). Anders sieht es bei Kartoffeln aus: Hier musste Deutschland 2022 etwa ein Viertel des Bedarfs importieren (Quelle: Statistisches Bundesamt). Auch bei Milchprodukten betrug die Importquote 19 Prozent (Quelle: Statistisches Bundesamt).

Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland gut ab. Der aktuelle Global Food Security Index bewertet die deutsche Ernährungssicherheit mit 79,1 Punkten und liegt damit über dem EU-Durchschnitt von 77,1 Punkten (Quelle: Economist Intelligence Unit). Dieser Index berücksichtigt neben der physischen Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln auch deren Erschwinglichkeit und Qualität.

Indikator Wert Einheit Jahr/Stand Quelle
Selbstversorgungsgrad Weizen 95 % 2022 Statistisches Bundesamt
Selbstversorgungsgrad Roggen 90 % 2022 Statistisches Bundesamt
Importquote Kartoffeln 25 % 2022 Statistisches Bundesamt
Importquote Milchprodukte 19 % 2022 Statistisches Bundesamt
Global Food Security Index Deutschland 79,1 Punkte 2024 Economist Intelligence Unit
Global Food Security Index EU-Durchschnitt 77,1 Punkte 2024 Economist Intelligence Unit

Regional, nachhaltig – aber bitte günstig?

Die Einstellung deutscher Verbraucher zu Lebensmitteleinkäufen zeigt ein widersprüchliches Bild. Einerseits zeigt eine aktuelle Studie, dass 31 Prozent der Befragten bereit sind, einen Aufpreis für nachhaltige, regionale Produkte zu zahlen (Stand: 2025). Andererseits gibt mehr als die Hälfte der Konsumenten an, dass der Preisfokus beim Einkauf im Vordergrund steht – konkret nennen 61 Prozent den Preis als wichtigstes Kriterium (Stand: 2025). Diese Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit prägt den aktuellen Lebensmittelmarkt.

Die unterschiedlichen Ergebnisse lassen sich teilweise durch methodische Faktoren erklären. Bei Befragungen zur Zahlungsbereitschaft antworten Menschen oft sozial erwünscht, während im realen Einkaufsverhalten der Kostendruck durchschlägt. Besonders in Zeiten gestiegener Lebenshaltungskosten zeigt sich dieser Effekt deutlich. Gleichzeitig belegen Jugendstudien ein wachsendes Bewusstsein für Ernährungsthemen: Knapp 90 Prozent der jungen Menschen zeigen Interesse an Ernährung, und 40 Prozent hinterfragen ihren Fleischkonsum (Stand: 2025). Diese Werte deuten auf langfristige Veränderungen hin, die sich jedoch erst allmählich im Kaufverhalten niederschlagen.

Die Spannungsfelder im Konsumverhalten lassen sich so zusammenfassen:

  • Regionalität versus Budgetgrenzen im Alltag
  • Theoretische Nachhaltigkeitspräferenzen gegen praktische Preissensibilität
  • Langfristige Werte junger Konsumenten kontra aktuelle Kaufkraft
  • Qualitätsbewusstsein im Widerspruch zu Sparzwängen

Diese Gegensätze prägen gegenwärtig den Lebensmittelmarkt und zeigen, dass nachhaltiger Konsum nicht allein eine Frage der Einstellung, sondern auch der finanziellen Möglichkeiten ist.

Generationenblick: Verhalten und Vertrauen

Junge Menschen zeigen ein ausgeprägtes Interesse an Ernährungsthemen, doch ihr tatsächliches Verhalten offenbart eine Diskrepanz. Während die Generation der unter 30-Jährigen besonders sensibel auf Versorgungsfragen reagiert, gehört sie gleichzeitig zu den größeren Lebensmittelverschwendern. Die Verbraucherzentrale berichtete 2025, dass junge Menschen in Deutschland mehr Lebensmittel wegwerfen als ältere Generationen, größtenteils durch Missverständnisse über Haltbarkeitsdaten.

Das Konsumentenvertrauen in die Lebensmittelversorgung verteilt sich ungleich über die Generationen. Bereits 2022 zeigte eine Erhebung: Das Konsumentenvertrauen lag bei den 18- bis 29-Jährigen bei 55 Prozent, während es bei den über 60-Jährigen 75 Prozent erreichte. Die grundsätzliche Skepsis junger Menschen bleibt damit aktuell spürbar.

Was Schulen, Handel, Politik adressieren können

Die Kluft zwischen Bewusstsein und Handeln lässt sich durch gezielte Maßnahmen verringern. Drei Ansatzpunkte zeigen besonderes Potenzial:

  • Bildung zu Mindesthaltbarkeitsdatum: Schulen könnten praktisches Wissen vermitteln, dass „mindestens haltbar bis“ nicht automatisch „tödlich ab“ bedeutet
  • Informationskampagnen im Handel: Supermärkte können durch klare Hinweise an Regalen und Kassen über tatsächliche Genießbarkeit aufklären
  • Vereinfachte Lagerungshinweise: Verständliche Piktogramme auf Verpackungen helfen, Lebensmittel länger frisch zu halten

Diese Maßnahmen setzen dort an, wo die größten Wissenslücken identifiziert wurden. Sie verbessern nicht nur die persönliche Lebensmittelbilanz, sondern stärken auch das Vertrauen in die gesamte Versorgungskette.

Ausblick: Was folgt jetzt?

Die Diskussion um die Versorgungssicherheit bleibt eine komplexe Gemengelage aus unterschiedlichen Interessen und Perspektiven. Die Sorgen der Bevölkerung, insbesondere der jüngeren Generation, zeigen deutlich, dass die Thematik weit über rein agrarpolitische Fragen hinausreicht. Sie berührt fundamentale Aspekte unserer Gesellschaft – von wirtschaftlicher Stabilität bis hin zu individuellen Konsumgewohnheiten.

Drei zentrale Spannungsfelder werden die Debatte in den kommenden Jahren prägen: Die Balance zwischen regulatorischen Anforderungen und praktischer Umsetzbarkeit, der Zielkonflikt zwischen Produktivität und Nachhaltigkeit sowie die Kluft zwischen Verbrauchererwartungen und landwirtschaftlicher Realität. Hier zeigt sich besonders deutlich, wie eng Planungssicherheit für landwirtschaftliche Betriebe mit der langfristigen Ernährungssicherheit verknüpft ist.

Die unterschiedlichen Prioritäten der Generationen – traditionelle Landwirtschaft versus moderne Technologien – verlangen nach einem integrierten Ansatz. Es geht nicht um Entweder-oder-Entscheidungen, sondern um sinnvolle Kombinationen bewährter Methoden mit innovativen Lösungen. Die Herausforderung besteht darin, technologischen Fortschritt so zu gestalten, dass er sowohl ökologische als auch ökonomische Nachhaltigkeit fördert.

Ein entscheidender Faktor wird die Verbraucherbildung sein. Das Bewusstsein für regionale Produkte ist bereits vorhanden, doch das Verständnis für die komplexen Zusammenhänge moderner landwirtschaftlicher Produktion muss weiter wachsen. Nur informierte Konsumentscheidungen können langfristig stabile Rahmenbedingungen für eine zuverlässige Lebensmittelversorgung schaffen. Die Diskussion wird weitergehen – doch ihre Richtung bestimmen letztlich alle Beteiligten gemeinsam.

Dieser Beitrag enthält Informationen aus einer Pressemitteilung des Industrieverband Agrar e. V.

Weiterführende Quellen:

  • „Knapp 90 % der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland interessieren sich 2025 für das Thema Ernährung; 40 % hinterfragen ihren Fleischkonsum, wobei Tierwohl und Klimaschutz als besonders relevant gelten.“ – Quelle: https://jugendstudie.de
  • „Im Jahr 2025 verschwenden junge Menschen in Deutschland mehr Lebensmittel als ältere Generationen, größtenteils durch Missverständnisse über Haltbarkeitsdaten.“ – Quelle: https://verbraucherzentrale.de
  • „31 % der Deutschen sind 2025 bereit, einen Aufpreis für nachhaltige, regionale Produkte zu zahlen, obwohl die Mehrheit regionale Herkunft priorisiert.“ – Quelle: https://statista.com
  • „Im Jahr 2025 achten 61 % der Deutschen beim Lebensmitteleinkauf am meisten auf den Preis; beim Thema Klimawandel würden jedoch nur wenige für Nachhaltigkeit mehr zahlen.“ – Quelle: https://ifd-allensbach.de
  • „Der Selbstversorgungsgrad bei Weizen lag in Deutschland 2022 bei 95 %, während er für Roggen bei 90 % lag.“ – Quelle: https://destatis.de
  • „Die Importquote für Kartoffeln betrug in Deutschland 2022 rund 25 %, bei Milchprodukten waren es 19 %.“ – Quelle: https://destatis.de
  • „Das Konsumentenvertrauen in die Lebensmittelversorgung lag 2022 bei den 18- bis 29-Jährigen bei 55 %, während es bei den über 60-Jährigen 75 % erreichte.“ – Quelle: https://qs.de
  • „Zwischen 2022 und 2024 stieg der Preis für Brot um insgesamt 15 %, Milchprodukte verteuerten sich im gleichen Zeitraum um 13 %.“ – Quelle: https://marktforschung.de
  • „2024 erreichte Deutschland im Global Food Security Index einen Wert von 79,1, gegenüber einem EU-Durchschnitt von 77,1.“ – Quelle: https://foodsecurityindex.eiu.com

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