– DEVAP kritisiert Haushaltsentwurf 2025 als kurzsichtige Darlehenslösung mit zwei Milliarden Euro Finanzierungslücke.
– Unterfinanzierung der Langzeitpflege erhöht Belastungen der Pflegebedürftigen und Angehörigen auf Rekordniveau.
– Forderung nach umfassender Finanz- und Strukturreform der Pflegeversicherung sowie Überführung der Behandlungspflege.
DEVAP kritisiert Darlehen für Sozialversicherungen im Haushaltsentwurf 2025 scharf
Der Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2025 sieht vor, die Sozialversicherungen durch milliardenschwere Darlehen zu stabilisieren. Die Pflegeversicherung soll demnach im kommenden Jahr ein Darlehen von 0,5 Milliarden Euro erhalten, 2026 wird eine weitere Finanzierungshilfe von 1,5 Milliarden Euro geplant. Diese Maßnahmen kommentiert der Vorsitzende des Deutschen Evangelischen Verbands für Altenarbeit und Pflege (DEVAP), Wilfried Wesemann, deutlich: „Eine Darlehenslösung für die Sozialversicherungen verkennt die prekäre Lage und auch das Potential dieses Wirtschaftssektors. Darlehen sind nicht nachhaltig und verschiebt die Finanzierungslast lediglich in die Zukunft“.
Trotz der Darlehen erwartet der DEVAP bereits für 2026 eine Finanzierungslücke von mindestens zwei Milliarden Euro bei der Pflegeversicherung. Wesemann betont die Dringlichkeit von Sofortmaßnahmen, um das System zu entlasten. Er nennt konkret: „die Überführung der Behandlungspflege in der stationären Pflege ins SGB V, die Erstattung der Coronakosten, die soziale Absicherung der Pflegenden und die Herausnahme der Ausbildungskosten aus den Eigenanteilen“.
Der Verband kritisiert zudem die einseitige Fokussierung auf Darlehen für systemfremde Leistungen und macht auf die Bedeutung der Gesundheitswirtschaft aufmerksam, die mit ihrem Anteil von 12 Prozent am Bruttoinlandsprodukt als wichtiger Wirtschaftsmotor von der Regierung unterschätzt werde. Wesemann warnt: „Die Unterfinanzierung führt zu einer Angebotsreduktion. Durch fehlende professionelle Pflege und Betreuung sind Angehörige schon heute gezwungen, ihre eigene berufliche Tätigkeit aufzugeben oder zu verkürzen – zum Nachteil der Wirtschaft, die händeringend Fachpersonal sucht, und zum Nachteil der pflegenden Angehörigen selbst: mit Aussicht auf Altersarmut.“
Angesichts dieser Herausforderungen fordert der DEVAP eine umfassende Finanz- und Strukturreform der Pflegeversicherung, die neben einer gerechteren Beitragsbemessung auch die Ungerechtigkeiten zwischen privater und sozialer Pflegeversicherung abbaut. Wesemann erklärt: „Wir brauchen dringend eine umfassende Finanz- und Strukturreform der Pflegeversicherung, die bei der Beitragsbemessung weitere Einkommensarten berücksichtigt und die Ungerechtigkeiten zwischen sozialer und privater Pflegeversicherung abbaut.“
Die anstehende Bund-Länder-Kommission zur Zukunft der Pflegeversicherung wird nach Einschätzung des Verbands mehrere Monate für konkrete Lösungen benötigen. Man setze auf den Dialog, den Bundesgesundheitsministerin Nina Warken angekündigt hat. Wesemann zitiert: „Wir setzen auf die Worte von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken zur Eröffnung des Hauptstadtkongresses am 25.06.2025, dass sie gut zuhören und den Dialog mit der Pflegebranche in diesem Prozess suchen wird, um danach zu handeln.“ Er unterstreicht die gesamtgesellschaftliche Verantwortung: „Die Verantwortung für eine professionelle, ausfinanzierte und zukunftsfähige Pflege in Deutschland darf nicht in das private Umfeld der Betroffenen verschoben werden. Wir müssen gesamtgesellschaftlich Lösungen finden. Hierfür bringt sich der DEVAP mit seinem Strategiepapier ‚Trotzdem Pflege: Für jeden, zu jeder Zeit‘ auf Bundesebene auch weiterhin gern aktiv ein.“
Pflege als entscheidender Wirtschafts- und Gesellschaftsfaktor in Deutschland
Die Langzeitpflege in Deutschland steht an einem entscheidenden Wendepunkt. Pflege ist längst nicht mehr nur eine soziale Frage, sondern ein zentraler Wirtschaftsfaktor, dessen Bedeutung in Politik und Gesellschaft stärker anerkannt werden muss. Die Pflegebranche trägt nicht nur zur Versorgung hilfebedürftiger Menschen bei, sondern hat zugleich weitreichende Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, die Stabilität der Sozialversicherungssysteme und das gesamtwirtschaftliche Wachstum.
Das aktuelle politische Ringen um die Finanzierung der Pflegeversicherung zeigt deutlich die prekäre Lage der Branche. So plant die Bundesregierung, die Sozialversicherungen 2025 über Darlehen mit Milliardenbeträgen zu stabilisieren. Der DEVAP kritisiert diese Maßnahme als nicht nachhaltig: „Eine Darlehenslösung für die Sozialversicherungen verkennt die prekäre Lage und auch das Potential dieses Wirtschaftssektors. Darlehen sind nicht nachhaltig und verschiebt die Finanzierungslast lediglich in die Zukunft“, warnt DEVAP-Vorsitzender Wilfried Wesemann. Trotz Darlehen werde „bei der Pflegeversicherung 2026 eine Finanzierungslücke von mindestens zwei Milliarden Euro bleiben“.
Pflege als Motor für Wirtschaft und Gesellschaft
Die Pflegebranche beschäftigt Millionen Menschen und erzielt indirekt eine hohe Wertschöpfung. In der Gesundheitswirtschaft macht die Pflege einen bedeutenden Anteil von aktuell etwa 12 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus – eine Größenordnung, die die Pflege als wichtigen Wirtschaftssektor definiert. Andererseits führt die anhaltende Unterfinanzierung zu einer Angebotsreduktion, die weit über die Pflegebedürftigen hinaus negative Folgen hat. Fehlende professionelle Pflege zwingt Angehörige häufig dazu, ihre Berufstätigkeit aufzugeben oder zu reduzieren. Dies schadet dem Arbeitsmarkt, der ohnehin von Fachkräftemangel betroffen ist, und birgt eine echte soziale Gefahr, da viele pflegende Angehörige damit auch im Alter armutsgefährdet sind.
Die Verbindung von Unterfinanzierung, Fachkräftemangel und ausbleibender Versorgung lässt sich in drei zentralen Problemfeldern zusammenfassen:
- Finanzielle Engpässe der Pflegeversicherung, die zu steigenden Belastungen der Pflegebedürftigen und Angehörigen führen
- Personalnot in der Pflegebranche, die das Versorgungsangebot schwächt und die Arbeitsfähigkeit von Familien beeinträchtigt
- Langfristige soziale Risiken für pflegende Angehörige, die durch Erwerbsausfälle in prekäre Situationen geraten
Zukunft der Pflegeversicherung: Herausforderungen und Perspektiven
Vor diesem Hintergrund ist klar, dass die aktuelle Politik den reformbedürftigen Zustand der Pflegeversicherung nicht lösen kann, wenn sie sich auf kurzfristige Darlehen verlässt. Nachhaltige Lösungen verlangen eine umfassende Finanz- und Strukturreform, die die Pflegeversicherung zukunftsfest macht. Ein wichtiger Schritt wäre die Überführung der Behandlungspflege in stationären Einrichtungen ins reguläre Krankenversicherungssystem (SGB V) sowie die Erstattung der zusätzlichen Kosten durch die Coronapandemie. Außerdem fordert der DEVAP die soziale Absicherung der Pflegekräfte und die Herausnahme der Ausbildungskosten aus den Eigenanteilen der Pflegebedürftigen.
Die anstehende Bund-Länder-Kommission zur Zukunft der Pflegeversicherung steht vor der Herausforderung, diese komplexen Probleme systematisch anzugehen. Dabei betont DEVAP-Vorsitzender Wesemann: „Wir setzen auf die Worte von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken, dass sie gut zuhören und den Dialog mit der Pflegebranche in diesem Prozess suchen wird, um danach zu handeln.“ Die Verantwortung für eine professionelle und finanziell abgesicherte Pflege dürfe nicht weiterhin in die private Sphäre der Betroffenen verschoben werden. Stattdessen müsse die Gesellschaft als Ganzes diese Aufgabe tragen.
Obwohl die Herausforderungen groß sind, eröffnet die Anerkennung der Pflege als wichtigen Wirtschaftsmotor und zentrale gesellschaftliche Aufgabe auch Chancen für eine nachhaltige, inklusive Reform. Der DEVAP beteiligt sich mit seinem Strategiepapier „Trotzdem Pflege: Für jeden, zu jeder Zeit“ aktiv an diesen Debatten, um die Weichen für eine zukunftsfähige Pflege in Deutschland zu stellen. Eine solche Neuausrichtung erfordert politische Verantwortung, gesellschaftliche Solidarität und den Mut, langwierige Reformprozesse engagiert voranzutreiben.
Die im Artikel verwendeten Informationen und Zitate basieren auf einer Pressemitteilung des Deutschen Evangelischen Verbands für Altenarbeit und Pflege e.V. (DEVAP).
10 Antworten
Ich mache mir große Sorgen um die Zukunft der Pflege in Deutschland. Wie können wir als Gesellschaft sicherstellen, dass alle pflegebedürftigen Menschen die Unterstützung bekommen, die sie brauchen? Es muss mehr getan werden!
Das stimmt absolut! Vielleicht könnten auch ehrenamtliche Initiativen mehr unterstützt werden?
Ich denke auch, dass mehr Aufklärung über Pflegethemen nötig ist!
Die Forderungen des DEVAP sind nachvollziehbar, aber wie realistisch sind diese Reformen? Gibt es bereits Pläne oder Vorschläge von der Regierung, um diese Probleme anzugehen?
Es wäre gut zu wissen, ob es konkrete Ansätze gibt! Die Zeit drängt und wir müssen handeln!
Ich stimme zu, dass die Unterfinanzierung ein großes Problem darstellt. Was sind eure Gedanken zur Überführung der Behandlungspflege ins SGB V? Könnte das wirklich eine Lösung sein?
Ja, ich denke schon! Das könnte den Druck auf die Pflegeversicherung verringern und gleichzeitig eine bessere Versorgung bieten.
Die finanzielle Situation in der Pflege ist alarmierend! Es wird immer deutlicher, dass kurzfristige Lösungen nicht ausreichen. Wie kann man sicherstellen, dass die Pflegekräfte angemessen entlohnt werden?
Das ist ein guter Punkt! Vielleicht sollten wir auch über bessere Arbeitsbedingungen nachdenken, um mehr Menschen für die Pflege zu gewinnen.
Ich finde die Kritik von DEVAP sehr wichtig. Warum denkt die Regierung nicht an nachhaltige Lösungen? Die Darlehen helfen nicht wirklich, sie verschieben nur das Problem. Was könnte stattdessen getan werden?